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V. Jahrgang, XVI. Stück, den 19. April 1775.

I. Wissenschaften

Fortsetzung des Auszugs aus den Beyträgen zu verschiedenen Wissenschaften, von einigen Oestreichischen Gelehrten.

(S. das XV. St. S. 116.)

In der sehr gründlichen Abhandlung vom Nordlichte, wovon wir im vorigen Blatte einen kurzen Auszug geliefert haben, übergehen wir die verschiedenen Einwendungen, welche der Herr Verfasser anführet. Merkwürdig ist es, wenn im 34 Absatze gesagt wird: "Andre geben vor, es wäre, in den, mehr bey dem Nordangel gelegenen Ländern, ein ewiges Nordlicht, und glauben, ihr Ansehen allein sey schon hinlänglich denjenigen das Stillschweigen aufzulegen, welche über den Angelkreis nicht weiter hinaufgedrungen sind. Allein obschon ich in ihre Redlichkeit keinen Zweifel setze; so glaube ich doch befugt zu seyn, einige meiner Zweifel hier einzurucken."

Diese Zweifel sind sehr wichtig, und sie verdienen nicht nur das wir sie von Wort zu Wort hersetzen; sondern daß sie auch mit Aufmerksamkeit gelesen werden:

1) "Welche dieses behaupten, müßen uns unwidersprechlich darthun können, daß dieses beständige Licht, das nämliche mit demjenigen sey, welches wir das Nordlicht nennen. Denn es wandelt mich, und zwar nicht ohne Grund, ein gewaltiger Argwohn an, ob sie nicht unter diesem Worte, ein anderes Licht verstehen, welches sie meistentheils in der Beobachtung des wahren Nordlichts hindert. Anderer Dinge nicht zu erwähnen, so ist bekannt, daß man im nördlichen Theile von Schweden meistens bey wolkigtem Himmel, in dem Dunstkreise eine Röthe sehe,

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welche einer von Feuerbrünsten entstehenden Röthe gleichet, und von den Innwohnern Schneefeuer benamset wird; weil es von den Sonnenstrahlen erzeuget wird, welche von denen im Dunstkreise herumfliegenden Schneeflocken zurückgeprellet werden, und sichere Vorbothen des Scheewetters sind. Diese Röthe hat Herr Kalm, auch bey heitern Nächten, sehr oft gesehen, aber niemals eine Veränderung in der Magnetnadel dabey wahrgenommen.

2) Herr Mairan thut sehr gründlich und genau dar, daß außer dem Nordangelkreise die Nordlichter überaus seltsam seyn; daß man zuweilen auch etliche Jahre nach einander keines sehe; daß zuweilen innerhalb einem Jahre mehrere erscheinen. Hören wir hierüber auch den Herrn Celsius, welcher in dieser Sache ein unverwerflicher Zeuge seyn muß: Aus diesem, sagt er, folget doch nicht, daß man in Schweden und anderwärts diese größere Nordhellen in vorigen Zeiten niemal gesehen habe; sondern es scheint vielmehr, daß sie nur nach einen größern Zeitraum erscheinen. — — Ja, glaubenswürdige Männer zu Upsal, Männer von siebenzig Jahren versichern: daß sie diese ungewöhnlichen besonders diese größern Hellen niemals gesehen haben.

Nun sind diese seltene Hellen entweder von eben der Gattung, als jene beständigen, die um den Nordangel erscheinen; oder sie sind von ihnen unterschieden. Sind sie unterschieden: so kann die Beständigkeit ihrer Lichter den Zusammenhang nicht hindern, welchen die unsrigen mit der allgemeinen Bewegung der Erde haben. Sind sie aber von einerley Gattung, so frage ich, warum bringen die nämlichen Ursachen, nicht eben so oft, auch die nämlichen Erscheinungen außer dem Nordangelkreise hervor? Warum bringen sie zuweilen diese durch viele Jahre gar nicht hervor? Warum sind ihre Lufthellen nicht auch in Schweden und Rußland sichtbar? Einige schwedische Landschaften erstrecken sich ja bis zum Nordangelkreise hinauf; denn ihre Mittelbreite ist beyläufig = 60°? Man führe in Gedanken eine Berührungslinie, welche die Absichtslinie vorstelle, bis zu diesem sechzigsten Grade; so wird sie mit der verlängerten Erdachse in einer Entfernung von 133. Meilen zusammen kommen: also müßten die Schweden diese bey dem Nordangel so hoch erhobenen Hellen in ihrem Gesichtskreise sehen, weil die Strahlenbrechung, welche in diesen Gegenden meistentheils stärker ist, die Gegenstände, zu heben pfleget. Allein- das Nordlicht besteht ja nicht in einem einzigen Punkte auf der verlängerten Erdachse: sondern es breitet sich zierlich in den Nordangel herum aus. Nehmen wir nun aus den oben

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bestimmten Halbdurchmesser des Nordscheines den kleinsten, nämlich = 270 Meilen an. Man würde also den Bogen, dessen Mittelpunkt von der Erde 133 Meilen entfernt ist, in einer breite von 60°. unter einem Winkel von 27°15' sehen: man würde diesen Bogen in dem Gesichtskreise noch sehen, wenn gleich bey dem Nordangel die Erde selbst berührte, ja wenn er gleich die Erdachse utner der Oberfläche zu einer Tiefe von 23 Meilen durchschnitte. Wenn der Bogen mit seinem Mittelpunkte dem Nordangel berührte, so würde man ihn auf dem Gesichtskreise sehen, wenn er auch nur einen halben Durchmesser von 120 Meilen hätte. Wenn sein Mittelpunkt von der Erde 2 Meilen weit abstünde; so würde seine Spitze noch über den Gesichtskreis vorherragen, wäre gleich der Halbdurchmesser nur von 227 Meilen. Wenn sie nun sagen, jene tägliche Hellen erstrekten sich meitstentheils nicht auf solche Höhen; so antworte ich: also müßen diejenigen, welche sich so hoch erstrecken, und in Schweden, Rußland, und anderen Provinzen sichtbar sind, zweifeslohne eine Verbindung mit dem Jahrswirbel der Erde haben.

III. Von den verschiedenen Meinungen der Naturforscher über das Nordlicht.

Alle hierüber bekannte Meynungen der Naturforscher lassen sich bequem

in zwo Gattungen abtheilen. Die einen versetzen das Nordlicht in die untere Gegend des Luftkreises, dessen Höhe, wie oben angemerket, von dem Herrn Verfasser auf 8. Meilen bestimmet worden. Die andern führen es viel höher, und zwar in jenen Raum hinauf, welche die feinste, und die Lichtstrahlen zurück zu werfen ungeschickte Luft enthält.

Jene welche glauben, die Nordlichter würden von fetten Ausdünstungen der irdischen Körper, welche sich nachher im Dunstkreise untereinander entzündeten erzeuget, müssen

1) eine wahrscheinliche Ursache angeben, warum die meisten Nordlichter in der nördlichen Himmelsgegend erscheinen,

2) Es erklären, warum es sich nicht eräugne, daß zween Beobachter, welche unter dem nämlichen Mittagskreise, aber in sehr verschiedenen Breiten sich befinden, die Nordlichter in gleicher Erhöhung über dem Gesichtskreis, gleich wie die Wolken sehen: da sie doch den nördlichen Einwohnern allezeit höher, und der südlichen allezeit niedriger vorkommen.

3) Müßten aus diesen Ursachen entstandene Nordlichter, von eben so vielen Beobachtern südwärts, als nordwärts gesehen werden.

4) Müßte man auch mehrere Nordlichter zu gleicher Zeit vom nämlichen Orte aus sehen können.

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Eben diese Einwürfe gehen auch jene an, welche die Erzeugung des Nordlichtes von der Elektricität der irdischen Dünste im Dunstkreise herleiten. Die besonderen Einwürfe wider diese Meynung wolle wir hier nicht anführen.

Herr Spidberg, Prediger zu Christiansand in Norwegen, holet die Erzeugung des Nordlichtes aus dem Zurückwerfen der Sonnenstralen, welches durch die kleinsten innerhalb des Dunstkreises herumflatternden Schneeflocken verursachet wird.

Welche noch heute dieser Meynung anhangen, erheben diese Schneeflocken entweder 1) zu jener Höhe, welche das Nordlicht zu fordern scheint. Nun ist in dieser Entfernung die Luft millionenmal dünner, als bey uns: was unterstützet also dort diese Plättchen, welche das Licht so gewaltig zurückprellen, daß man beym Nordlichte einen mittelmäßigen Druck ganz bequem lesen kann? Warum verursachen die platten Theilchen, nicht beständige Dämmerungen? Warum erzeugen sie bisweilen viele Jahre hindurch kein einziges Nordlicht, wenigstens welches man außer dem Nordangelkreise sehen könnte? u. s. w. oder sie sagen:

2) daß diese Flecken nicht über 8 oder 10 Meilen weit von der Erde entfernet sind: in welchem Falle, sie zugleich verneinen müssen, daß man von entlegenen Orten die nämliche

Nordscheine sehe, wovon oben gehandelt worden.

3) Müssen sie beweisen, daß die Lage des Nordlichts, von der Lage der Sonne oder des Mondes abhange, und deutlich darthun, warum es gleichwohl in der Stelle bleibe, obschon die Sonne einen merklichen Raum ihrer Laufbahn unter dem Gesichtskreise fortwandelt? warum sich nicht das Nordlicht, gleich dem Regenbogen itzt ostwärts, itzt westwärts zeige?

4) Wird die Erzeugung des Nordlichts auf diese Art angenommen: so fället es gewiß schwer, seine Verbindung mit dem Jahrswirbel der Erde, und die wunderbare Uebereinstimmung mit den Außerungen des Magnets zu erklären.

Herr Euler, von der erstaunlichen Höhe der Nordlichter überzeigt, hat sich einen Mittelweg erwählet, so daß er sie zwar über die Gränzen des dichtern Dunstkreises hinausführt, aber doch zugleich behauptet, sie entstünden, aus eben diesem dichtern Dunstkreise. Er glaubt nämlich, diese dichtere und zur Zurückwerfung des Lichtes geschickte Luft werde gleich dem Kometenschweife von den Sonnenstralen ungemein weit herausgetrieben: von dieser also hinausgetriebenen Luft werden die Lichtstralen zu uns herabgeprellet, und daher seyn nicht nur die Nordlichter, sondern die Dämmerungen selbst. Diese

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Meynung bestreitet Herr Mairan (Eclaircius 7. & 9.) mit den wichtigsten Gründen.

Dagegen gründet er die Seinige auf die untrügliche Erfahrung, daß zuweilen von dem Sonnenluftktreise nicht nur der Luftkreis der Erde; sondern auch die Erde selbst berühret, ja also vermischet und überschwemmet werde, daß die Spitze weit über die Erde hinauslauft; wie dieses von dem Herrn Verfasser in seiner Naturlehre gezeiget worden.

Von dieser Vermischung der Luftkreise nun, leitet Herr Mairan die Nordlichter ab. Nämlich da sich der ungeheure Kumpen des Sonnenluftkreises der Erde also nähert, daß er die im ersten Theile bestimmten Gränzen der Anziehungeskraft überschreitet: so fällt er erdwärts, und da er durch diesen Fall auf verschiedene Art erschüttert und untereinander gemischet wird; so fängt er zuweilen Feuer, und verbreitet Licht.

In dem Folgenden wird diese Meynung umständlich vorgetragen; aber auch Schwierigkeiten darwider angeführt. Und nachdem der Herr Verfasser einige Muthmaßungen vorgebracht; jedoch ohne sie jemanden aufdringen zu wollen: indeme man heut zu Tage nichts ohne Grund meynen soll; so sagt er: Vielleicht wird unser Herr Hell etwas Gewissers und Entscheidenders an das Licht bringen, welcher sich in dem Vaterlande der Nordlichter eine geraume Zeit aufgehalten hat.

II. Vermischte Nachrichten.

Fortsetzung, der verschiedenen Gebräuche fremder Völker, bey ihren Verheurathungen.

In Korea *) werden die Heurathen, ohne sonderliche Cäremonie vollzogen. Man schließt sie meist schon zwischen Kindern von 7. bis 8. Jahren, und erlaubt den jungen Leuten überhaupt den vertrautesten Umgang untereinander. Die Keuschheit ist eben die Tugend dieser Nation nicht, denn es wimmelt überall von liederlichen Weibspersonen. — Die Verlobten wohnen bis zum Hochzeitstage bey dem Schwiegervater, wenn die Braut nicht etwann ein einziges Kind ist. — Am Hochzeitstage reitet der Bräutigam in Begleitung seiner Freunde und Verwandten durch die vornehmsten Gassen der Stadt, und hält endlich vor dem Hause seiner Braut, wo diese sogleich mit ihren Anverwandten herauskommt, und mit dem Bräutigam in sein Haus ziehet, wo sodann, die Hochzeit ohne weitere Umstände vollzogen, und den Gästen ein Schmaus gegeben wird. Im ersten, zweyten und dritten Grade, sind hier die Ehen verbothen. Die Vielweiberey ist zwar nicht ganz ungewöhnlich, jedoch in den Gesätzen ausdrücklich untersagt. Nach

*) Nach der Beschreibung des Herrn Hamel.

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Denselben soll der Mann nur eine Frau im Hause haben, außerhalb denselben kann er so viel unterhalten, als ihm beliebet. — Sonst sind die Weiber in gar keiner Achtung, und werden nicht viel besser, als die Sklavinnen gehalten, ja sehr oft, mit sammt ihren Kindern aus dem Hause gejaget. —

Die Tunkineser *) können sich ohne Einwilligung ihrer Eltern nicht verheurathen. Das sechzehnte Jahr ist für die Mädchen die ordentliche Heurathszeit. Die ganze Cäremonie kommt daruf an, daß ein Verwandter um sie anhält, wobey man dem Vater des Mägdchens einige Geschenke giebt, und wenn der Antrag genehmiget wird, das beyderseitige Vermögen untersuchet. Der Bräutigam schickt sodann seiner Braut alles, was sie nöthig hat, und wann der angesetzte Tag zur Hochzeit erscheinet, so wird sie von ihren Eltern und Verwandten, nebst allem dem, was sie von ihrem Liebsten empfangen hat, in einer Proceßion in das Haus desselben begleitet. — Die Vielweiberey wird in Tunkin zwar geduldet, doch hat nur die vornehmste Frau allein im Hause zu befehlen. Die Landesgesätze erlauben den Männern die Ehescheidung, die Weiber aber, können ihn ohne seine Einwilligung nicht verlassen. Die geschiedene Frau hat das Recht, sowohl ihr zugebrachtes, als das, was sie von ihrem Manne erhalten hat, mitzunehmen; ihre Kinder aber läßt sie ihm zurücke. Die Cäremonie bey Ehescheidungen bestehet darinnen, daß einer von den beyden Eßspissen, deren sie sich bey Tische bedienet, zerbrochen wird, und die Stücke davon in zjween verschiedene Beutel genähet werden, davon den einen der Mann behält, den andern aber ihr einhändiget. Ueberdieß giebt er ihr auch eine Art eines Scheidebriefes, in welchem alles, was sie, mit sich nehmen kann, angeführt ist. — Die Untreue wird bey den Weibern sehr hart gestrafet; denn diejenige, welche davon überführet worden, wird einem dazu abgerichteten Elefanten vorgeworfen, der sie zu Tode tritt. —

Die Japaner`*) verheurathen sich ordentlich mit mehreren Weibern, unter welchen jedoch nur eine, die eigentliche Frau des Hauses ist, und mit den andern befiehlet. Dieser Vielweiberey ungeachtet, halten sich die Männer, wenn sie vermöglich sind, auch noch Beyschläferinnen. — Die Anwerbung, der Heurathskontrakt, und andere vorläufige Cäremonien, werden meistens durch die beiderseitigen Anverwandten berichtiget. Die Weiber bringen auch hier kein Heurathsgut mit, sie müssen vielmehr ihren Eltern oder Anverwandten abgekaufet werden, doch bekommt der Bräutigam einige Geschenke von der Braut, die er aber auch zu

*) Siehe Barons Beschreibung von Tunkin.

*) Nach dem Caron, Kämpsen u. a.

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erwidern gehalten ist. Die Trauungscäremonie geschiehet in dem Tempel, an dem Fußgestelle eines Götzen, von den Bonzen. Mannspersonen von geringer Herkunft, gehen dahin zu Fuße, Vornehme aber fahren in Kutschen, und erwarten die Braut, die mit einem Schleyer, vom Kopfe bis auf die Füße bedeckt, unter Vortrettung einiger Musikanten, und in Begleitung einer Menge Weiber, erscheinet. Während der Trauung, halten der Bräutigam und die Braut eine brennende Fackel oder Lampe in den Händen, worauf die Gesellschaft den getrauten Personen Glück wünschet, die Braut aber, alle iher kindische Spielsachen ins Feuer wirft. Darauf begiebt sich die Hochzeitversammlung in das Haus des Bräutigams, wo dieser seine Liebste, die bisher mit dem Schleyer bedeckt war, das erste mal siehet. Die Hochzeitlustbarkeiten, welche nach Beschaffenheit der Umstände, in Gastmahlen, Tänzen, Schauspielen, u. d. gl. bestehen, dauern meistentheils ganzer acht Täge. Sodann wird die Braut in ein für sie bestimmtes eigenes Zimmer geführet, aus welchem sie nie wieder kömmt, außer, wenn sie den jährlichen Begräbnißgebräuchen ihrer Familie beywohnet. — Weil nun die Männer außerordentlich eyfersichtig sind; so müssen sich die Weiber für allen Dingen hütten, daß sie ihnen keine Gelegenheit geben, in ihre Treue ein Mißtrauen zu setzen. Denn, der Mann ist in seinem Hause ein völlig uneingeschränkter Herr, und hat, in Ansehung seiner Familie, das Recht über Tod und Leben.

In Golkonda*) haben die Eltern allein das Recht, ihre Kinder zu verheurathen; und sie suchen für sie allemal aus ihrer Zunft, ja meistentheils aus ihrem Geschlechte, einen Gatten aus, den die Grade der Verwandschaft kommen hier zu keine Betrachtung. Die Töchter bekommen kein Heurathsgut, der Brautvater wird vielmehr von dem Bräutigam beschenket. Die Knaben vermählt man schon im fünften, die Mägdchen aber im dritten Jahre, doch wird mit der Verlobung so lang gewartet, bis es die Natur erlaubet. Dieses aber geschiehet gar bald, denn man siehet nicht selten zwölfjährige Frauen ins Kindbette kommen. — Die Heurathsgebräuche bestehen darinnen, daß man das Brautpaar in einem Palankin setzt, und durch alle Gassen trägt; nach ihrer Zuruckkunft breitet der Bramin ein Tuch aus, und läßt den Bräutigam das bloße Bein darunter stecken, womit er den Fuß der Braut berühren muß. — Wann der Mann stirbt, so darf sie sich niemals wieder vermählen, sondern sie muß ihr Leben, in einem betrübten Zustande, zubringen; indem sie in dem Hause ihres Vaters eingesperret wird, ohne jemals einen Fuße herauszusetzen.

Weil die Mongalen**) ihre Weiber kaufen müssen: so veralten ihre

*) Aus  Metholds und Taverniers Nachrichten.

**) Nach des Purchas Pilgr.

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Jungfern sehr oft, ehe sie Männer kriegen. Sie heurathen in der ersten und zwoten Stuffe der Blutsfreundschaft nicht, sehen aber nicht auf die Verwandschaft der Seitenlinie, und daher machen sie sich kein Bedenken, zwo Schwestern zu heurathen. — Wann der Vertrag mit dem Vater seiner Tochter wegen, geschlossen ist, so stellet er eine Gasterey an, sie fliehet aber indessen zu einem ihrer Anverwandten, und verbirgt sich daselbst. Wann nun der Bräutigam kommt, und seine Braut verlanget, so spricht der Schwiegervater: Meine Tochter höret euch zu; suchet und nehmet sie, wo ihr sie findet! Gleich läuft er mit seinen Freunden herum, sie zu suchen, und wann er sie gefunden hat, so bemächtiget er sich derselben, als seines Eigenthums, und führet sie gleichsam mit Gewalt in sein Haus.

Die Butharen *) kaufen ihre Weiber, und bezahlen sie nach der Schönheit; der sicherste Weg also unter ihnen reich zu werden, ist, wann man viel schöne Töchter hat. — Den Abend vor der Hochzeit , kommt eine Gesellschaft von Mägdchen bey der Braut zusammen, und machen sich mit Spielen, Tanzen und Singen, bis um Mitternacht lustig. Den folgenden Morgen versammlen sich die Gäste bey der Braut, und helfen ihr, sich zur Cäremonie vorzubereiten. Bald darauf kommt auch der Bräutigam, mit einigen seiner Anverwandten, unter Begleitung von Sängern und Musikanten, die auf Zimbeln und Flöten spielen. Sodann wird ein Pferderennen angestellet, und von dem Bräutigame einige Preise ausgetheilt, welche meist aus Pelzwerk und Zeugen bestehen. Während der Trauungscäremonie sehen sie einadner nicht; sondern sie beantworten die Fragen des Priesters in einer Entfernung. Wann nun diese geendiget ist, kehret der Bräutigam in sein Haus zurück, und bewirthet seine Gäste. Nach dem Schmause gehet er mit ihnen zu seiner Braut, und erhält die Freyheit, sie zu sprechen. Abends kommet er wieder dahin, wo er sie schon im Bette findet, und sich sogleich, in Gegenwart aller Anwesenden Weiber, zu ihr, jedoch nur in seinen Kleidern, und auf einen Augenblick ins Bette legt. Dieses Spielwerk, wird drey Tage hintereinander getrieben, und nur die dritte Nacht wird aus diesem Scherze Ernst; den vierten Tag aber, führet er die Braut in sein Haus.

*) Geschichte  der Türken ec.

(Die Fortsetzung wird folgen.)


In Wien zu haben in dem von Ghelenschen privil. Zeitungscomtoir, in der Sinngerstrasse Nro. 931.
Topic revision: r3 - 12 Mar 2012, AgostonBernad
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