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V. Jahrgang, XXXI. Stück, den 2. August 1775.
I. Naturgeschichte.
Fortsetzung der Beschreibung des Cementwassers, unterschiedlicher warmen Bäder und andrer Naturalien in den ungarischen Bergstädten.
Eben dieser Autor gedenket kürzlich nach diesem, des Berggrüns oder der grünen Farbe, welche in dem Herrngrund *) gesammlet wird, meldet
*) Eduard Brown ein Engländer und Doktor der Medicinä, hat in seinen merkwürdigen Reisen durch Europa, bey Herrngrund, von diesem Berggrün nichts gemeldet, dagegen aber von dem Cementwasser folgendes angemerket: Es sind auch daselbst zween Brunnen von Vitriolwasser, so das Eisen in Kupfer verwandeln, dieselben nennen sie das alte und neue Ciment. Die Brunnen liegen sehr tief in dem Bergwerk, und man läßt das Eisen gemeiniglich vierzehn Täge in dem Wasser. Diese Wässer sind überaus nutzbar, dieweil man sieht, daß die schlimmste Art von Eisen, welches unbrauchbar ist, dadurch verkehret und verwandelt wird in
aber nicht auf was Weise solches geschiehet, dahero ich auch etwas davon berichten will. Es fließt nämlich aus dem Gebürg ein grünes Wasser, welches erstlich im Rinnen gefasset, und aus diesen in etliche hölzerne viereckichte Kästen, derer immer einer etwas tiefer, als der andere stehet, geleitet wird, bis es endlich seinen Ausfluß mit anderm Wasser durch den Erdstollen nimmt; von diesem Wasser
die allerfeineste Gattung von Kupfer, welches dießfalls vor dem anderen Kupfer den Raum hat, weil es geschmeidiger ist, auch sich besser handeln und leichter schmelzen lässet, und sich selber habe es geschmolzen, ohne Zuthun einiger andern Materie, auch ohne alle Schwierigkeit: da doch das Kupfererz durch so mancherley Feuer und Oefen gehen muß, ehe man etwas davon machen kann. Von dieser Art Kupfer nahm ich ein gutes Theil aus den alten Ciment, und sonderlich ein Stück, daß die Figur eines Herzens hatte, welches eilf oder zwölf Tage zuvor war hineingelegt worden, und hatte doch eben die vorige Figur behalten, wiewol es ehemals so vollkommenes Eisen gewesen, als es nunmehr das beste Kupfer war. Brown hat diese Nachrichten im Jahre 1671. in Ungarn selbst gesammelt.
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nun setzet und leget sich an die Rinnen, absonderlich an den Boden der Kästen die grüne Farbe an, und wird zu gewisser Zeit herausgenommen; weil auch dergleichen Fabriken etliche in gemeldter Gruben sind, so bekommt man jährlich eine ziemliche Quantität von dieser grünen Farbe, daher sie sehr wohlfeil sind, und nicht gar großen Nutzen bringet. Man hat zwar versichert, solche zu schmelzen und Kupfer daraus zu machen, allein weil es kaum die Schmelzunkosten trägt; so ist solches noch unterlassen worden. Der Vitriol, so, hin und wieder, an denen Wänden und Hölzern sich anleget, ist theils weis, theils dem gemeinen Kupferwasser änlich, doch beiderseits nicht so gut, als der gemeine Vitriol, und wird wenig zum Gebrauch gesammlet; außer diesem aber ist weiter nichts anmerkungswürdiges mehr in dieser Gruben *), daher ich solche fahren
*) auch hier wollen wir aus dem Eduard Brown die gemachte Bemerkung vom Jahre 1671. anführen. Der Oberverwalter zu Herrengrund , sagt er, zeigte mir eine Karte oder einen Grundriß von diesem Bergwerk, in welchemwir den meisten Theil dieses Tages zugebracht hatten: darinnen waren alle die Oerter, wo wir gewesen waren, gar artlich abgezeichnet, mit einem verjüngten Maaß, nach welchem man die Länge und Weite aller in diesem Bergwerk befindlichen Gänge und Oerter abmessen konnte. Und war es wohl recht artlich anzusehen, wie diese unterirdische Stadt so groß und schön abgebildet und gerissen war. Dann ich kann ihm ja keinen geringern Ramen geben, sintemalen mehr Zimmerwerk oder Behausungen darinnen zu finden, als in mancher andern. An Ausstreckung und
lassen, und nur noch einen kurzen Bericht von denen warmen Bädern so in den Bergstädten liegen kommuniciren will. Gleich wie nun kein Land in Europa uns so viel warme Bäder und heilsame Wasser zeigen kann, als, das Königreich Ungarn; also von selbigen mehrere in dem Districkt der Bergstädte anzutreffen, als in allen übrigen Oertern des ganzen Landes.
Man könnte außer denen Bädern, welche jetzt im Gebrauch sind, noch viel mehrere fast bey einer jeden Bergstadt aufrichten, wenn man nur wollte, nur hier bey Neusohl sind unterschiedliche Wiesen, auf welchen man warme Quellen antrift, die man gar leicht einfassen und Bäder daraus machen könnte. Aber von denen, welche von langen Zeiten und jetzt im Ruf sind, etwas zu melden, so trift man gleich, anderhalb Meile Weges von hier gegen Altsohl zu, ein Bad an, welches insgemein das Ribarer Bad, von dem Dorf Ribar, das unten an dem Berge, darauf das Bad lieget, gebauet ist, genennet wird. Dieses ist erst vor 10. Jahren erfunden
Länge gehen sie den Städten weit bevor : so enthielten sich auch eine ansehnliche Menge von Einwohnern daselbst. Ihre Ordnung und Geschicklichkeit ist gleichfalls sehr zu verwundern. Ihre Ruhe wird nicht gestöhret: wenn sie gearbeitet und ihre Speise zu sich genommen haben, erkennet man solches billig, und lässet sie wieder eine Stunde oder acht in einem Loch von einem Felsen ausruhen, nachdem nämlich die Zeit ist, so sie in der Arbeit zubringen.
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und angeleget worden, und zwar auf folgende Weise: es war nämlich vor diesem daselbst nichts, als eine Grube voll laulicht-schweflichten Wassers, darinnen die Bauernweiber ihren Flachs gebeizet, oder geröstet haben, wie dann dergleichen Gruben noch unweit davon und an andern Oertern angetroffen werden. Da nun einmal eine alte wassersüchtige Frau ihren Flachs aus gedachter Grube herausnehmen und abwaschen wollte, und also fast den ganzen Tag in dem Wasser gestanden ist, hat sie gemerket, daß ihr die Füße, so weit sie in dem Wasser gewesen, abgeschwollen; dahero hat sie die folgenden Täge allzeit etliche Stunden mit dem ganzen Leib darein gebadet, und ist darauf in kurzer Zeit am ganzen Leib abgeschwollen und völlig wieder gesund worden. Dieses kam bald unter die Leute, absonderlich promulgirte diesen Effect gedachter Frau ihr Vater, brachte auch von unterschiedlichen daherum wohnenden Edelleuten und Innwohnern zu Neusohl so viel zuwegen, daß sie solche Grube einfassen, und hernach dem Ursprung nachgraben ließen; da sie zwar etliche sehr heiße unergründliche Quellen angetroffen; solche aber von denen gleich darbey gelegenen kalten Quellen auf keine Weise absondern konnten; dahero mußten sie selbe vermischt bleiben lassen, und in ein Spazium von zehen Schritten lang und sechsen breit neu fassen dessen Boden mi Brettern, dazwischen das Wasser mit einem impetu herausquellet, bedecket ist. Als auch ein Zu-
lauf vieler kranken und preßhaften Leute, hierauf erfolget, wurde ein Wirthshaus und ein anderes, darinnen die Badegäste in unterschiedlichen Logimentern seyn konnten, gebauet, welches bis Dato unterhalten und immer vergrößert wird. Es ist aber dieses Bad wegen etlicher vermischter kalter Quellen, wie oben gemeldet, nicht so warm, wie andere warme Bäder, sondern nur laulicht, vom Ansehen trüb und roth dunkelgelb eines süßlichen sehr schweflichen Geschmacks und Geruchs, welcher wenn neblicht und feuchtes Wetter ist, und das Bad abgelassen wird, so stark ist, daß fast kein Mensch darinnen bestehen kann, bies es wieder voll angelauffen. Seine Bestandtheile sind Schwefel, Vitriol, Eisenstein, Alaun, und ein wenig Arsenikum, daher schaffet dessen Gebrauch, in alten offenen Schäden und Geschwulsten, großen Nutzen. Man hat auch erfahren, daß es denen, die an Stein und Sand leyden, sehr dienlich sey. Ueber 2. Stunden kann man nicht wohl darinnen bleiben, weil es zu kühl ist und die Haut sehr zusammen ziehet, und man muß sich darauf eine halbe Stunde in einer Wanne, darinne dieses Bad gewärmet wird, wider erwärmen. Ohngefehr 500. Schritt davon, gegen Mittag, quillet auf einer schönen Wiesen ein Sauerbrunnen, der ziemlich guten Geschmack hat, doch etwas schweflich ist: funfzig Schritt davon gegen Mittag, auf eben dieser Wiesen. An einem wenig erhabenen Hügel ist diejenige Kluft zu sehen
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über welche vor diesem kein Vogel fliegen konnte, der nicht gleich tod zur Erde niedergefallen wäre. Ja man hat auch etliche todte Kühe, Haasen und ander Vieh, welches sich dazu genahet, dadbei liegen gefunden; welches dann auch die Ursache war, daß die daherum wohnende Leute solche Kluft mit Steinen, Erden und vielem Holze verschütteten, damit ihr Vieh, das dorten weidete, keinen Schaden ferner leyden möchte, und siehet man anjetzo nuir noch ein Loch davon, dessen Größe kaum einen Schuh in der Runde austrägt; aus diesem gehet ein subtiler Dampf heraus, und wenn man nahe dabey das Ohr auf die Erden leget, so höret man wie einWasser unter der Erden mit großem Geräusche und Gewalt fließet, kochet und rauschet, so daß man vermeinet, man höre viel 100. Glocken zusammen läuten. Da es noch offen war, soll dessen Umfang etliche Schritte gewesen seyn, und hat man es auf keine Weise ergründen können.
Als ich vergangenen Sommer mit etlichen guten Freunden diese Kluft besahe, hielten wir ein Huhn an einem Strickchen über das Loch, da dann selbiges gar bald ersticket und todt war. Es lösete auch einer aus Curiosität eine Pistole hinein, worauf das Loch stark und dick zu rauchen anfieng, auch etliche Stunden kontinuierte, weswegen ich auf die Gedanken kommen bin, dieser dem Vieh und vielleicht auch Menschen schädliche
Dampf, so beständig aus dem Loch gehet, müsse meistens aus einem Sulphure arsenicali bestehen, welcher auch durch das Pulver angezündet, einen so großen und langen Rauch verursachet. Etliche Büchsenschuß weit davon, hat man von diesem Schwefel gegraben, und gemacht; es ist aber solcher Stollen nun aufgelassen.
(Die Fortsetzung folgt.)
II. Vermischte Nachrichten.
Siebenbürgische Briefe.
IV. Von dem traurigen Schicksal der Stadt Bistritz, im Jahre 1602.
Mein Freund!
Habe ich etwas tragisches gelesen: so ist es gewiß auch das kriegerische Ungewitter, daß sich im Jahre 1602, über die sächsische Stadt Bistritz, oder Nösen, und deren Gebiethe gleich Wolkenbrüchen ergoß. Nicht ohne Schauer, nicht ohne mitleidige Tränen, habe ich die Nachrichten lesen können, die uns Stephan Decani, ein Pfarrer zu Bistritz, davon handschrifltich hinterlassen. Krieg, Pest, Hunger wüteten mit gleicher Grausamkeit, und machten diese volkreiche Gegend zu einer traurigen Einöde. Wie weit glückli-
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cher sind wir, mein Freund! unter dem sanften Zepter der großen Theresia!
Femina, sed Princeps, in qua fortuna videre
Se probat, & caecae crimina falsa tulit:
Qua nihil in terris ad finem, solis ab ortu,
Clarius excepto Cesare, mundus habet.
Ovid.
Der kaiserliche Feldherr, Graf Basta, hielte sich mit seinem Kriegsheer in der ungarischen Gespannschaft Byhar, ganz stille auf. Deswegen verbreiteten die mißvergnügten Ungarn und und Zekler in Siebenbürgen, allerley solche Nachrichten von ihm aus. Nach einigen hatte Basta das Fürstenthum verlassen, und würde niemals kommen; nach andern war er gar gestorben. Mit solchen Gerichten suchten sie auch die Bistritzer zur Untreue, und zu einer Erklärung für den wiedergekommenen Fürsten Sigismund Bathori, zu bewegen, droheten ihnen in gegenseitigem Fall noch ein traurigeres Schicksal, als Schäßburg durch Georg Mako erfahren. Erschrocken über diese Drohungen, und ohne andere Nachrichten von dem kaiserlichen Feldherrn, thaten die Bistritzer aus Noth und Furcht einen Schritt, der sie in des äußerste Verderben stürzte. Wie rief ihnen nicht jemand zu:
Illud vide, ne timendo magis timere cogare!
Sie schickten also Abgeordnete nach Medvisch, mit Stephan Czaki, wegen der Uebergabe zu handeln, und thaten es, nach erhaltenem tueren Schwur, daß sie gegen alle Versuche der kaiserlichen Völker geschützet werden sollten. Sie erfuhren es! Czaki schickt sogleich den Hauptmann Szent Pali, mit zweihundert Zecklern ab, Bistritz zu besetzen. Kaum waren diese in der Stadt: so mußten die Bürger 10,000. Gulden erlegen, welche dem Czaki nach Medvisch geschicket wurden, wohin auch Szent Pali eilete, und den Michael Vitez, als Befehlshaber zurücklies. Dieser ließ sogleich die Vestungswerker und das Geschütz besichtigen, und besetzte die Thürme mit seiner Mannschaft. Die Bürgerschaft wurde durch die Pest täglich vermindert, welches die Besatzung, und den dahin geflüchteten ungarischen Adel bald so mächtig machte, daß sie nur das unterließen, was sie nicht thun wollten, Graf Basta hörte alles, und beschloß die ungetreue Stadt auf das empfindlichste zu züchtigen. Doch belagerte er sie nicht sogleich; sondern schickte nur dann und wann Rotten von Heiducken aus. Man sahe diese wohl, aber niemand wollte sie kennen, denn an Basta, gedachte kein Mensch mehr. Allein den 30ten Januarius erfuhren sie es, das Basta noch lebe, und ihnen nur gar zu nahe wäre. Es war ein sehr volkreicher Marktag zu
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Bistritz. Wie aber die Bauern nach Hause reisen, werden sie von einer Rotte Heiducken überfallen, und welche nicht in die Stadt zurückflüchten konnten, alle niedergehauen. Bald folgeten mehrere Heiducken und Walloner breiteten sich auf die Dörfer aus, wo sie auf das grausamste haus hielten. Glücklich waren noch diejenigen, die niedergehauen wurden. Weh den Gefangenen! Sie dreheten ihnen so lange Stricke um die Köpfe zusammen, daß ihnen das Gehirn heraussprizte, sie henkten sie an Füßen und Achseln auf, sie folterten ihre Leiber mit glühenden Kohlen, daß sie ihre verborgen Güter entdecken möchten. Hier war kein Verschonen, keine Menschlichkeit! Männer, Frauenzimmer, Kinder, ja gar im Mutterleib, alles wurde ein Opfer der erbitterten Soldaten. Frauenzimmern schnitten sie die Brüste auf, und bestreueten sie mit Salz, jungen Mannspersonen wurden die Näbel ausgschnitten und an Bäume genagelt, worauf die Unglücklichen so lange um die Bäume getrieben wurden, bis ihr ganzes Eingeweide umgewickelt war, und sie tod hinfielen. — Falle Vorhang, falle zu! viele flüchteten sich in die Gebirge, allein nur zu einem andern und langsamen Tod. Hunger und Frost, die izt ausserordentlich war, wurden ihre Mörder. Der Verfasser schreibt: das Elend seye nicht auszusprechen, das damals zu Bistritz und in dessen Gebiethe gewesen. Wer sollte es ihm nicht glauben? —
Als die Besatzung der Stadt, ihre Belagerung gewiß sahe, steckte sie zween Abend vor der Ankunft des Generals Basta, die Vorstädte in Brand, und was das Feuer verschonet hatte, wurde nachgehends abgebrochen, und in die Stadt zu Verstärkung der Vestungswerker geführet. Zugleich hielte ihr heftiges Feuer von Thürmen und Mauren die herumstreifenden Feinde ab, sich der Stadt zu nähern.
Den ersten Februar erschien Basta mit 40.000 Mann, wie man sagte, und lagerte sich bey Wallendorf. Bey seinem Vorüberzug feuerte die Besatzung wider Willen der Bürgerschaft, stark auf seine Völker. Dieses erbitterte ihn noch mehr. Sogleich schlos er die Stadt ein, und benahm ihr den folgenden Tag das Flußwasser, welches bald einen großen Brodmangel verursachte. Darauf beschoß er Bistriz bis den 22ten Hornung, aber ohne Vortheile. Nun ließ er seine großen Stücke unbemerkt in der Nacht, von dem Berg Schiberreden über den zugefrornen Fluß herabziehen, und nur einen Steinwurf weit von den Stadtmauren aufpflanzen. Feuer und Sturm entdeckten ihn. Das Fußvolk stürmete, und die Reiterey umgab die Stadt, um bey glücklichem Erfolg die Flüchtigen niederzuhauen. Allein Basta fand einen so heftigen Widerstand, das zween Stürme verlohren giengen. Zugleich brache das Eis des Flusses von der großen Last ein, und viele seiner Kriegsvölker fanden da-
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rinnen ihren Tod. Doch war auch der Zustand der Stadt kläglich genug. Die Pest wütete besonders unter der Bürgerschaft. Da sahe man Männer ihre Weiber, Weiber ihre Männer, Kinder ihre Eltern auf kleinen Schlitten und Karn nacket und mit in Schnee herabhangenden Köpfen und Füssen, zu Grabe führen. Auf dem Kirchhof, im Kloster und zwischen den Stadtmauren, war eine tiefe Grube gemacht, wohin diese traurige Schlachtopfer geworfen wurden. Die auf den Mauren und Thürnen umkamen, wurden in den Gassen hin und her kaum eine Spanne tief eingescharret. Als Basta den dritten Sturm veranstaltete, brachte ein Zigeuner einen Brief heimlich in die Stadt. Nach dessen Inhalt hatte Fürst Sigismund Bathori aus Kronstadt den Bogatschi an den kaiserlichen Feldherrn abgeschickt, ihn zur Verschonung der unglücklichen Stadt zu bewegen. Bogatschi wäre bey den geschehenen Stürmen schon angekommen gewesen, allein Basta hätte ihn nicht vor sich kommen lassen. Die verlohrnen Stürme und die Fürbitte der schwarzen Reiter hätten endlich den General bewogen, ihm Gehör zu geben. — Die Bürgerschaft hofte also einen Waffenstillstand; allein sie betrog sich. Es war alles zum dritten Sturm gerüstet, und Basta konnte, oder wollte ihn nicht verhindern. Fünf Kanonen feuerten so glücklich, daß die Mauren drey Klafter weit einstürzten. Sogleich wurde Sturm
gelauffen, und hätten die kaiserlichen Völker mehr geeilet; so wäre die Stadt glücklich erobert worden. Denn solches panische Schröcken überfiel die Leute, die Erde zu Ausfüllung der Bresche zutrugen, daß sie halb tod dem Marktplatze zuliefen, die Hände über den Kopf zusammen schlugen, und jämmerlich schrien: Au weh! Der Feind ist in der Stadt. Es laufe, wer da laufen kann! Bald erfüllte dieses Geschrey die ganze Stadt. Alles suchte sich zu verbergen. Es war um die Stadt geschehen! Allein die Herzhaftigkeit eines einzigen Bürgers rettete sie noch. Pfaffenbruder, ein Eisenschmied, befand sich nicht weit von der Bresche. Dieser siehet einen feindlichen Soldaten auf der Mauer, der die Fahne aufstecket, und seinen Mitbrüdern zuruft: herzu! herzu! die Stadt ist unser. — Er springt hinzu, hauet mit einer Helleparte den Soldaten herunter, ergreifet seine Fahne, und rufet seinen halbtodten Mitbürgern zu: kommet herzu, lieben Bürger! kommet, Gott hat ein Zeichen seines Sieges an uns gethan, die Stadt ist wieder unser. Dieses machte den Bürgern wieder Muth, sie versammelten sich nach und nach wieder, und fülleten eilends die Bresche aus. Indessen feuerte die Besatzung so heftig auf die Stürmenden, daß sie sich nicht näher zu kommen wagten. Dieser abermals vergebliche Sturm bewegte den Basta, der Stadt eine gänzliche Zerstöhrung zu drohen, aber zugleich auch, die
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Bitte des Bathorischen Abgesandten zu bewilligen, und nicht mehr zu stürmen. Die Bistrizer liessen Sonntags ihre Kanonen schweigen, und da Bogatschi auf Einwilligung des Basta in die Stadt kam, folgete der Rath seinem Begehren, und schloß mit dem kaiserlichen Feldherrn, wider willen der Besatzung und hingeflüchteten Edelleute, einen Waffenstillstand auf sechs Tage. Basta begab sich nach seinem Hauptquartier zu Wallendorf, forderte aber von denen Bistrizern die Auslieferung ihres Konstablers, Michael Steinkellner, und das mit Drohung auch des Kindes in Mutterleib nicht zu verschonen. Der Verfasser schreibt: Er habe den Basta in sein Stück geschossen, und es zersprengt. Dem Rath wurde die Wahl sehr schwer. Steinkellner hatte ihnen so wichtige Dienste geleistet, sollten sie nun so undankbar seyn, und ihn seinem Feind ausliefern? Er selbst befand sich in einem elenden Zustand. Von einer angezündeten Tonnen Pulvers auf einer Seite ganz verbrennt, lag er in einem Oehltuch eingenähet. So lies er sich auf das Rathaus tra-
gen, sein Schicksal anzuhören. Die alles befürchtende Rathsherren wollten ihn gern retten, sahen aber kein Mittel vor sich. Sie sagten ihm: Wenn er sieben Köpfe hätte, würde er nicht einen zurückbringen. — Ich habe nur einen, erwiderte Steinkellner ganz ruhig, und auch den will ich wieder zurücke bringen. — Als er im kaiserlichen Lager anlangte, kam ihm Basta voller Zorn entgegen. Demselben bothe er seine Hand, Basta reichte ihm einen Finger. Steinkellner zog seine Hand zurück, und reichte sie ihm auf das neue, hierauf gab ihm Basta zween Finger. Da sagte Steinkellner: Euer Exzellenz wollen mir itzt nicht einmal ihre Hand anvertrauen, da sie mir doch in Italien drey Jahre, ihren ganzen Leib anvertraut, und wir aus einer Schüssel gespeiset haben. — Basta antwortete: warum er nicht brüderlich mit ihm verfahren? — Euer Excellenz, erwiderte Steinkellner, sollten nicht als ein Feind, sondern auch als ein Burden gekommen seyn. — Endlich wurde Basta besänftiget und begnadigte ihn.
(Die Fortsetzung wird folgen.)