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II. Jahrgang, XX. Stück, den 13. May 1772.

I. Nützliche Bücher.

Wien.

Antonii de Haen S.C.R. A. Majestatis Consiliarii Tomus primus Rationis medendi contituata &c.

Der zweyte Theil dieses Werkes enthält eine Abhandlung von der Wiederherstellung des Lebens bey Ertrunkenen, erstickten und erhenkten, in VIl. besondern Kapiteln. In dem I. werden verschiedene Beyspiele von Ertrunkenen, und zum Leben wieder gebrachten, sowohl in den vereinigten Niederlanden, als in Venedig und in Oestreich angeführet, und auch jene, wobey die eifrigsten Bemühungen fruchtlos abliefen, demPublikum (welche seltene Eigenschaft) nicht vorenthalten S. ,7. 18. 19. 23. 24. Im II. kommen verschiedene neue Versuche vor, welche mit 15. Hunden in der Absicht angestellt worden, damit die bekannten Hilfsmittel, deren man sich bey den Ertrunkenen und Ersickten bedienet, geprüffet und berichtiget werden möchten, S. 32. 42. Im III. Kapitel folgen innige Anmerkungen über die im I. und II. Kapitel beschriebene Versuche, wodurch ein Theil der Schwierigkeiten gehoben: § 1. die in den Beyspielen des 1. Kapitels nicht erfolgte Wiederbelebung, der zu spät angebrachten Hälfe beygemessen; §. 2 eine gemachte Einwendung widerleget. §. 3. Die Meynung, daß die Ertrunkenen den Schlag erleiden, entkräftet; dagegen §. 4., daß sie vielmehr der Lungenentzündung sterben, wahrscheinlich gemacht , und das Lufteinblasen ferner empfohlen Im IV. Kapitel kömmt eine Untersuchung vor; über die nächste des Todes der Erhenkten, die Frage: Ob bey den Erhenkten und bey den Ertrunkenen einerley Rettungsmittel zu gebrauchen sind? desto gründlicher beantwortet werden könne. Hier wird unter andern auch ein Beyspiel angeführt vom

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Jahre 1442. den 16ten März; da ein Gehenkter, durch Hülfe und Kunst, der wienerischen Aerzte wieder auflebte. Im V. Kapitel wird die nächste Ursache des Todes, sowohl bey Erhenkten als Ertrunkenen, durch neue mit Hunden vorgenommene Versuche erwiesen, und verschiedene Zweifel, die durch die vorhergehenden Versuche nicht gehoben worden, aufgelöset. Besonders wird angemerkt: daß bey dem allerletzten Versuche der Magen mit Wasser angeschwellt, zum erstenmal erschienen. Durch diese Versuche wird es deutlich, daß sowohl die Erhenkten als Ertrunkenen an der Lungenentzündung sterben.

Im Vl. Kapitel ertheilet der Herr V. Nachricht von der Zergliederung eines erhenkten Menschen.

Im VII. wird gehandelt von Irrthümern, wozu uns die Versuche verleiten können; dann von dem gemeinen Gebrauche, die Ertrunkenen bey den Füssen aufzuhenken, und in einem zu beyden Seiten offenen Fasse hin und her zu wälzen. Von der künstlichen Eröffnung der Luftröhre. Den Einwendungen des berühmten Senacs wider das Stürzen des Körpers wird mit verschiedenen Gegenbeweisen und Versuchen geantwortet; auch ein sehr merkwürdiges Beispiel angeführet von einer Kur, die der berühmte Cocq im Haag an einem Kriegsmann, durch die Umstürzung, mit dem beßten Erfolge vorgenommen.

Das VIII. Kapitel enthält eine Beantwortung zweyer wichtigen Einwürfe, deren der erste sich gründet auf die Geschichte vieler Wiederbelebten, du zu ganzen Stunden, zu Tagen ec. unter Wasser gewesen: und auf Beyspiele, wo das Leben entweder mit gar wenigen, oder spät angebrachten Hilfsmitteln dennoch wieder hergestellet worden. Auf der 189. S. findet sich noch ein Anhang, worinnen die Rettung zweyer in der Gefahr der Erstickung vom Kohlendunste gewesenen Personen beschrieben wird. Unser Hr. Doktor Seredi hat bey diesem Vorfalle seine erlangte Erfahrenheit erprobet. Beede sind glücklich gerettet worden.

Aus einem lobenswürdigen Eifer für das gemeine Beste hat der Herr Hofrath eine deutsche Übersetzung dieses zweyten Theils veranlasset; wie er denn auch durch eben diesen angefeuert, in der Vorrede zu diesem Buch seine Herren Collegen freundschaftlich erinnert, ihre- erlangte Einsichten ebenfalls und zwar darum öffentlich bekannt zu machen, ut civium PATRES de omnium nostrum sinceritate, de candore nostro, deque debito in Rempublicam amore convicti, mutiusque nostris observatis adjuti, ejusmodi leges in fata talia parent, quae in omnicontagionis tempore, cum veterum errores tollant, tum nostros quoque minuant emendentque.

Die erwähnte wohlgerathene Uebersctzung ist erst kürzlich zum Vorschein gekommen. Sie führet den Titel: Antonii de Haen, beyder kais. königl. apostol. Majestäten Hofraths und Leibarztes, ersten öffentlichen Lehrers der Arzneywissenschaft auf der sehr berühmten und uralten hohen

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Schule zu Wien, verschiedener gelehrten Gesellschaften in Europa Mitgliedes: Abhandlung über die Art des Todes der Ertrunkenen, Erhenkten und Erstickten, dann über die Mittel, durch welche denselben das Leben hergestellet werden kann. Aus dem Lateinischen ins Deutsche übersetzt, von Johann Lamboy. Wien bey Hermann Joseph Krüchten 1772. in 8vo, 11. und einen halben Bogen stark.

v. Q.

II. Künste.

Beschluß der im XV. Stücke fortgesetzten Satzungen der k. k. freien Zeichnungs - und Kupferstecherakademie.

Zwey und zwanzigstens: sind dies Satzungen, ein unverbrüchliches Gesätz; und das Siegel wird jederzeit unter Verwahrung eines jeweiligen Direktors sorgfältigst aufbehalten.

Es werden diese Satzungen in allen ihren Artikeln, Punkten, Bedingnissen, Inhalt, Nennungen und Begreifungen durchaus bey Kräften bleiben und erhalten werden. Dieses ist Ihrer k. k. apostolischen Majestät allergnädigster Wille.

* * *

Gleichwie wir diese Statute S. 75. 89. 100. 116. vorzüglich in der Absicht unsern Blättern einverleibet haben, damit die Verfassung, und der daraus entspringende ausgebreitete Nutzen, unsern Lesern bekannter werden möge: also wollen wir nunmehro, um den glücklichen Wachsthum und Fortgang dieser k. k. freyen Akademie dem Publikum vorzulegen, ein Verzeichniß sämmtlicher, auch der höchsten Mitglieder, nebst einer kurzen Beschreibung ihrer Aufnahmsstücke liefern; hierinnen aber der Ordnung folgen, welche uns durch die Zeit ihres Beitritts vorgeschrieben wird.

Im Jahre 1766. den 11ten May, hat Herr Anton Domanek, Gold-Stahl - und Stempelverschneider, einer der ersten Künstler in Europa, die Bildniß unsers glorwürdigsten Kaisers Josephs II. in erhobener Arbeit zum Aufnahmstücke übergeben.

Hierauf wurden im Monat December, den akademischen Statuten gemäß, mit Genehmhaltung des hochfürstlichen Protektors Fürstens von Kaunitz Rittberg nachfolgende Ehrenglieder ernennet, und aufgenommen:

Se. Excellenz Herr Graf Ernst von Harrach. k. k. geheimer Rath und Kämmerer

Se. Excellenz Herr Johann Hugo Freyherr von Haagen k. k. wirklicher geheimer Rath, wie auch Reichshofraths Vicepräsident.

Titl. Herr Generalmajor Freyherr von Kettler. k. k. Kämmerer des königl. St. Stephans Ordens Ritter.

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Titl. Herr Generalmajor Freyherr von Burghausen.

Titl. Herr Graf Joseph von Kaunitz Rittberg, k. k. wirklicher Kämmerer und Hofrath.

Se. Excellenz Herr Egidius Valentin Felix Freiherr von Borie k. k. wirklicher geheimer Rath, und dermalen Comitialgesandter zu Regensburg.

Titl. Herr Anton des H.R. Reichsfreyherr von König, zu Krenburg des königl. St. Stephans Ordens Ritter.

Titl. Herr Gerhard Freyherr von Swieten des königl. St. Stephans Ordens Kommandeur k. k. Rath, erster Leib-und Protomedicus ec. ec. Präses von der Büchercensurkommission.

Titl. Herr Anton Holler, Edler Herr von Doblhofdier k. k. wirklicher Commerzienhofrath.

Titl. Herr Baron von Stirm.

Herr Niclas, Freyherr von Paccassi k. k. Oberhofarchitect.

Titl. Herr Johann, Freiherr von Fries k.k. Cammerzienhofrath und Bergwerksprodukten Verschleißdirektor.

Titl. Herr Paul von Gundel Ihro röm. kais. Majestät wirklicher Hofrath, geheimer Reichshofreferendarius, bey der lateinischen Expedition und des königl. St. Stephans Ordens Ritter.

Titl. Herr Joh. Georg von Kaizer kais. wirklicher Hofrath und Reichshofrathsekretarius.

Herr von Reuter k. k. Hof- wie auch an der Metropolitankirche zu St. Stephan allhier Kapellmeister: der aber in diesem Jahre das Zeitliche gesegnet hat. Seine nachgelassene Sammlung von auserlesenen Gemählden, Kupferstichen und Zeichnungen, nach allen Schulen, ist ein Beweis der Richtigkeit seiner Kenntniß in diesem Fache.

Im folgenden Jahre 1767. den 5ten Februarius geruheten Ihre königl. Hoheit, die kaiserlich- königliche Prinzeßinn und Erzherzoginn Maria Anna Josepha Antonia Johanna Sternkreuzordensdame und Aebtissin des neuen Fräuleinstifts in Prag, durch einen Höchstselbst verfertigten, mit Rothstein gezeichneten umschleyerten Frauenkopf, in welchem die Leidenschaft des Nachdenkens, richtig und kühn ausgedruckt ist, Sich zum Mitglied der Akademie gnädigst zu erklären.

Diesem ermunternden Beyspiele, folgten unter dem 7ten März Ihre königl. Hoheit die kais. königl. Prinzeßinn und Erzherzogin Maria Carolina nunmehrige Königinn von Neapel und Sicilien. Das Stück bestehet in einem, auf grauen Papier, mit schwarz und weiß gemischten, alten Kopf, in welchem die Andacht mit Freyheit herrscht.

Den 5tenJulius wurde Herr Peyer, dessen Geschicklichkeit, Erfindung zur Grundlage hat, nachdeme er ein aus Thon verfertigtes Bachanalstück überreichet, zum Mitglied erkläret.

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Den 31sten August übergab Herr Johann von Hölzel an die Akademie ein gemahltes Stück, welches eine Distelstaude mit Stieglitzvögeln vorstellet, und wurde zum Mitglied aufgenommen. In Blumen, und Früchten, - zeichnet sich dieser Künstler besonders aus; indeme er der Natur wirklich am nächsten kommt.

v. P.

III. Landwirthschaft.

Wir glauben den Liebhabern der Landwirthschaft einen Gefallen zu erweisen, wenn wir ihnen in unsern Blättern einen kurzen Auszug liefern, aus der Abhandlung über die Futterkräuter der Neuern, welche den berühmten Herrn Alb. Haller auf G. J.- und Z. des großen Raths der Republick Bern, gewesenen Salzdirektoren zu Roche; der königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, wie auch der ökonomischen Gesellschaft in Bern Präsidenten zum Verfasser hat. Sie ist übersetzt, im vorigen Jahre in Bern gedruckt, in Oktav 3. Bogen stark.

Mit Grunde ist der Hr. Verfasser für den Werth der Wiesen eingenommen: Schon zu der Römer Zeiten (sagt er §. 2.) ist man bedacht gewesen, die Fruchtbarkeit der Wiesen auf den höchsten Grad zu bringen. Kato wußte sehr wohi, daß die Aecker durch die Wiesen genähret würden. Und die Vergleichung des Viehes Helvetiens, mit dem Viehe eines benachbarten Volkes, zeiget genugsam, wie nothwendig es dem Landmann sey, gute Wiesen zu besitzen.

Die vornehmste und leichteste Weise, den Abtrag der Wiesen zu vermehren, ist das Wässern: es ist an wenig Orten bekannt: und dennoch erstaunlich einträglich und leicht: der Abtrag beständig, und fast keinen Unfällen ausgesetzt.

Die andere Verbesserungsart bestehet darinnen, daß man sie dünget, und durch Umpflügen erneuert.

Beede Mittel wurden in der Schweitz, wegen der großen Menge Viehes, nicht hinlänglich befunden: man hat sich daher bemühet, eine Pflanze ausfindig zu machen, die das gemeine Gras an Geschmack und Nahrungstheilen überträffe; und die zu wiederholtenmalen könnte abgemähet werden.

Bißher sind beynahe nur zwo Klassen von Pflanzen von den Landleuten vorzüglich gebauet worden: nämlich die Erbsenblüthen und die Gräser.

Die Hilsenfrüchte haben größere Saamen, besitzen mehrere mehlichte Theile und sind dem Viehe sehr angenehm. Da sie ihre Aeste auf alle Seiten ausbreiten, so liefern sie auf einem gleichen Maaße des Ackers eine größere Menge Futter: und da verschiedene von diesen Gewächsen dauerhaft sind, so kann die Arbeit eines einzigen Jahrs durch den Abtrag vieler Jahre reichlich wieder ersetzt werden.

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Der Bau der Graßgattungen ist sehr einfach: die Halme sind gerade, und keineswegs ästig; sie sprossen in dicken Büschlein aus der Erde herfür. Sie liefern ein angenehmes und gesundes Futter. Die Hilsenfrüchte, hingegen besitzen bey der Menge von Nahrungstheilen zu viele Luft. Das Graß kann dem Vieh grün vorgelegt, oder gedörret, und als Heu aufbewahret werden: indessen verliehren die Pflanzen mit Erbsenblüthen, ihre Blätter im Trocknen, und können ohne Abgang nicht aufbehalten werden: doch ist wohl zu erwägen, daß die Gräser selten über zweymal abgemähet werden: und schwerlich das Gewicht vom Futter liefern. §. 5. fänget das Verzeichnis der Graßarten an. Das erste Graß wurde in Amerika durch die Versuche eines Landmanns, der limochens Hanson hieß, zuerst berühmt. In der Schweitz wächst es von sich selbst in feuchten Wiesen; in Amerika sproßet es an ähnlichen Orten hervor.

Der berühmte Linn nennet es Phleum Spica Cylindrica longissima, culmo recto Spec. p. 87. Schreber. S.14.

Um unsern Lesern einen deutlichern Begrif von der Pflanze zu machen, wollen wir die Beschreibung, wie sie in der Abhandlung vorkommt, hier zum Theil ansehen.

Die Wurzeln dieses Grases sind dauerhaft. Die Halme, deren besonders in der angebauten Pflanze eine große Menge aufschießt, sind zwar an der Erde nicht knollicht, doch mit braunen Blattscheiden überdeckt, etlichemale gebogen, und mit Gelenken versehen. Sie gehen in die Höhe mit braunen Zwischengelenken: oberwärts sind sie dünner, und wachsen drey oder mehr Schuhe hoch. Herr Schreber bestimmt ihre Höhe bis auf 6. Schuhe. Die untersten Blätter sind gegen zwo Linien breit, glatt. Das armirte Aug siehet an ihnen kurze Härchen, mit gezähnten Rändern. Die Aehre ist walzenförmig zween bis drey Zolle lang. Die untersten Blüthen sind unvollkommen. Die übrigen sitzen auf kleinen Stuhlen, die dennoch mehr als eine Blüthe tragen. Die Blühten sind wiederum wie Walzen, aber mit zweyen Hörnern versehen, und ihr unterer Theil ist etwas breiter. Sie haben eine äußere Blumendecke deren zwey ähnliche und gleiche Blätter sich auf, eine besondere Weise enden ec.

Diese Pflanze hat wegen der Größe ihres Wuchses und ihrer Blätter, wegen ihres leichten Anbaues, ihrer Dauerhaftigkeit, und ihres angenehmen Geschmackes verschiedenes eigenthumliches und vorzügliches; weswegen sie auch von dem Hrn. Verfasser zum Anbauen nicht mißrathen wird. Besonders da sie die gute Eigenschaft hat, daß sie nicht nur in feuchten, sondern auch in mosichten Wiesen, auf denen sonst das schlechteste Graß wächst, willig fortkommt. Doch beschwert man sich darüber, daß wenn

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sie etlichemal abgemähet werden, sie ein hartes und den Pferden unangenehmes Futter liefern.

Das gleichartige so genannte Kolbengraß, das aber von dieser Pflanze verschieden ist, wächst eben so häufig. Es ist viel niedriger. Sein Halm ist unten merklicher knollicht, besonders in warmen Ländern und zurückgebogen, obwohlen es sich hernach in die Höhe richtet. Die Aehren, sind kleiner, die Blätter der Blumendecke breiter, und ihre Spitzen verhältnißweise kürzer. Dieses verdienet niemals gebauet zu werden; wegen seines niedrigen Wuchses, und ihme eigenen magern Wesens.

Das zweyte Graß (§. 6.) das unter dem Namen Biedgraß oder Fowl Meadowgraß aus Amerika gebracht worden ist, gehört in das Geschlecht der Poarum. Herr Bomenau ein Wundarzt, welcher, um sein schweres Gehör durch den Einfluß eines mildern und warmern Klima zu heben, sich nach Neugeorgien begeben, hat es von dort aus, dem Hrn. von Haller zugeschickt. Der Halm dieses Grases ist etwas knollicht; an der Erde gekrümmt, hernach geht er aufrecht in die Höhe, und ist zwar bis drey Schuhe lang. Die Blätter sind zart, glatt und kaum einer Linie breit. Die Blühten liegen nahe an, einander, und der Strauß ist schmale, die kleinen Blüthen tragenden Zweige sind ungleich, gehen in die Höhe, und sind an der Farbe grünlicht-braun. Die Blumen sind klein, drey blüthig zugespitzt.

Die vornehmste Eigenschaft desselben ist, daß es fast aus jeden Knetten Wurzeln treibt, die in besondere Halmen ausschlagen, und daß es folglich ein größeres Gewicht an Heu liefert, woran es auch alle andere Gräser übertreffen soll. Ueberdieß kommt es in jedem Boden fort , muß aber mit irgend einer Kornfrucht gesäet werden.

Bey diesen Vorzügen aber merket der Hr. Verfasser an, daß die neuesten Nachrichten, die er von seinen Freunden hat, denselben nicht günstig sind.

Das dritte Graß (§. 7.) das schon längst in Engeland zur Nahrung des Viehes gebraucht worden ist, das Raygraß oder Ryegraß der Engländer beym Linn Speu: p. 122. Lolium spica mutica &c. spicis compressis multifloris.

Und in der Uebersetzung des hallichen Werkes, Graßlauch, oder wie Herr von Haller vermuthet, Graßlülch.

In der Schweiz wächst es häufig an den Hecken und Straßen, wird aber nicht in England angebaut.

Die Wurzel ist einfach zasericht und dauerhaft , die Halmen sproßen, in dichten Büscheln hervor, sind anderthalb Schuh lang, und in der an-

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gebauten Pflanzen noch länger, laufen zuerst schief, hernach gerade in die Höhe, und ihr unterster Theil ist mit Blattscheiden überdeckt: die Blätter scheinen rückwärts rauh, und sind ein bis zwo Linien breit: die äußere Blumendecke bestehet nur aus einem einzeln Blatte. Eine Blume bestehet aus acht Blüthen, deren äußeres Blatt größer, hohl, zugespitzt, grünlicht mit weissen Rändern, und gemeiniglich ohne Hachel ist; das innere Blumblatt ist weiß, einfach und flach. Das ganze Ansehen dieses Grases ist hart und blaulichtgrün, die Aehre wächst bis auf einen Schuh lang allein unterbrochen, doch so, daß sich die Aerchen beinahe berühren. Diese sind vollkommen zweizeilig, auf den Seiten zusammengedrückt , und mit Rücken gegen den Halm zugekehret.

Dieses Graß sollen die Schaafe vorzüglich lieben: es soll auch die Gefahr mindern, in welche das Vieh durch die Blähungen versetzt wird.

Die Engländer geben auch den Namen Ryegraß, der Mauergerste, eine höchst schlechte Pflanze.

Endlich ist das Fromental der Franzosen, das sie fälschlich für das Ryegraß der Engländer gehalten haben.

Dieses Habergraß ist in der Schweitz sehr gemein. Seine Wurzel ist zasericht, die Halmen sind 3 bis 4. Fuß hoch, und aus der nämlichen Wurzel nicht zahlreich. Die Blätter findet man in rückwärts Streichen rauch; sie sind bis auf 3. Linien breit, und etwas haaricht. Die Blumen stehen in einem ästigen Strausse dicht beysammen. Ihre Stilchen sind zart und ästig. Die Blume bestehet aus zweyen Blüthen: jede Blüthe besitzt ihre Staubfäden und ihren Saamen.

Dieser Haber dauert zehen ganze Jahre fort: er kann dreymal gemähet werden, und auf einem französischen Morgen liefert er 18000 Pfund an fürtreflichem Heu. Stanislaus baute denselben in Lothringen. Herrn von Haller kommt dieses Graß mager, hart, und frühzeitig vor: in der Schweitz säet man es nirgend, weilen es von selbst in größter Menge wächset.

Die übrigen Graßarten, welche die Engländer zum Anlegen künstlicher Wiesen vorschlagen, gefallen dem Hrn. Verfasser nicht.

Wie sehr ist es zu wünschen, daß sich jemand finden möchte, welcher durch das Beyspiel des berühmten Herrn von Haller aufgemuntert werde, die verschiedenen Graßarten in den Erbländern, besonders in Ungarn zu untersuchen, sie nach ihrer Güte und Vorzüge zu ordnen, die besten zum Anbau der Wiesen zu bestimmen, und dem Landwirth bekannter zu machen.

v. W.


In Wien zu haben in der Baderischen Buchhandlung neben dem Todtenkopf in der Bognergasse.
Topic revision: r5 - 24 Nov 2010, AgostonBernad
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