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IV. Jahrgang, II. Stück >
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IV. Jahrgang, I. Stück, den 5. Jenner 1774.
I. Wissenschaften.
Wien,
Bey Joseph Kurzböck ist zu haben: Johann Alexander Brambilla, Ihro k. k. ap. Maj. Leibwundarztes, und der Akademie der Wissenschaften zu Bononien Mitgliedes, Chirurgisch- praktische Abhandlung von der Phlegmone und ihre Ausgengen. Erster Theil. Aus dem Italiänischen übersetzet von -- B.
Ob zwar die Chirurgie ihr ursprüngliche Benennung von dem heilen mit der Hand herleitet; so setzet doch ein rechtschaffener Wundarzt bey den Operationen selbst niemals den Kopf bey Seite; niemals pfleget er bloß mechanisch zu handeln. Er weis, daß es dabey auf die Gesundheit oder Erhaltung eines Menschen ankomme, an der so viel gelegen ist. Ist er mit besonderer Geschicklichkeit und mit Verstande begabet, um vorzüglich diesem so wichtigen Gegenstande genug zu thun; so wird es für ihn zu Pflicht, die Feder zu ergreifen, und sich mit eben der Freymüthigkeit, mit welcher er so vielen Menschen geholfen, der Beurtheilung der Welt auszusetzen.
Es kömmt zwar öfters, bey unserm allzu kritischen Zeitalter, der verdienstvolleste Mann« nicht unangetastet davon, so bald er sich zum Schriftsteller aufwirft. Die kritischen Heuschrecken pflegen gern mit ihrem Neide alles, auch das Beste, zu vergiften, um sich über andere, mit ihrem Stolze, hinwegzusetzen. Allein, Ehre genung für einen Mann von großer Einsicht, wenn er nur von wenigen gut und gründlich denkenden gelehrten Beyfall und Dank erhält.
Die Arzneygelehrsamkeit erhält ihr Ansehen hauptsächlich dadurch, daß sie den menschlichen Körper mehr à priori, das ist, wie er von Natur seyn sollte und könnte, betrachtet. In Ansehung dieser Aussichten erbauet sie ihre Systeme nach Art der Stern-
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kündiger und Politiker meistentheils auf Wahrscheinlichkeiten.
Ganz anders aber verhält es sich mit den Beschäftigungen des Wundarztes. Dieser betrachtet den Zustand des menschlichen Leibes mehr à posteriori, das ist, wie er ihn, in dieser oder jener Natur und seiner Wirkung findet: oder wie dieser oder jener Leib in Ansehung seines Temperamentes würklich beschaffen ist. Er ziehet seine fünf Sinne mit der Beurtheilung zu Rathe; seine scharfe Aufmerksamkeit setzet ihn vielmals über den Scharfsinn der gewöhnlichen Weltweisen, und auch schon oft über den Tiefsinn der Arzneygelehrten selbst, und giebt ihm endlich eine Erfahrung, welche in der Ausübung mehr, als alle medicinische System gelten muß.
Freylich wird man mit einem leeren und gedankenlosen Kopfe niemals nützliche Beobachtungen machen können. Hierzu wird unumgänglich erfordert, daß er vorher selbst denken lerne, und seinen Verstand zeitlich mit gründlichen Einsichten bereichere, um zu wissen, worauf er seine fünf Sinne und seine ganze Aufmerksamkeit zu richten habe. Aus diesem Grunde ist es nicht so leicht, als man insgemein glaubet, ein aufmerksamer Wundarzt zu seyn, nützliche Beobachtungen aufzusetzen, und sie vor der ganzen Welt erfahrnen Männern vor Augen zu legen. Ihr Nutzen verbreitet sich weiter, als der Nutzen neuer Schuldmethoden oder Policeyverbesserungen, die sich nur auf ein gewisses Gebiete einschränken, und der Veränderung unterworfen sind.
Wir wollen jetzt Hrn. Verfasser lieber selber reden lassen. „Es giebt, sagt derselbe in seinem Vorberichte, verschiedene Bücher, in welchen dieser Stoff abgehandelt wird, doch scheinet es mir, daß in keinem die Ordnung, so, wie hier in Acht genommen sey und ich darf vielleicht sagen, daß ich der erste bin, der die lokale Aderlaß, da, wo sich die Phlegmone ansetzet, oder an dem nächst dabey liegenden Theile, ausgeübet hat, und von welcher man die schleunigste Wirkung erhält. In diesem Theile wird von der Entzündung und besonders von der einfachen und vermengten Phlegmone, derselben äußerlich- und innerlich Ursachen und gewöhnlichen Ausgängen gehandelt Ich habe mir, heißt es ferner, in beyden Theilen die Erfahrung zum Ziele gesetzet, und jene Theorie beybehalten, die, mir der Erfahrung am gleichförmigsten schien. Der Hauptgegenstand dieses Werks sind Beobachtungen. Man wird sie auch genau und richtig finden; weil ich sie ohne alles Vorurtheil, so zu sagen, bey dem Krankenbette aufgezeichnet habe, und ein jeder Wundarzt wird von derselben Wahrheit in der Praxis überzeuget werden. Das Werk ist in 15. Kapitel abgetheilet, in welchem sich außer den einfachesten Erklärungen der Heilarten, auch Anmerkungen befinden, die entweder die Jugend zum Studiren anreizen, oder über Dinge aufmerksam mach, die zwar un-
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wichtig scheinen, aber doch, wenn man sie vernachläßiget, beträchtlich werden können. Dennoch muß ich gestehen, daß man einige Dinge auf keine Weise schriftlich ausdrücken kann; die man nur durch eine unermüdete und aufmerksame Uebung bey dem Krankenbette selbst erlernen muß.“
Das erste Kapitel handelt von der Entzündung, ihrer Abtheilung, und der hitzigen Geschwulst oder Phlegmone.
Das zweyte Kap. von der einfachen Phlegmone, was für Geschwulsten selbige begleiten, und dadurch eine vermengte hitzige Geschwulst erzeugen können.
Das dritte Kap. von den Theilen, die sich entzünden können.
Das vierte Kap. von den äußerl. Ursachen der Phlegmone.
Das fünfte Kap. von den innerlichen Ursachen der Phlegmone.
Das sechste Kap. von den Temperamenten überhaupt, und denen, die den Entzündungen leichter unterworfen sind, insonderheit.
Das siebente Kap. von dem gutartigen Ausgange der Phlegmone, oder den ersten zwo Arten der Zertheilung und den dazu erforderlichen Mitteln.
Das achte Kap. von der gutartigen Zertheilung, die aber mehr Zeit, als die vorhergehenden, fordert.
Das neunte Kap. von der Wegschaffung fremder körperlichen Ursachen, um den wiederkommenden Entzündungen, Eiterbeulen und dem Brande vorzubeugen.
Das zehnte Kap. von dem zweyten Ausgange der Phlegmone, oder dem Absatze auf einen andern Theile.
Das eilfte Kap. von der Zertheilung venerischer Phlegmonen.
Das zwölfte Kap. der dritte Ausgang der Entzündung ist die Eiterung.
Das dreyzehnte Kap. ob man der Phlegmone und ihren üblen Folgen vorbeugen könne.
Das vierzehnte Kap. von dem vierten Ausgange der Phlegmone in eine verhärtete Geschwulst.
Das fünfzehnte Kap. von dem fünften Ausgange der Phlagmone durch die gutartige Zertheilung in eine Wassergeschwulst.
Hieraus kann man sich im Voraus einen vortheilhaften Begriff von dem ganzen Werke machen. Man siehet, wie sehr der Hr. V. an die Beschäfftigungen in seiner Kunst gewöhnet sey, um einen so guten Vorrath von chirurgischen Wahrnehmungen zu sammlen, sie auf allgemeine Sätze zu bringen, und mit triftigen Gründen zu unterstützen. Denn es sind keine Erdichtungen, sondern wirkliche Begebenheiten, die mit dem Namen und Umständen der Personen begleitet werden. Die natürliche Offenherzigkeit giebt den Erzählungen einen ganz besondern Werth.
Niemand wird es also wohl einem patriotischen Oesterreicher verdenken, wenn derselbe eben so stolz auf seinen Brambilla zu seyn anfängt, als es ehemals die Sachsen auf ihren Platner gewesen sind. Ueberdieß verdienet unser Hr. V. mit dem berühmten
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Platner vorzüglich auch deswegen in Vergleichung zu kommen, weil derselbe nicht bloß für seine Zeitgenossen, sondern auch für die Nachwelt besorget ist. Er fordert hier die angehendnen Wundärzte auf; er ermuntert sie zur Nacheiferung; er führet sie so an, daß ihr Bestreben unmöglich mißlingen kann; wofern sie ihm als ihrem Vorgänger unverdrossen nachfolgen. Er verlangt, daß sie dergleichen chirurgische Beobachtungen aufmerksam lesen, und dadurch die Verwandlungen eines Baron von Holberg vereiteln. Er verlangt, daß der angehende Wundarzt die verschiedenen Heilarten gegen einander halte, und sehe, welche die glücklichste sey, um genau zu unterscheiden, wie die Natur für sich allein, und wie sie mit der Arzney würke. Er empfiehlt ihnen einen Heister, einen Schaarschmid, einen Kulmus, Muscati, um sich in der Zergliederungskunst richtige Begriffe zu machen. Zur Erlernung der Anfangsgründe in der Wundarzneykunst schlägt er ihnen einen la Faye, einen Platner, einen Heister, einen Bertrandi vor. Er vergißt auch nicht, den Dionis mit des la Faye Anmerkungen, den Bilguer, Quesnay, David, und unsern unermüdeten Plenk anzupreisen.
(Die Fortsetzung folget.)
II. Geschichte.
Von dem Aufenthalte des gefangenen Herzogs von Sachsen, Johann Friedrich in dem Schloße zu Preßburg.
Die Urkunde, welche ich hiemit den Liebhabern der Geschichte mitzutheilen die Ehre habe, wird ihnen, wie ich hoffe, desto angenehmer seyn, da sie einen Umstand, in den Begebenheiten des unglücklichen Herzogs von Sachsen, Johann Friedrich des IIten, den nur wenig Geschichtschreiber berühren, in das gehörige Licht setzet. Ehe ich aber dieses bewerkstellige, will ich, einem Theile meiner Leser zu gefallen, die widrigen Schicksale dieses Fürsten kürzlich erzählen: a)
Johann Friedrich der IIte Herzog von Sachsen ec. hatte das Unglück, sich nicht nur in die bekannten Grumbachischen Händel zu mischen, sondern diesen Rebellen auch in Schutz zu nehmen. Er ward daher zu Anfange des 1567sten Jahres: auf des Kaisers b) und des römischen Reichs Befehl, vom Kurfürsten August von Sachsen, als damaligen Kreisobersten, in seiner Residenzstadt Gotha belagert. Sowohl diese Stadt, als das Schloß Grim-
a) Wer mehrere Nachrichten davon verlangt, findet solche in des Langueti deser belli Gotha. in des Sagitarii Hist. Gotth. und Mülleri Annal Sax.
b) Nämlich Maximilian des IIten.
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menstein mußte sich ergeben c), und drey Tage nach der Uebergabe, ward der Herzog, als ein Gefangener, nach Oesterreich geführet. Nachdem er einige Monate in Wienerischneustadt gesessen, das dortige baufällige Schloß aber wieder hergesellet werden mußte, ward er den 16. Dezember 1507. nach Preßburg gebracht; d) wo er in dem königlichen Schlosse, bis zum Ausgange des Jahrs 1571 verwahret, von da aber wieder nach besagtem Neustadt geführet wurde.
Ungeachtet nun verschiedene Reichsfürsten bey dem Kaiser mit wiederholten Fürbitten einkamen, so konnte er seine Freyheit doch nicht wieder erhalten. 1585. waren Se. Majestät zwar ziemlich geneigt, sie ihm zu schenken, die Bedingungen dabey aber, waren viel zu hart, als daß er sie hätte annehmen können. Seine Gemahlin Elisabeth e) erhielt im Jahre 1572. die Erlaubniß, ihn zu besuchen und bey ihm etliche Monate zu verbleiben; nachgehends aber auch, daß sie eine beständige Gefährtin der Schicksale ihres Gemahles seyn durfte. Aber dieser Trost in seinen Leiden ward ihm den 8ten Februari 1594. durch den Tod entrißen. Noch in demselbigen Jahre mußte der Herzog auf kaiserlichen Befehl, und zwar, weil man einen Türkenkrieg befürchtete, von erwähntem Neustadt, nach Steyer, einer Stadt in Oesterreich ob der Enns wandern, woselbst er im Christmonate anlangte, und anfänglich in einem Privathause, hernach aber au dem Schloße seine Wohnung bekam. Hier schmeichelte er sich zwar mehr, als jemals mit der Hoffnung, seine Freyheit nach acht und zwanzig jähriger Gefangenschaft wieder zu erhalten, und sein Vaterland noch vor seinem Tode zu sehen, aber seine gewöhnliche Krankheit, der Rothlauf, f) nahm so sehr über Hand, daß er den 13. May 1595. seinen Geist, auf einem Sessel sitzend aufgab g). Sein entseelter Körper ward geöffnet, das Eingeweide den 23. desselbigen Monats in der Pfarrkirche zu gedachtem Steyer, im Chor beym Hochaltare begraben, der Leichnam aber balsamiret, und nach Sachsen geführet h).
Die Urkunde lautet also:
Den Ehrsamen, fürsichtigen und weisen Herrn N. Burgmeister. Richter. und Rath. der Stadt Preßburg. Meinen sonder lieben Herrn und Freunden.
Ehrsame Fürsichtige und weise. Besonder lieber Herrn. Euch sein mein
c) Dieses geschah den 13. April 1567. am Sonntage misericordias Domini genannt, an eben dem Tage, und fast die nämliche Stunde, als vor 20 Jahren, dessen Herr Vater, der Churfürst Johann Friederich der erste, vom Kaiser Karl den Vten bey Mühlberg gefangen wurde.
d) Siehe die folgende Urkunde.
e) Sie war eine Prinzeßin Tocher Friedrichs Kurfürsten von der Pfalz.
f) Erysipelas.
g) Khevenhüller in Ann. Ferd. läßt ihn irrig in Neustadt sterben.
h) S. Hoachim Müllers von Herzberg damaligen Predigers in Steyer Leichenpredigt auf diesen Fürsten, welche im bemeldten Jahre, zu Wittenberg, auf 8. einem halben Bogen in 4to gedruckt worden.
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willig Dienst zuvor. Und than Euch nicht verhalten, das mich der Röm. Khön. Maj. ec. unser allergnedigster Herr, verordnet. den gefangenen Herzog Johann Friederichen von Sachsen, von hinen hinab gen Preßburg zu füern. da wir dann, wils Got biß Erchtag Abend dahin ankhomen sollen.
Weil dann ain notdurft, das nit allain morgen bey der Nacht dj fürsehung am Vefar gethan werde, damit das voran geschiekthe Officium von Kuchel und Kheller, alspalts ankhumbe, obergefuert, auch eingelassen. Sonder auch dj heibeyliegend verzaichneten Herrn Landleut und Personen, mit losamentern Pettgewand, speis und fuetterung, für dj ros und Diener, und also auer notdurft nach versehen werden. So werden derhalben dj Herrn diese eilende Verordnung zethuen wissen, damits ins Werth gerichtt, auf das, wann Ich alsdann ain stund oder zwo vor dem Fürsten ankhomme, alle Sachen in beraitschafft sein.
Und sunderlich ist auch ain notdurfft, das biß Erchtag umb soviel mer Schif und leut ans Vefar gestellt. Damit man mit dem Fürsten und allen mitkommenden zugleich undter ainsen oberkhommen möge.
Dann so haben mir Ir. Khay. Kgl. ic. allergenedigst auferlegt, den Herrn zuuerkhunden. Das zu solcher ankhunft des Fürsten dj. Burgerschafft in rüstung und Weer versamolen. die in volgends vom Thor an, biß hinauf ins Schloß beglaiten sollen.
Verrer. weil auch für seine zugeordnete Officier und leut, beygelegter Verzaichniß nach, ain Antzal Pett ins Schloß wiert haben muessen. Ist Irer Khays. May. ec. genedigster Will. Im Fall Im Schloß dj notdurfft mit verhanden, welches bey dem Herrn Hauptmann zu erfragen sein wirdet, das man dann den Abgang bey der Burgschafft von guetten Petten und Zuegehör zu wegenbringen, und also noch vor Ankhunft des fürsten, gegen zimbliche Betzahlung des Zinß darvon, hinauf bringen lassen solle.
Weil auch die Officier mit Khuchen und Kheller voran raisen, und da selbe für den Fürsten und mitreisende Herrn und Landleut für Ire Personen, die notdurft einkhauffen. Werden die Herrn auch hülff und beyschutz zethuen wissen. Damit sy also gebürlich tractirt werden mögen.
Den Herrn sunst für mein Person angeneme Dienst zu erzaigen. bin ich ganz guetwiollig. Actum zue Neustadt den 14. Decemb. A. — 67°.
Jheremias Boyde
Röm. Khay. May. ec.
Hofquartiermeister m. p.
In Wien zu haben in der Baderischen Buchhandlung neben dem Todtenkopf in der Bognergasse.