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IV. Jahrgang, XLVII. Stück, den 23. November 1774.

I. Wissenschaften

Inspruck.

Mit von Trattnerischen Schriften ist hier vor einiger Zeit, zum Vorschein kommen: Jos. Leonar. de Banniza I. V. D. , S. C. R. A. M. Consil. Regim, Infer. Austr. Jur. Civil. & Crimin. Profess. O. P. Disquisitio. de Tortura nec ex integro reprobata, nec ex integro adprobata. In groß 8tav 94. Seiten.

Wer sich in der gelehrten Geschichte nur ein wenig umgesehen hat, sagt der Herr Verfasser, dem kann es nicht unbekannt seyn, daß schon in alten Zeiten, einige Gelehrte aufgetretten sind, die nicht alleine die Gerechtigkeit der Folter in Zweifel gezogen; sondern eine Unbilligkeit, vielfältige Betrüglichkeit, und etwas in der Christenheit unerlaubtes daran gefunden, dawider heftig gestritten und darauf gedrungen haben, daß die Tortur gänzlich aufgehoben werden möchte: "Sie fanden, zu ihren Zeiten, wie gewöhnlich, ihre Gegner; und der Streit hörte auf. Zu unsren Zeiten aber ist er wieder angegangen." Denn einige neuere Schriftsteller, suchten die Gründe der Alten herfür, womit sie die Gerechtigkeit der peinlichen Frage ehemals anfochten, sie erneurten solche, und vermehrten sie durch Zusätze von Trugschlüssen, wodurch viele, die auf die Schale ihr Auge hefteten, und den Kern zu sehen nicht bekamen, verleitet wurden, ihrer Meynung zu folgen.

Ich verneine es keineswegs, fähret der Herr Regierungsrath fort, daß die Tortur, wie sie bisher gewöhnlicher Weise vorgenommen worden, ein unschickliches, betrüliches und für den Gesundheitsstand sowohl als das Leben, unschuldiger Inquisiten

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höchst gefährliches Mittel gewesen sey, den von den Gesätzen vorgeschriebenen Zweck zu erreichen. Folgert sichs aber daraus, daß sie deswegen gleich aus allen peinlichen Gerichten verbannet werden solle? vielmehr lässet es sich hieraus schließen, daß die Folterung, nachdem man derselben, als eines, zur Erhaltung der innerilchen Sicherheit des gemeinen Wesens, höchst nothwendigen Mittels nicht entrathen kann, also eingeschränket werden müsse, daß solche kein Inquisite mehr auszustehen habe, der nach der Hand unschuldig, und von allen angeschuldigten Verbrechen rein befuden wird. Wenn nun, wie es sehnlich zu wünschen ist, diese Schranken einmal gehörig vorgezeichnet und genau gesetzet wären: so würde sich schwerlich mehr jemand finden, der an der Gerechtigkeit der Folter, noch ferner zweifeln könnte.

Wer wird nun, dem gelehrten Herrn Verfasser, nicht vielen Dank wissen, wenn er es über sich nimmt, diesem, für das gemeine Wesen und dessen einzelne Glieder, so wichtigen Gegenstand, eine besondere Abhandlung zu widmen.

Bey diesem gefaßten Vorsatz, meldet Er: daß Er die Tortur weder gänzlich mißbilligen; noch auch durchgehends gutheißen wolle; indem er in dieser Abhandlung, worinn die Rechtmäßigkeit der Folter vertheidiget wird, nur einen Mittler abzugeben, und die mittlere Straße fortzuwandeln denket. Es werden daher, aus der Natur der Sache, aus der gesunden Vernunft, aus den Staatsabsichten und dem Endzweck der Strafen, die Gründe hergenommen und vorgetragen, nach welchen der Schluß folget; daß die Tortur in einem Staate zu gebrauchen, ihr Mißbracuh aber auf das sorgfältigste abzustellen sey.

Vorsteher und Glieder peinlicher Gerichtsstellen, erfahren es fast täglich, wie nützhlich, ja nothwendig die Anwendung der Folterung sey: dagegen kann es jedermann, ohne vieles Nachdenken, begreifen, wie nachtheilig solche werde, wenn sie unschuldig Gefangene und Angeklagte, durch betrügliche Angebungen verflochten, sie zu einer Zeit, unter unsäglichen Schmerzen austehen mußten, da die eigentlichen Verbrecher banquetirten, oder sanft ruheten: und wo sie, die Unschuldigen, nach erpreßter unächter Bekentniß, endlich der schmählichsten Todesstrafe übergeben wurden. Die hievon vorhandenen bekannten Beyspiele erwecken Mitleiden und Schaudern.

Wir wenden uns nun zur Abhandlung selbst. Schon oben ist es vorgekommen, daß die Rechtsgelehrten sich in Ansehung der Tortur in zwo Partheyen theilen, deren eine sie schlechterdings, aus der Christenheit verbannet; die andre aber, so wie sie ist, beybehalten wissen will. Hier werden nicht nur gleich anfänglich die Schriftsteller genennet; sondern

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auch ihre Gründe angeführt. Unter jenen welche dawider geschrieben haben, kommt zuerst vor, Johann Greve, ein arminianischer Lehrer, welcher im Gefängniße zu Amsterdam 1621. ein Werk mit Nachdruck geschrieben hat, das 1624, zu Hamburg erschienen ist. Ihm folgten Chritian Thomasius und Adolph Cäsar; und endlich, welches das größte Aufsehen machte, das vor einem Jahre bekannt gewordene: Bedenken über einige Punkte des Criminalrechts in drey Abhandlungen. Für die Beybehaltung der Tortur hingegen eiferten Christian Hacke, in einer besondern Streitschrift, und August von Leyser.

Die Gründe jener, die die Tortur für nicht christlich ja unmenschlich erklären, sind folgende.

1) Daß sie eine Strafe sey: da nun die Strafen vor der Ueberzeugung des Verbrechens nicht statt finden: jedes Verbrechen aber seine gesätzmäßig angewiesene Strafen hat, so sollte daher zu der Tortur niemand gezogen werden: Der H. Augustinus*) habe selbst den Gebrauch der Tortur mißbilligt, indem er sagte: da noch die Frage ist: ob er ein Verbrecher sey? wird er schon gemartert; und der Unschuldige leydet, bey der Ungewißheit des Verbrechens, die gewissesten Strafen: nicht daß die Begehung dadurch entdeckt wird; sondern weil man nicht weis, daß er sie nicht begangen habe: und hierdurch entspringet aus der Unwissenheit des Richters meistentheils das Unglück des Unschuldigen. §. 4.

2) daß niemand, nach dem natürlichen Rechte gezwungen werden könne, sich selbst das Leben zu nehmen: welches doch bey der Tortur mittelbar geschiehet; indeme auf das durch dieselbe erzwungene Geständniß des begangenen Verbrechens, das Urtheil und dann die Todesstrafe erfolge.

3) Daß die Tortur ein gefährliches, ungewisses und betrügliches Mittel der Wahrheit zu erforschen, sey; Der Beweiß wird daher geholet. Dieser Inquisit, heißt es, fühlet sich stark genung die Folter auszustehen; jener hingegen zu schwach, sie zu ertragen. Trifft es den erstern; so wird er das Verbrechen läugnen; er mag es begangen haben oder nicht. Trifft es den andern, so wird er es eingestehen; er mag unschuldig, oder schuldig seyn.

Es sind nämlich Beyspiele bekannt, wo die größten Bösewichter alle Arten der Tortur mit der größten Standhaftigkeit ausgehalten haben: wo

*) De civitate Dei, Lib XIX. cap. VI. Quumquaeritur, utrum sit nocens, cruciatur, & innocens luit pro incerto scelere certissimas poenas, non quia illud commisisse detegitur; sed, quia non commisisse nescitur, ac per hoc ignorantia judicis plerumque est calamitas innocentis.

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hingegen andre, bey dem bloßen Anblick der zu ihrer Marter bestimmten Werkzeuge, entweder vom Schröcken durchdrungen, oder ihres Lebens überdrüßig, auch Unwahrheiten zu ihrem Nachtheil vorgebracht haben. Eben aus diesem Grunde hat der berühmte Herr Hofrath von Martini angemerkt:*) Daß sehr viele durch die Schmerzen gedrungen, begangene Verbrechen sich selbst aufgebürdet haben; und nicht wenige haben die härteste Marter leichter ausgestanden, als daß sie ihre Schandthaten bekennet hätten. Es folget hieraus, daß die Tortur überhaupt genommen ein unschickliches Mittel, die Wahrheit zu erforschen, und daher unerlaubet sey.

4) Daß die Tortur eine bequeme Gelegenheit gäbe, Unwahrheiten und Lügen zu erpressen: indeme der Inquisit, er mag schuldig oder unschuldig seyn, durch die Marter dazu gezwungen werde. Ist er schuldig und stark genug die Pein zu leiden; so wird er das Verbrechen laugnen: ist er dagegen unschuldig, und doch zu schwach die Marter zu ertragen, so wird ein Verbrechen, woran er nie gedacht hat, eingestehen*).

5) Daß die Tortur höchstens ein geschicktes Mittel sey, den Inquisiten zum Geständniße zu zwingen, nicht aber die Wahrheit des begangenen Verbrechens zu erfahren. Denn obgleich, durch eine langfortgesezte Tortur, in der Heftigkeit der Martern, endlich das Selbstgeständniß der Inquisiten erpresset wird; so könne der Blutrichter dennoch nicht wissen: ob dieses Geständniß wahrhaft und gegründet sey: besonders da ein gerechter Argwohn hiebey allezeit obwalte: daß der Inquisit, das angeschuldigte Verbrechen eingestanden habe, nicht darum, daß er es begangen; sondern weil er die Martern, welche öfters alle Menschlichkeit übersteigen, nicht länger hat ertragen können.

6) Wird ein Beweiß wider den Gebrauch der Tortur aus folgendem Schlusse genommen. Man sagt: Ein jeder Inquisit müste, vor der Folterung, seines Verbrechens überführt seyn: oder nicht. Wäre er des Verbrechens überführt; warum wird nicht sofort, die von den peinlichen Gesätzen

*) In posit. de jure civitat. cap. VI. § 158. Plurimi dolore compulsi crimina in se mentiti sunt, & nonnulli extremos potius perferunt cruciatus, quam ut scelera ina confiteantur. Infertur: torturam generatim remedium veri eliciendi ineptum esse, ideoque etiam illicitum.

*) Quintilianus Lib. V. Instit. cap. IV. Pars altera qaestionem, vera fatendi necessitatem vocat: altera saepc etiam caussam falsa dicendi, quod aliis patientia facile mendacium faciat, aliis infirmitas necessarium.

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vorgeschriebene Strafe über ihn verhänget? Ist dieses aber nicht; warum martert man jenen, von dem man nicht weiß, daß er ein Verbrechen begangen habe.

Der Marquis von Beccaria, indeme er bemerket, in seinen Traktätchen von Verbrechen und Strafen, daß dieser angeführte Grund nciht neu sey, folgert daraus, daß in dem ersten Falle: die Tortur eben so unnütz, als das Eingeständniß des Delinquenten überflüßig: im leztern aber die Folter gesätzwidrig und ungerecht sey; indeme ein Unschuldiger, nach Vorschrift der Gesätze nicht könne gefoltert werden; jener aber, eben nach den Gesätzen, dafür zu halten ist, dessen Verbrechen noch nicht dargethan worden.

Der 7. Grund, welchen gedachter Marquis von Beccaria, unter andern anführet, bestehet darinne, daß wenn jemand, durch die Tortur die Wahrheit des Verbrechens zu finden glaubet: es eben soviel wäre: als ob er in dem Wahn stünde, die Richtschnur der Wahrheit hätte, in den Nerven und Muskeln des armen Inquisiten ihre Grundlage. Die Tortur wäre daher kein Mittel die Wahrheit zu ergründen; sondern vielmehr ein sicherer Weg, auf welchem starke und nervichte Bösewichter der verdienten Strafe entgiengen: und dagegen unschuldige, die verzagt und von schwächlicher Leibesbeschaffenheit sind, zur unverdienten Todesstrafe verurtheilet würden. Er gehet weiter und sagt: auf diese Art wird von zween Inquisiten, sie mögen schuldig oder unschuldig seyn, der herzhafte und starke losgesprochen, der verzagte und schwache aber verurtheilt: Es wäre daher das Urtheil des Blutrichters auf keinen andern, als diesen Vernunftschluß gegründet. Du beherzter und starker Inquisit hast die Marter der Folter mit einem heroischen Gemüthe ertragen können, und darum spreche ich dich los: dem Schwachen, war die Heftigkeit der Schmerzen unausstehlich, und darum verurtheile ich dich.

Der 8te Grund wird hergenommen, von den vielen bekannten und außer aller Bezweiflung gesetzten Beyspielen, wo Inquisiten, in der Tortur, das angeschzuldigte Verbrechen eingestanden, und die deswegen über sie verhängte Todesstrafe erlitten haben; und wo alsdann nach Vollziehung derselben, ihre Unschuld, an den Tag gekommen ist.

Und dieses wären nun die Gründe derjenigen, welche die Tortur, als ein bisher zwar gebrauchtes, doch unerlaubtes, betrügliches und unschickliches Mittel, die Wahrheit zu ergründen, aus dem Staate zu verbannen trachten.

In 12ten und folgenden §§. erzählet der gelehrte Herr Verfasser die Gründe derjenigen, die für die Bey-

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behaltung des Folterns geschrieben haben. Diese sind:

1) daß sich die Tortur auf die Vorschrift eingeführter Gesätze gründe; daß

2) ihr Gebrauch in den ältesten Zeiten und fast bey allen Völkern üblich gewesen sey: sie müsse daher beybehalten werden; zumalen sie das lezte Mittel wäre, die Wahrheit begangener Verbrechen zu ergründen; bey dessen Abstellung, solche, entweder nie oder nur sehr selten, durch die Blutrichter entdecket werden könnten. Es läge daher der Wohlfahrt des Staats daran, sie nach der Vorschrift der vorhandenen Gesätze beyzubehalten:

Der 3te Grund bestehet darinne, daß durch Anwendung der Tortur, viele solche Verbrechen an den Tag gebracht, und die Verbrecher zur gebührender Strafe gezogen worden wären: welche ohne diesem Mittel verborgen geblieben, die Missethäter ungestraft dahin gegangen, und die innerliche Ruhe und Sicherheit des Staats noch fernerhin gestöhret worden seyn würde. Da nun dem gemeinen Wesen sehr viel daran gelegen ist, das ein Verbrechen, wodurch die innerliche Sicherheit leydet, entdecket, mit gebührlichen Strafen beleget, und die Missethäter entweder gebessert oder aus dem Wege geraumet, andere aber durch solche Beyspiele von Begehung derselben abgeschröckt werden; so folget daraus, daß die Tortur bey den Blutgerichten noch fernerhin gebrauchet werden müste.

Nach Erklärung dieser von beeden Partheyen angeführten Gründe, äußert sich der Herr Regierungsrath im 15. §. daß er keiner von beyden beyfallen könne: indeme die Meynung der ersten der innerlichen Sicherheit der bürgerlichen Gesellschaft offenbar nachtheilig: Die Meynung der zweyten aber, den Bösewichtern günstig und dagegen für die Unschuld höchst schädlich wäre.

Wenn, sagt Er, die Meynung der ersten durchgehends angenommen, und die Tortur in der Christenheit abgeschaffet würde: so müsten ohnstreitig 1) zum größten Schaden des gemeinen Wesens die meisten Schandthaten und Verbrechen ungestraft verbleiben: indem die meisten Missethaten ohne Zuseher begangen würden, und daher die vollkommene Ueberführung, durch Zeugen, welche bey Verhängung vorgeschriebener Strafen nothwendig ist, niemals oder nur sehr selten erreichet werden könnte.

2) Würden durch die Abschaffung der Tortur, wo so viele Verbrechen ungeachtet hingingen, viel andre gereizt, Verbrechen zu begehen, an die sie dermalen nicht denken: wodurch dann die innerliche Sicherheit des Staats, einem noch größeren Schaden ausgesezt seyn würde. Dieses aber wäre um so gewisser zu besorgen, da das verderbte menschliche Herz, einen

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stärkern Hang zum Bösen, als zum Guten hat, und daher auch die Ausführung der hiebey vorgezeichneten Wege mit undendlichen Gefahren verknüpfet seyn würde. .

3) Könnte der Entzweck der Strafe schwerlich mehr erreichet werden: es bestehet aber derselbe in der Wohlfahrt des Staats, und in der innerlichen Sicherheit des gemeinen Wesens. Wenn nun die Tortur abgeschaft, und die verdienten Strafen gar nicht oder nur selten verhänget würden: wo bliebe das warnende und abschröckende Beyspiel: wo die Züchtigung? und ein dem gemeinen Wesen offenbar schädlicher Bösewicht würde, von Zeit zu Zeit, sich mehr Gelegenheit machen, seinen Mitbürgern verderblich zu werden.

4) Wäre die Abschaffung der Tortur wider den Endzweck der bürgerlichen Gesellschaft; nach welchem, in derselben, ein jedes Mitglied, in Ansehung des Lebens, des Körpers und des Vermögens, alle Sicherheit und ein ruhiges Leben erwartet. Da nun die Tortur wie oben gezeiget worden, ein nothwendiges Mittel zur Erhaltung der innerlichen Sicherheit ist; so folget daraus, daß sie nicht nur erlaubt, sondern auch rechtmäßig und gerecht sey.

Aus diesen Gründen macht der gelehrte Hr. Verfasser folgenden Schluß: Wenn es nun die Wohlfahrt der einzelnen Bürger erfordert, daß Verbrechen ungestraft nicht bleiben: daß aller Anlaß zu Begehung der Verbrechen weggeschafft; daß die Absicht der Strafen, dann der Endzweck der Gesellschaft, um welches willen die Menschen sich ihrer natürlichen Freyheit begeben haben, erreichet werde: so folget es von selbsten, daß der Gebrauch der Tortur nicht abgeschaffet, sondern vielmehr, als ein zur Wohlfahrt des Staats und allgemeinen Sicherheit höchst nothwendiges Mittel beybehalten; jedoch, daß sie der Unschuld nicht schädlich sey, nur in gewissen ausgemachten Fällen, angewendet werde.

Dieser Wahrheit, sagt der gelehrte Hr. Verfasser im 22. § benehmen die von den Gegnern vorgebrachte Gründe nichts. Um dieses darzuthun, nimmt er einen nach dem andern vor, um ihn zu entkräften. Wir wollen nur eines und das andere davon hier anführen. Bey Untersuchung des oben herausgezogenen 6ten Grundes, setzet er den Fall, nach welchem dem Marquis von Beccaria, jemand in seiner Gegenwart einen kostbaren Ring weggetragen, sich davon gemacht, und ihn verborgen haben sollte. Er fragt ihn nun, ihn, welcher für die Abschaffung der Tortur so eifrig geschrieben: ob er den Dieb für unschuldig erkläre? ob der Dieb auf seine bloße Anklage zum Strange zu verurtheilen sey? der Herr Marquis wird keines von beyden zugeben können. Das erste nicht, weil er selbst wüßte, daß der Dieb nicht unschuldig sey: das zweyte auch nicht, weil derselbe, auf das alleinige Zeugniß, was Er, der Herr Marquis ableget, welches

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bey dem Diebstal nur halb erweiset, in Ermanglung der legalen Gewißheit, zum Tod nicht verurtheilt werden kann. Was aber würde alsdann zu thun seyn, wenn der Dieb, bey vorgenommener Konfrontation mit dem Marquis von Beccaria ihm ins Gesicht alles ableugnete. Ich zweifele nicht, sagt der Herr Verfasser, daß er ganz gewiß mir beyfallen, und die Tortur in diesem Falle gutheißen würde, als ein Mittel, durch welches er seinen entwendeten Ring, bey der Halsstarrigkeit, wovon er durch eigene Erfahrung überzeuget wäre, wieder erlangen könnte. An der Möglichkeit eines nämlichen Falles aber, wird wohl niemand zweifeln. Wenn er nun die Tortur diesesmal guthieße, wo sein eigenes Interesse leidet: warum sollte sie nicht statt finden, wo man bemühet ist, den Schaden seines Nächsten zu ersetzen: oder dem gemeinen Wesen Genugthuung zu verschaffen.

Bey dem 9ten Grunde, wo Beyspiele wider den Gebrauch der Tortur angeführt werden, nach welchen solche über Unschuldige verhänget, und sie zur unverdienten Todesstrafe gezogen werden, merket der gelehrte Hr. Professor an; daß die meisten der angeführten Geschichten von der Unwissenheit der Blutrichter, welche in vorigen Zeiten sehr groß gewesen, und sich in den Hexenprocessen vorzüglich geäußert hat, ganz sicher zeigten; nicht aber erwiesen, daß deswegen die Tortur abgeschaffet werden sollte: hiernächst rührten solche auch von der angenommenen Meynung einiger Kriminalisten, nach welcher das unter der Folter herausgebrachte, und nach überstandener Tortur von dem Inquisiten durch wiederholte Aussage bestättigte Eingeständniß eines Verbrechens, zu Schöpfung des Todesurhteils und dessen Vollstreckung hinlänglich seyn sollte.

(Die Fortsetzung folgt.)

Erinnerung.

Das Register zum IIIten Jahrgange, des abgewichenen 1773. Jahres, ist zwar zur gehörigen Zeit fertig und abgedruckt worden; weil aber bey Verfassung der Vorrede, die zugleich mit ausgetheilet werden sollte, sich verschiedene unnenbare Hindernisse herfürgethan, und es erfordert haben, damit bisher zurück zu halten: so hat man es für nöthig erachtet, diesen Umstand hiermit bakannt zu machen, und zu versichern, daß beede Stücke, noch vor dem Ende dieses Jahres erscheinen, und daß man auch für das künftige Jahr, mit der Herausgabe der Anzeigen, wovon seiner Zeit etwas umständliches gemeldet werden soll, fortfahren werde.


In Wien zu haben in der Baderischen Buchhandlung neben dem Todtenkopf in der Bognergasse.
Topic revision: r4 - 13 Oct 2011, AgostonBernad
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