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V. Jahrgang, XXI. Stück, den 24. May 1775.

I. Geschichte.

Beschluß des Versuchs einer Untersuchung, von den verschiedenen Religionen, zu welchen sich die Ungarn, und die unter ihnen gewesene Einwohner, bekannt haben.

Die Juden scheinen auch nicht später nach Ungarn gekommen zu seyn, als die Anhänger des Mahomed. Der König Kolomann trachtete nicht nur diese, sondern auch jene jene zum christlichen Glauben zu bringen*) Daß er aber nicht viel mag

*) Colomanni Decret. Lib. I. cap. 74. Nullus judaus christianum mancipium emere ve vendere audeat aut in suo servitio tenere si atur. Nunc v ro ti infra datis sibi inducis non vendat, .... Caput 70 Agriculturam autem, si quis ..... (Judaorum) habet pagani, hanc manci, iis exornet, Possesiones quidem

ausgerichtet haben, ist daraus zu schliessen, weil die Juden, unter Andreas dem II. in Ungarn sehr mächtig gewesen sind, und die vornehmsten Ehrenstellen bekleidet haben **).

Judaei, qui possunt, emere, habeant sed ipsi, nusquam, nisi ubi sedes episcopalis remanere sinantur. Noch mehreres wurde in Ansehung ihrer in Decr. II. Colomanni cap. 1.2. und 3. verordnet. Der heilige Ladislaus hat schon ein Gesetz wider sie bekannt gemacht. S. Ladisalai Decr. Libr. I. cap 10.

**) Andreas der IIte setzte sie über das Münz- und Salzwesen in den ungarischen Staaten Bey Raynald in annalib. zum 1231. Jahre ist sein zweytes Decret anzutreffen, darinne er sich folgendermassen verdinlich machet. Monetae & salibus & aliis publicis officiis Judaei & Saraceni non praeficiantur. Im Jahre 1233. wurde dieses Versprechen von Seiten des Königs erneuert. Bey Reynald in annalib zum 1235. Jahre allwo sich der König gegen den päbstlichen Legatum folgendermassen erkläret. Judeos, Saracenos, Ismaelitae de cetero non praeficiemus, nostrae camerae monetae, salibus, collectis, vel aliquibus publicis officiis, nec allociabimus eos.

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Außer dem, daß sie in diesem gesegneten Königreiche ansehnliche Güter in Besitz hatten *). Und obgleich Ludwig der Ite, selbige kurz vor seinem Tode aus seinen ungarischen Staaten vertrieben hatte **), so fanden sie doch Mittel und Wege nach seinem Ableben, unter der Regierung des Kaisers und Königs Sigmunds und den folgenden, nach Ungarn wieder zurück zu kommen, und sich bis auf dem heutigen Tag darinn zu erhalten. *** ). Sie leben bey uns, wie in vielen anderen Staaten vom Handel, und werden in vielen Städten nicht geduldet. Die Krone und das Publikum hat nicht viel Nutzen von ihnen; indeme der sogenannte

praefectis, nec in fraudem aliquid faciemus, propter quod ab ipfia opprimi possint Christiani & c.

***) Andreas in dem angeführten Decreto vom Jahre 1231. Possessiones extra (vielmehr intra regnum) non conferantur Judaeis & Saracenis & si aliquae sunt colatae vel venditae populo regni ad redimendum reddantur, vel simpliciter recipiantur.

****) Joan. Archidiacon de Kikulew in Ludovico Rege: bey Thurocz. p III. cap. 41.

*****) Wenn der König von Ungarn nach der Krönung nach Ofen gekommen ist, so pflegte er die Freyheiten der Juden zu bestättighen. Bonfin Dec. III. Lib. IX. Einen merkwürdigen Freyheitsbrief, den sie von Bela IV. erhalten , und der nach der Zeit von vielen Königen bestätiget worden ist, findet man bey P. Steph. Kaprinay in hist. Diplomat, sub Math. I. rege Pag. I. S. 460. folg.

Census Tolerantiae, den sie jährlich zu entrichten haben, nur wenig zu bedeuten hat. Ihren Gottesdienst halten sie in ihren Synagogen, welche sie aus Erlaubnis derjenigen Grundherrschaften, auf deren Grund und Boden sie wohnen, anzulegen und zu bauen pflegen.

B.

Fortsetzung des Versuchs, einer kurzen Geschichte der Buchdruckerey in dem Königreiche Ungarn.

[S. XI. Stück dieses Jahrg. N. 1.]

Nach der Hälfte des XVI. Jahrhunderts, gewann inzwischen diese Kunst, in ihrer Aufnahme und Ausbreitung, nach und nach, dennoch einen glücklichern Fortgang; so, daß man in diesen Zeiten in allen Gegenden unsers geliebten Vaterlandes, Buchdruckereyen von ziemlich guter Verfassung gewahr wird: als zu Tyrnau Summarein, Neusohl, Papa, Freystädtel, Leutschau, Bartfeld, Debretzin, und andern Orten mehr, deren bald weiter soll gedacht werden *). Wir wollen aber alles aufs

*) Seculo jam XVI. heißt es bey Wallaszky in Tentamine Hist. Litter, sub Matthia Corv. p. 96. (Neosolii, Also- Lindvae, Csepregini, Kereszturini, Sarvarini, Szicini, Tyrnaviae, Nemetujvarini, Uj Szigethini, Samariae, Rarboctini, prope arcem Detrekö, Papae. Ujsolyni, Bartphae; Szculo XVII. Solnae, Polonii, Trenchi-

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kürzeste zusammen nehmen, und die vollständigere Ausführung dieses Versuches, nach dem in unsern Händen befindlichen Stof, auf eine andere Zeit und Umstände spahren, weil wir gewahr werden, daß sie der Beschaffenheit dieser Blätter nicht recht angemessen seyn werde.

Im Jahre 1579. ist zu Tyrnau, des ehemaligen berühmten Bischofs und königl. Neapoletanischen Gesandtens, an dem Hofe des K. Mathias Korvinus Peter Ranzanus Buch: Epitome rerum hungaricarum in 8vo gedruckt worden; und im Jahre 1584. kam daselbst, in Folio, die merkwürdige Sammlung der sogenandten Decretorum, des um das Vaterland so sehr verdienten Bischofs zu Neutra, Sacharias Moschozi heraus, wobey der Typus ungemein schön, und die ganze Einrichtung des Werks, wie wir, nach einem vor uns liegenden Exemplar urtheilen können, von solcher Beschaffenheit war, daß man daraus, auf die schon damalige gute Verfassung dieser Buchdruckerey, einen gegründeten Schluß machen, und

nii, Galgoczini, Kesmarkini, Cassoviae Varadini, Puchovii, Saros - Patakini, & omnium nitidissimae, ut etiam cum Hollandicis certare de eregantia potuisset Leutschoviae, divertis poti, ut sunt f. ta litteratum in Hungaria, dissipatae v. cissitudinis. Utinam vero quispiam operam earum illustrandarum in se sumeret, &c. Wir denken diesen Wunsch, wie wir hievon jetzt nur eine kleine Probe geben, zu einer andern Zeit, mit möglichster Vollständigkeit zu erfüllen.

ihren eigentlichen Anfang, auf einige Jahre weiter hinauszusetzen kann **).

Zu Neusohl war um diese Zeit auch schon eine wohl eingerichtete Buchdruckerey, welcher Christoph Scholtz vorgestanden, und so auch zu Derröke und Rarbok in der Preßburger, und zu Tschepreg in der Oedenburger Gespannschaft, welche durch die edle Freygebigkeit einiger angesehener Magnaten, als derer von Nadaschdi, von Balascha, und anderer, waren angelegt und unterhalten worden, und aus welchen, um das Jahr 1584. verschiedene Schriften an das Licht getretten sind *).

Zu Galgocz oder Freystädtel in der Neutrer Gespannschaft hat die Druckerpreße des Valentin Manschkovit, um diese Zeit auch verschiedene Werke in lateinischer und ungari-

**) Von dem Manzano sowohl, als den Moschoczi, wird Herr von Horanj in seinen schon an das Licht kommenden Werke ohnstreitig die beste Nachricht geben. Der Titel des letzten Werkes ist: Decreta, Constitutiones & Articuli Regum Inclyti Regni Ungariae. Tyrnaviae Anno Domini M. D. LXXXIII. recens impressa. Die neueren vermehrten Ausgaben sind bekannt. Vidc & Wallaszkium l. c. p. 47.

*) Zum Beweis führen wir nur dieses wenige an, Confessio Montanarum. Ciuit . excudit Novisolii, Christoph Scholtz, in edibus Greg. Linener, A. 15-8. mens. Majo De reliquis vid. Epistolam Gratul. Dan. Haynoczi ad Jo.Sipkovics Superintend. Halae Anno 1742. editam, in notis.

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scher Sprache geliefert **); und in den königlichen oberungarischen Städten Leutschau und Bartfeld, wovon jene bekanntermassen in der Grafschaft Scharosch lieget, kam es mit dieser Kunst, theils durch öffentlichen und gemeinen Vorschub, theils durch besondere Privathbemühungen, auch zu vieler nützlichen Bewegung.

Das zu Leutschau um das Jahr 1586. schon eine Buchdruckerey gewesen, ist gewiß, obgleich ihr eigentlicher Anfang und wer der Urheber davon gewesen, nicht bestimmet werden kann *). So viel aber ist gewiß, daß die berühmte Buchdruckerey Breuer derer im folgenden mit mehreren soll gedacht werden, nicht die ersten waren, ob ihnen gleich der Ruhm, der bey dieser Buchdruckerey nach und

**) E. g. Paulli Kyrmzeri, Confess Fidei de vera aeterna Deitate Domini Jesu Christi &c. dedicata Magnif. Domino Emer.Forgats de Gémes &c. & 1584. Galgocii, Typis Valentini Mantsckovit, in 8vo & multa alia.

***) Andreas Schmal in Centuria Litterae. Thurocz M. S. erzählet von dem, wegen der griechischen und lateinischen Litteratur, berühmten Mathias Lochmannus, daß er im Jahre 1586 zu Leutschau, wo er damals studierte, ein griechisches Gedicht habe wollen drucken lassen, das, wegen des noch mangelnden griechischen Typus nicht geschehen konnte. Welcher Umstand für das Daseyn der Buchdruckerey daselbst zu dieser Zeit ein hinlänglicher Beweis ist.

nach erreichten Vollkommenheit, zugeeignet werden muß. Schultz und Klöß, haben daselbst sicher vor den Breuern ihre Druckerpressen gehabt, und sind wahrscheinlicher Weise nachher, durch die Beeyferung der Breuer, verdrenget worden, so daß sie sich endlich in andere Orte mit ihrer Kunst hingewendet, und dadurch die Schulze und Breuer in diesen Gegenden gleichsam die zwo Hauptbuchdruckerfamilien geworden sind. Doch müssen aller Wahrscheinlichkeit nach, auch schon vor Schulzen und Klößen, andre deren Namen noch unbekannt sind, daselbst vorgearbeitet haben. Und hieraus lässet sich das, was Bel in seinem Prodromus bey der Beschreibung der Stadt Leutschau p. 88. hievon anführet, berutheilen *).

(Die Fortsetzung folgt.)

*) Bel sagt am angezogenen Orte : Constantior longc ca laus est, qu m ei (scilicet Leutschoviae) Typographaeum peperit. Postequam einim mesioribus litteris Hungari an adiuevissent, primam fere Typographiam, in hac urbe, a Breveriana gente excitatam fuissc, copiofiores libri heic typis exscripti testantur &c.

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II. Vermischte Nachrichten.

Fortsetzung, von dem heutigen Zustande, sonderbaren Sitten und Lebensart, wie auch von denen übrigen Eigenschaften und Umständen der Zigeuner in Ungarn.

Beschluß des Vorberichts.

Auch so gar selbst in unserem Lande, trift man sie in einem Komitate viel gesitteter und besser an, als in einem andern. Daher finden wir eben in denen, von ausländischen Schriftstellern, von ihnen verfaßten Beschreibungen, manches, welches von unseren Landeszigeunern nicht kann gesagt, noch erwiesen werden, und vieles treffen wir hingegen wiederum in ihren Sitten und Gewohnheiten an, welches von diesen Schriftstellern im geringsten nicht berührt worden ist, und auch nicht berührt werden konnte: nachdem sie nicht unsere Zigeuner zum besondern Gegenstand hatten; sondern redeten entweder nur überhaupt und ganz allgemein von diesem Volke, oder sahen meist auf diejenigen, die sie dazumal vor ihren Augen gehabt haben. Der einzige Pruckmann, ließ etwas weniges, von denen Zigeunern in Ungarn, in die Breßlauer Sammlungen einrücken: allein wie ware es ihm wohl möglich, ihm, als einem Ausländer, der auf seiner Reise in Ungarn, andere Geschäfte vor sich hat-

te, und nur hie und da, einen Blick auf dieses Volk geworfen haben mag, oder eines und das andere aus Erzehlungen genommen hatte, alles davon genau zu erforschen? Und gesetzt, es wäre auch dazumal solches geschehen, welche Veränderungen konnte es nicht bis auf unsere Zeiten erlitten haben, sie dieser Schriftsteller unmöglich zum voraus sehen noch errathen konnte?

Unsere einheinmische Geschichtschreiber, haben zwar in ihren Schriften, sowohl von dem Ursprunge dieses Volks ihre Muthmaßung geäußert, als auch manches von ihren Sitten, allein nur kurz und gelegentlich, als ein Nebending, berührt und angebracht; keiner aber ist uns noch bis auf diese Stunde bekannt worden (wenn man einige kurze Aufsätze ausnimmt, die doch mehr zum Zeitvertreib und scherzweise, um dieses Volk lächerlich zu machen, und mehrentheils in Gedichten verfasset sind) *) der uns eine umständliche und aus

*) Man findet dergleichen Aufsätze sowohl in einigen ungarischen Kalendern angehängt, als auch besonders gedruckt. In dem Raberkalender vom Jahre 1768. ist eine Abhandlung unter dem Titel: Az Ujlakosok eredete, darinnen verschiedene Muthmaßungen von dem Ursprunge dieses Volks aus einigen Schriftstellern angeführet werden. In eben einem solchen Kalender, vom Jahre 1769. findet man im Namen der Zigeuner, ein Klagelied über die neuen Verordnungen, die in Ansehung ihrer im Lande gemacht worden sind, unter dem Titel: Tziganyok végsö romlása, darinnen die

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führliche Beschreibung, von allem dem, was die Zigeuner in Ungarn besonders angehet, geliefert hätte. Es mag dieses nicht von einer Unachtsamkeit oder Unwissenheit; sondern vielmehr aus einer Geringschätzung und Verachtung gegen dieses elende Volk, oder auch daher rühren; weil es hier jedermann vor Augen hat, und dasselbe ohnehin in unserem Lande, ohne daß man es beschreiben darf, nach allen seinen Umständen genugsam einem jedweden bekannt ist. Uns kann dieses zu einer Rechtfertigung bey unserem gegenwärtigen Vorhaben gereichen, und manche Einwendungen, die dagegen gemacht werden möchten, von uns völlig ablehnen, wenn wir sagen; daß dergleichen Gründe gar nicht hinreichend seyn können, uns von einer solchen Unternehmung abzuhalten, als welche uns noch vielmehr dazu aufmuntern sollen. Hätten sichs un-

Denkungsart dieses Volks, nicht uneben geschildert wird. Endlich hat man auch noch in ungarischer Sprache abgefaßte Verse in 800 einen Bogen stark, ohne Benennung des Verfassers, ohne Jahrzahl, und ohne Bestimmung des Druckorts, unter dem Titel: Tziganyokrol valo historia. Hier ist weiter nichts zu finden, als die gemeine Muthmaßun von ihrem Ursprunge, einige Schilderungen ihres örtlichen Charakters, und die Beschreibung der feyerlichen Wahl und Bestättigung eines Obersten Wayda, die einstens bey Mischkocz im Borschoder Koimitat vorgegangen seyn soll. Im übrigen hat diese Schrift auch diesen Fehler mit andern ihres gleichen gemein, der sich immer leicht einfindet, wenn eine Geschichte in eine gebundene Rede eingehüllet wird.

sere Vorfahren mehr angelegen seyn lassen, nach diesem Volk zu fragen, so hätten sie entweder bey der ersten Annäherung dieses Volks, ein solch ungesittetes Gesindel von ihren Gränzen ab - und in ihr eigenes Vaterland zurück gewiesen, oder auch durch genaues Nachforschen und Beschreibungen, uns in den Stand gesetzt, sowohl ihr Vaterland, als auch die Frage zu bestimmen und zu erörtern: ob sie ehedem besser und gesitteter gewesen sind, als zu unsern Zeiten, oder nicht?

Da wir nun diese Klagen über unsere Vorfahren führen, wäre es denn nicht unverantwortlich, wenn wir durch unsere Nachläßigkeit, der Nachkommenschaft, zu eben dergleichen Anlaß geben möchten, und nicht wenigstens das, welches wir noch von diesem Geschlechte zuverläßig wissen, für dieselbe aufzubehalten trachten möchten? Die Thaten und die schlechte Aufführung dieses Volks, wenn man sie an sich betrachtet, verdienen es wohl nicht aufgezeichnet zu werden: allein würdiget man denn nur die Tugenden eines Andenkens? Die Beyspiele der Argen, können ebenfalls bey einer rechten Anwendung lehrreich werden, und nicht allein die Aufmerksamen von der Abscheulichkeit des Lasters überführen, sondern auch dem zu einem unsterblichen Nachruhm gereichen, der ein verdorbenes Volk auszubessern und in so weit umzuschaffen wußte, daß es sich nicht mehr änlich sey. Und

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gesetzt die ganze Verfassung und Beschaffenheit dieses Geschlechts wäre uns, denen es itzt noch vor Augen ist,sehr wohl bekannt:so kann doch dieselbe Fremden unbekannt seyn. Und wie möglich ist es nicht, oder auch wohl sehr wahrscheinlich, daß es nach Verlauf weniger Jahre, unsern Nachkommen lieb und angenehm seyn wird, von dem Charakter dieses Volks, den es zu unserer Zeit besitzt, Nachrichten zu finden?

Die weisen Anstalten unserer Allergnädigsten und Allerhuldreichsten Landesbeherrscherinn, die bereits seit mehreren Jahren, von Ihrem hohen Throne, auch auf dieses elende Volk mit erbarmenden Augen herabsiehet, zielen offenbar dahin, aus ihnen Menschen zu bilden; Ihre Unterthanen und den Staat von einer Last zu befreyen, und ein Volk gemeinnützig zu machen, welches in seiner bisherigen Zerstreuung und Unordnung zum Nachtheil des ganzen Landes und aller Inwohner ohne Gefühl im Elend unglücklich lebte. Diese weise und huldreiche Anstalten, die wir am Ende unserer Abhandlung, unsern geehrten Lesern vorzulegen gedenken, sind in Beziehung auf dieses Volk, so gelinde und leutselig getroffen, und in eine solche Ordnung eingeleitet, daß es fast unmöglich ist, den Entzweck dabey nicht zu erreichen. Was ist also bey so bewandten Umständen anders zu erwarten, und zu hoffen, als daß ein solch nie-

derträchtig und unglückliches Volk, sich einstens in seinen Nachkommen auf eine gewisse Art verlieren werde, und daß diejenigen, deren Vorfahren und Väter in einem so großen Verderben lagen, gute Bürger und brauchbare Landeseinwohner werden können.

Dieß war nun der eigentliche Trieb und Hauptbewegungsgrund, aus dem wir uns entschlossen haben, in diesen Blättern, die Sitten, die Lebensart, dann auch den gegenwärtigen Zustand der Zigeuner in Ungarn zu schildern, um sowohl der Nachwelt zu zeigen, was dieses gesegnete Land, für ein schädliches und unnützes Gesindel mehrere Jahrhunderte hindurch, in seinem Schooße ernähret, und erhalten habe; als auch hauptsächlich und besonders die landesmütterliche Fürsorge einer großen Theresia auch dadurch zu verewigen, und den in so weit ausgebreitete Mittel Ihrer Regierung, auch in diesem Stücke, für die späte Nachkommenschaft aufzubehalten. Wird die Nachwelt diese klugen und weisen Anstalten, wovon sie die Früchte sehen wird, nicht einstens bewundern, und darüber erstaunen müssen? Wird nicht die spätere Nachkommenschaft Ursachen genug finden, eine so glückliche und huldreiche Monarchinn ehrfurchtsvoll zu verehren? Aber auch uns, die wir das Glück haben, von Ihr beherrschet zu werden, und unter ihrer sanften und weisen Regierung zu leben, eben darum zu beneiden?

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Wir lesen in denen alten Geschichten von mancherley Völkern und Nationen, davon wir, außer dem bloßen Namen, den sie dazumal führten, sehr wenig mehr wissen; wäre es aber nicht viel zuträglicher für uns, wenn uns zugleich ihre Sitten, Sprache, und andere Eigenschaften umständlicher bekannt wären, anstatt der Verwünschungen, die sie in der Welt angerichtet haben. Eben so billig könnten unsere Nachkommen sich wider uns beklagen, wenn sie allenfalls in ihren Geschichts- und Jahrbüchern fänden, daß unter dem Namen der Zigeuner, ein Volk in diesem Lande Jahrhunderte hindurch lebte, welches endlich mit vieler Mühe und Sorgfalt zu rechte gebracht worden wäre, und fänden doch von ihrer Ausgelassenheit und bösen Sitten — kein ordentliches Verzeichniß?

Hieraus werden nun unsere geehrten Leser, sowohl die Absicht, als auch den Plan unserer vorgesetzten Abhandlung, mit leichter Mühe errathen können. Was das letztere betrift, so ist eben unser Vorsatz nicht, eine allgemeine und ausführliche Geschichte, von dem Ursprunge und Veränderungen dieses Volks, bis auf unsere Zeiten herzusetzen; sondern unser Hauptaugenmerk soll dabey auf

den heutigen Zustand und Beschaffenheit der Zigeuner in Ungarn vorzüglich gerichtet seyn. Bey jenen, was von diesem Volk allgemein und überhaupt gesagt werden könnte, wollen wir kurz gehen, und nur dasjenige, welches der Zusammenhang der Sache fordert, anbringen; bey dem aber, was in diesem Stück unser Vaterland besonders betrift, werden wir trachten, uns etwas ausführlicher zu erklären. Vor allen Dingen indessen müssen wir unsere geehrten Leser und alle Liebhaber der Geschichte gebührend ersuchen, uns bey dieser Arbeit zu unterstützen, und dieselbe, so viel möglich seyn wird, mit gütigen Nachtrachten und gegründeten Beyträgen zu bereichern; als wofür von uns zur Dankbeflissenheit zum voraus verbinden. Wir können dieses mit desto mehrerem Rechte von Ihnen erwarten, je bekannter es ist, daß die eigentliche Absicht periodischer Schriften auch diesen Zweck habe: eine Materie auf die Bahn zu bringen, und einem jedweden Freund die Wahrheit, das Recht und die Freyheit zu überlassen, dieselbe bey seinen Einsichten und besitzenden Kenntnißen, durch Beyträge immer mehr und mehr zu erweitern und vollständiger zu machen.

(Die Fortsetzung wird folgen.)
Topic revision: r3 - 11 Sep 2012, KatalinBlasko
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