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V. Jahrgang, XX. Stück, den 17. May 1775.
I. Geschichte.
Fortsetzung des Versuchs einer Untersuchung, von den verschiedenen Religionen, zu welchen sich die Ungarn, und die unter ihnen gewesene Einwohner bekannt haben.
Im XIII. Jahrhundert haben die Kumaner (Cumani) der christlichen Religion vielen Abbruch gethan: denn ob zwar unter der Regierung Bela des lVten ein großer Theil von ihnen zum christlichen Glauben sich bekehret hatte*); so sind doch auch viele unter ihnen, bey dem von ihren Voreltern angeerbten aberglaubischen Got-
*) Rogerius de destructione regni Hung. temporibus Belae IV. cap. 2. P. Georg Pray, in Annalib. Reg. Hung. P. 1.
tesdienste geblieben. Diese wußten, den, gegen die Geistlichkeit sonsten sehr freygäbigen König Ladislaus den III. so einzunehmen **, daß er sie nicht nur in ihrem heydnischen Gottesdienste nicht stöhren wollte; sondern auch sich selber auf ihre Seite völlig geschlagen hatte. Durch die Liebe gegen das schöne Geschlecht unter ihnen geleitet, gestattete er seinen Kebsweibern und ihren Nationalen allen Muthwillen und Unfug; dergestalt, daß sie sich auch an Priestern, Kirchen und Klöstern, und ihren Gütern, zu vergreifen, erfrechet haben. Ja er nahm so gar ihre
**) Auf den Siegeln, welche seinen Diplomen angehängt worden sind, wird er Ladislaus der III. ausdrücklich genennet. Es scheint daher, daß Ladislaus, den man sonst den Zweyten zu nennet pfleget, und welcher Geysa des II. jüngster Sohn war, im XIII. Jahrhundert unter die Könige von Ungarn nicht gezählet worden.
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Lebensart an; und kleydete sich nach ihrer Weise
*).
Die nachdrücklichsten Vorstellungen der Prälaten, die Bedrohungen des heil. Stuhls und der erfolgte Kirchenbann, machten bey dem Könige, der sich den Komanern ganz überlassen hatte, keinen Eindruck. Der Tod des Königes allein, den er bey diesen so sehr geliebten Komanern selbst, gefunden, machte dem Elende, wovon er durch seine Verbindung mit ihnen zum Urheber geworden, ein Ende *).
Er war ein Sohn der Köiginn Elisabeth, welche sich in ihrer Jugend zu den heydnischen, be ihren Landsleuten ausgeübten Gottesdienste bekannt hatte: ob aber dieselbe, oder ihre Verwandte, hierzu etwas bey-
***) Raynald. führet in Annalib. Eccles. Tom XIV. zum Jahre 1279. n. 35. ein Päbstl. Breve an, worinnen folgende Worte vorkommen: quod tam in te, quam in illis de regno tuo, dimisso paganorum abusu, resumeres christianorum habitum, tam in vestibus, quam in cappillis, Cumanos insuper restituere monastria & ecclesias occupatas per ipsos, ac apostatas dicti regni ad ordines redire compelleres &c. Et dum expectaretur quod in hujusmodi proposito salutari concresceres, praedicta sic promissa pluries & jutata per te non fuerunt proh dolor, ut sperabatur, impleta &c.
*) Davon Chronicon Budense beym Thurocz Part II. cap. 81. und Pray inAnnal reg. Hung. Part I. S. 346. 359. nachzulesen sind.
getragen, läßet sich mit Gewissheit nicht behaupten **).
Außer der Königinn Elisabeth, ward auch der damalige Palatinus Myße oder Moyses, in seiner Jugend, in der heydnischen oder vielmehr muhamedanischen Religion erzogen
*).
Doch nach der Zeit bequemten sich auch die Kumaner selbst zur christlichen Religion, und durch diese erfolgte glückliche Veränderung, scheinet das Heydenthum in den ungarischen Staaten eben damals sein gänzliches Ende erreichet zu haben *).
**) Der damalige Bischof von Olmütz schreibet in einem Briefe an den Stuhl zu Rom (bey Raynald.in annal. Eccles. Tom. XIV. zum Jahre 1273. S. 208 .) folgendermassen: ecce ipsa Regina Hungariae, nämlich Elisabeth des Königs Ladislaus Mutter, est cumana, proximi partntes ejus gentiles sunt &c.
=***) Chron. Bud. bey Thurocz P. II. cap. 81. Pro cujus (Ladislai) nece, Moyse Palatinus, olim Saracenus, tunc tamen gratiam baptismatis consecutus &c. Er war schon vorher in den letzten Jahren der Regierung des Königes Bela des IV. und unter Stephan dem V. Palatinus, wie solches von P. Nicol. Schmith in Palatinis Regni Hung. Tyrn. 1700. in Fol. S. 49. gezeiget wird. Diese Palatinuswürde
wurde damals noch nicht auf lebenslang vergeben.=
*) S. Johann Kikülew in vita Ludovici I. R. Hungar. bey Thurocz in Chron. P. III. cap. 46.
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Nach der heydnischen sind die zwo Relgionen, nämlich die mahometische und die jüdische in Ungarn die ältesten. Die erstere scheinet von Arpad dem ersten ungarischen Herzoge, oder doch mit dessen, oder seiner Nachfolger Erlaubniß, nach Ungarn gekommen zu seyn, und sich da verbreitet zu haben. Die Anzahl der Verehrer des Erzbetrügers Mahomet muß unter den ersten ungarischen Königen nicht gering gewesen seyn. Schon Colomann der I. war auf Mittel und Wege bedacht, sie zur christlichen Lehre zu bewegen. Er als ein Staatskluger Regent verabscheuete zwar alle gewaltsam Verkehrungen, als welche kein geschicktes Mittel sind, die liebreiche Lehre von Christo einzuflößen, und die irrigen Begriffe von Gottesdienstlichen Handlungen bey andern zu vertreiben
). Jedoch war er bedacht, dem mahometischen Gottesdienste auf eine der Staatsklugheit gemäßere Art zu steuren, und aus den Verehrern des Mahomets gute Christen zu machen. Aus der Ursache hatte er verordnet, daß Anhänger des Mahomets sich mit christlichen Personen verehelichen, und ihre Kinder in der christlichen Religion erziehen sollten*). Er wollte sie zum
*) Dieses wird sehr gründlich dargethan von Paul Josepho von Riegger, institutionum num Jurisprudentiae ecclesiasticae P. I.
=**) Colomanni Decretum Libr. 1. cap. 45, Ismaelitarum nullus audeat filiam suam jungere matrimonio alicui de gente sua,
Genuß des Schweinfleisches bey ihren Gastmahlen gewöhnen
*).
Dem allem ohngeachtet hat sich die mahometische Religion in Ungarn noch sehr lange gehalten. Unter Andrea dem II. war die Anzahl der Anhänger Mahomets noch ansehnlich, und sie verwalteten auch wichtige Ehrenstellen *).
sed nostra. Sie werden sonsten in den alten Landtagsverordnungen, und Urkunden Saraceni wie auch Philistaei genennet. Eingie meinen zwar, daß man durch die Philistaeos die königlichen Schützen, welche Christen waren, verstehen müsse. Man will die Sache ein andersmal untersuchen.
***) Colomanni decret. Lib. 1. cap. 49. siquis Ismaelitarum hospites habuerit vel aliquem in convivium vocaverit, tam ipse, quam convivae ejus de porcina tantum carne vescantur. Daß sie unter diesem Könige, nocht ganze Dorfschaften bewohnet hatten, und daher von ihme angehalten worden, christliche Kirchen zu bauen, bezeiget das 47. cap. Lib. I: decret cit. unicusque villae ismaelitarum ecclesiam aedificare, de eadcmque villa dotem dare praecipimus. Quae postquam aedificata fuerit, media pars villae ismaelitarum emigret, sicque aut intrinsecus sedeant, aut quasi unius moris in domo: Mater autem nobiscum una eademque Christi Ecclesia individia unanimiter consistat.
*) Gregorius der Römische Pabst, führet hierüber in einem Schreiben an Gregorium Erzbischof zu Gran, bey Raynald. in annal. eccl. Tom. XIII. zum Jahre 1231. sehr bittere Klagen. Inter alia, quae divinae ac humanae Legi obviant manifeste ; & Saracenorum Judaeorumque in Christi fideles dominatum multi christianorum oneribus importabilium exactionum gravati, videntes saracenos melioris conditionis &
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Im XVI. und XVII. Jahrunderten hatten die Türken einen namhaften Theil von Ungarn unter sich gebracht. Und ob sie zwar dadurch für die christliche Religion einen großen Schaden verursachet haben: so waren sie doch nicht im Stande, viele von den Ungarn zu verführen, und zur Annehmung der mahomedanischen Irrthümer zu überreden. Man kann an diesem Satz gar nicht zweifeln; wenn man bedenket, daß nach dem Leopold der Große, im Jahre 1683. und folg. den zu Ungarn gehörigen
majoris libertatis praerogativa gaudere, sponte, se transferunt ad eosdem & ritum suscipientes eorum , ut pari cum eis gaudeant libertate; non solum per errorem Christiani Saracenorum, & Saraceni Christianorum mulieribus commiscentur, verum etiam illas ducunt damnabiliter in uxores. Emunt praeterea-Saraceni nnancipia christiana, & de iis, tanquam de suis, omnem voluntatem atque voluptatem expelentes, ipsos apostatare compellunt, & eorum non sinunt filios baptizari pauperes nihilominus christiani quandoque sic oneribus & exactionibus affliguntur, quod filios ac filias coguntur vendere Saracenis & sic liberi fiunt servi & christiani auodammodo Saraceni &c. In regno tamen eodem (hungariae) passim Iudei & Saraceni publicis officiis praeponuntur &c. Robertus Erzbischof von Gran, in einem Schreiben vom Jahre 1232. cum non solum Saraceni praeficiantur Camerae & publicis officiis, immo conditione eorum facta meliore, quam antea, quidam corum, qui quasi servilis conditionis husque fuerunt & ad solvendam quandam sumnnam pecuniae annuatim Dominae Reginae tenebantur, nunc ab hujus conditione liberati, facti sunt stipendiarii & Liberis hominibus sund aequales. -Bey Raynald, im anges. O.
Antheil von ihrer Tyranney befreyet, und mit dem Königreiche wieder vereinigt hat, man fast keine von Ungarn herstammende Einwohner darinn gefunden, welche sich nicht zum christlichen Glauben bekennet hätten. Auch sind, außer der fürchterlichen, und gottlosen Art zu fluchen und zu schelten *), sonsten fast keine Spuren von der mahomedanischen Religion, nach der Befreyeung und Vertreibung der Mahomedaner in den ungarischen Staaten mehr bemerket worden.
(Die Fortsetzung folgt.)
II. Vermischte Nachrichten.
Siebenbürgische Briefe über verschiedene vaterländische Gegenstände.
I. Vom Wappen des Großfürstenthums Siebenbürgen.
Mein Freund **).
Haben Sie das Merchen des Herrn von Palm Specimen Heraldicae Regni Hungariae gelesen? Ist es nicht
*) Die darauf gelegte Strafe kann man aus Ferdinandi I. decret. XX.art. 42. erkennen. Man sehe auch P. Joannis Szegedi Rubricas sive Synopses titulorum capitum & articulorum universi Juris hungarici p. 111. S. 155. folg. (Tyrnau 1734. in 8vo.
**) Ein Gelehrter Siebenbürgens, der nicht nur unter seinen Landsleuten, ein
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geschehen, so kann ich sie versichern, daß der gelehrte Herr Verfasser, in Absicht des Ursprungs und Alterthums, des siebenbürgischen Wappens, so gut irret, als alle andere Schriftsteller, die ich gelesen habe. "Siebenbürgen hat vor der unruhigen Regierung des Fürstens Gabriel Bathori, kein anderes Wappen geführet, als das ungarische: das Patriarchenkreuz, und die vier Streifen. Bathori aber, gab jeder der dreyen Nationen, ein eigenes: den ungarischen Gespanschaften den halben Adler: den zeklerischen Stühlen, Sonne und Mond: und der sächsischen Nation, Sieben Burgen." — Dieses behauptet Herr Palm, und versiegelt seine Meynung, mit einem Brief, des Herrn Wolfgangs Tscheri von Nagy-Ajta. Hätte es denselben wohl an älteren Zeugen gemangelt? Nein, Kölescheri
* ) Timon **) Fasching
**), gönnen
geistliches Amt, mit vielem Ruhm und Ansehen bekleidet; sondern auch mit gedruckten Schriften, dem gelehrten Publikum, von der besten Seite schon bekannt ist, hat diesen Brief, einem unserer Mitglieder, für dieses Blatt zugeschickt, mit der Versicherung, daß mehrere ähnlichen Inhalts, diesem nachfolgen würden. Wir rücken den Brief, mit desto größerem Vergnügen ein; je wärmer unser Verlangen, vom ersten Anfang gewesen ist, auch aus jenen Gegenden, Männer von Einsicht und Wissenschaften anzuwerben, welche zur Ehre des Vaterlandes, gemeinnützige Gegenstände, gemeinschaftlich mit uns bearbeiteten.
**) Auraria Runano - Dacica. S. 141.
***) Imago Hung. Novae. S. 81.
****) Dacia nova. S. 6.
ja gleichfalls unsern vaterländischen Wappen, kein höheres Alter, und behaupten gleiche Meynung. Ein Thaler aber des Fürsten Botskai, vom Jahre 1606. entdecket ihren Irrthum. Schmeizel hat ihn, in seiner Erläuterung Gold- und Silbermünzen von Siebenbürgen, bekannt gemacht
*** ). Wir sehen darauf das Siebenbürgische Wappen, in seiner itzigen Gestalt. Hättenun Schmeizel hieraus blos das höhere Alter desselben behauptet: so hätte er nichts gethan, als was sein Thaler unwiedersprechlich erwieß. Allein was thut er? Er behauptet auch solche Dinge, davon ihm seine Münze gar nichts meldet. Das ist, schreibt er, also der erste Ursprung, von dem heutigen Wappen des Fürstenthums Siebenbürgen. Ein Schluß vom gleichen Werthe, mit dem, daß sich Botskai zuerst: Partium Regni Hungariae Dominum, genennet. Worauf schließt Schmeizel dieses? Weil sich dieser Fürst, auf einem seiner Thaler also nennet. Daß doch Geschichtschreiber, nichts mehr sagen möchten, als ihnen ihre Quellen entdecken! wie viel mehr Gewißheit würde die Geschichtskunde erhalten. Kann ich Ihnen, mein Freund nicht den Geburtstag, unseres vaterländischen Wappens entdecken; so kann ich ihnen doch, sichere Beweise, seines höheren Alters geben. Eine Urkunde der Fürstinn Maria Christierna vom 1. Julii 1598. ist mein Beweiß. Sie nennet
*****) Tab. III. nr XVIII.
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sich darinnen: Maria Ghristierna, D. G. Transilvaniae, Moldaviae, Valachiae Transalpinae Princeps, Partium Regni Hungariae Domina, & Siculorum Comes, Nata Archidux Austriae, Dux Burgundiae, Comes Tyrolis & Goriciae, &c. Das aufgedruckte Siegel, enthält im Mittelschild den kaiserlichen Adler, mit einem der Länge nach getheilten Brustschild, in dessen rechtem Feld, die östreichische Binde, im linken das Bathorische Geschlechtswappen. Unten siehet man das Moldauische Wappen, oder einen Ochsenkopf, mit einem Stern, zwischen den Hörnern. Zur rechten Seite ist das Siebenbürgische Wappen: im obersten Felde, ein halber Adler, mit ausgebreiteten Flügeln, darüber Sonne und Mond; im untersten Felde, sieben Kastelle: zur linken Seite, siehet man das wallachische Wappen, oben ein rechtsehender Rabe, mit einem Kreuz im Schnabel; unten ein Baum, zwischen zwo stehenden Personen, das ganze Wappen bedecket eine offene Krone, und die Umschrift ist: MARIA CR. D. G. PR. TR. MOL. VAL. AR. AR. AV. D. B. CO. TI. Hieraus erhellet genugsam, daß sowohl das siebenbürgische Wappen, als der Titel: Partium Regni Hungariae Dominus, von höherem Alter sey, als bisher geglaubt worden. Gleiches erweiset eines von den Siegeln, dessen sich Christiernens Gemahl, Sigmond Bathori, bedienet. Es führet die Umschrift: SIG. D. G. TRA. MOL. VAL. TRA. ET. SAC.
ROM. IMP. PRIN. PAR. REG. HU. DOM. SIC. COM. Das übrige gleichet dem Chritiernischen Siegel vollkommen, außer, daß im Brustschild des doppelten Adlers, blos das Bathorische Geschlechtswappen vorkommt; und im Wallachischen, über dem Adler Sonne und Mond, und auf dem Baum ein Raab mit einem Ringe. Welches letztere, ohne Zweifel auch auf Christiernens Siegel seyn mag, und nur auf meinem Original nicht deutlich ausgedrückt worden. Ich sage nicht ohne Ursach, eines von Sigismunds Siegeln; denn er hat auch andere gebraucht. In kleinern führet er blos sein Geschlechtswappen, und in einem großen, das ich noch gesehen, den doppelten Adler, unter einer offenen Krone, mit dem goldenen Vließ umgeben, und im Brustschild, das Bathorische Wappen. Die Umschrift ist: SIGISMUNDUS BATOREUS D. G, TRANSIL. ATQ. SAC. ROM. 1MP. PRINC. Vom unglücklichen Kardinalen und Fürsten Andreas Bathori, habe ich keine Siegel gesehen, aber aus seinen Urkunden erhellet, daß er sich auch Partium Regni Hungariae Dominum geschrieben. — Eines muß ich noch anmerken: Hübners Staats- und Zeitungslexicon, ist oft mermehrt und verbessert gedruckt worden, und doch heißt es drainnen, noch alle Zeit: Drey weiße Elephantenzähne im bleuen Feld, sind das Wappen von Siebenbürgen. Mich wundert sehr, daß die Verbesserer dieses Wörter-
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buchs, hier immer schlummern. Denn wer siehet nicht, daß hier das Bathorische Geschlechtswappen, dem ganzen Lande zugeeignet werde? Einigen sind es Drachenzähne, andern Wolfsklauen, hier heißen sie gar Elephantenzähne. Führt nun unser vaterländisches Wappen, gleich keine Elephantenzähne; so findet man doch dergleichen, wie auch andere Gebeine dieses Thieres, in unserm Lande, nur hält sie das gemeine Vorurtheil für Riesengebeine. Vor etlichen Jahren, wurde bey Bolgatsche, ein ganzer Kinnbacken mit etlichen Zähnen ausgegraben, wovon einer in der Schulbibliothek zu Hermanstadt aufbewahret wird. Bey Fuschet, einem wallachischen Dorf, waschen starke Regengüsse, aus dem Fuß eines Berges, nicht selten Elephantengebeine, zerbrochene Geschirre, griechische und römische Münzen heraus. Von daselbst gefundenen Münzen, habe ich Dyrrachische von römischen Geschlechtern, und von Trajan gesehen. Bey den Knochen, war es mir etwas merkwürdiges, daß sie noch voller Mark waren. Diese waren weiß und mürbe; wie ein gebrannter Kalkstein. Schade! daß unsere Umstände nicht allezeit, zu unsern Wünschen stimmen. Wie gerne möchte ich diesen Berg sehen! Sollte er seinen Ursprung nicht einer großen, daselbst gehaltenen Schlacht zu danken haben? Auch der Name des Dorfs, scheinet mir so etwas zu verrathen. Ich wünsche aus Liebe zur Kenntniß der Vorwelt,
daß sie, mein Freund, in Entdeckungen glücklicher seyn mögen, als ich, und verbleibe ec. ec.
T. S **.
Von dem heutigen Zustande, sonderbaren Sitten und Lebensart, wie auch von denen übrigen Eigenschaften und Umständen der Zigeuner in Ungarn.
Vorbericht.
Die Sitten, die Lebensart und der Hauptcarakter eines Vokes, sind die Gegenstände, worauf wir vernünftiger Weise vorzüglich zu sehen haben, wenn wir uns von demselben einen Begrif machen, und die Frage entscheiden wollen, ob dasselbe einem Staate nützlich sey oder nicht? Nachdem nun das Geschlecht der Zigeuner, wie einem jedweden bekannt, in unserem Vaterlande, aus vielen hunderten Familien bestehet, und folglich, einen nicht unbeträchtlichen Haufen ausmachet; so ist nun auch leicht zu erachten, daß es nicht unnützlich sey, sowohl die natürlichen Fähigkeiten und guten Eigenschaften, als auch die eingewurzelten üblen Neigungen und Laster desselben zu kennen, und sich überhaupt dieses Völkchen von der guten und schlechten Seite vorzustellen. Wenn dieses geschiehet, so befindet man sich dann
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erst im Stande zu bestimmen, ob eine Verbesserung dabey nöthig und auch möglich sey oder nicht, und wie man in einem solchen Falle, dem Nachtheil und dem Schaden eines ganzen Landes abhelfen und vorbeugen könne? Nun haben zwar, bereits in den abgewichenen Zeiten, manche Schriftsteller sich auch hier in diesem Stücke hervorgethan und Mühe gegeben, nicht allein den Ursprung und das rohe Vaterland der Zigeuner zu suchen, sondern auch die schlechten Sitten, dieses niederträchtigen und beynahe in allen Gegenden Europens ausgebreiteten und herumstreichenden Volkes zu beschreiben *); nichts destoweniger aber ist solches
meist von Ausländern geschehen, die ihr Augenmerk nicht sowohl, auf unsere
Landeszigeuner besonders, als
*) Wir könnten hier eine ganze Reihe von derrgleichen Art Schriftstellern anführen, die entweder ganz besonders, oder auch nur gelegentlich geschrieben haben: es wird aber hinlänglich seyn, nur einige davon nahmhaft zu machen, als: Ahasveri Fritschii, besondere Abhandlung oder Diatribe Historico Politica de Zingarorum origine, vita ac moribus. Jenae * 16.0. Jac Thomasii dissert. de Cingaris. Breßlauische Sammlung. Nerets Heydentempel. (ameraris Hor. subseciv. Micraelii Hist. Ecclesiast. Wagners Einleitung zu der Staats- und Weltgescheichte u. andre mehr.
vielmehr nur überhaupt, auf die allgemeine Beschaffenheit dieser Menschen, und auf diejenigen Ausschweifungen, durch welche sie dazumal ihre Unart verrriethen, gerichtet haben mögen. Wir können es zwar nicht leugnen, sondern gestehen es gerne, daß die Zigeuner etwas an sich haben, welches ihren allgemeinen Charakter ausmachet, und worinnen sie sich einander sehr änlich sind; dem ungeachtet aber pflegen sie sich auch in manchen Stücken, nach der Beschaffenheit und Umständen des Landes, darinnen sie sich aufhalten, aus zu bilden, und sowohl in Ansehung des Gewerbes und der Kleidung, als auch in einigen Gewohnheiten von einander zu unterscheiden. Wir därfen nur bloß die Siebenbürger und hungarischen Zigeuner gegen einander halten; so werden wir zwischen diesen und jenen, einen gewaltigen Unterschied bemerken können *).
* ) Der Herr Ritter und Bergrath von Born, schreibet in seinen Briefen, S. 134. Folgendes: "Man muß die Siebenbürgischen Zigeuner keinesweges mit denen in Ungarn vergleichen, die ein mußiges faules Volk sind, da im Gegentheil diese alle sich zu beschäftigen und zu nahren wissen."
(Die Fortsetzung wird folgen.)