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V. Jahrgang, XXIX. Stück, den 19. Julii 1775.
I. Geschichte.
Beschluß des Versuchs einer Geschichte der Buchdruckerey in dem Königreich Ungarn.
[S. XXVIII. Stück dieses Jahrg. N. 1. ]
Die Oberungarische Stadt Kaschau hat diese edle Kunst, in diesem Jahrhunderte, auch in ihre Mauren aufgenommen, und schon im Jahre 1600. sind aus den Pressen des Buchdruckers Johann David Türsch, verschiedene gelehrte Schriften an das Licht getretten, und läßet sich die gute Verfassung, dieser, an erwähntem Orte, aller Wahrscheinlichkeit nach, ersten Buchdruckerey, unter andern auch daraus erkennen,
daß sich dieselbe bey gedachter Buchdruckerfamilie, beynahe das ganze Jahrhundert hindurch in gutem Flor erhalten. Außer diesem hatte um das Jahr 1626. daselbst, auch Daniel Schultz * ) seine eigene schöne Buchdruckerey, und noch vor ihme, Johann Fischer, dessen Typus recht schön war; und um das Jahr 1660. findet man, die Buchdruckerey Erikus Erich, (welcher Name uns fast fingirt scheint) Stephan Boschitz und Markus Severini, welche zum Theil der Türschischen und Schultzischen, theils ihren eigenen neuen Typus, wie der Augenschein lehret, in ihrem Werkstätten gebraucht haben ** ); bis sich nacher alle Ueber-
*) M. Matthiae Heinzelii Rect. Scholae Briznensis Dissert. de modo praedicandi Synonymo &c Cassoviae apud Joh. David Türsch. A 1600. - Laudatio funebris Ifllustriß. quondam Comitis D. Stanislai Thurzoiiis de Bcthlemfalua Regni Hungariae Palatini &c. conscripta & dicta a M. Elia Ursino Delit. Misn. Eccles. Neocomiensis in Scepusio Pastore; in IVto excusa Cassoviae per Danielem Schultz 1626.
**) Refutitia Joannis Jemicii auct. Petro Petschio, excusa Cassoviae apud Joh.Fischer, A. 1612. in lVto Synopsis Controvers. Metaphysic. M. Itaaci Zabanii PP. in Colleg. Epper. partim Leutschoviae apud Sam. Brever, partim Cassoviae,typis Viduae Joh. Dav. Türscho inpressa legitur. — Oratio funebris super Obitum Dni Dinielis Guth, civ. Bartph. Judicis prim. &c. dicta in Audit Epper. a Georg. Henr. Sapphum, Orat. Publ. Prof. Cassoviae excudebat Stephanus Bositz, in IVto A. 1684. Filum Labyrinthi seu Lux mentium Vniversalis a M. Joh. Bayero -Licei Epperies. Rect. Prim. Cassoviae typis Marci Severini A. 1663. in Octav. Atrium Naturae ejusd. Bayeri, impres. eodem loco. a 1662. zwey ziemlich starke gelehrte Bücher. vid Czwitting.
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bleibsele dieser Privatbuchdruckereyen, wie sehr wahrscheinlich, in der akademischen Buchdruckerey daselbst zusammen vereiniget, und endlich durch einen völligen Umguß des Typus, und desselben Vermehrung mit einem andern neuen Letternvorrath in die neue Buchdruckerey dieses gegenwärtigen Jahrhunderts verwandelt, welche nur von kurzer Zeit, nach dem erfolgten bekannten Schicksal, vermöge des Kaufrechts, ein Eigenthum der berühmten vaterländischen Buchdruckerfamilie derer Landerer geworden ist.
In der Stadt Käßmarkt oder Keysersmarckt in der Graffschaft Zipß, hat sich die edle Buchdruckerkunst gegen das Ende dieses siebzehnten Jahrhunderts auch einiger maßen hervorgethan, auch bis auf einige Jahre des gegenwärtigen darinn erhalten; doch ist uns aus derselben nicht viel beträchtliches vor die Augen gekommen. Matthäus Glaser oder Vitriarius ist der einzige Buchdrucker, der uns durch des Elias Milinarowitsch böhmisches Gesangbuch, welches er gedruckt, dem Namen nach bekandt worden. Der Typus war inzwischen sowol im Deutschen, als Lateinischen, wie die unten angeführten Stücke uns bemerken lassen, schön und sauber *). In den beyden Oberungarischen königlichen freyen Städten, Bartfeld und Leutschau, zeigte sich unterdessen, wie in dem vorigen sechzehnten, also auch noch mehr in diesem siebenzehnten Jahrhundert, diese vortrefliche Kunst in dem schönsten und größten Flore. Der berühmte Buchdrucker Guttgesell in Bartfeldt, in der Graffschaft Schaarosch, dessen wir schon oben mit billigem Lobe gedacht, scheint zwar entweder gar nicht, oder doch nicht weit über die Gränze dieses Jahrhunderts mit seinem Leben, und seiner gemeinnützigen typographischen Arbeit gekommen zu seyn; allein der Gebrauch seines schönen Typus dauerte nichts destoweniger fort, und die öffentliche
*) Querimonia Caritatis, &c. Hungarico-Christiano data Orbi, die 16.Maji, quum curreret Annus, non Charitate calidus; Ised factionibus CALLIDISSIMVS a Paolo Thessedik Puchoviensi, Semin. Rosnav. Cive extra Patriam ituriente. Impr. Kesmarkini in IVto. — Sacri Reg. Apost. Hung. gloriosiss. Ducum & Sereniss. Regum Gloriosissimae Memoriae &c. eleganti Carm. lat. expressa, authore Zach. Clementis Cibin. Hung. impr. Caesarco-Fori A. 1706 in forma octava. ein gewiß recht schönes Werkchen.
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und eigene Buchdruckerey dieser Stadt, die in dieser Zeit vorkommt, ist ohne allem Zweifel, die Guttghesellische gewesen, die, entweder dieser würdige Typograph, wenn er etwa, wie wir sehr vermuthen, ohne Erben gestorben, als ein rechtschaffener dankbarer Bürger, durch ein Vermächtniß, der Stadt und dem Publikum hinterlassen; oder welche, wenn ja Erben da gewesen, die das Werk nicht forttreiben können oder wollen, käuflich ein Eigenthum der Stadt geworden * ). Außer dieser waren aber auch noch andere Privatbuchdruckereyen daselbst, als die Kößische und Scholtzische; bis endlich die, über anderthalb hundert Jahre in dieser Stadt ununterbrochen fortgetriebene typographische Arbeit, auch eingestellet, und der dazu gehörige Vorrath theils nach Kaschau, theils an andere Orte hingebracht worden. ** ).
*) Im Jahre 1599. kam bey David Guttgesell, außer verschiedenen andern guten Schriften, das bekannte schöne Werk Hypomnema des Severini Sculteti heraus; und nach der Zeit ist uns von ihm nichts mehr zu Gesicht gekommen. Bey der Stadtbuchdruckerey hat Thomas Scholtz und anderer gearbeitet, wie die vor uns liegende Werke zeugen. Im Jahre 1700. kam aus seiner Arbeit das Jus Civile derer an den Magistro Thavernicorum angewiesenen königl. freyen Städte, deutsch in lVto heraus; und auch noch von den Jahren 1710. 1715. haben wir einige schöne lateinische Buchdruckerey in Händen.
**) Nomendatura seu Dictionarium Latino Hungaricum per Clar. Virum D. Basilium Fabricium &c. Bartphae typis & sumptibus Jacobi Klötz. A. 1630. — Poetischer Akt und geistliches Spiel, von den dreyen Gaben der Weisen aus Morgenland ic. gehalten in der königl. freyen Stadt Epperies, durch Petrum Eisenberg, gedruck zu Bartfeld bey Jacob Klöß, im Jahre 1652 mit Kupfern. Die Poesie ist für diese Zeiten schön, und die Kupfer recht sauber. Um das Jahr 1668. war auch Georgius Sambuch oder Sambuk, ein Typograph in Bartfeld, und vielleicht aus dem Geschlechte des berühmten vaterländischen Gelehrten, Johannes Sambuci Tyrnaviensis.
Leutschau aber, welche Stadt wir mit Fleiß auf die letzte gelassen haben, übertraf hierinn alles, was bisher von uns angeführet worden. Denn außer dem, daß der Typograph Daniel Scholtz, in dem ersten Theile dieses Jahrhunderts mit einigen Mitarbeitern, als Jacob Klöß dem ältern, und noch mehr andern, dieses Werk an diesem Orte, mit allem Fleiße trieb *), so kam darauf um das Jahr 1630, der berühmte Laurentius Brewer oder Breuer mit seiner neuangelegten und nach und nach bis zu einem vorzüglichen Grade der Schönheit und Vollkommenheit gebrachten Buchdruckerey dazu; Aus welcher eine sehr große Menge, größerer und
*) Das schöne Werk des Josquini Betulei de Summo Bono, ließ im Jahre 1618. nach der Deutschen Hanauischen Ausgabe dem Jahre 1609. der edle Herr Antonius Kramer, damaliger sehr vornehmer Kauf- und Handelsmann in der Stadt Leutschau, zum drittenmal dem deutschen Publikum zum besten, auf seine Unkosten, auflegen, welches in dieser Scholzischen Buchdruckerey geschah. Es wird solches am Ende des Buchs mit diesen Worten angezeiget. Gedruckt zu Leutschau bey Daniel Schultz im Jahre 1618. Manuale precum Hung. Leutschoviae impr. Jacob Klötz. 1614.
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kleinerer Schriften, in verschiedenen Sprachen, und größtentheils auch von sehr nützlichem und gelehrtem Inhalt, an das Licht getreten. Das Ansehen dieses Mannes lässet sich unter andern daraus abnehmen, daß er viele Jahre hindurch die Würde eines Ratsherrn von der ersten Ordnung, bey dem damaligen sehr blühenden Zustande dieser ansehnlichen Stadt bekleidet hat. Sein Sohn Samuel Breuer, setzte das Werk des Vaters nach seinem Tode, der um das Jahr 1660 erfolgte, mit stets größerm Eifer fort, und wurde dabey, von seinem Bruder Johann, welcher bey seinem Aufenthalte in Deutschland, und auf den Akademien, mit dem Studium der Medicin, darinn er auch die Doktorwürde erhalten, das Studium der edlen Buchdruckerkunst zum angenehmen und nützlichen Zeitvertreib mit verbunden, aufs beste unterstützt; und als er um das Jahr 1700. durch den Tod, so wie sein Leben, also auch mit demselben dieses edle Geschäfte beschloß, so stund seine hinterlassene Witwe Sophia Breuerin der Werkstätte mit möglichster Sorgfalt vor, und die Arbeit gieng bis zu ihrem Tode, ja auch nach demselben, noch einiger maßen durch manche Jahre, obgleich mit vieler Unterbrechung fort **). Die Tochter dieses Samuel
** ) Vide Biogr. Medic. Hung. Veszprem. Cent. Litt. B. Brewer. Die Schriften die aus dieser schönen Buchdruckerey beynahe durch ein ganzes Jahrhundert gekommen, sind ungemein zahlreich, und finden sich besonders in diesen Gegenden in vieler Händen: auch sind noch viele Vorräthe in Cruda übrig.
Breuers, welche an den berühmten Phisicum und Doktor der Arzneygelehrtheit, Herrn Hambach, als das einzige noch übrige Kind, von dieser berühmten Buchdruckerfamilie, verheurtathet worden, ist in Eperies nur vor einigen Jahren in einem mehr als achtzigjährigen Alter gestorben; so, daß die Jahre dieser würdigen Matrone, mit den Jahren ihres Vaters Samuels, und Großvaters Laurentius Breuer zusammen genommen, mehr als ein und ein halbes Jahrhundert ausmachen, und den Segen dieser Familie auch hiedurch erweisen
*). Die Schönheit des Breuerischen Typus ist so groß, daß man denselben, wie es der Augenschein lehret, mit den schönsten Deutschen und Holländischen Drucke vergleichen kann. Noch im Jahre 1727. ist aus derselben eine ungemein gelehrte Schrift, die wir unten anführen, zum Vorschein gekommen *). In
***) Sie war die Gemahlinn des berühmten Physici und königl. Pohlnischen Archiaters Herr D. Johann Hambach in Epperies: ihr einziger Sohn, Herr D. Samuel Hambach, stehet letzt dem Physicat in den nunmehrigen k. k. XVI Städten, in der Grafschaft Zipß mit besonderem Ruhme vor.
*) sich davon zu überzeugen, darf man nur den Druck in dem bekannten libro memor quadrilingui Matth. Belii; oder das mit diese mTypus, zu Herrmanstadt durch Besorgung des Peter Bod, im Jahre 1767. neu abgedruckte Dictionarium des Franc. Pariz Papai, ansehen. Die gemeldte Schriftz ist: Comment. Historico-Juridica, de Origine & Progressu Juris Hunno Hungarici & c. authore Joanne Jony &c. Leutschoviea A. 1727 in IVto.
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den zwo letzten großen Feurersbrünsten dieser Stadt, nämlich im Jahre 1746 und dann im Jahre 1754. hatte diese schöne Buchdruckerey auch viel gelitten, und besondes in der ersten, bey welcher fast der beträchtlichste Theil davon, in der Flamme geschmolzen, und vernichtet worden. Die Ueberbleibsele haben die von der weiblichen Seite vorhandene Wachsmannische Erben, theils nach Hermannstadt in Siebenbürgen an die Buchdrucker Sardi und Lintzing, theils nach Großkarol an den Buchdrucker Pap; theils auch nach andern Orten, für geringe Preise verkauft; so daß dieser saubere Typus, auch nach dem völligen Aussterben dieser berühmten Buchdruckerfamilie dem Publikum noch zu Nutze kommet **). Und soviel demnach vor jetzo von den Buchdruckereyen unseres geliebten Vaterlandes auch in dem XVII. Jahrhundert. Von den neuesten, die nun beynahe in allen ansehnlichen Städten des Königreichs, und besonders zu Preßburg, Ofen, Tyrnau, Oedenburg, Erlau, Raab und andern Orten, in der schönsten Vollkommenheit, angetroffen werden, dürfen wir nichts erwähnen; da die aus denselben fas täglich herauskommenden Schriften, davon genugsame Zeigniße sind.
**) Vidc Biograph. Med. Veszprem. l. c.
II. Vermischte Nachrichten.
Fortsetzung der Muthmaßungen, von dem Ursprung und dem rechten Vaterlande der Zigeuner.
Was den letzterrn Brief betrift, welchen Thomas Polgar von dem König Uladislaus erhalten hat; so kann man denselben wohl gelten lassen. Denn warum sollte ein Landesherr solche Freyheiten, einem Menschen versagen, wenn er brauchbar ist; besonders da andere ansehnliche Männer für ihn bitten und gut stehen wollen.
Die Bathorischen Privilegia, die vielleicht niemalen jemanden zu Gesichte gekommen sind, wollen wir auch an ihren Orte gestellet seyn lassen: zumalen es ohnehin, einen Unschuldigen anzutasten und zu beleidigen, in allen gesitteten Ländern unerlaubt ist.
Allein der Geleitsbrief des Kaisers und Königs Sigismund, den sie nach Bononien mit sich brachten, enthält sehr wenig ernsthaftes; wenn anders der Inhalt desselben vom Muratorio richtig angegeben ist: Denn welcher christliche Souverain wird wohl einem liederlichen Volke, durch eine, unter seinem Namen ausgestellte Urkunde, die Ausgelassenheit
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erlauben, sieben Jahre lang, wo sie hinkommen werden, aller Orten, zu rauben und zu stehlen? Ob aber dieser Brief vom Kaiser Sigismund der nämliche sey, von welchem die deutschen Geschichtschreiber Meldung thun, daran ist wohl billig zu zweifeln: Denn sonsten hätten Münster, Kranz oder Guler ein mehreres davon gesagt; welche jedoch nur so viel berichten, daß in diesem Briefe gestanden: wie sie, wegen eines Gelübdes und wegen der ihnen auferlegten Buße; weil sie den christlichen Glauben verleugnet gehabt, und sieben Jahre lang zu den heidnischen Irrthümern zurückgefallen gewesen, deswegen eben so viel Jahre, nach gemachtem Ausschuß in der Welt an fremden Orten umherziehen, und dadurch die begangene Treulosigkeit büssen sollten. Und Thomasius hätte auch schwerlich aus diesem Decret, wo denen Zigeunern die Erlaubniß gegeben wird, zu stehlen und zu rauben, den Schluß machen können; daß sie ehedem ehrlichere Leute, als nach der Zeit gewesen seyn müssen *). Außer dem kann man auch daraus sehen, daß ihre Briefe unterschieden gewesen seyn mögen; weil sie unter einem anderen Herzoge, nämlich dem Herzog Andreas von Bologna; und unter dem Michael nach Deutschland gekommen sind. Es müssen also zwey verschiedene Züge dieses Volks gewesen seyn, die zugleich unterschiedene Ge-
*) Vid. ejus Dissert. §. 27. Item §. 57.
leitsbriefe mit sich führeten. Gesetzt aber, der Kaiser und König Sigismund habe diesem Volke würkliche Geleitsbriefe ertheilet; so hat es dennoch das Ansehen, daß solches mehr aus einer Staatsklugheit, damit man dieser Gäste, wenigstens zum Theil loß würde, und sie auf eine gute Art weiter befördern könnte; als wegen ihrer Verdienste und guten Verhaltens, geschehen seyn mag. Genug die Erfahrung hat es bald gelehret, wie sie mit dergleichen Briefen, viele Gauckeleyen angestellet, und allerhand Betrug gespielet haben. Unter dem Vorwand solcher Schutzbriefe, beraubten sie das Landvolk, und weigerten sich doch dieselben vorzuzeigen. Und wenn man mit Macht darauf gedrungen, so hatten sie entweder nichts, oder fälschlich nachgemachte Schriften, die sich, durch ihre Schreibart selbst verriethen, als welche sich, von derjenigen, die in den Canzleyen gewöhnlich ist, ganz unterschieden befand. Daher ergiengen eben in verschiedenen Provinzen Deutschlands, öffentliche Befehle und Verordnungen wider dieses Volk; daß man diese Diebe und Landstreicher allenthalben anhalten, ihren vermeynten Schutzbriefen keinen Glauben beymessen; sondern nach Befinden, die Urheber
solcher Schriften aufsuchen, und mit Ernst und Nachdruck bestrafen sollte *).
*) V. Pet. Frid. Mindan de Mandat. lib. a. cap. 41. num. 7. Ahasv. Fritschii Diatribe de Zygenorum origine, vita ac moribus: Hoc denique monendum videtur, si Zigeini diplomata Caesarea ut quandoque factum legitur, salvi conductus preferant, iis non illico fidem esse habendam &c.
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Nachdem wir aber gesagt haben, daß sich die Zigeuner aus Ungarn nach Deutschland, und in andere umliegende Länder begeben haben, so entstehet hier abermal die Frage: wenn und woher sie nach Ungarn gekommen sind? Was den eigentlichen Zeitpunkt betrift, wenn dieses Geschlecht den ungarischen Grund und Boden zum erstenmal betretten, so finden wir denselben weder in unsern Jahrbüchern, noch auch in der Geschichte unsers Vaterlandes pünktlich ausgesetzt. So viel ist aber zuverläßig und gewiß, daß sie vor den Zeiten des Kaisers und Königs Sigismund desselben nirgends gedacht werde, und daß es unter der Regierung dieses Königs auch hier im Lande bekannt worden sey * * ), nämlich einige Jahre früher, ehe es sich in Deutschland sehen ließ. Weil sich aber die Zigeuner ehedem sowohl in Ungarn zu der griechischen Religion bekannt haben * * * ), wie sie denn auch in Sieben-
**) Joh. Tomka Saszky Comment. de diversis populis Hung. §. 7. Isthinc namque, regnante Sigismundo, primum cogniti in Hungariam commigrarunt, habentque nunc etiam in Transilvania Valachiaque hospitium.
***) Tollii Epist. Itiner. Edit. Henninianae anni 1714. Epist. V. pag. 201. Religionem nem pre se ferunt (Zingari Pesthini) Graecam.
Toppeltin. Origines & Occaf. Transilv. cap. 6. p. 55. edit. Viennen. Apud nos (Zingari) Christianos se esse jactitant, sequunturque Graecorum fere religionem.
bürgen noch heut zu Tage der nämlichen Religion noch größtentheils würklich zugethan sind; so lässet sich daraus nichts anderes schließen, als daß sie ihren Weg durch solche Provinzen nach Ungarn und Siebenbürgen genommen, wo diese Religion noch heute die herrschende ist. Und was könnte wahrscheinlicher seyn, als die Moldau, die Walahchey und die übrige diesen angränzende Landschaften? Wenigstens giebet Kantemir in seiner Beschreibung der Moldau so viel zu erkennen, daß die Moldauer Zigeuner von eben demselben Schrot und Korn sind, aus welchen unsere bestehen, wenn er S. 272. sagt: "Sie sind eben so beschaffen, wie die Zigeuner in anderen Ländern, haben gleiche Sitten mit denselben, und ihre höchste Tugend und Unterscheidungszeichen ist, der Müßiggang und Diebstahl." Daß aber nicht wenige aus der Moldau nach Siebenbürgen würklich gekommen sind, und vielleicht auch bis dato noch von da hineinzuwandern pflegen, können wir aus dem Zeugniß des Kelpius lernen *). Aus der
*) Mart. Kelpius in Natalibus Saxonum Transilvaniae edit. Lips. 1084. Cap II. §. 14. not. (c) Alii Moldavi {Zingari) arancarum instar Transilvaniam perseptant, artis Magicae peritiam venditantes.
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Walachey brachten sie nebst der Religion, auch den Namen ihres Chefs mit sich, den sie ebenfalls, wie jene, die Walachen Wajwoda, oder abgekürzt Wajda nennen. Und auf solche Weise, wie wir muthmaßen, ist das Zigeunervolk aus der Moldau und Walachey nach und nach bis nach Siebenbürgen und Ungarn vorgerückt. Von wannen sie aber in jene Provinzen gekommen, oder wenn dieses geschehen sey? solches weis uns niemand mit einer Gewißheit zu sagen. Kantemir fähret in der angeführten Stelle fort, und sagt, "woher und wann diese Nation in die Moldau gekommen, wissen weder sie selbst, noch findet sich etwas davon in unsern Jahbüchern." Uns aber kann es gleichwohl gelten, ob jemand dieses Volk vor Abkömmlingen der Mongolen und Tartarn ansehen, oder dabey bleiben wolle, daß es sich aus Nubien nach Egypten begeben, und alsdann unvermerkt durch die Türkey nach und nach in unsere Gegend ausgebreitet habe: oder will man sie mit einigen vor Ueberbleibsel der so genannten Torlaquen halten, die von Bajazet, aus verschiedenen Orten verjagt worden. Ueber alles dieses wollen wir keinen Streit erregen; sondern uns vielmehr unserem eigentlich vorgesetzten Ziele näheren, und in der Folge, von den Sitten und der Lebensart, wie auch von dem heutigen Zustande, dieses Volkes, in Ungarn, besonders handeln. Hier werden wir von der Erziehung, Gemüths und Leibesbeschaffenheit, von denen Geschicklichkeiten und Lastern, wie auch von anderen Eigenschaften und Umständen dieses Volks mit mehrerer Zuverläßigkeit und Gewißheit reden können, und mit Anführung der weitesten Anstalten und Mittel, die zur Ausbesserung dieses Geschlechts zeithero gemacht und vorgekehret worden sind, den Beschluß gegenwärtiger Abhandlung machen.
(Die Fortsetzung folgt.)