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V. Jahrgang, XXVIII. Stück, den 12. Julii 1775.
I. Geschichte.
Fortsetzung des Versuchs einer Geschichte der Buchdruckerey in dem Königreich Ungarn.
[S. XXII. Stück dieses Jahrg. N. 11]
In dem dem XVII. Jahrhundert, hatte sich die Buchdruckerkunst, in dem Königreiche Ungarn, immer mehr und mehr ausgebreitet, und sich so wohl an den bereits genannten Orten, wo sie schon in dem vorigen Jahrhunderte war aufgenommen worden, als auch an verschiedenen andern, wo sie nur erst in diesem, ihre Aufnahme gefunden, zu einer immer größern Vollkommenheit erhoben. Zu Tyrnau waren die Druckerpressen in fleißiger Bewegung, wie es denn die ganze Beschaffenheit des Orts, und die daselbst, im Jahre 1635. von dem berühmten Kardinal, und Primas des Königreichs, Peter Pasman fundirte hohe Schule, auch also erforderte *). Schon um das Jahr 1610. und in den folgenden, ließ gedachter große Mann, ehe er noch die hohe Erzbischöfliche und Primatenswürde erlanget hatte, zu Preßburg verschiedene gelehrte Schriften ans Licht tretten, und unterhielt sodann nach dieser großen Beförderung an diesem Orte, eine Buchdruckerey auch in seinem eigenen Pallaste * *) Im Jahre 1631.
*) Vid. Matth. Belium Tom. Notit. Hung. Novae p. 40. & seq. & 83. wo er unter andern folgendes anführet: Adsita huic (scilice aedificio Academico Tyrnaviensi Palfiano) est officina libraria, seu Typographia, prima Hungaricarum omnium hac aetate & princeps. Tenuibus ex initiis ducta, in eam demum eu sit, liberalitate potissimum Cardinalis Leopoldi Kollonitsii, ut in comparationem venire possit, cum florentissimis quibusque &c. Um das Jahr 1682. war Matthias Strensky, daselbst der akademische Typograph, wie das Rituale Strigoniense vom selbigen Jahre, solches ausweiset, der übrigen Arbeiten in dieser Buchdruckerey nicht zu gedenken.
**) Von dem Petro Pazmano sehe man die Purpuram Pannonicam, oder die zu Tyrnau herausgekommenen Archiepiscopos Strigonienses in actibus oder vita Pazmani, wie auch den Bel I. c. 502. seqq. Acta & Decreta Synodi Dioecesanae Strigon. celebratae Tvrnaviae, &c. ejusdem jussu Typis edita Posonii in aede Archiepiscopali, Anno Domini M. DC.XXIX, in 4to.
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kamen zu Preßburg die ungarischen Predigten des berühmten P. Georg Kaldi, S. J. in Folio, so wie in den vorhergehenden, und folgenden verschiedene andere gelehrte Schriften heraus; und um das Jahr 1671. war Gottfried Gründer daselbst der Typograph, nach welchen Zeiten diese Buchdruckerey immer besser eingerichtet, und dann in dem gegenwärtigen Jahrhunderts, durch die Royer, und endlich durch den noch lebenden verdienten Herrn Landerer, zu ihrer jetzigen Schönheit und Vollkommenheit gebracht worden.
Zu Tschepreg und Kereßtur dauerte die typographische Arbeit, in diesem Jahrhundert, auch noch durch viele Jahre fort *); und in der Stadt Großwardein hatte diese Kunst, in dieser Zeit, auch ihren Wohnsitz gefunden, allwo, im Jahre 1653. unter andern Schriften, die Constitutiones Regni Transylvaniae aus der Buch-
*) Prodiit ex hac Typographia inter alia Anno 1612. Nic. Gönczii alias Palhazi, Coment, de Coena Domini Seyfrido lKolonicsio dedicata; item, Jer. Scholtzii Descriptio Thermarum &c. Anno 1631. in 4to Vid. Cel. Veszpremii Succinctam Medicorum Hungariae Biographam Cent. Primam p. 162.
druckerey des Abraham Kertesz ans Licht traten.
Zu Debrezin hatte diese Kunst durch verschiedene Beförderung auch ihren schönen Fortgang, und nach den übrigen Vorgängern, trieben daselbst, besonders in der lezten Hälfte dieses Jahrhunderts, die Buchdrucker Johann Roschnay und Paul Kaschai das Werk **); welches auch noch bis itzt, wie aus den daselbst herauskommenden verschiedenen schönen und brauchbaren Schriften zu ersehen, obgleich unter gewissen Einschränkungen, fortgesetzet wird.
Die Buchdruckerey zu Silein ist aus den daselbst, um das Jahr 1610. und in den folgenden herausgekommenen Schriften bekannt; um das Jahr 1665. war der Typograph Johann Dadan, mit dessen Typus, noch um das Jahr 1707. Wilhelm Rauder,
**) Origo Gentium & Regnorum Post- Diluvianorum &c. opera Pauli K. Lisznyai Transylvano Siculi elaborata Debrecini apud Paulum Cassoviensem. Anno 1693 Chronologia Sacra, ejusdemLisznyae p. t. Rectoris Scholae Debrecinensis . Debrecini apud eundem, anno eodem, in IVto. Zwey schöne grundgelehrte Werkchen. Wir müssen bey dieser Gelegenheit einen in dem XXII. Stück p. 174. zu wiederholtenmalen vorkommenden Namensfehler verbeßern. Der daselbst von uns erwähnte gelehrte Freund, führt nicht den Beynahmen Kaschai, sondern den Familiennamen Kazzai de Sztrecze, welcher freylich, so wie die meisten ungarischen Namen im Deutschen, nicht bequem ausgedrucket werden kann.
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verschiedene Schriften gedruckt hat *); worauf denselben Daniel Crastina, ein Buchdrucker zu Puchow im Trentschiner Comitat, durch Erbschaft an sich gebracht, und am gemeldten Orte verschiedenes, besonders in böhmischer Sprache damit gedruckt hat, bis endlich diese Arbeit völlig aufgehoben und der Typus an die Preßburger Druckerey käuflich überlassen worden; welcher, da er so, wie der oben gedachte karantschische sehr schlecht war, ohne Zweifel bloß durch die Blehmasse zum Guße neuer Lettern wird gedienet haben.
Zu Trentschin finden wir in diesem Jahrhunderte, auch eine ziemlich wohleingerichtete Buchdruckerey, aus welcher zu verschiedenen Zeiten und durch verschiedene Buchdrucker, eine nicht geringe Menge größerer und kleinerer Schriften an das Licht gestellet worden. Die uns bekannten Buchdrucker selbiger Zeit waren unter andern, Nic. Czisik und Laurentius Benjamin von Hage **).
Von der Buchdruckerey zu Patak oder Scharosch Patak in der Sem-
*) Consilia Henotica circa unionem Eclesiaticam, Samuelis Nigrini, Gymn. Soln. Rect. A. 1707. Solnae, typis Dadanianis per Wilhelmum Kluder.
**) Vale Tranotcianum in oretum R. condam Georgii Trenoscii, authore Joh. Lochmanno; prodiit Trenchin, anno 1683 . in IVto typo Nic. Czizik. Eine große Menge anderer hieher gehörige Schriften, kommt in der Gymnasiol Hung. Rezko - Ma baeledsima Ms. und den Schmalischen, in diesen Blättern bereits gedachten, noch ungedruckten historischen Werken vor.
pliner Gespanschaft zeigen unter andern die unten angeführten, daselbst gedruckten Schriften
*).
Aus der Buchdruckerey zu Somerein, ist uns eine im Jahre 1630. daselbst herausgekommene Kirchenagende bekandt.
Auch Oedenburg hatte in diesem Jahrhundert, bey verschiedenen andern Vorzügen, in Absicht auf die Litteratur, seine Buchdruckerey gehabt, und was seine gelehrt Bürger, nicht bequem durch einheinmische Arbeit ans Licht bringen konnten, ward durch benachbarte, oder auch entferntere ausländische Buchdruckereyen bewürkt, wie solches bereits auch in Absicht auf andere Orte, und die Arbeiten der Gelehrten, in denselben bemerket worden *).
(Die Fortsetzung folgt.)
***) Exemplar Reconciliationes cum Hungaris factae A. 1606 item: Articuli Diaetales Regni Hung. ab A. 1608. usque ad A. 1649. in Folio Patakini Typis illustrissimae Principis excudebat Georgius Renius Anno 16.3 Primitiae laborum Scholast. in illustre Patakino Gymn. &c. adhore & Oratrore Joh. Amoso Comenio in IVto A. 1651.
*) Georgii Balog Corner. Nepos. & Epistolae Cicer. ad Familiam in linguam hungaricam versae, in 8 wurden in diesem Jahrhundert zu Oedenburg gedruckt ; Christophori Lackner's Galea Martis kam im Jahre 1625 zu Tübingen, so wie andere seine gelehrte Werke, an andern Orten heraus. Man sehe den Czwittinger.
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II. Vermischte Nachrichten.
Siebenbürgische Briefe.
III. Von neu entdeckten römischen Steinschriften.
Mein Freund!
Wächst auf steinigen Oertern vorzüglicher Wein, gewiß! So hat der arme Schulmeister zu Thorenburg (Thorda) große Hofnung dazu. Ein Berg dieses Marktfleckens wird zu Anlegung neuer Weingärten unter die Einwohner ausgetheilt. Der sächsische Schulmeister erhält auch einen Antheil. Er fänget an zu reuten, zu graben, und findet - was denken Sie wohl, das er gefunden? — Vielleicht römische Schätze? O, wie nöthig wären sie ihm gewesen. Denn die Sächsische Gemeinde dieses Orts, ist heute sehr klein, und nach diesem Maasstab die Einkünfte ihrer Lehrer. Er fand die Grundmauern eines durch Krieg oder Zeit zerstörten römischen Tempels. Steine genug, aber kein Geld; doch auch einen merkwürdigen Stein, und einige Werkzeuge, bey den Opfern der Helden gebräuchlich. Den erstern, und ein eisernes Opfermesser, habe ich bey dem verdienstvollen Verfasser der Sinngedichte auf unsern allerdurchlauchtigsten Kaiser Joseph den zweyten, zu Hermannstadt gesehen. Das Messer ist noch voll fetten Schmutzes; und dieses ist ohnfehlbar die Ursache, daß es nicht gänzlich von dem Rost vernichtet worden. Denn kein hölzernes Messer von solcher Größe, kann leichter seyn, als dieses eiserne. Der Marmor ein länglichtes Viereck, entdecket uns, nach meiner Kenntnisß, eine neue Gottheit, und den Erbauer des Tempels. Kennen Sie, mein Freund! den Gott Azizus? — In Wahrheit! ich kenne ihn so wenig, als den Gott: Sarmandus, den unser gelehrter, unser verehrungswürdiger Freund, Cornides, durch Entdeckung einer seiner Denkmäler zu Feigendorf, der Vergessenheit entrissen hat — Azizus aber ist die Gottheit, der das Thordaische Monument heilig ist, Donotus, Präfekt der fünften oder Macedonischen Legion, hat ihren Tempel unter Kaiser Gallienus Regierung vollendet. Schade! Der Marmor ist an einer Seite abgebrochen. Würden wir nicht daraus wenigstens das Vertrauen kennen lernen, daß die Verehrer des Azizus auf seine Gottheit gesetzet haben? Die Aufschrift ist diese
DEO - AZIZO. BONO P—
TORI - PRO SALVTE M D D—
LIENI AVGG VALERIAN-
ET CORNELIAE SALONINA –
LEG V MAC II PIAE FID- -
DONATUS PREF - LEG EIVSD –
TEMPLVM INCEPT. PERFECIT.
Wie ist sie zu lesen? — Ich will meinen Beyfall gern erfahrnen Kennern oder Alterthümer aufopfern.
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Wäre die Aufschrift undeutlich, gewiß, ich hätte sie leichter gelesen. Die schöpferische Einbildungskraft entdecket etwas gar leicht. Allein, so deutlich sind die Buchstaben, daß man nur sehen, und nicht urtheilen darf. BONO P-TORI. Mein Freund! Wie wollten Sie das lesen? — Ich verstehe das nicht, und weil ich es nicht verstehe, lese ich Bono Pastori. Die Viehzucht war ja einer der größten Reichthümer des alten Daciens. Sollte MDD. Magnorum Dominorum bedeuten? Das doppelte G. im AVGG. schicket sich der Lage nach gar nicht hieher. Sollte es ein Fehler des Steinmetzens seyn, oder ist es von einander zu trennen, und Augusti Germanici zu lesen? Ich würde nun aus Mangel besserer Belehrung, diese Steinschrift also lesen:
Deo Azizo, bono Pastori, pro
salute Magnorum Dominorum -
Gallieni Augusti Germanici, &
Valeriani (Cesaris oder Augusti)
&Corneliae Saloniae Augustae, &
Legionis Quintae Macedonicae,
secundum piae fidelis, Donatus,
Prefectus Legionis ejusdem,
Templum inceptum perfecit.
Sie ist mir auch aus andern Geschichtspunkten merkwürdig. Meiner Kenntniß nach, ist sie die erste in Siebenbürgen, die des Kaisers Gallien gedenket. Die Macedonische Legion, die in den Thordaischen : Gegenden so viele Denkmäler und
Ziegeln, mit dem Buchstaben: L.V.M.
oder M.V.J. hinterlassen, siehet darauf ihre zum zweitenmal bewiesene Treue gegen einen Kaiser verewigt, der sich in einem Labyrint von Empörungen sahe. Wie groß muß ihre Treue, ihre Anhänglichkeit gewesen seyn. Da die Gallienischen Münzen ihre sechs und siebenmal erwiesene Treue rühmen VI. PIA. VI F. VII. PIA VII. F. ! Vielleicht hat Donatus den Tempel nach den Siegen vollendet, derentwegen Gallien, sich Dacicus Maximus nennete. Wenigstens müssen damals ruhige Zeiten unser consularisches Dacien beglücket haben. Ist Valerian, dessen unsere Steinschrift gedenket, der Bruder Galliens, P. Licinius Valerianus, den sein Vater K. Valerian im Jahre 254. zum Cäsar erklärte, und Gallien, 266. zum Augustus? Oder ist es Galliens Prinz: P. Licinius Cornelius Saloninus Valerianus, der von seinem Vater die Cäsarswürde erhielte, aber im Jahre 261. ein trauriges Opfer der Herrschsucht eines Postumus, in Gallien wurde? Kann ich dieses nicht entscheiden, so erhellet doch daraus daß dieser Tempel des Azizus, zwischen den Jahren 254. bis 268. in welchem Gallien mit seinem Bruder Valerian, bey Mayland ermordet wurde, seye erbauet worden.
Noch eine kleine Säule von Sandstein ist bey diesen Beschäftigungen zu Thorda gefunden worden.
Ihre größte Merkwürdigkeit ist wohl der Beyname der Legion:
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I. O. M.
AVR. SEDA
TVS IM.
M.LIB.
VLS.
Jovi Optimo Maximo, Aurelius Sedatus, Immunis Miles Legionis Primae B -- Votum Lubens solvit. Ich finde keine erste Legion, deren Beyname mit B. anfänge; sollten die merklich weit von einander stehende Buchstaben LIB zusammen, und also LIBertus zu lesen seyn; so verstehe ich das vorhergehende nicht. Was urtheilen Sie davon? — Ich könnte ihnen, mein Freund, noch etliche Steinschriften mittheilen, die in Johann Seiverts Sammlung *) nicht gefunden werden. Doch will ich Ihnen lieber jetzt einige Unrichtigkeiten derselben anzeigen. Das Monument der XXIX. Steinschrift ist zum Theil ziemlich unlesbar. Dieses hat den Sammler verführet. MAC. II. Macella duo, zu lesen; setzen Sie MAC. P. F. Macedonicae Piae Fideli Fremden Augen trauen, ist der leichteste Weg, betrogen zu werden. Ich habe selbst vier Abschriften der CXXVI. und alle haben einerley Unterschreibungszeichen, und doch ist nicht ISIDI MYRIONI MAEC. IVL. zu lesen; sondern: ISIDI
MYRlONIMAE.C. IVL. — In der CXXVsten, sind die Lesarten, ich weiß nicht wie, verwechselt. CONDVCTORES ARMENTorum, ist die rechte. Sie werden
*) S. des III.ten Jahrgangs XXXVIII. Stück.
bey Durchlesung dieser Sammlung von Steinschriften, leicht noch mehrere Fehler entdecken, die ohnfehlbar bey günstiger Gelegenheit eine Verbesserung erhalten würden.
S * *
Fortsetzung der Muthmaßungen, von dem Ursprung und dem rechten Vaterlande der Zigeuner.
Münster berichtet*), daß ihr Oberster Michael (welcher wohl gekleidet war, und bey seinem Untergebenen, in großem Ansehen gestanden) im Jahre 1411, vor dem Kaiser mit einer Bittschrift erschienen wäre, und um einen Freybrief angehalten hätte, damit sein Volk diese Länder betretten, und in denselben ungehindert wohnen dörfe: welches er auch bey dem Kaiser ausgewürket, und für sich und sein Volk diese Erlaubniß erhalten habe. Eben so versichert auch Münster, daß ihme einmal von denen fürnehmsten Zigeunern zu Eberbach eine vidimirte Abschrift des Freybriefs Sigismundi, der zu Lindau geschrieben gewesen, vorgezeiget worden. Guber soll noch dem Berichte Kranzers und des Krusins, dergleichen Briefe ebenfalls in Händen gehabt haben * *). Es ist aber allerdings zu bedauern, daß man heut zu Tage nicht einmal eine zuverläßige Abschrift davon haben kann;
*) Münst. Cosmogr. Lib. III. c.5.
**) Jac. Thomasii Dissert §. 27.
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um wenigstens das Jahr, wenn solches geschehen seyn mag, mit einer Gewißheit zu bestimmen. Denn wenn dieses seine Richtigkeit hat, als woran keine Ursach zu zweifeln ist, daß die Zigeuner erst im Jahre 1414. oder gar nur 1418. nach Deutschland gekommen sind, und dennoch beym Kaiser und König Sigismund schon vorher im Jahre 1411 um Freybriefe angehalten haben; so ist es ganz natürlich, daß sie dazumal, wo nicht in seinen Staaten selbst, sich wenigstens an den Gränzen dererselben, hätten befinden müssen. Und da sie sich zu derselben Zeit auf dem deutschen Boden noch nicht sehen ließen, so müßten sie entweder in Ungarn oder in Siebenbürgen gewesen seyn.
Doch wir wollen, so viel möglich, die Sache von ihren Freyheitsbriefen etwas genauer betrachten, um zu sehen, was eigentlich davon zu halten sey? Wehnerus berichtet, es hätten sich diejenigen Zigeuner, die sich in Frankreich aufhalten, ebenfalls auf alte Freyheiten, welche ihnen von denen Königen Frankreichs ehedem ertheilet worden wären, berufen *) So heißet es auch, daß sie von dem damals regierenden Pabst zu Rom, die Erlaubniß erhalten hätten, in christlichen Ländern zu wohnen * *), und zwar in der guten Absicht; damit dieses blinde Volk, durch den Umgang gebeßert, und zu der rechten Erkenntniß Gottes und des Erlösers gebracht werden möchte.
*) Ibid.
**) Crus. p- 384.
Von dem Brief des Kaisers Sigismund lesen wir in des Ludwig Anton Muratorius, Historia Miscell Bononiensi folgendes: Im Jahre 1422. den 18. Julii, kam zu Bononien an ein Herzog von Egypten, mit Namen Herzog Andreas, und mit ihme zugleich Weiber, Kinder und Männer aus seinem Lande, und möchten gut hundert Personen seyn. "Diese hatten ein Decret vom Könige von Ungarn, der zugleich Kaiser war (das ist vom Kaiser und König Sigismund) kraft dessen ihnen erlaubet worden ist, aller Orten, wo sie hinkamen, zu stehlen und zu rauben, sieben Jahre lang, ohne daß man sie deswegen vor Gericht ziehen dürfte"
*). Toppeltinus macht auch gewisser Privilegien Erwähnung, derer sich die Siebenbürger Zigeuner rühmen, und sagt, daß sie solche von denen Fürsten aus dem Hause Bathory erhalten hätten, und unter der Verwahrung eines Waywoden von ihrem Geschlechte aufbehielten, auch vorgäben, wie der eigentliche Innhalt darinne bestünde: daß niemanden, bey einer harten Ahndung erlaubt wäre, sie unschul-
***) Hist. Miscella, Bonon. Tom. XVIII. ad annum MCCCCXXII. A. die 18. di Luglio venné in Bologna un Duca di Egitto, il quale avea nome il Duca Andreae vennc con donnc putti e nomine del suo paele: e potevano essere benc cento persone &c. Aveano un decreto del Re d'Ungheria, ch'era Imperadore, per vigore di lui esse potesno rubare per tutti que sette anni per tutto, dove andassero, e che non potess essere fata Ioro giustizia. —
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diger Weise zu beleidigen*). Endlich ist uns auch bekannt, daß ein gewisser Waywode derer Zigeuner, Namens Thomas Bolgar, vom Könige Uladislaus dem II. einen freyen Paß, in Ungarn mit seinem Gefolge sich aufzuhalten, herumzureisen, und sein Gewerbe zu treiben, auf Fürbitte und Ersuchen des damaligen Bischofs von Fünfkirhchen, Sigismund, erhalten habe. Und weilen sich dieses Papier noch bis dato in den Händen eines unermüdeten Sammlers (Herrn Hauptmann Sam. Székely de Doba) befindet, und hier eigentlich eine Stelle verdienet; so wollen wir den ganzen Innhalt desselben hieruntern in der Note * *) beyfügen. Und
*) Toppelt Origines & occas. Transylv. pag. 57. edit. Wien: quidam odani ipsorum (loquitur de Vayvodis) cullodit privilegia -olim a Bathoriis Principibus ipsis collata. His causum esse ajunt, gravi poena eos subesse, qui innocentes injuria afficiunt.
**) Uladislaus DEI Gratie Rex Ungariae, Bohemiae &c. Fidelibus nostrus universis & singulis Praelatis & Baronibus, Comitibus, Castelanis, Nobilibus ipsorumque officialibus, item civitatibus & oppidis & villis earumque Rectoribus, Judicibus scilice, & Villices praeterea Tricesimatoribus, Tributariis, ac tricesimarum , tributorum, teloniumque exactoribus, & omnibus subditis nostris praesentes literas visuris, Salutem & gratiam. Quia ad supplicationem nonnullorum fidelum nostrorum Majestati nostrae propterca factem, Agilem Thomam Bolgar Wajwodam Pharaonum, una cum alius Pharaonibus, sub viginti quinque tentoriis, & conductu, sive comitiva sua vagantibus, ab aliorum Vajvodarum Pharaonum in hoc regno nostro Ungariae vagantium contubernio & societate segregavimus, atque pro faciendis globulis pyxidum, sive aliis instrumentis ad bclli usum necessariis ad servitia fidelis nostri Reverendissimi in Christo Patris Domini Sigismundi Episcopi Ecclesiae Quinquae - Ecclesinensis deputavimus, cui etiam simus cum comitiva sua ubique in terris & Dominiis nostrae potestati subjectis, iter tutum & expeditum dare volentes, mandamus fidelitatibus vestris, & omlibet vestrum harum fetie firmissime, dum quandocunque ac quotiescunnque idem Thomas Bolgar , Wajvoda cum comitiva viginti quinque tentoriorum, ac rebus, & bonis suis ad terras, possessiones & oppida, ac vestri in mediu,, sed & Tricesimarum, Tributorum, Teoniorumque vestrorum loca applicuerit, eundem finus cum comitiva sua viginti quinque duntaxat tentoriorum libere stare, morari & facta sua expedere perinitti facere debatis, & teneamini, Secus igitur non facturi gratiae nostrae sub obtentu. Praesentibus perlectis, exhibenti restrutis. Datum Budae, serie quinta prosima in octava Sanctissimi Corporis Christi9, Anno ejusdem Millesimo quadringentesimo, nonagesimo sexto. Regnorum nostrorum Hungariae anno fexto , Bohemiae vero XXVI.
dieses wären also die Privilegien und Freyheitsbriefe dieses Volks, von denen man hie und da etwas findet. Nun entstehet die Frage, was davon zu halten sey?
(Die Fortsetzung wird folgen)