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V. Jahrgang, XXXVII. Stück, den 13. September 1775.
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V. Jahrgang, XXXVII. Stück, den 13. September 1775
I.
Wissenschaften.
Preßburg.
Auf Kosten des hiesigen Buchhändlers
Anton Löwe, hat vor kurzem die Presse verlassen
Memoria Hungarorum, & provincialium, scriptis editis
notorum, quam excitat Alexius Horányi, Hung. Budensis,
de C. C. R. R. Scholarum piarum Pars I. in groß Octav.
Dieses Werk, ungeachtet es der Titel nicht meldet, ist ein, nach alphabetischer Ordnung abgefaßtes biographisches Lexicon, in welchem eine kurze Nachricht, von dem Leben, und den Schriften, der hungarischen Gelehrten geliefert wird. — Das ganze Werk wird aus drey mäßigen Bänden bestehen, wovon der zweyte um Weynahchten, der dritte aber künftiges Jahr vor Ostern herauskommen
soll. Den ersten Theil, der eben itzt das Licht erblicket hat, anlangend; so gehet solcher bis auf den Buchstaben B. und ist sammt der Vorrede 47. und einen halben Bogen stark. Das vorangesetzte Kupferblatt liefert das wohlgetroffene Bildniß des Herrn Verfassers.
In der Vorrede zeigt der Herr Verfasser die Ursachen an, die ihn bewogen haben, dieses Werkauszuarbeiten, hierauf beurtheilet er, die, in diesem Fache von Czwittinger, Rotarides, Bod und einem Anonymo im Druck herausgegebenen Werke, und rühmet endlich die Gewogenheit seiner Gönner, und Freunde, die ihm, theils durch mitgetheilte Nachrichten, theils durch Geld, und gute Rathschläge, theils auch durch Eröfnung ihrer Büchersammlungen, bey der Ausarbeitung dieses Werkes, gütigst an die Hand gegangen sind.
Schon lang hat das gelehrte Publikum, einem Werke, begierig
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entgegen gesehen, welches dasselbe mit Lebensumständen, hungarischer Gelehrten,und ihren Schriften bekannter machen könnte. Denn, zugeschweigen, daß der um die vaterländische Gelehrtengeschichte so verdiente Reformierte Prediger in Siebenbürgen Peter Bod, seine Historie hungarischer und siebenbürgischer Gelehrten,in der, Ausländern gänzlich unbekannten, ungarischen Sprache geschrieben, so haben auch Czwittinger, Rotarides, und andere, noch manche Männer ausgelassen, denen die vorzüglichsten Stellen in einer solchen Sammlung gebüren. Beyden abzuhelfen, hat unser verdienstvolle und unermüdete Herr Verfasser, die ihm von seinem öffentlichen Stunden dazu angewendet, die in bemeldten Werken enthaltenen Nachrichten zusammengetragen, sie zu berichtigen, und zu vermehren, hauptsächlich aber die vielenLücken auszufüllen, und eine gute Anzahl seiner gelehrten Mitbürger aufzuführen, die ohne seiner Bemühung, der gelehrten Welt, noch lang verborgen geblieben wären. Er hat dazu die allen Gelehrten bekannte lateinische Sprache gewählet, in der er sich auch so schön und bündig ausdrücket, daß mancher, der oft wegen der hochtrabenden, und langweiligen Schreibart, dem Inhalte nach gute lateinische Schriften, meist ungelesen aus den Händen legt, sein Buch gewiß nicht ohne Vergnügen durchlesen wird.—Freilich hat der Verfasser, noch nichts vollkommenes geliefert; allein bey
Werken dieser Art, kann man auch dieses niemal hoffen; am wenigsten aber in unserem Vaterlande, wo wegen Mangel öffentlicher gelehrter Blätter, und den eben noch nicht sonderlich ausgebreiteten Buchhandel, manche Schriften erscheinen, die kaum einige Meilen über den Ort ihres Druckes kommen, und daher auch Sammlern völlig unbekannt bleiben müssen. — Dieses ist auch die wahre Ursache, warum die Kenner in diesem ersten Bande einige Gelehrte vermissen, von andern aber nur unvollständige Nachrichten antreffen werden. Zwar, wie wir gewiß versichert worden, so hat auch die Eilfertigkeit des Drucks, sehr viel dazu beygetragen, daß dieser erste Theil nicht so vollständig erscheinet, als wir es von dem zweyten und dritten hoffen können. Diesem aber bey Zeiten abzuhelfen, und dem gelehrten Publikum so beträchtliche Zusätze nicht länger vorzuenthalten; so sind die zu diesem ersten Theile gehörigen, bereits der Presse, um solchen sogleich beygebunden werden zu können. — Ob wir nun gleich vermuthen, daß der Herr Verfasser manches in seinen Zusätzen ergänzen wird, was uns bey Durchlesung seines Werkes aufgefallen ist; so wollen wir doch hier einige unserer Anmerkungen einrücken, die ihm um so weniger mißfallen werden, da er daraus annehmen kann, daß wir uns in seinem Buche, etwas mehr, als in anderen geschieht, umgesehen haben.
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Gleich auf der ersten Seite hat der Herr Verfasser anzumerken vergessen, daß Benedikt Abadi, nach vollendetem Drucke der von Johann Sylvester *) ins Ungarische übersetzten Bibel sich nach Wittenberg begeben, und allda unter Luthern und Melanchton studiret habe, nach seiner Zurückkunft aber, einer der Hauptreformatoren, in den an der Drau gelegenen Gegenden geworden sey.
S. 30. sind zwey vorzügliche Werke des Michael Ambroschofsky ausgelassen worden. 1) Nova series Episcoporum Agriensium r Agriae. 1758. 2) Historica Ducum & Regum Hungariae. Synopsis, ibid. 1757. Das erstere Werk ist zwar kurz, aber desto glaubwürdiger, da es aus dem Archive des Erlauer Kapitels verfertiget worden. Pray, Schmitth, und Desericius gedenken seiner mit vielem Ruhme.
S. 34. giebt der Herr Verfasser einige Nachrichten von dem unbenannten Notario des Königes Bela, er vergißt aber die Quelle, aus der er
*)Dieser Johann Sylvester studirte ehemals zu Wittenberg. Unsere Leser werden sich des in unsern Blättern vo nihm vorgekommenen Umstands noch erinnern, daß er bey dem Ungarischen Palatine Thomas Nadaschdi Hofprediger gewesen sey. Peter Bod irret daher gewaltig, wann er vorgiebt, als hätte Johann
SylvesterKoloschwari, Bischof von Tschanad, und Königs Ferdinands des ersten Abgesandter an das Tridentinische Concilium, diese Uebersetzung verfertiget.
geschöpfet, anzuzeigen. Hiernächst scheinen ihm die ergänzenden Nachrichten nicht beygefallen zu seyn, die der gelehrte, und verdienstvolle Herr Pray, in seinem unvergleichlichen Supplementis ad annales Hunnorum p. 70. seq. der gelehrten Welt geliefert hat. — Wir wünschen die ganze hieher gehörige Stelle in den Zusätzen zu finden.
S. 57. hätte von der Art, und Weise, wie der Fürst Apafy, in die tatarische Gefangenschaft gerathen, und wie er aus derselben befreyet worden, weitläufiger gehandelt werden sollen. — Georg Ragotzy der IIte strebte 1657, nach dem pohlnischen Throne, und rückte mit einem zahlreichen Kriegesheere in Pohlen ein, mußte aber, nicht nur einen schimpflichen Frieden eingehen, sondern er ward noch über dieß auf seinem Rückzuge, als er sich schon in Sicherheit zu seyn glaubte, von den Tatarn angegriffen, und auf das Haupt geschlagen. Er selbst konnte kaum so viel Zeit gewinnen, mit Vorschub des Feldnotarius Johann Sapieha, über die Gebirge zu fliehen. Der größte Theil seiner Völker, worunter sich eine beträchtliche Anzahl siebenbürgischer Magnaten, und Edelleute befand, geriet in die Gefangenschaft.Unter diesen war auch Michael Apafy, der sich mit einigen tausend Thalern auslösen mußte. — Einige auswärtige Schriftsteller sagen, daß sich ein tatarisches Frauenzimmer in ihn verliebet, und ihn
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nachdem er ihr die Ehe versprochen,ausgelöset, ihren Tod aber auf ihrer Reise nach Siebenbürgen gefundenhabe. — Doch diese Fabel ist von Pariz Papai, und Bod hinlänglich widerleget worden. Die Summe zu seiner Auslösung ist ihm aus Siebenbürgen zugeschicket, und derjenige, der ihm behilflich war, so leicht davon zu kommen, ist von ihm lebenslang unterhalten worden. — Als er zum Fürsten von Siebenbürgen ernannt wurde, mußten die Stände dem türkischenKaiser innerhalb 14 Tagen, 2500000 Thaler erlegen. Wie hart diese Summe zusammengebracht worden, bezeiget Kázy. P. II. Lib. VIII. p.246.
S. 75. Stephan Aszalai war um die Mitte des vorigen Jahrhunderts Vice Judex Curiae Regiae, vorher aber bekleidete er die Stelle eines Protonotarii Palatinalis, und im Jahre 1652, warder ungarischer Kammerrath.Auf den Landtägen von 1647 und 1655.ward er zum Kommissario ernennet, die Einlösung der an Oesterreich verpfändeten Städte und Schlößer, wie auch die Berichtigung der Gränzen zwischen Oesterreich und Ungarn, zu besorgen. S. den 71. Art. von 1647. und den 30. Art. von 1650.inCorp. Juris. —Das von ihm verfertigte Werk, führet folgenden Titel: Index, seu Compendium Tripartiti ,& generaliumRegni Hungariae Decretorum, ordine alphabetico digestum, in quo singulae juris materiae, sub certis titulis, vocibus, &
questionibus, propositae, scite & cume continentur, indicatis semper genuinis materiarum sedibus. Es ist solches zu Tyrnau 1650. in 4to herausgekommen.
Nach dem Tode des Verfassers, wurden die folgends herausgekommenen Landesartikel mit eingeschaltet, und nebst den Taverinkalgesetzen, auf Kosten des damalige Tavernicorum Magistri Grafen Georg Erdödy 1694. in eben dem Formate wieder aufgelegt.
Es wundert uns übrigens, daß der Herr. Verfasser den Abaris Anacharsis und Cassianus ausgelassen, da er doch, als ein Anhänger des Desericius behauptet, daß die Ungarn von den Scythen abstammen, und weiter unten dem Dionysio Exiguo, der gleichfalls ein Scythe war, unter den ungarischen Gelehrten einen Platz anweiset.
Der enge Raum dieser Blätter erlaubet uns nicht, die gesammelten Anmerkungen fortzusetzen. Wie wollen also hier abbrechen, den Herrn Verfasser aber noch versichern, daß wir seine gelehrten Bemühungen hochschätzen, und wir zweifeln gar nicht,daß auch das einsichtsvolle Publikum, gleiche Gesinnungen mit uns haben, und mit ihm den gebührenden Beyfall nicht versagen wird. Und, wie könnte es ihn, einem so reitzenden, und unpartheyischen Schriftsteller versagen?
Noch müßen wir ein paar Worte von dem äußerlichen Ansehen dieses
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Werkes reden: Druck und Papier sind vortreflich, und überhaupt keine Kosten gespart worden, einem so nützlichen Buche die verdiente Zierlichkeit, und Schönheit zu verschaffen. Wir wünschen daher, daß der Verleger seine redlichen Absichten damit erreichen, und sein Aufwand durch einen schleunigen Abgang ersetzet werden möge.
v.W.
II.
Naturgeschichte.
Fortsetzung der Beschreibung unterschiedlicher warmen Bäder und andrer Naturalien in den ungarischen Bergstädten.
[Siehe das XXXVIste Stück]
Und dieses wäre also eine kurze Beschreibung der warmen Bäder, die in und an denen Ungarischen Bergstädten anzutreffen sind. Nun könnte ich auch etwas von den Sauerbrunnen gedenken, die im Ueberfluß fast bey jeder Stadt, und den meisten Dörfern entspringen; allein sie sind fast alle einerley, und dienen denen Leuten mehr zu einem Ordinarigetränke, als zu einer Arzney: daher es nicht vonnöthen ist, jeden sonderheilich zu beschreiben. Genug ist es, wenn ich insgemein anmerke, daß sie sehr schweflichten Geschmacks und
Geruchs sind; außer etlichen wenigen, die säuerlich schmecken, und keinen absonderlichen Geschmack haben. Aus welcher Ursache sie auch diejenigen, so eine genugsame Quantität trinken, nicht laxiren, wie der Rohitscher oder Egerische Sauerbrunn, sondern bey den allermeisten,wie das Gemeinwasser weggehen; außer man gäbe denen trinkenden allezeit in dem ersten Glaß einen reinigenden Syrup, oder Pulver ein; da sie dann ihre Wirkung haben, wie ich solches bey einigen mit gutem Effekt angewendet. Sonsten bedienet man sich ihrer nur für den Durst; indem sie in dem Sommer sehr kühl und frisch sind, auch den Durst gar wohl löschen und stillen; absonderlich die sauern, dergleichen einer bey dem Stubner - Bad, item bey Altsohl und bey dem Ribarer -Bad anzutreffen ist.
(Der Beschluß folgt.)
III.
Vermischte Nachrichten.
Von denen Häusern und Wohnungen der Zigeuner.
Sowohl in Ungarn als auch in Siebenbürgen giebt es gewisse Zigeuner, die sich bey großen Stäten und Dörfern, für beständig aufhalten, und auf solchen Plätzen, die ihnen angewiesen werden, ihre eigene, ob zwar nicht bequeme, jedoch
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zur Nothdurft, eingerichtete Wohnungen besitzen, und davon nicht weichen, Man findet von dergleichen Art bey Hermanstadt, Bistritz,Großwardein, Debrezin, Eperies, Kaschau und anderer Orten mehr. Diese bilden sich mehr ein; denn die andern, die keinen gewissen Sitz haben; sondern bald hie bald dort herumstreichen; sie sind aber auch in der That, viel besser und gesitteter, als jene *). Die herumstreichenden Zigeuner, theilen sich in Siebenbürgen wiederum in drey besondere Klassen, nämlich: in Moldauische, Deutschredende, und Löffelzigeuner. Die Moldauischen, welcheaus einer Verachtung von den
SachsenLayen, oder laysche Zigeuner (lasch Zigunen) oder auch insgemein Kesselzigeuner, weil sie ihren Unterhalt durch Ausbesserung alter Kessel und Pfannen suchen, genannt werden, wohnen nicht allein im Sommer, sondern auch zur Zeit der strengsten Kälte, unter einenberauchten Zeld, aufdem freyen Felde. Die Löfelzigeuner hingegen, die den Namen von den Löfeln erhalten haben, welche sie aus Holz schnitzeln, sich
*) Kelpius in natal. Saxonum Transilv. Cap. II. § 14. Not. (.c) Duplices sunt in Trasnsilvaniae (scil Zigani) modestiores(si quid hic modestum) qui sedes adurbium, oppidorum, & pagorum extrema, figunt statas. Alii Moldavi,aranearum instar, Transilvaniamperreptant, artis magicae peritiam venditantes. Toppeltin cap. VI. pag. 56. Multi sub tentoriis perpetuo, multi se civitatibus & pagis applicant.
selbst aber Bräschen oder Aranyász**) das heißt, Goldsammler nennen, weil sie jährlich das Flußgold sammeln, graben sich im Winter gemeiniglich zuihrem Aufenthalt Höhlen in die Berge, und bedienen sich derselben statt der Wohnstuben. In Ungarn lagern sich die herumstreichenden Zigeuner, nahe bey denen Dörfern und kleinen Städten; entweder unter freyem Himmnel an den Zäunen, noch lieber aber zwischen einem Gebüsche von Weidensträuchern, oder einem Zeld, welches sie einen Tschater nennen. Dieses letztere ist der allerangenehmste Aufenthalt eines Zigeuners, darinnener sich mit seiner Familie am meisten vergnüget. Denn, wenn er auch ein ander Haus wirklich besitzt, so läßet er doch selten einen Sommer vorbeystreichen, daß er nicht vor seinem Wohnhause, ein solches Zeld aufschlagen, und darinnen so lange bleiben und wohnen sollte, bis ihn die kalte Witterung wiederum in seine Stube zurücktreibet. Diejenigen Zigeuner also, die keinen beständigen Sitz haben, behelfen sich in einem solchen Zeld mit Weib, Kind und ihrem ganzen Hauswesen. Das Pferd, ohne welchem die Zigeuner ungern sind, lassen sie um ihr Zeld herumweiden, aber hängen es außer der Zelt,an einem Pfahl an, daß es vor dem Zeld stehen muß. Gefället nun dem Zigeuner sein Wohnplatz, so hält er sich daselbst einige Wochen
**) Conf. Jo Fridvalsky minerologia Part. II. §. 2 Deauri lotura.
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auf, wo nicht, so bricht er sein Zeld ab, packt es nebst ein paar Kindern seinem Pferde auf *) und gehet mit den Seinigen weiterhin, zu einem andern Dorf, wo er neuerdings seine Wohnung aufschlägt, und sich auf eine kurze Zeit niederlässet.
SolcheAbwechslungen des Wohnplatzes, pflegen sie den Sommer über sehr oft zu unternehmen, besonders wenn ihnen ihre üble Aufführungdiese Sache nothwendig macht. Denn wenn sie an dem Orte ihres Aufenthalts jemanden etwas entwendet, oder eine andere strafbare Ausschweiffung begangen haben, so laufen sie, um der Strafe zu entgehen, entweder selbst bey Zeiten weg, und machen sich aus dem Staube; oder, sie werden von denen Einwohnern mit Gewalt und Schlägen weggetrieben. Daher geschiehet es nicht selten, daß manche Familie ihren Sitz in einem Monath auch drey bis viermal verändert. Sie entfernen sich aber nicht weit, sondern bleiben allzeit gerne in dem Bezirk desjenigen Komitats, wo sie gebohren, und auferzogen worden sind.
Im Winter, besonders in denen bergichten und kalten Gegenden des hiesigen Landes, allwo es, wegen der allzugroßen und langwierigen Kälte, in einem Zeld zu bestehen, fast unmöglich wäre, pflegen sie sich vor der
*) Cranzius Lib. II. Saxon. cap. II, Foeminiae cum sratis & parvulis jumento invehuntur.
Zeit, ehe noch die strenge Witterung einfällt, eine gewisse Art von Hütten oder Winterhäuser aufzubauen. Die Regeln von ihrer Architektur sind ganz kurz und ungekünstelt. Sie trachten gemeiniglich aneinem kleinen Hügel, der nahe bey dem Dorfe liegt, ihr Winterhaus anzubringen, und auf folgende Art zu Werk zu gehen.Sie hauen in diesen kleinen Hügel eine ohngefähr Klafter breite Lücke ein, so tief bis der Boden, der andern Fläche des Feldes gleichet, damit hiedurch wenigstens der hintere Theil ihrer Wohnung eine feste und gerade Wand erhalte. Auf dieser Wandohngefehr eine Klafter hoch von Boden, wird ein Balke befestiget, der mit dem Erdboden paralell sich so weit erstrecket, als es die Größe der Wohnung erfordert, deren Länge ebenfallsselten 7. oder 8. Schuch übersteiget. Wie nun das eine Ende dieses Balkens in der Wand an dem Hügel ruhet, also wird das andere auf eine Säule, oder Pfahl, der in der Erde eingegraben wird, feste gemacht. Ist dieses fertig, so legen sie von beyden Seiten Bretter, Stangen und ander Holz, wie sie es für gut befinden und zusammen bringen können, in Gestalt eines Daches spitzig zu, gegeneinander, so daß das Haus von ferne einen gleichschenklichten Triangel vorstellet. Zuletzt wird das ganze Haus oder Gebäude mit Stroh, Rasen und Erde überdeckt, damit der Innwohner desselben für Regen, Schnee und Kälte gesichert seyn möge. Sie richten ungemein
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gerne, wenn es sich nur thun lässet, die Fronte des Hauses gegen der Sonnen Aufgang oder gegen Mittag zu: Denn hier eben pflegen sie zum Aus - und Eingehen eine Thüre oder Oefnnung zu lassen, die des Nachts entweder mit einer groben wollenen Decke, oder mit Brettern zugemacht wird. Sind nun im Winter heitere Täge, so läßet man durch diese Oefnung das Tageslicht, unddie erwärmenden Sonnenstrahlen in die Wohnung hineinfallen, dadurch die Zigeunerrecht erquicket werden: Ist aber die Witterung stürmisch und kalt, so bleiben sie in ihren Hütten verborgen, und sitzen, oder liegen ganze Täge und Nächte beym Feuer und Rauch, bis sie von dem Hunger in die freye Luftherausgetrieben werden. Und auf eine solche Art bringet sich dieses Volk die ganze Winterszeit hindurch, vergnügt und zufrieden, ohne sein Elend zu empfinden. Sobald aber der Frühling herannahet, und das Grüne nur in
etwas aus dem Erdboden herauskommet, sind sie auch fertig und bereit, ihr bisheriges Haus, welches sie den ganzen Winter hindurch bedeckt, und für der Kälte geschützet hat, zu zerstöhren. Sie schlagen freudig und munter ihre Zelte auf, ohne sich vorzustellen, daß nach Verlauf etlicher Monathe, sich der betrübte und kalte Winter neuerdings einstellen werde. Der Herbst ist also eine betrübte, der Frühling aber eine höchst angenehme Jahreszeit, für diese Nation, besonders weil damals die Zeit angehet, wo sie für das Futter ihrer Pferde zu sorgen aufhören. Sie pflegen daher in einem Sprichwort zu sagen: Wenn einmal das Michaelifest vorhanden ist, so komm kein Graß aus dem Erdboden mehr heraus, wenn man es gleich versuchte, mit einer eisernen Zange herauszuzwingen: nach Georgitag aber dränget sich dasselbe mit solcher Gewalt heraus, daß man es mit keinem Hammer in die Erde zurücktreiben könne.
(Die Fortsetzung wird folgen.)