INHALTSVERZEICHNIS PRIVILEGIRTE ANZEIGEN

Blättern: < V. Jahrgang, XXIII. Stück - V. Jahrgang, XXV. Stück >



(185)

V. Jahrgang, XXIV. Stück, den 14. Junii 1775.

I. Wissenschaften.

Beschluß des Auszuges, aus Herrn D. G. Schwarzens Recensione critica Epitomes rerum Ungaricarum Ranzani.

§. 4.

Endlich, gehen der Edition des Sambucus, auch die Randglossen ab, welche bey der Tyrnauer und neuesten Ofner, durch das ganze Werk, häufig hinzugesetzet worden. Sind solche gleich nicht allemal paßend genug zum Texte; sagen sie auch zuweilen mehr, als im Texte selbsten stehet: so haben sie dennoch ihren Werth. Herr D. Schwarz läßt es unentschieden, weil er die Tyrnauer Edition nie gesehen; ob Pechius diese Randglossen, oder nur die Ofner Herausgeber, dem Text des Ranzans, hinzugethan haben; muthmaßet aber dabey mit gutem Grunde,

daß sich solche von Peechius herschreiben müßten. Wir kennen es nun mit Zuverläßigkeit, als Augenzeige sagen, daß alle mit eben so viel Worten, in der Tyrnauer Edition des Peechius schon stehen, folglich seine Arbeit sind.

§. 5.

Kommt der Herr Verfasser auf die Varianten beyder Editionen, und behauptet, daß derselben nicht nur eine unsägliche Anzahl; sondern daß auch ein erstaunender Unterschied in denselben wäre. Zum Beweis dessen, hält er den llten Index des Peechius, welcher bey dem Sambucus der erste ist, nach der neuesten Leipziger Ausgabe des Ranzans, in den Scriptoribus rerum Hungaricarum Schwandtneri, gegen einander; und bringt eine Menge Varianten, aus diesem einzigen Abschnitt zusammen. Herr D. Schwarz vermuthet hiebey, daß beyde Herausgeber, Peechius und Sambucus, zwey verschiedene Kodices aber auch äußerst verstimmelte Ab-

(186)

schriften des Originals, gehabt haben müßten. Das, was Herr D. Schwarz vermuthet, können wir wiederum mit Gewißheit behaupten, unterstützt, durch das eigene Zeugniß des Peechius, in seiner Zueignungschrift an den Bischof Niklas Telegdi, welche die Ofner Herausgeber, so, wie Sambucus des Ranzans seine, als unnöthiges, unachtsam weggelassen haben. Wenn doch Herausgeber alter Werke, über die historischen Zuschriften und Vorreden, nicht so unbedachtsam hinwegwischten, und sie des Eindruckens nicht unwerth schätzten! Gewiß dergleichen gelehrte Meubeln, werden nie ohne großen Verlust, für die Literaturgeschichte weggelassen. Das sind die Früchte, wenn Leute ohne Kritik und Einsichten, die nur zum gelehrten Pöbel gehören, die Ausgabe alter Handschriften oder Bücher übernehmen. Weil die Tyrnauer Edition fast gänzlich vergangen, und nunmehro in den wenigsten Händen mehr ist, so wollen wir aus der Dedication des Peechius, das denkwürdigste hier aufbewahren. Sie fängt so an; Reverendissimo Domino Domino Telegdino Electo Episcopo Qinqueecclesiensi, Administratori in spiritualibus Archiepiscopatus Strigoniensis &c. S. C. & R. Majestatis Consilario &c. Nach einigen allgemeinen Betrachtungen über die Geschichte überhaupt, und über die Geschichtschreiber, wie auch insbesondere über den Ranzan, kommt er näher zu seinem Vorhaben, und erkläret sich darüber also: Non

inficior autem, ante plures annos, virorum doctorum Studio ac Opera, in lucem venisse Ranzani Epitomen, nec sine fructu quidem; verum ubi animadverterem exemplaria jam tempore contrita , ac consumta esse, typis, TVA fretus benevolentia, denuo eam tradere nuo dubitavi. Idque eo lubentius feci quod manu scriptum exemplar, ex Sigismundi Tordae Bibliotheca, ad manus mihi venisset, unde Indicem primum operis, qui priori editioni decrat, nostrae huic adjungere potui. Appendicem quoque adieci, non ut hanc editionem ea fulcirem; sed ut historiam consumarem. endlich zeigt er auch die Ursache an, warum er diesem hohen Mecän, den Ranzan zugeeignet. Si enim ab eo tempore, quo me primum ad studia bonarum artium, lautislimo apparatu incitasti, TIBI omnia, quae a me proficiscerentur me debere statui, quanto amplior, nun ea voluntas in me esse debet, quando principum amore in altissimo dignitatis gradu positus, Ecclesiae tranquilitati, bene consulere, ac praesidere incipis. cet. Ternaviae 5. nonas Maji, M. D. LXXIX. Wie viele Entdeckungen macht diese einige Zueignungsschrift, für die ungarische Literaturgeschichte. Wir lernen hieraus den Bischof Telegdi, als einen in dem größten Ansehen stehenden Prälaten, aber auch als einen Mecän, und eyfrigen Beförderer der Gelehrsamkeit und der Gelehrten, in seinem Vaterlande kennen. Ein bisher unbekannter gelehrter, und fleißiger Sammler historischer Werke Ungarlands, Sigismundus Torda, von dem wir außer dieser kleinen

(187)

Anekdote, was mehreres zu wissen wünschten, wird der Vergessenheit entrissen. Ungarn hat also auch damals Männer gehabt, die Bibliotheken, und besonders Sammlungen historischer Monumente zu schätzen wußten, und es sich zur Ehre anrechneten, durch ihre Mittheilung die Absichten, gelehrter Männer zu unterstützen, und sie gemeinnützig zu machen. Endlich sagt uns auch diese Dedication, was Peechius bey der Herausgabe des Ranzans, für eine Handschrift genützt, und durch wessen Vorschub und kräftige Unterstützung, er die Wissenschaften erlernet habe.

§. 6.

Beschließet der Herr D. Schwarz seine Arbeit, zuerst mit dieser gegründeten Anmerkung: Qui magnos illius (Ranzani) defectus, & graves errores, chronologicos, genealogicos, geographicos, aestimare norunt, classicam scriptori infido in Historia Hungarica, auctoritatem tribuerint nulli; quam non est adeptus, nisi ex indigna Sambuci commentatione. D. i. Wer die großen und beträchtlichen chronologischen Irrthümer, des Ranzans zu erwägen weiß, der wird sich nie, auf die Autorität eines so untreuen Schriftstellers, in der ungarischen Geschichte berufen, die ihm ohnehin nur Sambucus, durch ein unverdientes Lob, erschlichen hat.

Hernach stellt noch der gelehrte Herr Verfasser bis zum Ende des Paragraphs eine kritische Untersu-

chung an, über Bela des IV. Prinzeßin Tochter Margaretha; wozu ihn die unrichtige Chronologie des Ranzans, und das fabelhafte, bey der Erwähnung einiger Lebensumstände dieser verehrungswürdigen Prinzeßinn veranlaßt haben.

v. Cz.

II. Vermischte Nachrichten.

Muthmaßungen, von dem Ursprung und dem rechten Vaterlande der Zigeuner.

Die wichtige Frage: was die Zigeuner eigentlich für ein Volk gewesen, und woher sie in die Europäischen Länder gekommen sind? war von jeher ein Räthsel, welches mehrmalen auf die Bahn gebracht, und bis diese Stunde, so viel auch manche unter den Gelehrten, sich mit einer Auflösung desselben beschäftiget haben, gleichwohl noch nicht aufgelöset worden ist. Einige verfielen, bey ihren Untersuchungen auf lächerliche; andere auf augenscheinlich widersprechende Dinge: und die da glaubten, es noch so weit gebracht zu haben, blieben endlich bey solchen Muthmaßungen stehen, die man weder mit rechtem Grund annahm, noch schlechterdings verwerfen kann. Der Witz muste hier, in den meisten Fällen,

(188)

die Stelle der Urkunden vertretten. Und wenn man in dem Namen einer Stadt und Provinz, oder in der äußerlichen Gestalt und Sitten der Innwohner, eines von uns entfernten Landes, etwas entdeckte, welches mit denen Zigeunern eine Aenlichkeit hat; so trug man kein Bedenken, eine solche Stadt oder Land, zu ihrem Vaterlande zu machen, ohne viel darauf zu sehen, ob es mit andern Umständen übereinstimme oder nicht. Aus solchen Gründen haben einige diesem Volke, in der Stadt Singara *) in Mesopotanien, sein verlassenes Vaterland angewiesen: sie sagten dabey, daß dasselbe von dem abtrinnigen Kaiser Juliano daraus vertrieben worden wäre: andere wollten sie aus der Provinz Zeugitana in Afrika herleiten: weil man sagt, daß die Innwohner dieser Landschaft sich auf die Wahrsagerey aus den Händen wohl verstünden: andere aber aus Nubien und Abysinien herholen. Andere suchten ihren Ursprung in Aßyrien, noch andere in Cilicien, oder auf dem Berge Kaukasus.

So viel von Ländern. Andre bekümmerten sich mehr um den Stammvater, von dem sie herrühren, als um die Ecke der Erden: wo sie entstanden sind, und sich bis zum Auswandern vermehret haben.

*) Heute Atulib, liegt in Darbek.

Einige davon nun giengen in ihren Geschlechtregister bis auf Kain, und machten diesen zu ihrem Stammvater * * ), aber auch lediglich nur aus der Ursache, weil die Zigeuner eben so, wie dieser war, unstät und flüchtig sind, und in der Welt herumstreichen, müssen. Wir finden freylich auch noch mehr, in der Geschichte Kains und seiner Nachkommen, welches auf die Zigeuner nicht uneben passet, zum Beyspiel: wenn es von Jabal heißet * * * ): Von dem sind herkommen, die in Hütten wohnen. Und sein Bruder heißt Jubal, von dem sind herkommen die Geiger und Pfeifer. Allein es ist gleichwohl lächerlich, dieses einen Grund anzuführen: denn nachdem die ganze Nachkommenschaft Kains in der Sündflut umkam, so müßte man die Zigeuner zu Amphibien machen, um, wo nicht auf eine andere, wenigstens auf solche Art, ihr Geschlecht, bey dieser Ueberschwemmung des ganzen Erdbodens, durchzubringen. Eben so schwer ist es zu erweisen, daß dieses Volk, wie Besoldus meynet, von dem Geschlechte Esaus herstamme, dessen Abkömmlinge als Fürsten * ) vom Mose hergezählet werde, oder auch von denen Rachabiten, von denen wir le-

**) Thomas Dissert. §. 58.

***) Gen. IV. v. 20. 21.

*) Gen. 36. v. 15, u. f.

(189)

sen * * ): daß sie keinen Wein trinken, kein Haus bauen, keinen Saamen säen, keinen Weinberg pflanzen, noch haben durften, sondern in Hütten wohnen mußten ihr Lebenlang. Alle diese Muthmaßungen sind allzuweit hergeholet, und vielen unauflößlichen Zweifeln und Schwürigkeiten ausgesetzt. Und diejenigen, die dieses Geschlecht von Cham herleiten wollen * * * ), haben es nicht um ein Haar besser getroffen.

D. Wagenseil zu Altdorf hielt dafür, daß die Zigeuner ursprünglich von den Juden hergekommen sind, welche im XIIIten und XIVten Jahrhunderte in Deutschland, und andern Ländern, großer Verfolgungen ausstehen mußten; daher diejenigen, so dem Feuer und Schwerdt entronnen sind, in die Wälder sich geflüchtet, daselbst eine Zeitlang, so viel möglich, verborgen gelebt; endlich aber mit verstellter Kleidung und Sprache sich wieder unter die Leute gewagt, und für Egypter ausgegeben haben, denen hernach allerhand loses Gesindel, um ein freyes liederliches Leben zu führen, sich beygesellet hätte ** ). Wie sehr aber dieser Meynung alle Wahrscheinlichkeit und alle historische Um-

**) Jerem. 36. v. 6. u. f.

***). S. Thomas Dissert. §. 85.

****) S. Hübners Staats- und Zeitungslexicon, Zigeuner

stände entgegen sind, kann ein jeglicher sehr leicht von selbsten einsehen. Eben so schwer ist auch dieses zu glauben; daß die erste Zigeuner, nach vollbrachten sieben Jahren ihrer Buße, wieder in ihr Vaterland zurückgekehret, und daß diejenigen, die noch vorhanden sind, eine Rotte von Dieben und Strassenräubern wären, die sich verstellterweise selbst für ächte Zigeuner ausgäben * ). Salmons Muthmaßung könnte vielleicht noch mehr Beyfall verdienen, ob sie gleich auch nicht die sicherste ist, wenn er sagt: die Fackiers im Mahometanischen, die Kalenters im Heydnischen, und die Zigeuner in Christlichen Ländern, sind einander so änlich als ein Ey dem andern, und sind ohne Zweifel ein Geschlecht * * ). Muthmaßungen von dergleichen Art giebts noch mehrere, wodurch man den Ursprung und das rechte Vaterland dieses Volks errathen und ausfindig machen wollte, und es wundert uns in der That, daß noch niemand darauf verfallen ist, ihre Entstehung in denen so genannten Diebesinseln zu suchen; nachdem dererselben Inwohner, sowohl in der Gestalt als Farbe, auch in der ruhmlosen Eigenschaft des Stehlens unsern

*) S. Jac.Thomasii Dissert. §. 59. Majolus dierum Canic. Tom. III.Colloqu. 2.

**) Salmons heutige Historie von Persien C. IX. pag. 247. die Kalenter sind eigentlich Heydnische, die Fackiers aber Mahometanische Bettelmönche.

(190)

Zigeunern so sehr änlich sind. Wenn wir uns aber die ganze Sache nach ihrer rechten Beschaffenheit vorstellen; so werden wir uns an diesen Trennungen und Uneinigkeiten der Gelehrten, was diesen Punkt betrift, gar nicht stossen dörfen: denn ein jeder bemühete sich den Knoten aufzulösen, und wie ist es anders möglich, bey einer solchen Dunkelheit und gänzlichen Mangel an Urkunden, als daß man bald auf diese, bald auf jene Muthmaßung verfalle?

Die bekannteste und allgemeinste Meynung von dem Herkommen der Zigeuner ist nun folgende: daß sie aus Egypten herstammen, und von da in die christlichen Länder gekommen sind; welche fast durchgehends, auch sogar unter dem Pöbel bekantt, und als gewiß und richtig angenommen worden ist. Es ist also nöthig, diese Meynung ein wenig zu untersuchen und zu prüfen, damit man sehen könne, in wie weit dieselbe Beyfall verdiene oder nicht? Es ist zwar nicht zu läugnen, daß sich bey den Zigeunern manches findet, was von den Inwohnern Egyptens geschrieben wird, nämlich daß sie schwarzbraun und von guter Statur, dabey aber auch wenig nütze, sondern faul und diebisch sind: allein findet man dann dergleichen schlechte Eigenschaften nur bey denen Egyptern allein, und nicht zugleich auch bey vielen andern, in den Welttheilen hie und da befind-

lichen Nationen gemeinschaftlich miteinander haben, noch gar nicht hinreichend sind, ihren wahren Ursprung zu bestimmen: es werden noch mehrere, und in der Geschichte gegründete Beweißthümer dazu erfordert. Und es ist schwer zu glauben, daß es jemanden so leicht eingefallen wäre, die Entstehung und das Vaterland dieses Volks in Egypten zu suchen, wenn sie dieses den Leuten nicht selbst, betrügerischer Weise, bey ihrer ersten Ankunft beygebracht, und selbsten gesagt hätten: daß sie aus Egypten kämen. Daher entstund eben der Name Egyptier und Pharaoner, womit man sie belegte. Sobald man aber die Ursachen ihrer Reise, wovon sie denen Leuten so vieles vorschwatzten, nur in etwas überleget, so ist eben daraus klar und deutlich zu sehen, wie alles das, was sie davon vorgaben, im Grunde falsch und unwahr sey. Aventinus, Camerarius, Besoldus und anderer mehr, sagen es ausdrücklich, wie sie sich bey ihrer Ankunft in Bayern, und auch sonsten anderer Orten in Deutschland, wegen ihrer Wanderschaft damit rechtfertigen wollten, daß sie sagten, und denen Leuten beyzubringen suchten, sie müßten mit ihrer Wallfahrt, die Sünden ihrer Väter büßen, die sich geweigeret haben, die h. Jungfrau Maria mit dem Jesuskindlein aufzunehmen, als sie vor Herodes de Flucht

(191)

nach Egypten nehmen mußte *). Eben als wenn Gott erst nach Verlauf von vierzehnhundert Jahren an die Sünden ihrer Väter gedacht, und alsdenn erst ihre späte Nachkommenschaft, um derselben Willen hätte heimsuchen, und auf eine Art züchtigen wollen, wodurch sie andern Christen zur Last und zur größte Aergerniß werden mußten?

Anderwärtig wollten sie wiederum denen Leuten einreden, wie sie das Christenthum verläugnet, und sieben Jahrlang das Heydenthum angenommen hätten, und diese Treulosigkeit nun durch eine siebenjährige Wahlfart büßen müßten. Sie mengten auch wohl selbst die Geistlichkeit mit ein, die ihnen zur Buße ihres Abfalls solche siebenjährige Wahlfahrt auferlegt hätte. Es war aber dieses ebenfalls nicht anders, als ein Betrug und ein Gedichte, womit sie die Leute bewegen wollten, sie zu dulden, und ihnen Wohltaten zu er-

*) Aventin Anal. Boiorum Lib. VII. pag. 509. Ex AEgypto se esse mentiuntur, extorresque domo superis cogi se majorum delicta, qui DEIparam Virginem cum Puero Jesu hospitio excipere recusarint, septem annomorum exilio cxplare in)pudentissime confingunt, Cons. Camer. med. hist. cent. I. cap. 17. Besold. Thes. pract. voc. Zigeuner Mart. Szentivany dissert. IV. Horograph. pag. 127. Ipsi ajunt se AEgyptos esse, & ex injuncta sibi poenitentia, mundum peregrinantea circumire. Sed fabula est.

weisen. Es gelang ihnen auch eine Zeitlang im Anfange: die Leute hatten Mitleiden mit ihnen, und nahmen sich in Acht sie zu beleidigen oder zu kränken. **).

(Die Fortsetzung folgt.)

Fortsetzung, der verschiedenen Gebräuche fremder Völker, bey ihren Verheurathungen.

Das Anhalten um die Ehe geschieht bey den Hottentotten *), von dem Vater oder den Anverwandten des Freyers, bey den Eltern des Mägdchens. Der Freyer bereitet den Taback, und die Pfeifen, und präsentirt sie der Gesellschaft. Alle fangen an zu rauchen, aber von der Hauptsache wird nicht eher gesprochen, bis ihnen der Rauch die Köpfe völlig dumm gemacht hat. Alsdann eröfnet der Vater des Freyers seine Absicht, und er erreicht sich auch fast allezeit. Gefällt der Freyer aber dem Mägdchen nicht, so hat sie nur einen Weg ihn

**) Aventinus loc cit. Adeo vana superstitio hominum mentes velut lethargus invasit, ut eos violari nefas putent, atqne grassari, furari, imponere , impune passim finant.

*) Nach Kolbens Beschreibung.

(192)

los zu werden. Sie muß sich nämlich mit ihrem Liebhaber niederlegen und die ganze Nacht mit ihm zubringen. Sieget sie, so ist sie frey von ihm, überwindet er sie aber, wie es gemeiniglich geschiehet; so muß sie ihn heurathen. Sodann begleitet ihn die ganze Freundschaft nach Hause; man schlachtet einen, oder ein paar Ochsen, und beschmieret sich mit dem Fette desselben den ganzen Leib; dann pudern sie sich mit einem gewissen Staube. Darauf wird die Verehligung folgendergestalt vollzogen. Die Männer hucken in einem Kreis zusammen, in deren Mitte der Bräutigam, in eben einer solchen Stellung sitzt; und in einiger Entfernung thun die Weiber um die Braut eben dieses. Der Priester geht sodann in den Kreis der Männer, und pisset ein wenig auf die Bräutigam, und dieser macht sicht mit seinen langen Nägeln verschiedene Furchen in die bestaubte Haut, damit das Wasser desto besser eindringen könne. Alsdann thut er der Braut eben diese Gefälligkeit und so kehret er immer von

einem zu dem andern, bis sein Vorrath völlig erschöpft ist. Dabey spricht er den Segen; Seyd glücklich, und erzeuget einen Sohn, ehe das Jahr aus ist!

Die Ochsen werden unterdessen zerstickt, und theils gekocht, theils aber gebraten; und sodann verzehret. Endlich wird noch Tobak die ganze Nacht durch geschmauchet; am Morgen aber eilet der Bräutigam in die Arme seiner Geliebten, und die Gäste nach Hause. — Ein Vater giebt seinem Sohne selten mehr mit , als ein paar Kühe und so viele Schaafe, die Töchter aber bekommen nur halb so viel. Bey ihren Heurathen sehen sie nicht auf Reichthum, sondern allein auf Witz, Schönheit und Annehmlichkeit. Sie erlauben die Vielweiberey, aber selten haben auch die Reichsten mehr als drey Weiber. Die Untreue wird allzeit mit dem Tode bestraft. Eine Witwe, so oft sie nach dem ersten Manne heurathet, muß sich jedesmal ein Glied von einem Finger abschneiden. —

(Die Fortsetzung wird folgen.)
Topic revision: r3 - 13 Sep 2012, KatalinBlasko
This site is powered by FoswikiCopyright © by the contributing authors. All material on this collaboration platform is the property of the contributing authors.
Ideas, requests, problems regarding Foswiki? Send feedback