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Karl Gottlieb Windisch an Georg Pray
Pressburg, 4. April 1783
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Windisch erhielt von Pray verschiedene Manuskripte, darunter ein Antwortschreiben auf Sulzers Werk über eine Reise durch Ungarn, die kritisch darauf eingeht. Windisch will das Werk unter dem Pseudonym Gideon Szolga bei Löwe drucken lassen. Berichtet über den Auftrag des Fürsten Esterházy, sein Schloß in Fertőd zu beschreiben und einer geplanten Neuauflage seiner Geschichte Ungarns.
Unschätzbarer Freund,
Vom 2ten dieß habe ich das überschickte Paket Schriften durch den Postwagen richtig erhalten, sogleich gelesen, nein verschlungen! Gestern erst habe ich Sie, nachdem ich mich vorher dazu durch ein Par Tassen Kaffee und eine Pfeife Jánoschhaßer vorbereitet habe, mit der größten Aufmerksamkeit weitergelesen, und da Sie es erlaubt haben, einige wenige Sprachfehler, denn da Sie das Ding abgeschrieben, haben Sie nur eine schlechte übrig gelassen, verbessert. Gott vergelte es dem ehrlichen und tapfern Gideon Szolga, daß er sich seines Vaterlandes so treulich angenommen und den Hohnsprechenden Goliath seine Schleuder fühlen lassen!
Nun die Schrift? ist gründlich, für Herrn S[ulzer] erschütternd und beschämend , für den Professor der Religion erbaulich, und für jeden Leser unterhaltend. Aber warum finde ich nicht auch in derselben den erbärmlich fehlerhaften Abdruck der Verhandlungen zwischen den Römischen, und Ungarländischen Bischöfen gerüget? Aber zur Sache! Ich habe Herrn Löwe diese Broschüre empfohlen, und er ist bereit, sie drucken zu lassen. Es soll dem Herrn Verfasser nicht nur nichts kosten, sondern er soll auch 25 Exemplare gratis erhalten. Dafür lassen Sie mich sorgen. Ich kenne das Ungeziefer der Verleger zu gut, als daß ich mich äffen lassen sollte. Es wird aber in Wien censuriert werden müssen, denn hier ist keine Censur. Der Name Gideon Szolga ist genug, man wird keinen andren verlangen. Experto, crede! Nun ist nur die Frage, ob das Manuskript noch einmal den Weg auf Ofen machen soll? Ich sehe nicht ein, warum dieß geschehen sollte, und warum man den Druck verzögern sollte. Ich habe daran nichts Wesentliches geändert, meist nur die Rechtschreibung, und Wortfügung hin und wieder korrigiert, darauf können Sie sich verlassen. Ich dächte also, ich ließ das Ding zweymal hübsch abschreiben, denn Ihre Schrift soll doch nicht bekannt werden und schickte es nach Wien in die Censur, und von da sogleich in die Presse und so sähen wirs bald in aller Welt Händen. Die Censur wird auch schwerlich was finden, daß ihr anstößig seyn könnte. Ich bitte mir daher mit erster Post Ihren Entschluß zu melden, und sich sicher auf meine Treue zu verlassen. Löwe braucht nicht seinen Mund zu halten, denn er weiß sonst nichts, als daß mir das M[anu]skript zugeschicket worden; er wird auch sonst nichts je erfahren.
Wenn Herr Pa[lma], der Verfasser der nova Hist[oria] Hung[arorum] und Herr Pr[ileszky] der Revisor ist, so muß es ein Meisterstück werden. Löwe wird mit beyden Händen nach dem Verlag greifen. Meine Geschichte der Ungern wird dieß Jahr wieder gedruckt, nachdem sich die Exemplare schon meist vergriffen haben. Ja wann dazu auch Pr[ay] seinen Beytrag gegeben hätte! Aber so habe nur ich armer Sünder einige Verbesserungen, und Veränderungen gemacht.
Wie gefallen Ihnen die Siegel, die ich Ihnen angebohten habe? Wie froh wäre ich, wann Sie solche brauchen könnten!
Das zweyte Stück des 3ten Bandes des Ungarländischen Magazins, werden Sie durch die Kaufleute, welche auf den Debretziner Markt zu Pesth gehen erhalten. Die Naturwissenschaft ist in unserm Magazin noch sehr schlecht besetzt. Dürfte ich nicht an die Herrn Piller und Mitterbacher schreiben, und sie um ihre gütigen Beyträge ersuchen? Ihre Empfehlung würde meinen Wünschen entsprechen.
Und nun denken Sie, der Fürst Eszterháßy will durch mich sein Lustschloß beschrieben haben! Schon arbeiten alle seine Ingenieure an den Planen und Zeichnungen. Löwe will das Werk in seiner Druckerey sehr prächtig auflegen!
Ihrer Antwort sehe ich mit Verlangen entgegen. Unser Hübner und der dicke Finatzi und vor allen andern, meine Eva empfehlen sich Ihnen. Leben Sie wohl ohne Komplimente, recht wohl! Daß Sie mich lieben bin ich vollkommen überzeugt, und daß ich Sie schätze und verehre, daran werden Sie wohl auch nicht zweyfeln!
Windisch, mp.