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Karl Gottlieb Windisch an Georg Pray

Pressburg, 15. Oktober 1783

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Windisch ist erbost über Ungerechtigkeiten, die Pray durch Brettschneider wiederfahren sind. Berichtet von geplanten Umstrukturierungen innerhalb der Verwaltung und von einem Auftrag, das Schloß Eszterháza in Fertőd zu beschreiben. Erhielt Manuskripte Johann Seiverts, die in Pressburg publiziert werden sollten. Cornides schwere Krankheit macht Windisch betroffen.

Unschätzbarer Freund,
Schon bin ich 57 volle Jahre auf unserm lieben Planeten, habe viel gehört, gesehen, gelesen, und erfahren; viele Schelme, und Bösewichter kennen gelernt; aber doch hätte ich nie geglaubt, daß ein Adamskind so unverschämt seyn könnte, als Ihr Herr Kollege, nein, das verdient er nicht, als ein Brettschneider ist. Und der sollte noch von Manchen in Preßburg unterstützt werden? Das will ich zur Ehre meiner Nation in Zweyfel ziehen! Der ärgste Dummkopf glaubt das nicht , was dieser Boshafte sagt. Unsere Statthaltery ist itzt völlig umgeschmolzen. Graf Niczky ist Präsident, und Györy erster Rath. So weit ich beyde kenne sind sie erlaucht genug, Spreu von dem Waitzen zu unterscheiden; und billig genug Verdiensten Gerechtigkeit widerfahren zu lassen! Getrost also, theuerster Freund! Wir können nicht unterliegen. Tandem bona causa triumphat!
Und wegen einem solchen Schurken muß ich, muß die Welt so nützlicher Beyträge zu unserem Magazin entbehren! Mi vien la rabbia! Gott verzeih mirs. Was ich dem Menschen alles gewunschen habe! Ma se io possi Gedult! Was heut nicht seyn kann, ist doch Morgen möglich. Die Geisel meines Satyrs soll er empfinden!
Wegen dem Kovatsits habe ich mich schon bey einigen Comitaten erkundigt, die mir aber keine Auskunft geben konnten, aber nachzufragen versprachen. Ich erfahr es gewiß und gebe Ihnen sogleich Nachricht davon.
Das Ungewitter, welches dem Magistrate in Preßburg drohet, wird mich nicht treffen! Nil conscire, nulla pallescere culpa, ist der Harnisch, der mich für alle Streichen schützen muß. Ich habe daher auch nicht einen Schritt zu meiner Vertheidigung gewagt; denn ich bin auch gar nichts beschuldiget worden. Der Sentenz mit dem man sich herumtrug sollte also gelautet haben: Gombos sollte cassiert, und die bey dem Waisenamte manipuliert hatten, amoviert werden; und das amoviren verstand man übel für cassieren. Jetzt habe ich in Eszterház die Bestätigung dieses Urtheilspruchs vernommen, laut welchen nämlich Gombos wirklich cassirt, die übrigen aber amoviert, das ist von Waisenamtsgeschäften amoviert werden sollen. Ein Schurke ließ die Cassation von 8 Senatoren in der Brünerzeitung drucken; und aus dieser posaunten es auch auch andre öffentliche Blätter, die Wiener ausgenommen, nach.
Daß unser Dikasterium nach Ofen. Ja! eben sagt man mir gar nach Temschwar /warum nicht gar nach Konstantinopel? denn diesen Ort haben unsre politischen Kannengießer schon lang eingenommen/ kommen sollte; Daß der König in Pohlen, sein Reich den Theillustigen überlassen, und im Preßburger Schlosse wohnen wird; daß der Preßburger, Wieselburger und Oedenburger. Komitat zu Österreich gezogen werden solle, und Gott weiß was noch geschehen soll, breitet die geschwätzige Frau Fama Uberall aus. Und dann Adieu Herr Landsmann! Und ich gebe ein Oesterreichisches Magazin heraus.
Eszterház soll ich nun beschreiben. Einige Prospekte sind auch schon fertig, und durch den Verleger Landerer in Wien sehr schön gestochen worden. Ich war die vorige ganze Woche in diesem Orte. Der itzige Bibliothekar ist ein barmherziger Bruder (ord. St. Joan. de Deo) und hat 7480 Bände unter seinem Komando. Ich fand nicht viel Erbauliches, und der Bibliothekar wußte mir auch nichts zu zeigen. Das Theater, und die Kapelle (Musik) ist besser bestellt. Die Welschen Opristen sind vortrefflich, und Heydn, o che nome! ist Kapellmeister, e questo basta! Und hätte er nichts andres als das Stabat Mater gemacht, so wäre er schon wehrt verewigt zu werden. Wer kann sich dabey der Trähnen enthalten!
Doch ich schmiere Ihnen da etwas in den Tag hinein, dass Ihnen wohl schwerlich braucht. Apropos! Ich weiß spöttisch gewiß, daß eine Pfeife Tabak Kummer, Sorgen, Verdruß, Unmuth und böse Laune vertreibt! Recipe also: und wann Sie keine Ingredienzien zu ihrer Pfeife haben, so will ich Sie damit quam promtissime versehen! Schon habe ich über 200 Sorten Ungerländischer Tabakblätter beysammen; und ich kann also schon ein Wenig davon urtheilen. Und unter uns: ich arbeite heimlich an einer Geschichte dieser ädlen Pflanze überhaupt, besonders aber in Ungern, sie soll aber nicht nur physikalisch-ökonomisch, sondern auch historisch-polemisch-juridisch-philologisch-artistisch und alles was sich ergibt werden.
Während Sie vortrefflicher Freund sich mit dem verdammten Kerl herum gebalget, hat unser lieber Kornides mit dem Tode gerungen. Er hat ihn überwunden, wird itzt in der Marmarosch seyn, und wird sie medio 9bris umarmen. Seivert erlebt eben itzt den gewöhnlichen Marsch seines Zipperleins; und hat mir ein par seiner Manuskripte zum Drucken überschickt. Das eine ist: Die alteste Geschichte der Sachsen in 7bürgen; und das andere: Hypochondrische Einfälle, meist Sinngedichte des lieben Mannes.
An die Herren crassissimae, inarditae und prodigiosae ignorantiae bitte ich mein gehorsamstes Kompliment; und meine Bitte, darüber recht herzlich zu lachen. Auch an Herrn Abbe Piller, und Mitterbacher, an alle Redliche und Gutgesinnte, meinen verbindlichsten Gruß. Ich lebe, und sterbe
Der Ihrige
Windisch Mpia.
Pressburg, 15.Oktober 1783
Topic revision: r2 - 18 Mar 2011, AndreaSeidler
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