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Zeitschrift von und für Ungern
Hrsg. von
Ludwig Schedius
Pest, Patzko, 1802
Band 1, Heft 2
III. Intelligenzblatt
1. Neue Anstalten.
Text a) (S. 252-261)
Autor:
Zuordnung:
(P252)
a) Errichtung einer neuen praktisch-ökonomischen Industrie-Schule zu Szent-Miklós im Torontaler Comitate.
(Hiezu gehört der
in Kupfer gestochene Plan, der diesem Hefte beygebunden ist.)
Der gegen das Ende des Jahres 1800 hier in Pesth verstorbene reiche Güterbesitzer, Hr. Christoph von Rako, hatte in seinem Testamente verordnet, daß in Szent-Miklós, dem Hauptorte seiner Güter im Torontaler Comitate, eine praktisch-ökonomische Industrie-Schule errichtet würde, wozu er ausser dem dazu erfoderlichen Grund und Boden, ein sehr ansehnliches Capital, unter den edelmüthigsten Bedingungen, die in folgenden Plan aufgenommen und verwebt sind, vermachte. Um nun dieses wohlthätige Vermächtniß dem Zwecke des Stifters gemäß auszuführen, wurde Hr. Director Samuel Teschedik, von einer hochlöblichen Statthalterey, unter dem 30. Jul. 1801. Beauftragt, in Vereinigung mit den vom löbl. Torontaler Comitate dazu ernannten Commissarien, die erfoderlichen Anstalten zu treffen. In den am 15—17, Oktober 1801. zu Szent-
(P253)
Miklós selbst, unter dem Vorsitze des patriotischgesinnten Herrn Johann von Lázár gehaltenen Sitzungen jener Commission, wurde nun von dem Hrn. Director Teschedik folgender Plan zur Einrichtung dieser Schule vorgelegt, und nach reiflicher Prüfung von allen genehmigt; auch beschlossen, daß die Realisirung desselben im Monat März dieses Jahrs 1802. unternommen werden soll.
I. Plan des praktisch-ökonomischen Gartens, *)
dessen Erläuterung hier folget:
Am Thore rechts und links präsentirt sich die Gartenmauer, und an den drey Seiten die mit verschiedenen Gesträuchen, als Hagedorn, Kreutzbeeren, Akatzien, Maulbeeren und Waiden zu errichtenden lebendigen Zäune.
A. Ist der Hofraum, woselbst das "extravillan" Garten -Wohnhaus nebst einem Stall, und dabey befindlicher Senk- und Mistgrube litt. x. zum Ablaufe des Urins; wie auch ein Brunnen, nebst den dazu gehörigen Wasserleitungen angebracht sind lit. "c. f. e." Das "Intravillan-Schulgebäude" ist in dem Marktflecken Szent-Miklós aus der Masse der herrschaftlichen Gebäude, an dem bequemsten Ort gewählt worden, und wird sehr bequem für Lehrer und "Eleden" eingerichtet werden.
B. Ist die Scheune zum Trocknen des Klees im Frühjahr und Sommer, und im Herbst und Winter zum Aufbewahren und Dreschen des Getraides.
C. Ist der Küchengarten zu den vorzüglichsten Küchengarten - "Gewáchsen" in 20 größern und kleinern Abtheilungen.
D. Sind 20 kleinere Abtheilungen zu Versuchen mit verschiedenen seltenen ökonomischen Kräutern, als da sind: Erdmandeln, Spargel, Bohnen, Pfeffermünze, ächter Saffran, u. a. m. bestimmt.
*) S. den am Ende dieses Heftes beygefügten Kupferstich.
(P254)
E. Spargel-Beete.
F. Obstgärten mit dazwischen befindlichen Klee- und Reihgras - Feldern, und andern Futterkräutern.
G. Zwey Bienenhäuser nebst solchen Bäumen, Sträuchern und Gewächsen, welche zu der Emporbringung der Bienenzucht vorzüglich nöthig sind.
H. Hopfengärten.
I. Baumschulen und Maulbeer-Plantagen.
K. Safflor-Beete.
L. Färbekräuter.
M. Oelkräuter.
N. Manufakturkräuter, Gerbekräuter.
0. Medizinische Kräuter, Gewürzkräuter.
P. Burnett, Biebernell.
Q. Handelskräuter.
R. Ein aus Akatzien, Linden, Rusten, Erlen, Eichen neu anzulegender Wald, um mit diesen und andern wildwachsenden Bäumen Versuche zu machen.
Anmerkung. Der untere Maaßstab gehört zu den Grundrissen der Gebäude, der obere zu dem Garten.
II. Leitende Ideen bey der Errichtung und Einrichtung dieser Schule.
I) Das aus 20 Joch bestehende Extravillan - Terrain, jedes Joch á 1600 Klaster gerechnet, wird sehr nahe an Szent-Miklós ausgemessen werden, in dessen Mitte auch der praktisch - ökonomische Garten auf 4 Joch zu liegen kommt, damit
a) Lehrer und Eleven mit Hin- und Hergehen keine Zeit verlieren.
b) Damit alle Arbeiten vor den Augen des Lehrers konzentriert werden können.
c) Damit der herrschaftliche Beamte Garten, Felder und Gebäude vor Invasionen der Menschen und der Thiere leichter sichern könne.
2) Auf diesem Felde sollen alle nur mögliche, besonders aber neue vorzügliche Landesprodukte, als da
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sind: Baumwolle, ächter Saffran, Wicken, Erdmandeln, Runkel - Rüben, Peffermünze, Reihgraß, Foenum graecum, Klee, Sultan - Toback, Biebernell u. a. in größerer Quantität produzirt werden, nachdem ihre Production in dem praktisch-ökomischen Garten zuvor im Kleinen versucht, und erprobt gefunden worden seyn wird.
3) Die Wiesengründe sollen nach dem Allerhöchsten Orts schon genehmigten neuen Wiesen - Rectifications-Plan mit verschiedenen Futterkräutern besäet, und mit wilden und Obsttragenden Bäumen in Reihen bepflanzt werden.
4) Bey der Viehzucht wird besonders auf bessere Benutzung der Melkkühe, auf die Veredlung der Schafe, Verfeinerung der Wolle, und auf schnellere Wastung der Ochsen gesehen werden.
5) Die Bienen-Kultur wird nach den neuen, auch in dieser untern Gegend schon erprobten Grundsätzen eines Eyrich, Ramdohr, Riem, Christ, Rohrmoser, in Magazin-Stöcken in einer Etage des Bienenhauses, in der
andern aber in ordinären Bienenkörben betrieben werden, um zu zeigen, ob und welche Vorzüge jene Methode vor dieser hat.
6) Die Seiden-Kultur wird nach den Grundsätzen Hrn. Mazzu catto betrieben werden.
7) Die Lehrgegenstände werden nach Zeit, Umständen und Bedürfnissen gewählet, und nach der Fassungskraft der Kinder immer praktisch bearbeitet.
8) Den mit der Industrie harmonirenden Unterricht in der Religion ertheilt den Eleven der hochwürdige geistliche Herr des Orts Szent-Miklós.
9) Die Sprache des Unterrichts ist die Deutsche, Ungrische und Walachische.
III. Der Lehrer und dessen Geschäfte.
I) Damit der Oberlehrer sich ganz dem bisher auf Landschulen so sehr versäumten Industrial - Fach wid-
(P256)
men könne, so muß er nach erhaltener Bildung und Instruction einen Adjunkten bekommen, der die Schuljugend im Lesen, Schreiben und Rechnen unterrichten, und bey den ökonomischen Manipulationen, besonders dann die Aufsicht haben soll, wenn der Oberlehrer nicht selbst zugegen seyn kann.
2) Die Frau des Lehrers wird eben so, wie der Adjunkt, die Arbeiten, in dem Garten, bey der Bienenzucht, und bey der Seidenkultur besorgen helfen, und für ihre Mühe ihren Antheil von dem Ertrag der Industrial - Arbeiten bekommen.
IV. Nebst dem durch den seligen Testator für den Oberlehrer bestimmten jährlichen Salarium von 300 fl., bekommen von dem jährlichen Ertrag des Gartens und der Felder
1) Den eisten Theil der Oberlehrer.
2) Den zweyten Theil seine Gehülfen: die Frau desselben und der Adjunkt.
3) Den dritten Theil die 12 Eleven als Mitarbeiter.
4) Der vierte Theil kommt in die Schulkassa, aus welcher die Fleiß-Prämien, die Bücher, die Sämereyen, die Instrumente, die Experimente, die ökonomischen Reisen, und andere für das Institut
unentbehrliche Bedürfnisse bestritten werden.
Z. B. Es wird ein Zentner Safflor produzirt, und um 100 fl. abgesetzt, so bekömmt von den 100 fl. der
Oberlehrer 25 fl. die Frau desselben und der Adjunkt 25, die 12 Eleven 25, und in die Schulkassa kommen die übrigen 25 fl.
Dieses könnte der Maßstab seyn, nach welchem alle Produkte des Instituts im Hause, Garten und Feld, und ihre Preise mit ausgebreitetem Vortheil ausgetheilt werden könnten.
V. Die zwölf pensionirten Eleven werden aus den Christoph Rakoischen Unterthanen gewählt; 3 Deutsche, 3 Ungrische, 3 Ratzische oder Illy-
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rische, und drey Walachische, 10, 12, 13 bis 14 jährige Knaben. Bey ihrer Wahl wird darauf gesehen, daß es entweder Vater- und Mutterlose Waisen sind, oder daß sie vorzüglich gute Anlagen haben, oder durch Folgsamkeit gegen ihre Vorgesetzten sich auszeichnen.
Diese 12 Knaben, sobald sie in die Schule eintreten, hängen ganz von der Disposition des Oberlehrers ab; verrichten wechselsweise die Industrial - Arbeiten (welche immer ihren Kräften angemessen seyn werden) unter der beständigen Aufsicht des Oberlehrers und seiner Gehülfen. Sie bekommen den Unterricht unentgeltlich; verrichten dafür und für die ihnen ertheilte Pension von jährlichen 40 fl. die ihnen anvertrauten Arbeiten so, daß alle Manipulationen nach und nach durch ihre Hände gehen; und bekommen nach Proportion ihres Fleisses aus der Schulkassa die Prämien.
Diese 12 Eleven haben Quartier und Kost nahe an dem praktisch-ökonomischen Garten in solchen privat Häusern, in welchen sie eine ihnen noch fremde Sprache erlernen können. Kost und Quartier wird von der Pension bezahlt. Sobald es aber die Umstände erlauben, werden, sollen diese 12 pensionirten Knaben Kost und Quartier in dem Intravillan Schulgebäude an der Seite des Oberlehrers bekommen. Zweye, oder, nach Bedürfniß, Zeit und Umständen, auch mehrere, werden Wochenweise die ganzen "Täge" und Nächte in dem Hause des Oberlehrers zubringen, und die vorkommenden Arbeiten mit besorgen helfen.
VI. Der Fond.
Wo Fond fehlt, fehlt alles. Es soll demnach ein Fond zu den unentbehrlichen Ausgaben des Instituts ausgemittelt werden, dessen Administration ein herrschaftlicher, für diese Schule besonders wohlgesinnter, Beamte übernehmen wird.
(P258)
Dieser Fond wird zu nichts andern, als bloß zu den Bedürfnissen der Industrie-Schule verwendet, und monatlich wird Rechnung abgelegt.
Dieser Fond bekömmt mit der Zeit Zuflüsse, als da sind:
1) Der vierte Theil des Gewinnes von Garten, Feld, Wiese, Viehzucht, von der Seiden- und Bienenkultur.
2) Von den milden Beyträgen der Fremden und Reisenden, wie auch von den proportionirten Zahlungen der Lehrlinge bey ihrer Annahme in diese Schule. Die armen Kinder der im Orte wohnenden Christoph Rakoischen Unterthanen, zahlen bey der Aufnahme nichts: die wohlhabenden gremial Unterthanen 2 fl., die Auswärtigen 4 fl. und die Honoratiores nach Belieben.
VII. Die nöthigen Arbeiter bey diesem Institute.
Zu den schweren Arbeiten, als da sind, Ackern, Mähen, Graben - Ziehen, Rejolen, Erndten, Getraid-und Heu - Einführen, wird die Grundherrschaft auch junge Bauern, welche noch Empfänglichkeit für die verbesserte Landwirthschaft zeigen, appliciren, damit sie die neuen ökonomischen Manipulationen auch sehen und praktisch lernen.
VIII. Mittel, wie dieser Industrie-Schule aufgeholfen, und ihr Nutzen auch auf andere Gegenden und Klassen der Menschen verbreitet werden könnte.
l) Durch die Illyrischen und Walachischen unirten und nicht unirten Herren Bischöffe könnte diese Schule kurrentirt und vorzüglich empfohlen werden, damit Zöglinge auch aus andern Gegenden herzukommen, und den Unterricht in der deutschen Sprache erhalten, um dadurch die großen Kosten auf den städtischen Schulen zu ersparen, wo so oft die Jünglinge für ihr theures Geld an Leib und Seele verdorben werden; hier aber werden sie durch mäßige
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Quartalgelder den Gehalt ihrer Lehrer und die auch für sie so nützliche Schulkassa vermehren.
2) Damit das Interesse der Schule mit dem Interesse der daran Arbeitenden recht genau verbunden werde, so soll den Schulkindern sowohl, als auch der ärmeren Klasse der Menschen im Frühjahr, Sommer, besonders aber im Winter (wenn Verdienst im Felde und in den Weingärten aufhört) Gelegenheit verschafft werden, bey dieser Schule, durch Spinnen, Hanf- und Lein-Verfeinern und Bearbeiten, wie auch bey der "Ochsen - Wastung" sich Brod, Geld und Kleidungsstücke zu verdienen. Folglich wäre mein unmaßgeblicher Vorschlag
3) Mit dieser Schule eine Wollen-Zeug-Manufaktur zu verbinden. Keine Nation spinnt lieber als die Walachische. Ihre Weiber und Mädchen spinnen auf den Gassen; ja sogar im Gehen und Fahren auf ihre Felder. Die Mutter hat das Kind auf dem einen Arm, den Spinn - Rocken im Leibgürtel, und mit der andern Hand spinnt sie.
Sollte man diese ihre Anlage und Passion zum Spinnen, zum Besten der Nation nicht benutzen? und dann die fleißigsten Fein - Spinnerinnen nach dem Sinne des seligen Testators mit 100 fl. aussteuren? Und haben die Illyrischen und Griechischen Kaufleute nicht Kopf und Raffinement genug, diese Kunstprodukte einer aufblühenden Manufaktur abzusetzen?
Anmerkung. Dieses ganze, für diese Gegend und für die walachische Nation so sehr wichtige Geschäft könnte nicht leichter und mit weniger Kosten eingeleitet werden, als wenn nach dem wohl überdachten Vorschlag des Hrn. Samuel Liedemann in Pesth, des einen Direktors der Gatscher Zeug- und Tuch - Fabrik, eine Wollkämmerey und Spinnerey da in Szent-Miklós errichtet, und die Gespinnste Zentnerweis nach "Gáts" geschickt, und dort für diese Gespinnste sogleich fertiges Tuch und verschiedene Zeuge statt baaren Geldes über-
(P260)
nommen, und theils zum Bedarf der Lehrer und Eleven verwendet, theils um baares Geld abgesetzt würden. Jeder denkende Kopf wird leicht einsehen, wie sehr dadurch die Industrial-Arbeiten bey der Schule befördert, der Kunstfleiß aufgemuntert, und zugleich die neu aufblühende Gatscher Fabrik so mit Gespinnst und Absatz patriotisch unterstützt würde.
4) Die zwölf pensionirten Eleven dieser Schule sollen mit dem Tuch und Zeug von gleicher Farbe gekleidet werden, die sie sich so selbst verdienen, werden.
5) Wenn dann auch andere vermögliche patriotischgesinnte Privat - Personen mehrere ähnliche Pensionen stiften wollten, so könnte die Zahl der pensionirten Zöglinge vermehrt, besonders aber könnten die tüchtigsten Jünglinge zu Schuldiensten hier frühzeitig gebildet, und so zu einem Seminario für Walachische und Illyrische Schullehrer der erste solide Grund gelegt werden; besonders, da der selige Hr. "Nako" mit größern Pensionen auch auf solche Zöglinge bedacht war, indem derselbe für Jünglinge, die sich befleißigen, und mit guten Zeugnissen aus dieser Schule austreten, und fort studieren wollen, jährlich bis ins 24-ste J. ihres Alters 300 sage dreyhundert Gulden jährliches Stipendium vermacht, folglich den Weg zur Bildung besserer Lehrer für die Nation schon selbst gebahnt und sehr erleichtert hat.
Szarvas und Szent-Miklós.
Den 17. Oktob. und 8. Dezember 1801.
Samuel Theschedik, des prakt. ökonom. Industrial - Instituts Direktor.
(P261)
Dieses wäre also (nach dem königlichhen ökonom. prakt. Institute zu Szarvas, und dem gräflichen Festetitschischen Georgicon zu Keßthely) die dritte Anstalt in Ungern, deren Zweck auf Verbesserung der Oekonomie hinausgeht, durch einen verständigeren theoretischen und praktischen Unterricht. Diese neue Anstalt unterscheidet sich aber von den beyden vorhergehenden dadurch, daß jene meist auf die Bildung verständiger Wirthschafts-Beamte Rücksicht nehmen, diese aber besonders die Belehrung und Unterweisung des Bauern selbst zur Hauptabsicht hat. Eine solche Einrichtung ist desto vortheilhafter, je größer die Schwierigkeiten waren, welche die aus Unwissenheit und Mangel an zweckmäßigem Unterrichte hervorgehende Hocheit, Trägheit und Abneigung des Bauern gegen alle Neuerungen, der allgemeinen Einführung bewährter ökonomischer Verbesserungen, bisher in den Weg zu legen pflegte.