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Bl\xE4ttern: < IV. Jahrgang, II. St\xFCck -
IV. Jahrgang, IV. St\xFCck >
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IV. Jahrgang, III. St\xFCck, den 19. Jenner 1774.
I. Wissenschaften.
B\xF6hmische M\xFCnzkunde.
Mit einem Vergn\xFCgen, das nur der wahre Freund der Geschichte und der Numismatik, zu empfinden f\xE4hig ist, k\xFCndigen wir dem gelehrten Publikum ein Werk an, welches Liebhaber der B\xF6hmischen Geschichte, und M\xFCnzkunde lange schon gew\xFCnschet haben; welches aber auch, nachdem es durch die Bem\xFChungen, eines der angesehensten Gelehrten B\xF6hmens, ans Licht getreten, als die beste Schrift, die jemals \xFCber diesen Gegenstand, geschrieben worden, anzusehen ist. Hier ist der vollst\xE4ndige titel derselben: Beschreibung der bisher bekannten b\xF6hmischen M\xFCnzen, nach chronologischer Ordnung, nebst einem kurzen Begriff des Lebens der M\xFCnzf\xFCrsten, und anderer, auf welche sie gepr\xE4get worden; mit eingestreueten historischen Nachrichten, von dem Bergbau in B\xF6hmen. Ausgefertiget von Adauctus Voigt a St. Germano, Priester des Ordens der frommen Schulen. Erster Band, mit Kupfern, Prag, 1771. in gr. Quarto, auf 420. S. Zweyter Band 1772. auf 380. Seiten.
Der gelehrte und flei\xDFige Herr Voigt, hat durch die Bekanntmachung dieses interessanten Werkes, dem bessern Publiko ein angenehmes Geschenke gemacht, und verdienet Dank von allen denen, welchen das Studium der M\xFCnzen, die Kenntni\xDF alter M\xFCnzgesetze und Verordnungen, Diplomatik, und die Aufkl\xE4rung der b\xF6hmischen Geschichte und Alterth\xFCmer, wichtig sind. Billig h\xE4tte demnach diese Schrift, l\xE4ngst schon eine Stelle in unsern Bl\xE4ttern verdienet; nur kam sie zu sp\xE4t in die H\xE4nde eines unsrer entfernten Mitglieder, dem die M\xFCnzkunde ein Lieblingsstudium ist.
Statt einer weitl\xE4ufigen und meist mit leeren Worten angef\xFCllten Vorrede, hat der verdienstvolle Verfasser,
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dem ersten Theil seiner M\xFCnzbeschreibung einen Vorbericht, welchen man mit Vergn\xFCngen und nie ohne Belehrung lesen wird, vorgesetzet. Er erz\xE4hlet hier in 14. Paragraphen, mit einer lebhaften Schreibart; aber auch mit der ihm ganz eigenen Bescheidenheit, zuerst die Ur|sachen, die ihn bewogen haben, ein solches Werk auszuarbeiten \xA7 1. bis \xA7 4. Man hat, saget Herr Voigt, noch keinen Schriftsteller, und wir setzen hinzu, keinen b\xF6hmischen Schriftsteller,*) der allein die b\xF6hmischen M\xFCnzen von allerley Gattung, Alter, Metall und Gepr\xE4ge, zum Gegenstande seiner Bem\xFChung gew\xE4hlt h\xE4tte. Hierauf beweiset er \xA7. 6 die Nothwendigkeit einer solchen Besch\xE4fftigung, mit Gr\xFCnden, die voll Gewicht und Nachdruck sind. Haben nicht, hei\xDFt es unter andern, die Groschen und die Thaler, in B\xF6hmen, so wie ihre Namen, also auch ihren Ursprung gefunden? hat man nicht in den mittlern Zeiten — in verschiedenen L\xE4ndern, die Geldsummen insgemein, nach Prager Groschen und b\xF6hmischen Schocken, berechnet, und gezu\xE4hlet? — \xA7. 7. redet Herr Voigt, mit vieler W\xE4rme, von der Wichtigkeit und von den Schwierigkeiten bey einer solchen Arbeit; doch unterst\xFCtzt durch den gro\xDFm\xFCthigen Vorschub, eines unsterblichen Bef\xF6rderers der Geschichte des Vaterlandes**); wie auch durch freundschaftlichen Unterricht und freygebigen Beytrag verschiedener Gelehrten, wagt er es dennoch, ein noch ziemlich unbearbeitetes Feld, zu bearbeiten. Und wie gl\xFCcklich, wie r\xFChmlich hat er es bearbeitet! Niemand, der sein vortrefliches Werk selbst lesen kann, wird ihm dieses absprechen.
Nachdem der gelehrte Verfasser, von der Absicht seiner M\xFCnzarbeit dem Publikum Rechenschaft gegeben, so zeiget er in den folgenden Paragraphen, den Plan und die Einrichtung seines Werks. Wir wollen ihn selber davon reden lassen: „Ich habe meiner Schrift, hei\xDFt es \xA7 8., nach dem Beyspiel des ber\xFChmten K\xF6hlers — die Form einer periodischen Schrift gegeben — Nur Vierteljahre kommet ein Theil heraus, deren viere einen Band geben werden. Die Zahl der St\xFCcke, in einem jeden Theile, wird nicht gleich seyn; sondern nachdem die Materien — reich oder arm an Stof, dazu, sich erzeigen werden; so wird eine jede Abtheilung mehr, oder weniger derselben enthalten — Einem jeden St\xFCck dieser Schrift, werde ich eine Kupferplatte voransetzen, auf welcher eine oder mehrerre M\xFCnzen mit der gr\xF6\xDFten Genauig-
*) Denn auch hier gilt, was Plinius sagt: Optime hic regionum & locorum situs, (adde, nummos, res etiam, & harum fata) describunt, qui iisdem locis nati sunt.
**) Es ist solches Seine Excellenz, der hochw\xFCrdigste Herr, Herr Emanuel Ernst, des H. K. K. Graf von Waldstein, Bischof zu Leutmeritz, dem der erste Bund dieser M\xFCnzschrift zugeeignet. und der Zueignung, die auf seine Bisch\xF6fliche Excellenz gepr\xE4gte pr\xE4chtige Medaille, vergesetzt worden ist.
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keit gestochen erscheinen werden. Diese vorgebildte M\xFCnzen, werde ich dem Gepr\xE4ge, und ihrer Aufschrift nach, deutlich beschreiben, ihr Gewicht, Gehalt und W\xE4hrung anzeigen; die Gelegenheit, welche die M\xFCnze veranlasset, und das Leben des F\xFCrsten, welcher sie hat schlagen lassen, k\xFCrzlich erz\xE4hlen — Wenn ich solcher Gestalt, die von den Regenten geschlagene — Geldsorten werde durchgegangen seyn; werde ich hiern\xE4chst, die auf verschiedene merkw\xFCrdige Begebenheiten, von ihnen gepr\xE4gte Medaillen erkl\xE4ren. Nach diesem sollen die vornehmsten b\xF6hmischen Familienm\xFCnzen — wie auch die M\xFCnzen, so au\xDFerhalb B\xF6hmen, zu Ehren verdienstvoller — b\xF6hmischer Landeskinder, verfertiget worden sind, folgen.“
Weil die M\xFCnzkunde, mit dem Bergwesen, in einer genauen Verbindung stehet; so wollte der gelehrte Herr Vogt auch diesen Gegenstand, an den sich bis jetzt noch niemand wagte, nicht unber\xFChrter lassen, sondern zugleich mit erl\xE4utern. Das wiederholte Klagen, sowohl einheimischer, als ausw\xE4rtiger Gelehrten, da\xDF man dieses reichh\xE4ltige Feld, noch nicht aufgeschlossen habe; die ihm gelungene gl\xFCckliche Entdeckung, gewisser dahin einschalgenden Urkunden; und endlich, die h\xFClfreiche Unterst\xFCtzung, einiger bergverst\xE4ndigen Freunde, sind die Triebfedern gewesen, wodurch er bewogen worden, auch von dem Bergwesen, einige historische Nachrichten, seinen M\xFCnzbeschreibungen beyzuf\xFCgen \xA7 12.
Nach diesem Vorbericht, macht Hr. Voigt, den Anfang, die b\xF6hmischen M\xFCnzen selbst zu beschreiben. Der erste Band. bestehet aus 21. St\xFCcken: das erste St\xFCck handelt von der vorgeblichen M\xFCnze der Libuscha. Das 2te, von den M\xFCnzen der heidnischen Herzoge: von dem Premysl an, bis auf Neklan. Das 3te von den M\xFCnzen der b\xF6hmischen Herzoge: von dem Borziwog bis auf den heiligen Wenceslaus. Das 4te und 5te St\xFCck enth\xE4lt eine allgemeine Abhandlung von den M\xFCnzen der heidnischen Herzoge in B\xF6hmen. Das 6te beschreibet die M\xFCnze Boleslai des Grausamen. Das 7te handelt von den M\xFCnzen Boleslavs des II. Das 8te von den M\xFCnzen der Emma, Gemahlinn Boleslavs des II. Das 9te von den M\xFCnzen Boleslavs des III. Das 10te von den M\xFCnzen des Herzogs Jaromir. Das 11te von den M\xFCnzen des Herzogs Udalrich. Das 12te von den M\xFCnzen Bretislavs des I. Das 13te von den M\xFCnzen Spitipnevs des II. Das 14te von den M\xFCnzen des Herzogs und nachmaligen ersten K\xF6nigs Wratislavs. Das 15te von einigen unkenntlichen M\xFCnzen der christlichen Herzoge in B\xF6hmen. Das 16te von den M\xFCnzen Bretislavs des II. Das 17te von den M\xFCnzen des Herzogs Wladislavs vom Jahre 1109. bis 1125. Das 18te von den M\xFCnzen Sobieslavs des I. vom Jahre 1125. bis 1140. Das 19te von den M\xFCnzen des K\xF6nigs Wladislavs des I. vom Jahr 1140. bis 1175. Das 20te
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von den M\xFCnzen herzog Friedrichs, und einiger andern Herzoge, bis auf K. Ottokar den I. vom Jahre 1175. bis 1197. Das 21te St\xFCck endlich, von der Blechm\xFCnze K\xF6nig Przemysl Ottokars des I. vom Jahre 1197. bis 1230.
Die Ordnung, welche der H. V. bey jedem St\xFCck beobachtet, ist diese: Zuerst beschreibt er die auf der Kupferplatte vorgestellten M\xFCnzen, darauf folget die Lebensbeschreibung des M\xFCnzf\xFCrsten, sonderlich von der Seite, die einen Einflu\xDF auf das M\xFCnzwesen hat; und endlich eine mit dem gr\xF6\xDFten Flei\xDF abgefa\xDFte Erkl\xE4rung der M\xFCnze selbst. Die Erkl\xE4rungen und dabey h\xE4ufig, doch nie vergeblich angebrachten Anmerkungen, verrathen auf allen Seiten, eine weitl\xE4uftige Kenntni\xDF der Alterth\xFCmer, der vaterl\xE4ndischen Geschichte des b\xF6hmischen Berg- und M\xFCnzwesens, und eine ausgebreitete Belesenheit. Wir k\xF6nnen hier keinen weitl\xE4uftigen Auszug, eines jeden St\xFCckes geben, sondern m\xFCssen die Leser, auf das Buch selbst verweisen. Jeder, der es lesen wird, wird mit Vergn\xFCgen wahrnehmen, wie viele M\xFChe und Flei\xDF, der w\xFCrdige Herr Voigt, bey seinen Arbeiten angewendet, wie er in das Wesen der M\xFCnz- und Bergwerkskunde, immer tiefer eindringet, und wie er sich angelegen seyn l\xE4\xDFet, seinen Lesern, von der b\xF6hmischen M\xFCnz- und Bergwerksverfassung, deutliche und vollst\xE4ndige Begriffe beyzubringen.
(Die Fortsetzung wird folgen.)
II. Naturgeschichte.
I. Nachtrag zur Beschreibung des karpatischen Gebirges.
Unter den Quellen, aus welchen der gelehrte Herr Verfasser, der lesensw\xFCrdigen, und in Ansehung ihrer Ordnung, Zusammenhangs, Vollst\xE4ndigkeit, und ganzen Art des Vortrags, in Wahrheit ganz neuen und sehr vertreflichen Beschreibung des karpatischen au\xDFerordentlichen, Wundergebirges, gesch\xF6pfet, und die er S. 210. und folg. im IIten Jahrgange, um seiner Beschreibung die gegr\xFCndeteste Glaubw\xFCrdigkeit zu verschaffen, mit r\xFChmlicher Offenherzigkeit angef\xFChret hat, verdienet die Beschreibung des Karpatischen Gebirges, welche von dem \xE4ltern Georg Buchholz vorhanden ist, auch ihren Platz. Es war derselbe Pfarrer zu Gro\xDF Lomnitz, in der Gespannschaft Zips, und Senior der sogenannten XXIV. Regalium. Der gelehrte Hr. V. hat derselben ausdr\xFCcklich nicht gedacht, und auch nicht gedenken k\xF6nnen, weil er die-
*) Diesen Aufsatz haben wir der G\xFCte eines Freundes zu verdanken, der sich durch seine Gelehrsamkeit und Rechtschaffenheit, in der Stadt, wo er wohnet, Verehrung und ausw\xE4rts eine besondere Achtung bereits erworben hat. Es ist die Zeit noch nicht da, ihn, eben so, wie andere unserer Freunde, mit Namen zu nennen.
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selbe wie aus diesem Stillschweigen zu schl\xFC\xDFen, nicht in H\xE4nden gehabt, und als eine besondere Geschichtsquelle, bey dieser seiner sch\xF6nen Arbeit gar nicht gebrauchet hat. Allein mittelbarer Weise ist derselben dennoch Erw\xE4hnung geschehen; weil die Nachrichten des ber\xFChmten Mathias Bel in diesem Theile der vaterl\xE4ndischen Naturgeschichte, gr\xF6\xDFtentheils aus dieser buchholzischen Beschreibung genommen worden, und von dem gelehrten Herrn Verfasser, als eine hiebey wohlgebrauchte H\xFClfsquelle ausdr\xFCcklich benannt sind. Bel bekennet dieses in der Pr\xE4sentation seines Prodromi, wenn er \xA7 XXI. nach vorhergehender Anf\xFChrung der von seinem Sohne Georgio Buchholz juniore, erhaltenen akuraten Abzeichnung und Beschreibung der ber\xFChmten Liptauer unterirdischen H\xF6hle unmittelbar hinzusetzet: „Pater vero suus Georgius Buchholzius venerandus Senex & octogenario major, montium Carpathicorum miracula , quae ab ineunte juventute saepe iterumque praesens spectatuit, manu sua, quod in ea aetate dignum admiratione est, fuse & ex vero descripsit, icone simul adjecta, quam Perillustris ac Generosu D. Steph. Berzevitzy de eadem, pro obtutus ratione, qualem in vico Kakas - Lomnitzensi habuit, scire adumbravit, exhibendam, ubi opus integrum cosumaverimus“
Wir k\xF6nnen uns des Besitzes einer eigentlichen vollst\xE4ndigen Abschrift, dieser hier erw\xE4hnten buchholzischen Beschreibung des zipserischen Schneegebirges zwar nicht r\xFChmen; allein wir haben doch einer richtige Abschrift eines andern zimlich weitl\xE4uftigen historischen Aufsatzes dieses w\xFCrdigen Greises in H\xE4nden, welcher eigentlich die von ihm selbst geschriebene Geschichte seines Lebens in sich enth\xE4lt, und als ein sch\xE4tzbares Chronicon sui temporis betrachtet werden kann; in welchem auch seine im Jahr 1664. gethane Karpatische Reise auf vielen Bl\xE4ttern beschrieben, enthalten ist, die unstreitig der Grundstof seiner von dem unsterblichen Bel angef\xFChrten und gebrauchten ausf\xFChrlichen Beschreibung des karpatischen Gebirges gewesen; deren, in einem ganz k\xFCrzlichen Auszuge hier angebrachte Mittheilung, geerten Lesern vielleicht nicht unangenehm seyn, und zur genauen Berichtigung eines und des anderen Umstandes in der sonst vortreflichen Beschreibung des gr\xFCndlich gelehrten Herrn Verfassers etwas beytragen kann. Ich will den ehrw\xFCrdigen Grei\xDF von dieser seiner Reise, mit seinen eigenen Worten und ungeschm\xFCckten Ausdr\xFCcken, doch alle Weitl\xE4uftigkeit zu vermeiden, welche diese Bl\xE4tter nicht erlauben, blo\xDF auszugsweise reden lassen, und sodann am Ende mit einigen wenigen Erinnerungen, in Absicht auf diese sch\xF6ne Beschreibung des Karpatischen Gebirges, auf welche sich dieser geringe Beytrag beziehet, die n\xF6thige Anwendung zu machen suchen:
„Es war (hei\xDFt es damnach mit den eigenen Worten dieses w\xFCrdigen Mannes) im Jahr 1664. in
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den sch\xF6nsten Sommert\xE4gen des Monats Julius, als ich mit noch 9. andern Studenten, zu welchen der Gro\xDF- Schlagendorffer Pfarrer Georg Topperzer, sich gesellete, auf das Schneegebirge gieng — Wir nahmen einen Wildner**) mit, der uns die Weege zeigte — Den ersten Tag haben wir auf Gro\xDF-Schlagendorfer Grund beym Sauerbrunn Mittagsmahl gehalten, und sind darauf zwey Stunden nach Mittag fortgestiegen, bis unter das Krummholz und haben daselbst bey einem Feuer genachtet — Die B\xE4ren kamen brummend fast bis zum Feuer, da\xDF man sie mit feurigen Br\xE4nden verjagen mu\xDFte — Des andern Tags giengen wir fr\xFCh morgens um 2 Uhr durch das Krummholz; und stiegen bis auf die K\xF6nigsnase, einen sogenannten hervorragenden Felsen, der wie zwey oder drey gro\xDFe Kirchen gro\xDF ist — auf demselben haben wir uns ein wenig umgesehen — wenn man geschrien, so gab es ein vierfaches ungemein sch\xF6nes Echo. Wir stiegen sodann immer h\xF6her, worauf der Hr. Schlagendorfer Pfarrer, der Matzdorfer Organist, und vier Studenten w. M\xFCdigkeit nicht weiter konnten, und zur\xFCckblieben — ich aber mit den \xFCbrigen stieg mit gr\xF6\xDFter Gefahr und Anstrengung der Kr\xE4fte immer h\xF6her — Da wir etwa noch zwey Musquetenschu\xDF weit bis zur Spitze zu klettern hatten; blieben zwey Studenten, wieder ganz ermattet zur\xFCck — ich aber mit dem Wildner und Wegwieser, und noch dreyen Studenten, setzte das Steigen fort - so, da\xDF wir endlich mit augenscheinlichster Lebensgefahr die sehr hohe Schlagendorfer Spitze gl\xFCcklich erreichten. Hier sahen wir uns nach allen Gegenden um, und bewunderten auf allen Seiten die Allmacht Gottes — Die vielen gro\xDFen Seen, deren Ausbr\xFCche bisweilen die gr\xF6\xDFten Ueberschwemmungen verursachen — die gro\xDFen steilen Felsen — die Heerden Gemsen mit ihren Steinb\xF6cken und erstaunlichen Springen ec. Da man auf der Spitze die Flinten etlichemal losbrannte, gab es keinen Knall; so, da\xDF wir dachten, da\xDF es nicht losgeschossen worden, wor\xFCber der Wildner, unser F\xFChrer, lachte und, durch Untersuchung des Gewehrs uns des Gegentheils \xFCberf\xFChrte. Wir luden darauf viel st\xE4rker, und brannten los, ohne einen Knall zu h\xF6ren, welches von der sehr subtilen Luft herkam; aber nach einer halben Viertelstunde, nachdem die mittlere dichtere Luft war erreichet worden, lie\xDF sich ein entsetzliches Donnern und Knallen von allen Seiten h\xF6ren, welches fast eine halbe Stunde fortdauerte — Darauf entstund auf der Spitze ein solcher Wind, da\xDF wir uns niederlegen, und an die Steine
halten mu\xDFten, da doch vorher
**) Wildner, vom Wild oder Wildpr\xE4t, bedeutet in der Zipserischen Sprache,einen J\xE4ger.
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nicht das geringste Windlein, ja fast gar keine Luft zum athemholen allda gewesen — und nun glaubte ich aus Erfahrung, was Mr. David Fr\xF6hlich in seiner Geograph. vorhin hievon geschrieben. —"
(Die Fortsetzung folget.)
III. Anekdoten.
Von der Herzhaftigkeit des hungarischen Frauenzimmers.
Erschr\xF6cken sie nicht, sch\xF6ne Leserinnen, wenn Sie hier nichts als Morden, Niedermetzeln, und lauter blutige Auftrite finden! — Ein gerechter Eifer, f\xFCr die Ehre Ihres reizenden Geschlechtes, spornt mich an, den L\xE4sterern, welche Sie, einer Feigheit zu beschuldigen, die Frechheit haben, auf einmal das Maul zu stopfen? — O. lebtest du noch, tapferes M\xE4dchen von Orleans! gewi\xDF, du w\xFCrdest diese elende Sp\xF6tter mit F\xFC\xDFen tretten, so wie du einstens ein ganzes Heer wilder Krieger zerstreuet hast! — Seyd doch nicht so trotzig auf euren Muth ihr J\xFCnglinge, und ihr M\xE4nner! Dem\xFCthiget euch vor dem Frauenzimmer, ihr, die ihr alle von Weibern gebohren seyd! Ehret ihre Macht, und unterwerfet euch ihrem Willen; denn ihr seyd gebohrne Unterthanen, ihr seyd entsprossene Fr\xFCchte ihrer Leiber!
Als die T\xFCrken im Jahre 1552. die hungarische Stadt Erlau belagerten, thaten sich die Weiber der Belagerten, durch ihren Heldenmuth und Unerschrockenheit auf eine sehr merkw\xFCrdige Art hervor. Sie verf\xFCgten sich an die allergef\xE4hrlichsten Oerter und trugen ihren M\xE4nnern, siedendes Wasser und ungeheure Steine zu, um solche den T\xFCrken auf die K\xF6pfe zu werfen. Zween Vorf\xE4lle waren bey dieser Belagerung unter andern \xFCberaus merkw\xFCrdig. — W\xE4hrend eines der rasendsten St\xFCrme, welche die T\xFCrken auf die Festung thaten, wurde eine Frau, die einen gro\xDFen Stein auf dem Kopfe trug, um ihn, von der Mauer herabzuwerfen, von einer Kanonenkugel getroffen, die ihr den Kopf wegnahm, und sie zu den F\xFCssen ihrer Tochter, die neben ihr stand, todt darnieder streckte. Die beherzte Amazonin, welcher der Kummer \xFCber diesen Anblick bis in die Seele drang, glaubte, da\xDF sie des Lebens nicht werth w\xE4re, wenn sie nicht das Herz bes\xE4\xDFe, den Tod ihrer Mutter zu r\xE4chen. Augenblicklich ergriff sie den Stein, der noch von dem BIute ihrer Mutter triefte, rannte damit, wie rasend auf die Mauer, und warf ihn auf einen Platz, wo die Feinde am am dickesten beysammen waren. Sie erschlug damit zween T\xFCrken, und verwundete zugleich noch verschiedene andere.
Die andere That ist noch merkw\xFCrdiger. Eine Dame aus dieser Stadt, stand bey ihrem Schwiegersohne, eben in dem Augenblicke, da er get\xF6dtet
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ward, indem er herzhaft auf der Mauer gefochten hatte. Sobald sie ihn zur Erde st\xFCrzen sah, wendete sie sich zu ihrer Tochter um, welche bey ihr war, und sagte zu ihr, ohne die mindeste Best\xFCrzung merken zu lassen: Nun, meine liebe Tochter, du wirst doch deinem Manne die letzte Ehre erweisen? Aber diese junge Dame, welche nicht minder beherzt war, als ihre Mutter, antwortete ihr, ohne eine einzige Thr\xE4ne zu vergie\xDFen: Mama, es ist jetzt weder Zeit zu weinen, noch Leichenbeg\xE4ngnisse zu halten, wir m\xFCssen blo\xDF auf Rache denken? Mit diesen Worten ergrief sie den S\xE4bel ihres Mannes, lief gegen die Belagerer, und fochte daselbst mit solcher Hitze und Tapferkeit, die wenig ihres Gleichen hat. Sie wich auch nicht eher von der Bresche, als bis sie drey T\xFCrken unter ihren Streichen fallen gesehen. Endlich, da sie zu schwach ward, ihre Kr\xE4fte weiter anzustrengen, zog sie sich zur\xFCck, die Beerdigung ihres Mannes zu veranstalten. Francesco Serdonato,*) und verschiedene hungarische Geschichtschreiber haben angemerket, da\xDF bey dieser Belagerung die christlichen Weiber, ohne sich die mindeste Erholung zu g\xF6nnen, gefochten h\xE4tten. Daher sich denn auch der Kommendant des Platzes nicht enthalten konnte, in der Rede, welche er an die Soldaten hielt, auszurufen: Wir brauchen euch, tapfere Kriegsm\xE4nner! gar nicht zuzureden, da\xDF ihr euch gut halten sollet, denn selbst die Weiber haben ohne R\xFCcksicht, auf die Z\xE4rtlichkeit ihres Geschlechtes, bereits die Dreustigkeit und den Muth gehabt, die Feinde zur\xFCckzuschlagen, und sie sind Ursache, da\xDF wir den Sieg erfochten haben.
Man frage nicht: wo sind denn nun die Amazonen, die streitbaren Damen jener Zeiten? Sie leben noch , und sind eben noch so gro\xDFe Ueberwinderinnen! Sie streiten ohne Schild und S\xE4bel, ohne Helm und Panzer, mit den k\xFChnesten M\xE4nnern, mit den tapfersten Helden, mit den Gewaltigsten auf Erden, und siegen unaufh\xF6rlich! Tugend, Liebreiz und Sch\xF6nheit, ihre angebohrne Waffen, machen sie zu solchen Siegerinnen!
v. W.
*) In seinen Lobeserhebungen ber\xFChmter Damen.
Den in unserm vorigen Blatte beschriebenen, sehr alten, raren, deutschen Codex, k\xF6nnen die Herren Liebhaber, in der Baderischen Buchhandlung, ansehen: und nach Gutbefinden stehet er auch k\xE4uflich zu Diensten.
In Wien zu haben in der Baderischen Buchhandlung neben dem Todtenkopf in der Bognergasse.