Hungarus Digitalis

Digitale Quellenedition - K\xF6nigreich Ungarn

Der deutschsprachige Diskurs \xFCber Sprache und kollektive Identit\xE4t im habsburgischen K\xF6nigreich Ungarn von 1764 bis 1810

Projektphasen 1 und 2

Dieses vom \xD6sterreichischen Fonds zur F\xF6rderung der Wissenschaftlichen Forschung unterst\xFCtzte Projekt ordnet sich in den gr\xF6\xDFeren Kontext des kulturwissenschaftlichen Forschungsfelds Geschichte der mitteleurop\xE4ischen Multiethnizit\xE4t ein. Ziel der Grundlagenforschung des Projekts ist es, einen Beitrag zur Dokumentierung der Entstehung und Entwicklung verschiedener kollektiver Identit\xE4tsmodelle im 18. und 19. Jahrhundert zu leisten. Dem interdisziplin\xE4ren Forschungsansatz liegt die Arbeitshypothese zu Grunde, dass sich vor der Ausbildung nationaler Identit\xE4tsparadigma, die bis heute kollektive Identit\xE4t im mitteleurop\xE4ischen Raum bestimmen, verschiedene noch wenig erforschte Vor- und Zwischen-Formen patriotischen, territorialen und staatsb\xFCrgerlichen Bewusstseins formierten, in denen man nicht unbedingt abgestorbene Vorl\xE4ufer des sp\xE4teren nationalen Identit\xE4tsmusters sehen muss, sondern auch Alternativen erkennen kann, die sich dann zwar nicht durchsetzten, die sich aber im Hinblick auf eine sich heute ausbildende vielschichtige Europa-Identit\xE4t als Studienobjekt anbieten. In der Maria-Theresianischen, Josephinischen und Nach-Josephischen Epoche fand ein Diskurs \xFCber Polyglossie und Loyalit\xE4tsbindungen statt, den zu dokumentieren sich das Projekt zur Aufgabe macht. Im Speziellen erfolgt erstmals eine umfassende Darstellung der Rolle der deutschen Sprache als lingua franca im Habsburgerreich. Schwerpunktm\xE4\xDFig konzentriert sich die Abbildung des Diskurses auf das K\xF6nigreich Ungarn innerhalb des habsburgischen L\xE4nderkonglomerats.

  • Digitalisierung von Zeitschriften
In der ersten Projektphase wurden die ersten deutschsprachigen Zeitschriften des K\xF6nigreichs Ungarn erfasst. Es sind dies alle Bl\xE4tter des Karl Gottlieb Windisch, der erstmals 1764 mit einem Periodikum, der Pre\xDFburger Zeitung auftrat und f\xFCr mindestens drei der Beibl\xE4tter dieser zweimal w\xF6chentlich erscheinenden Zeitung verantwortlich zeichnete. In den fr\xFChen achtziger Jahren des 18. Jahrhunderts wandte er sich dem gelehrten Journalismus zu und gab ab 1781 das Ungrische Magazin heraus. In der zweiten Projektphase (bis 2012) sollen weitere in Wien, Pre\xDFburg und Pest angesiedelte deutschsprachige ungarischen Presseprodukte aufgearbeitet werden. Im Besonderen handelt es sich dabei um die Privilegirten Anzeigen (Wien, 1771-76) des D\xE1niel Terszty\xE1nszky (1730-1800), das Neue Ungrische Magazin (Wien, Pressburg, 1791-92) von Karl Gottlieb Windisch und Ludwig Schedius' (1768-1847) Zeitschrift von und f\xFCr Ungern (Pest, 1802-04).

  • Digitalisierung von gelehrter Korrespondenz
Ausser den Zeitschriften werden auch themenrelevante Handschriften (gelehrte Korrespondenz) digitalisiert. So zum Beispiel der Briefwechsel des Karl Gottlieb Windisch, der sich mit der Genese des Ungrischen Magazins und des sp\xE4teren Neuen Ungrischen Magazins besch\xE4ftigt. Dieser Textkorpus beinhaltet Briefe von Windisch, Daniel Cornides, Johann Seivert, Georg Pray und anderen korrespondierenden Mitarbeitern der Bl\xE4tter. Ein weiterer Textkorpus umfasst den Briefwechsel zwischen Daniel Cornides und Tam\xE1s R\xF3th und setzt sich ebenfalls mit Thematiken, die sp\xE4ter im Ungrischen Magazin diskutiert wurden, auseinander.

Das Projekt ist darauf ausgerichtet, in beiden Datenbanken \xFCbergreifend zu suchen, d.h. die Texte der Zeitschriften mit den relevanten Texten der Handschriften zu verkn\xFCpfen.

  • Digitalisierung der Textumgebung
Zus\xE4tzlich zu den Zeitschriften und der handschriftlichen Korrespondenz wird die Textumgebung der Bl\xE4tter auf dieser Plattform erscheinen: die historischen Werke des Karl Gottlieb Windisch, seine popul\xE4rwissenschaftlichen und religi\xF6sen Schriften aber auch die bedeutende und wenig ausgewertete Statistik des K\xF6nigreichs Ungarn von Martin Schwartner. Diese Texte erlauben das Einbetten der Zeitschriften in einen gr\xF6\xDFeren, historischen und literarischen Kontext, wobei wiederum die \xFCbergreifende Suche im Topikbereich f\xFCr die Erforschung der Zusammenh\xE4nge von zus\xE4tzlichem Wert ist.

Projektphase 3 - ab Oktober 2012

Die dritte Projektphase wird neben der Fortf\xFChrung der Digitalisierung deutschsprachiger Zeitschriften auch ungarischsprachige Periodika exemplarisch in den Datenkorpus integrieren. Geplant ist die Digitalisierung des Magyar H\xEDrmond\xF3 (gegr\xFCndet 1780 in Pressburg), der ersten ungarischsprachigen Zeitung des K\xF6nigreichs Ungarn.

Anmerkung des Projektteams
Die Datenbank ist in den f\xFCnf Jahren ihres Bestehens enorm gewachsen, es handelt sich bei ihr aber weiterhin um ein "work in progress", eine bewusst offene, in viele Richtungen erweiterbare Plattform. Die Texte werden laufend gescannt, eingelesen und kommentiert, die Textsorten im Sinne der \xFCbergreifenden Fragestellung nach kollektiven Identit\xE4tsbildungen im K\xF6nigreich Ungarn im 18. und fr\xFChen 19. Jahrhundert st\xE4ndig erweitert.

F\xFCr Hinweise und Anregungen hinsichtlich der Texte und Kommentare ist das Projektteam dankbar.

Technische und wissenschaftliche Methoden des Projektes

  • Die grunds\xE4tzlichen Unterschiede zwischen den rein Faksimile- oder HTML-basierten Digitalisierungsprojekten der Bibliotheken und DIFMOE zu dem Projekt Hungarus Digitalis:
Die Publikation der Quellen geschieht bei Hungarus Digitalis durch den Einsatz der Opensource-Software Twiki, ein WIKI-Ableger \xE4hnlich dem durch das Online-Lexikon Wikipedia allgemein bekannte und beliebte Mediawiki. Der Unterschied zur Wikipedia besteht in erster Linie darin, dass es f\xFCr die Ben\xFCtzer der Datenbank keine Eingriffs- und Ver\xE4nderungsm\xF6glichkeiten gibt. Die Software bietet allerdings die M\xF6glichkeit, vor Abschluss des Gesamtprojektes bereits kontinuierlich Texte zu publizieren. Ein weiterer technischer Vorteil besteht in der gleichzeitigen Kommentierungsarbeit mehrerer Mitarbeiter. Durch die offene Struktur wird nicht nur der Textkorpus beliebig erweiterbar, er kann mit weiteren Kommentaren immer weiter erg\xE4nzt werden; nicht zuletzt lassen sich durch den transparenten Arbeitsvorgang Korrekturvorschl\xE4ge nachtr\xE4glich ad hoc ber\xFCcksichtigen. Es versteht sich in diesem Zusammenhang von selbst, dass eine internationale Kooperation mehrerer Forschungsstellen angestrebt wird.
Die Quellentexte liegen in Form eines absuchbaren digitalen Volltextes vor. Dieser sog. Lesetext wird mit Hilfe der OCR (Optical Character Recognition)-Erkennungssoftware ABBYY Fine Reader f\xFCr Fraktur erstellt. Die Quellentexte werden zus\xE4tzlich aber auch zur G\xE4nze in einem in Gr\xF6\xDFe und Aufl\xF6sung auf die Bildschirmdarstellung optimierten Bildformat zug\xE4nglich gemacht. Dass hier aus editionstechnischer bzw. computerphilologischer Sicht dem Lesetext gegen\xFCber einer aufwendigen buchstabengenauen Transkription der Vorzug gegeben wird liegt darin, dass Textstellen des Lesetextes am Faksimile sofort eingesehen und kontrolliert werden k\xF6nnen. Das wiki-Format erm\xF6glicht eine bequeme Navigation zwischen suchbarem Text, Textbild und Kommentaren. Au\xDFerdem ist es m\xF6glich, von jedem Text (Eintrag) aus s\xE4mtliche Querverweise (andere Texte, kommentierte Textstellen usw.) aufzurufen. Damit entsteht ein netzwerkartiges Geflecht, das Zusammenh\xE4nge von Texten sichtbar machen soll.

  • Technische Arbeitsschritte
Einscannen der ausgew\xE4hlten Texte
OCR-Erkennung und Korrektur
Hochladen der korrigierten Texte und Bilder auf die Plattform
Layoutierung

  • Wissenschaftliche Arbeitsschritte
Auswahl der zu bearbeitenden Texte
Annotierung der Texte hinsichtlich der Kategorien Personennamen, Ortsnamen, Werke, Begriffe
Wissenschaftliche Analyse der Materialien

  • Dissemination
Organisation von Tagungen
Organisation von Ausstellungen
Publikation der wissenschaftlichen Ergebnisse
Unterst\xFCtzung studentischer Abschlussarbeiten aus dem Bereich der Presseforschung

Zweck des Projektes: wissenschaftliche Perspektiven

Ein dezidiertes Anliegen der Projektleiterin ist es, am Wiener Institut eine Forschungsgruppe, die sich schwerpunktm\xE4\xDFig mit der Entwicklung des Pressewesens – vor allen Dingen des deutschsprachigen Pressewesens in Ungarn, sowie des ungarischsprachigen Pressewesens in Pre\xDFburg, Pest-Ofen und Wien – im Zeitalter der Aufkl\xE4rung besch\xE4ftigt zu etablieren. Es gelang dies in den letzten Jahren bereits durch das Projekt Hungarus Digitalis, sowie durch weitere, sich auf die Medien des 18. Jahrhunderts konzentrierende, aus Drittmitteln finanzierte kleinere Projekte. Mehrere wissenschaftliche Abschlussarbeiten sowie zwei Webportale (Pre\xDFburger Zeitung online und Digihung) verdanken sich dieser Bem\xFChungen.

  • zu erwartende Auswirkungen
Das Projektteam m\xF6chte einerseits die Stellung des Institutes EVSL / Abteiung f\xFCr Finno-Ugristik innerhalb der scientific community st\xE4rken und durch die Aufarbeitung der Quellen, deren Digitalisierung, OCR-Erkennung, Kommentierung, Analyse und Bereitstellung im Internet auch andere Forscher f\xFCr die Thematik und eventuelle zuk\xFCnftige Kooperationen begeistern. Das Team hofft durch diese Grundlagenforschungen wertvolle Vorarbeiten f\xFCr detaillierte Analysen sowie globale monographische Aufarbeitungen der Materie zu liefern. Zudem erlaubt die Bereitstellung der Texte im ASCII-Format, die Volltextsuche, sowie die im Projekt erfolgte Erstanalyse von Namen, Ortsnamen, Werktiteln und Begriffen den Studierenden einen unmittelbaren Zugang zu den Quellen. Diese k\xF6nnen sowohl im universit\xE4ren Unterrichtsbereich, als auch in der Forschung von Literaturwissenschaftlern, Historikern, Kulturhistorikern, Wissenschaftshistorikern etc. gen\xFCtzt werden. Die didaktischen Vorteile des digitalen Editionsmodells wurden bereits anhand des laufenden Projektes Hungarus Digitalis im Bereich des universit\xE4ren Unterrichtes am EVSL / Abteilung f\xFCr Finno-Ugristik im Rahmen des Masterstudiums der Hungarologie erfolgreich getestet. Es ist durchaus denkbar, dass diese Quellen in der dargestellten Form auch im historischen Unterricht Allgemeinbildender H\xF6herer Schulen vorgestellt werden. Die Disziplinenvielfalt (Geographie, Geschichte – einschlie\xDFlich verschiedener Hilfsdisziplinen wie Diplomatik, Epigraphik, Heraldik, Numismatik, Sphragistik –, Kirchen-, Wirtschafts- und Wissenschaftsgeschichte, Sprachwissenschaft, V\xF6lkerkunde und Anthropologie um nur einige zu nennen) w\xFCrde dies durchaus rechtfertigen. Der unmittelbare Zugang erscheint umso wichtiger, als es zu bedenken gilt, dass diese Zeitschriften weltweit nur noch in einigen wenigen mitteleurop\xE4ischen Bibliotheken vorhanden sind. Somit wird auch die internationale Forschung auf dem Gebiet des \xF6sterreichisch-ungarischen Pressewesens beg\xFCnstigt.

  • Implikationen f\xFCr andere Wissensgebiete
Das Projekt ist nicht nur philologisch von Relevanz, sondern vermag durch die Pluralit\xE4t der Inhalte der behandelten und zu behandelnden Bl\xE4tter durchaus auch wichtige Impulse f\xFCr andere Wissensgebiete wie Mediengeschichte, historische Wissenschaften generell und Wissenschaftsgeschichte zu liefern.

  • \xDCber den wissenschaftlichen Bereich hinausgehende Auswirkungen
Durch die Bearbeitung der Zeitschriften und deren uneingeschr\xE4nkten Bereitstellung im Internet kann durchaus auch davon ausgegangen werden, dass interessierte private Leser sich dieser Lekt\xFCre zuwenden. Zudem wurde bereits ausf\xFChrlich \xFCber die M\xF6glichkeiten des Einsatzes der Datenbank im Unterrichtsbereich hingewiesen.

Zu den Zeitschriften

Zu den Handschriften

Wissenschaftliche Arbeiten der Projektmitarbeiterinnen, die im Zuge dieses Projektes entstanden sind, k\xF6nnen hier eingesehen werden.

Topic revision: r58 - 06 Sep 2012, KatalinBlasko
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