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Der Freund der Tugend

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Erzählungen

1. Der vergnügte Ehestand.

Philetas ward ein Mann, und Phillis seine Frau. —
Die Hochzeitnacht, die sie genau,
Und lebenslang zusamm verbunden,
War, wie ein Traum, in lauter Lust verschwunden!
Ein oftmals wiederholter Kuß
Erhitzt, und würzte den Genuß
Der Liebe, die auch selbst die Götter Lust geschmecket! –
Doch, was im Ehebett geschieht,
Das bleibt mit allem Recht verdecket!
Drum sey auch itzt mein keusches Lied
Durch keine Aergerniß beflecket! —

(p10)

Es hatte Phöbus schon mit seiner goldnen Pracht
Den Tag dem Erdenkreis geschenket.
Ein Glück, das alle fröhlich macht,
Nur der Verliebten Wohllust kränket.
Der Landmann pflügte schon sechs Stunden lang das Feld,
Der Städter trieb sein nöhtiges Geschäfte,
Der Wuchrer mit dem theuren Geld,
Der Handwerksmann durch seine Kräfte.
Der Schlämmer, der bis in die Nacht gepraßt,
Ward itzt schon wiederum zu Gast
An seinen Oerter eingeladen;
Der Spieler flucht den Würfeln, und der Nacht,
Die ihn zum Bettler fast gemacht.
Der Kaufmann überdenkt den Schaden,
In den ein Sturm ihn gebracht.
Die Buhlerinn sieht dort, und lacht
Auf ihre goldne Uhr zufrieden.
Die ihr ein geiler Reitz beschieden.
Den Stutzer treibt sein neues Kleid
Zum Fenster seiner spröden Schönen.
Die welke Chloris klagt ihr Leid
Dem Himmel mit viel tausend Trähnen;
Der Dichter schwitzt bey einem Lobgedicht,
Und ruft zum Beystand alle Musen,
Und sie erscheinen gleichwohl nicht!
Die Dame schmückt den vollen Busen,
Und malt das blasse Angesicht.

(p11)

Kurz, jedes war auf seine Wicht,
Und seine Neigung schon erpicht,
Als unser liebes Paar vom süßen Schlaf erwachte,
Und sich mit einem Kuß aus Bett, und Federn machte. —

Man brachte den Kaffe; man trank, und Willis sprach:
Mein Schatz, schon ist es Zeit, dir etwas zu entdecken!
Sie seufzte, und ein wiederholtes Ach!
War schon genug, den lieben Mann zu schrecke.
Sein Herze schlagt, und ein erstorbner Blick
Den Phillis auf ihn schoß, drang ihm durch Leib, und Seele!
Sprich frey, erwiedert er, mein Leben! Und verheele
Mir ja nichts! denn, du weißts, mein Glück,
Hingt von dem deinem ab, so, wie mir deine Schmerzen
Nicht minder unerträglich sind! —
-Drum, so entschütte nur mein Kind
Die Last auf mich, von deinem Herzen! —

Nun bann, sprach Phillis, halb beschämt:
Du weißt: die Eintracht ist das Kleinod in der Ehe!
Damit nun unter uns kein Zank jemals entstehe,
Dadurch sich manches Par zu Tode schon gegrämt:

(p12)

So will ich dir hiemit aufrichtig alles sagen,
Was ich bisher, bey mir allein getragen!
Ich werd verdrüßlich oft, und wunderlich gesinnt,
Und mit dem größten Gram erfüllet;
Doch wird mein Zorn auch bald gestillet,
Wenn man durch Sanftmuht mich gewinnt.
Darum, so sey dir dieß ein unfehlbares Zeichen,
Wann du mich künftig siehst die Schürze* seitwerts streifen:
So denke, daß mein Kopf, am rechten Ort nicht steht,
Und dann laß es nur gehen, wie es geht! —
Weißt du mir nur in etwas nachzugeben,
So können wir vergnügt und stets im Friede leben!

Philetas hörte dieß nicht ohn Entsetzen an,
Und, als er sich ein wenig nur besann,
Sprach er: Wie bin ich dir mein Kind! so sehr verbunden,
Daß du mir dieses offenbart! —
Wir sind auf ewig nun gepaart,
Und, meine Lieb ist viel zu zart,
Als daß ich dir in trüben Stunden,
Dein zartes Herze sollt verwunden.
Ich lobe deine Redlichkeit,
Und werde sie zu jeder Zeit

*Bey uns sagt man Fürtuch.

(p13)

Gebührend wissen zu verehren! —
Doch, unsre Ruhe zu vermehren,
So laß dich auch von meinem Sinn belehren;
Ich werd sehr oft erhitzt, und habe tausend Grillen,
Die mir den Kopf mit Unlust füllen:
Dann will ich unumschränkt, und frey
In meinen Haus allein regieren! —
Drum merke nur darauf: sitzt mir der Hut nicht wohl,
So wisse, daß dein Mund vernünftig schweigen soll! —
Doch, es läßt sich mein Herz, gar leicht auch wieder rühren,
Ein heißer Liebeskuß, giebt mich mir selbst zurück!
Ich weis, du liebest mich, und du verlangst dein Glück,
Drum, laß uns unsre Last gemeinschaftlich ertragen,
So wird den Frieden nie der Zwietracht Sturm zerschlagen! —

Die Phillis stutzt, und hört, was sie sich nie gedacht,
Sie weint! — doch endlich ward der feste Schluß gemacht,
Einander willig nachzugeben,
Und beyderseits genau der Vorschrift nachzuleben! —

(p14)

Und, seht, wie weit sie es gebracht!
Es sah der Mann noch kaum die Schürze seitweits stehen,
Als er den Hut sogleich auch wußte zu verdrehen!
Dann küßte sie den Mann, und er liebkoste sie,
Und, so entzweyten sie sich nie!
Topic revision: r1 - 12 May 2010, KatalinBlasko
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