Welfen
Erläuterung: Adelsgeschlecht bayerischer, fränkischer oder schwäbischer Herkunft; als einer der Stammväter des Geschlechts gilt der fränkische Graf Ruthard († vor 790), der nach der Beseitigung des alemannischen Herzogtum 746 dort als Verwalter wirkte und Besitz erwarb. Mit Graf Welf beginnt die gesicherte Stammreihe des bald in Linien geteilten Geschlechts. Die Eheverbindungen seiner Töchter Judith († 843) mit Kaiser Ludwig I., dem Frommen, und Hemma († 876) mit König Ludwig I., dem Deutschen, trugen wesentlich zum Aufstieg der Familie bei. Von Welfs Sohn Konrad dem Älteren († nach 862), stammen die burgundische (Rudolfinger, erloschen 1032) und die schwäbische Linie der älteren Welfen ab; erstere gelangte 888 in Hochburgund zur Königsherrschaft. Auf der Machtgrundlage umfangreichen Allodial- und Lehnbesitzes in Schwaben, Rätien und Bayern wurden die Welfen zu einer der bedeutendsten deutschen Adelsdynastien im Hochmittelalter; das wohl um 1000 in Altdorf (Weingarten) gegründete Stift diente als Familiengrablege (bis 1126) und wurde welfisches Hauskloster. Anfang des 11. Jahrhunderts erscheint Welf II. († 1030) als Graf in Schwaben. Mit dessen Sohn Welf III. (1047–55 Herzog von Kärnten und Markgraf von Verona) erlosch die ältere Linie im Mannesstamm; das Erbe ging über auf seinen Neffen aus dem italienischen (langobardischen) Haus Este, Welf IV. († 1101), Sohn seiner Schwester Kunigunde († vor 1055) mit Markgraf Azzo II. von Este († 1097). König Heinrich IV. belehnte Welf IV. 1070 mit dem Herzogtum Bayern; als Welf I. wurde er damit zum Begründer der jüngeren Welfen (Linie Welf-Este). Welf IV. war im Investiturstreit Parteigänger des Papstes und einer der Führer der süddeutschen Adelsopposition gegen König Heinrich IV.; 1077 geächtet, erhielt er sein Herzogtum erst 1096 zurück. Heinrich IX., der Schwarze (* um 1074, † 1126; 1120–26 Herzog von Bayern), durch seine Ehe mit der Billungerin Wulfhild († 1126), und sein Sohn Heinrich X., der Stolze, durch die Ehe mit Gertrud, der Tochter Kaiser Lothars III., begründeten die sächsische Machtstellung des Hauses. Der Aufstieg zum Königtum gelang den Welfen nach Lothars Tod 1138 jedoch nicht; der Stauferkaiser Friedrich I. Barbarossa führte zunächst einen Ausgleich mit seinem welfischen Vetter Heinrich dem Löwen herbei, dem er neben Sachsen auch das Herzogtum Bayern zugestand (1156); 1180 entmachtete er nach Interessenkollisionen Heinrich in Bayern sowie Sachsen und zerschlug den welfischen Machtkomplex. Heinrichs Sohn Otto IV. erlangte 1198 die römische Königskrone, 1209 die Kaiserkrone, wurde aber 1214 von König Friedrich II. und dem verbündeten französischen König Philipp II. Augustus bei Bouvines besiegt (staufisch-welfischer Thronstreit 1198–1214/15; Guelfen und Ghibellinen). – Die süddeutschen Welfen starben mit Welf VI. (* 1115, † 1191), dem Onkel Heinrichs des Löwen, im Mannesstamm aus. – Aus dem welfischen Hausbesitz zwischen Elbe und Weser entstand 1235 das Herzogtum Braunschweig-Lüneburg, das Ottos IV. Neffen, Otto I., dem Kind, übertragen wurde. Erst die welfische Teillinie Calenberg, ab 1365 bei (Braunschweig-)Lüneburg, erlangte nach dem Aufstieg zum Kurfürstentum Hannover 1692 und der Thronbesteigung in Großbritannien 1714 europäische Bedeutung (Haus Hannover).
Quellen:
BROCKHAUS