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II. Jahrgang, XIII. Stück, den 25. März 1772.

I. Münzwissenschaft.

In dem zweyten Supplement des neu, eröfneten Groschenkabinets, Seite 647. Nro. 4. wird eine seltene ungarische Kupfermünze beschrieben, und Tab. XXVI. Nr. 4. im Kupfer vorgestellet. Diese Münze, welche mit allem Recht zu den seltenen, unter den ungarischen Münzen gehört, verdienet in vielen Absichten bekannter gemacht, und ausführlicher beschrieben zu werden; um dadurch die theils zweifelhaften, theils unrichtig angegebenen Umstände derselben, richtiger und genauer zu bestimmen. Ich hoffe demnach Liebhabern der Geschichte und der Münzwissenschaft, einen wahren Gefallen zu erzeigen, wenn ich ihre Bekanntmachung, und genauere Erläuterung wiederhohle. Wenigstens wird solche Erläuterung zur Ergänzung und Verbesserung der Nachricht gereichen können, welche die gelehrten Verfasser des neueröffneten Groschenkabinets am angeführten Orte, davon gegeben haben. Ich will erstlich die Münze selbst beschreiben, und denn die wichtigsten Umstände derselben näher anführen und erörtern.

Auf der Hauptseite itzt gedachter Münze sitzen einem Throne von Perlen, unter einem Bogen, der gleichfalls aus Perlen zusammengefetzt ist, zwey Könige nebeneinander. Beyde haben Kronen auf den Häuptern, welche mit drey hohen Kreuzen, und auf jeder Seite mit einer lang herabhängenden Perlenschnur, geschmücket sind; beyde halten in der rechten Hand einen Lilienscepter, und in der Linken einen Reichsapfel. So unansehnlich im übrigen das Gepräge ist, so hat es doch das Ansehen, als hätte der Stempelschneider die Krone der beyden Könige, nach dem Modell der heiligen Stephanskrone, verfertigen wollen. Neben jedem Könige, stehet am Rande dessen Name, nämlich bey dem zur Rechten oben an sitzenden: R. ~ A. das ist Rex Andreas; und bey dem zur

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Linken sitzenden: RE ~ B. das ist Rex Bela.

Auf der Rückseite ist die heilige Jungfrau sitzend abgebildet, welche einen aus Perlen bestehenden Heiligenschein um das Haupt hat. Sie hält in der rechten Hand auch einen Lilienscepter; die linke aber lieget unter der Brust. Neben dem Kopf schwebet auf jeder Seite ein kleines Kreuz, welches von keiner besondern Bedeutung zu seyn scheinet; sondern allem Ansehen nach nur zur Zierde dahin gesetzt worden ist. Die Umschrift heißt: Sancta Maria. Und in Wahrheit, ohne dieser Umschrift, würde man nie errathen haben, daß der schlechte Stempelschneider, mit diesem unförmlichen Gerippe, das Bild der heiligen Jungfrau habe vorstellen wollen. Auch das können wir hiebey nicht unangemerkt lassen, daß die heilige Jungfrau, ohne das Jesuskind, auf unserer Münze stehet: wenigstens ist alles darauf so unförmlich, daß, wenn es auch der Stempelschneider wirklich angebracht hätte, es dennoch unmöglich bemerket werden kann. So viel zur Beschreibung der Münze; itzt wollen wir die historischen Umstände aufklären.

Diese sehr seltene ungarische Münze ist aus den Mittlern Zeiten von Kupfer, in der Größe eines 10 Kr. Stückes, zwar von sehr schlechtem Gepräge, aber von desto größerer Bedeutung. Die Namen der auf der Münze vorgestellten Könige, sind nur mit den Anfangsbuchstaben bezeichnet worden. Es ist auf ungarischen Münzen aus der mittlern Zeit nichts Ungewöhnliches, sonderlich wenn es der Raum nicht gestattet, die Namen nur durch Anfangsbuchstaben zu bezeichnen. Wir finden davon ähnliche Beyspiele auf einer Silbermünze: Bela I. Andreae II. Elisabethae, Ludovici, u. a. m. Die Anfangsbuchstaben A. und B. ergänzte ich oben: Andreas Rex und Bela Rex. Diese Ergänzung zeiget also an, daß unsere Münze, von den ungarischen Königen Andreas und Bela herkomme. Aber von welchen ? da aus der ungarischen Geschichte bekannt ist, daß mehrere Könige dieses Namens die königliche Würde in Ungarn bekleidet, haben. Die Frage ist sehr leicht zu beantworten, wenn man mit unsrer Münze diejenige vergleichet, welche in dem beliebten Groschenkabinete, Tab. XXVl. Nro. 5. angeführet wird. Es ist solches auch eine Kupfermünze, im Gepräge der Avers - und Reversseite, in den Zügen der Buchstaben, und in der Größe selbst, der unsrigen so vollkommen ähnlich, daß man mit aller Zuverläßigkeit behaupten kann, es müssen beyde Münzen, zu gleicher Zeit, und von einem Stempelschneider verfertiget worden seyn. Diese Münze nun wird, und das mit allem Recht, von den gelehrten Verfassern des Groschenkabinets, Seite 650. den beyden ungarischen Königen, Bela IV. und Stephano V. beygelegt. Unser gelehrter Landsmann D. Gottfried Schwarz hat in einer eigenen sehr gründlichen Abhandlung unter dem Titel:

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Specimen rei numarie e medico aevo, dieses fürtreflich dargethan, und die Münze selbst mit historisch-kritischen Anmerkungen beleuchtet. Ich eigne also unsre Münze, aus dieser Vergleichung mit der Nro 5. dem Könige Andrea ll. und seinem Sohne Bela IV. zu.

Es sind einerley Umstände gewesen, die beyde Münzen veranlasset haben. Im Xlll. Jahrhunderte, kam in Ungarn die Gewohnheit auf, das Reich in zwey Theile zu theilen, und zwo Regierungen aufzurichten. Der eine der regierenden Fürsten, führte den gewöhnlichen Titel eines Königes von Ungarn, Kroatien ec. ec. Der andere hingegen wurde genannt: Rex junior auch primogenitus. Diese getheilte Regierung in Ungarn hat Andreas II., welcher auch, von dem ins gelobte Land gethanen Kreuzzuge, den Beynamen Hierosolymitanus bekam, eingeführet. Dieser König hatte keine Brüder, folglich war es ihm etwas leichtes, seinen ältesten Sohn, noch bey seinen Lebzeiten, zum König von Ungarn krönen zu lassen; und hernach die Regierung mit ihm zu theilen. Bela der IV. ahmete hierinnen seinem Vater nach, und übergab auch seinem Sohne Stephano V. einen Theil des Reichs und der Regierung. Diese gekrönten königlichen Prinzen, führten dann den Titel: Rex juinior, primogenitus. Doch es sind nur die beyden in der ungarischen Geschichte bekannt, welche diese Würde eines Regis junioris bekleideten. Eusebius Verinus, hat alles dieses, in seiner Comentation: de haereditario jure serenissimae Domus Austriacae &c. cap. V. pag. 83. Sequ. mit diplomatischen Gründen, und historischen Zeugnissen dargethan. Unsere Münzen sind ein numißmatischer Beweiß dieser wichtigen Staatsbegebenheit. Auf die letztere beruft sich der gelehrte Verinus pag. 95. not. (g): die erstere war ihm unbekannt, zur Bestätigung seiner Sätze aber unumgänglich nöthig.

Aus dem itzt angeführten muthmaße ich: (ich bin aber allezeit bereit, mich eines Bessern belehren zu lassen) daß beyde Münzen, weil außer denen, ihres gleichen, unter den zur Zeit bekannt gemachten ungarischen Münzen, keine vorkommen, nicht sowohl Courantmünzen, als vielmehr aus diese Staatsbegebenheit geschlagene Denkmünzen, gewesen sind. Denn man hat ja von diesen beyden Königen, Andrea II. und Bela IV. silberne Denarios, nach dem damals gewöhnlichen und gangbaren Gepräge, und nach dem ordentlichen Münzfuße ihrer königlichen Vorfahren. Folglich ist es sehr wahrscheinlich, daß beyde Kupfermünzen, wenn sie ja einen gewissen Werth hatten, dennoch auch was anders anzeigen sollten; nämlich die Theilung des Reichs und der Regierung dieser beyden Könige mit ihren Söhnen. Welch ein Glück also für die Geschichte, daß beyde Münzen aufbewahret, und in die Hände geschickter Sammler gekommen sind! wie fürtreflich bestättigen

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sie nicht dasjenige, was uns die ungarischen Geschichtschreiber, Diplomata, und andere Urkunden, von einer wichtigen Staatsbegebenheit des Xlll. Jahrhunderts sagen.

Zum Beschluß verdienet noch das Gepräge auf der Reversseite unserer Münze bemerket zu werden, wie unförmlich es auch anssiehet. Man ist noch nicht einig, zu welcher Zeit das Frauenbild auf ungarischen Münzen zuerst vorkommt. Und es läßt sich in Wahrheit dieser Umstand nicht so leicht bestimmen, theils wegen des Mangels nöthiger Urkunden, theils weil von dem Gelde der ersten ungarischen Könige nur einige wenige Stücke zum Vorschein gekommen, und von fleißigen Sammlern aufbewahret worden. Der sehr geschickte, und in der Numißmatik geübte P. Palma, hat in seinem schönen specimine Iheraldicae regni Hungariae, lib. I. cap. VIII. pag. 44. &c. diese Frage mühsam untersucht, und richtiger als seine Vorgänger bestimmt. Er entscheidet zwar nichts; es ist auch schwer, bey so großer Dunkelheit der Sachen, etwas zu entscheiden. Er sagt aber doch: daß er das Frauenbild zuerst aus der Kupfermünze Belae IV. wahrgenommen. Unsere Münze beweißt es nun, daß Bela IV. seinen Vater Andreas II. nachgeahmet habe, und daß also schon zu Andrea II. Zeiten, auf einigen Münzen das Bild der heiligen Jungfrau gepräget worden seye. Ich will hievon nichts mehr erwähnen, sondern erspare es auf eine bequemere Gelegenheit, da diese numißmatische Frage in einer ganz eigenen Abhandlung näher untersucht, und genauer bestimmet werden soll.

A.J.C.

II. Künste.

Fortsetzung des im II. Jahrgange Xll. Stücke abgebrochenen Verzeichnisses der Satzungen der k.k. freyen Zeichnungs - und Kupferstecherakademie.

Anstalten die Jugend zur Kentniß der Zergliederungskunst anzuleiten.

Sechstens: weil es nicht möglich ist, daß man ohne Kenntniß der Zergliederung des menschlichen Körpers in der Zeichnung vollkommen werde; so ist von der Akademie die Anstalt getroffen worden, daß zu den Räthen der zwoten Klasse ein geschickter Arzneygelehrter als Ehrenrath aufgenommen worden, welcher in der Zergliederungskunst, soviel einem angehenden Zeichner davon zu wissen nöthig ist, der studierenden Jugend, zweymal des Monats, den nöthigen Unterricht ertheile. Dieserwegen ist in dem Saale der Akademie ein Beingerippe aufbehalten, daran von dem Arzneygelehrten die Unterweisung vorgenommen wird.

Ferner zur Meßkunst und Perspektiv.

Damit auch die angehenden Künstler einigen Unterricht in der Meßkunst erhalten, und von den Grundsätzen der Perspektiv das höchstnöthige Kenntniß erlangen mögen: so hat die Aka-

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demie den Bedacht genommen, damit jemand unter den Räthen der zwoten Klasse sich befinde, der in diesen Wissenschaften den lehrbegierigen Schülern eine hinlängliche Anweisung zu geben fähig seye.

Von der Aufnahme und den Obliegenheiten der akademischen Rathsglieder.

Siebentens: Werden alle Glieder des Raths, sowohl von der ersten, als zwoten Klasse, unter Genehmhaltung des Protektors, durch eine freye Wahl der sämmtlichen akademischen Mitglieder, bey einer öffentlichen Versammlung, nach der Mehrheit der Stimmen erwählet.

Kein Künstler kann zum Rathe der ersten oder zwoten Klasse erkohren werden, welcher nicht zuvor als Mitglied der Akademie einverleibet war.

Die neuerwählten Räthe werden, wenn sie von Adel, oder Gelehrte sind, vermittelst eines Handschlags angeloben, daß sie die Wohlfahrt der Akademie, und das Wachsthum der Künste nach allen Kräften befördern wollen. Die zu Räthen auserkohrnen Künstler hingegen werden sich durch einen Eid verpflichten, daß sie über die Satzungen der Akademie fest halten, und alles was zum Flor der Akademie gereichen kann, kräftigst bewirken wollen.

Von den ordentlichen Versammlungen der Akademie.

Achtens: Wird von 3 zu 3 Monaten eine ordentliche Versammlung, und zwar jedesmal den letzten Sonabend des Monats gehalten. Bey derselben sind alle Räthe zu erscheinen schuldig. In dieser Versammlung macht der Direktor den Vortrag, oder läßt denselben durch den Akademiesekretär machen, und jene Punkten, über welche die Berathschlagungen zu machen sind, werden nach der Ordnung fürgenommen, und die Meynung der einzelnen Räthe darüber eingeholet.

Von dem Gegenstande der Beratschlagungen.

Zum Gegenstande der Berathschlagungen, werden theils die Mittel und Wege gewählt, durch welche der Fortgang der Künste: der daraus für das Vaterland erwartete Nutzen, und der Flor der Akademie befördert werden könnte: theils auch die Untersuchungen und Betrachtungen über die Künstler, welche in die Akademie als Mitglieder aufgenommen zu werden verlangen: wie auch, was die Wahl der Akademieräthe betrift.

Was bey den gefaßten Versammlungsschlüßen zu beobachten ist.

Der Sekretär führet bey diesen Berathschlagungen die Feder, bringt den durch die Mehrheit der Stimmen gefaßten Schluß zu Papier, und läßt solchen von dem Direktor und anwesenden Räthen unterschreiben. Bevor der gefaßte Schluß noch zur Vollziehung gebracht wird; wird selbiger jedesmal dem Protektor zur Prüfung vorgelegt, welcher alsdann nach seinem Gutbefinden, solchen bey den ge-

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hörigen Stellen einzureichen, der Akademie erlaubet; oder dieses selbst auf sich nimmt, und selben allerhöchsten Orts in Person übergiebt.

Von der dritten Klasse der Akademie.

Neuntens: bestehet die dritte Klasse der Akademie aus jenen Mitgliedern derselben, welche entweder ordentliche oder Ehrenmitglieder derselben sind, und dazu von beyden Klassen des akademischen Raths, und den anwesenden Mitgliedern aufgenommen werden.

Eigenschaften eines ordentlichen Mitgliedes.

Zehentes: Zu ordentlichen Mitgliedern werden angenommen: Makler von allerley Arten, wenn sie nur die erforderte Stärke in der Kunst besitzen, sie mögen übrigens in Historien, Schlachten, Landschaften, Bildnissen, Thieren, Früchten, Blumen oder Miniatur sich hervorthun; Bildhauer, unter welchen auch geschickte Gold-Silber- Stahl- und Stempelschneider mitverstanden werden: denn Baumeister und Kupferstecher.

Eilftens: Wird kein hier ansäßiger Künstler zum ordentlichen Mitglied angenommen, wenn er es nicht schon von einer andern Akademie ist: oder wenn er nicht wenigstens vorher die Kupferstecherakademie ein Jahr lang besuchet hat.

Zwölftens: haben diejenige, welche in der Klasse obbesagter Künstler begriffen sind, und zu wirklichen Mitgliedern der Akademie aufgenommen zu werden verlangen, sich bey der Akademie zu melden, und zum Beweiß ihrer Geschicklichkeit, eine Vorstellung aus der Historie, oder Schlachten, Landschaften, nach dem Maaß, so der Direktor vorschreiben wird, zu verfertigen. Die Portraitmahler haben einen Rath, oder eine mit akademischen Aemtern bekleidete Person zu schildern. Von den Miniaturmalern nimmt die Akademie kein Bildniß, wohl aber historische Stücke an. Die zu Wien ansäßigen Kupferstecher haben von den Stücken ihrer Aufnahme 100 der ersten Abdrücke der Akademie einzuliefern, welche dieselben zu ihrem Nutzen zu verwenden berechtiget ist. Die Bildhauer, Gold - Silber-Stahl- und Stempelschneider haben ihre, ihrer Aufnahmewegen, zu verfertigende Stücke von Metall oder harten Steinen zu machen.

v. P.

III. Tonkunst.

Nachfolgendes Schreiben ist uns eingeschicket worden, da der darinnen abgehandelte Gegenstand unsern Absichten gemäß, und die Art des Vortrags unsern« Grundsätzen angemeßen ist: so haben wir keinen Anstand gefunden, es dem Publikum mitzutheilen.

Sie schreiben uns so viel Schönes und Nützliches in ihren Blättern. Sie belehren, unterrichten und vergnügen nach ihrem, und unserm Wohlgefallen. Wir sind ihnen allen Dank dafür schuldig. Allein darf ich sie

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fragen: warum machen sie uns keine Beschreibung von den Werken des unschuldigsten Vergnügens: von der freundschaftlichen Begegnung der Kunst und Natur? Ich weiß, daß die größte Anzahl ihrer Leser wahre Freunde der edlen Tonkunst sind. Sie sind Kenner des guten Geschmacks: sie sind nicht allein Liebhaber des ernsthaften, sondern auch des ergötzenden Zeitvertreibs. Ueberhaupt sind sie Freunde der schönen Künste und Wissenschaften. Die scherzende Unschuld, und die jugendlichen Lieder, welche die Natur selbst dem Menschen einflößet, und die ihm zur Aufheiterung seines oft umwölkten Geistes dienen müssen, sind ihnen so gut bekannt, als das ernsthafte Geschäfte der menschlichen Nothdurft.

Was kann angenehmer seyn, als die Abwechslung der Arbeit, mit der Anhörung einer rührenden Musik ? Ist sie es nicht, welche die ermüdeten Seelenkräfte wieder aufmuntert ? Die Anmuth, das allerreineste Vergnügen, die Freude, die süsse Vergessenheit des Verdrusses, und die genaue Uebereinstimmung der Seele mit der Harmonie, werden alle durch diese himmlische Kunst erzeuget, so oft wir ihre bezaubernde Lieder anhören.

Unsre erbländische Melopoeten und Tonkünstler haben schon verschiedene große Werke ihrer Kunst hören lassen: auch viele Genies zur Nachahmung aufgemuntert, und zur Kunst selbst angeführet.

Einen Beweiß giebt uns die im itzigen Jahre recht oft aufgeführte komische Oper: Der Jahrmarkt zu Venedig. Dieses Singspiel ist von dem Publikum mit allgemeinem Beyfalle aufgenommen, auch etlichemale zween Täge hintereinander aufgeführet, und von vielen Zuschauern aufs neue gehöret worden.

Die Poesie dazu hat Herr Johann Gaston Bocherini, ein arkadischer Poet, aus Lucca verfertiget. Die Handlung fängt auf dem Markte an, wo sich, bey den Verkäufern verschiedener Waaren, maskirte Käufer einfinden. Eine Standsperson Namens Ostrogoto will der Falsirena seiner Geliebten etwas kaufen, und ist gegen die Anwesenden sehr freygebig. Indessen läßt seine rechtmäßig versprochene Braut, Calvandra, ihreAnkunft wissen, worüber er bestürzt seine Vertraute in einen Gasthof führen heißet. Diese kehret wieder zurück, und giebt sich zu verschiedenenmalen, bald für eine Sängerin aus, welche wegen Mangel des Verdienstes lhre Uhr ausspielen lassen wollte, und solches auch durch ihren Liebhaber zuwegebringet: bald läßt sie sich als eine französische Galanteriehändlerinn bey ihm sehen. Ein andersmal verkleidet sie sich in eine deutsche Baronesse, und jedesmal nimmt sie Gelegenheit mit ihrem Vertrauten zu reden. Das letztemal drohet sie, ihn umzubringen, wenn er nicht sein Versprechen, mit ihr zu Nacht zu essen und sie zu heurathen, halten würde. Er begleitet sie. Seine Braut erfährt in seiner Abwesenheit das Vorgegangene. Sie gehet maskirt dahin, und findet ihren Bräutigam.

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Beyde sehen und hören, daß diese seine Geliebte einen andern geringen Menschen liebet, worüber Ostrogoto sie verstößt, sich mit seiner Braut aussöhnet, und mit ihr nach Vicenza verreiset.

Dieses ist ungefähr der Inhalt des Stücks. Die Musik hierzu hat Herr Anton Salieri verfertiget. Noch ein junger, aber mit großen Talenten begabter Komponist, der seinem vortreflichen Meister, dem k. k. Kapellmeister, Herrn Gasmann, einem Manne, der neben der guten Aufführung, welche den Charakter des Virtuosen ausbilden hilft, die Tonkunst in ihrer völligen Größe besitzet, Ehre macht. Man findet Feuer, Harmonie, Erfindung, und starke Abwechslung der musikalischen Kolorite. Die Simphonie ist brillant, und dem komischen Geschmack angemessen, welches auch der nachfolgende Chor zeiget. Die erste Arie enthält starke Veränderungen, und eine bündige Harmonie. Die Arie: il pargoletto amabile, wird als ein ernsthaftes Adagio gehöret; welches aber durch das nachkommende Allegro im zweyten Theile angenehm abwechselt.

Es wäre wider mein Vorhaben, wenn ich ihnen alle Theile dieses anhörungswerthen, und ihnen ohnehin bekannten, Singspieles beschreiben wollte. Nur dieses wenige noch: Der Komponist hat getrachtet, die im französischen Texte stehende Arie, nach dem Geschmack der Nation auszudrücken: desgleichen auch die deutsche: woran aber die Sprache keinen Antheil hat. Die nachkommende Arie: Se ridendo mi guardi: zeichnet sich durch ihre Begleitung besonders aus, welches auch die folgenden: dal gran corrento, und vi sono sposo e amante beweisen, wovon die letztere wohlgerathene certirende Passagen der Singstimme, Hoboe, Flöte und des Horns enthält. Der komische Chor allegre, allegre Signore Maschere, besitzt natürliche Schönheiten, die dem großen Haufen gefallen müssen. Ein wirkliches Lob!

Ich habe mir vorgesetzt, ihnen eine kurze Beschreibung von dieser schönen Oper zu zuschicken. Finden sie sie würdig, ihren Anzeigen beyzusetzen; so freuet michs, daß ich vielleicht auch etwas zum Vergnügen derjenigen geschrieben habe, welche weit entfernet, ihre Blätter lesen, und Liebhaber von musikalischen Neuigkeiten sind.


In Wien zu haben in der Baderischen Buchhandlung neben dem Todtenkopf in der Bognergasse.
Topic revision: r4 - 08 Nov 2010, AgostonBernad
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