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II. Jahrgang, XXVIII. Stück, den 8. Julius 1772.

I. Allerhöchste Verordnung.

Robathordnung, welche in dem Erzherzogthum Oestreich unter der Ens beobachtet werden soll.

Vom 6ten Junius dieses Jahres.

lhre kais. königl. apost. Majestät haben unter andern landesfürstl. Fürforgen das allerhöchste Augenmerk jederzeit auch dahin allergnädigst gerichtet seyn lassen; damit die zu den Landgüthern gehörige Unterthanen über ihre wahre Gebühr nicht gedrücket: hingegen aber auch der rechtmäßigen Schuldigkeit nicht entzogen, und auf diese Art, unnöthigen Streiten und Irrungen, zwischen Herren und Unterthanen, vorgebeuget werden möchte. Und in dieser Absicht ist die unterm 13. März 1679 publicirte Landesverfassung, in Betreff des fünften Titels, worinne von der Robath gehandelt wird, zu Vermeidung aller ungleichen Ausdeutung, näher bestimmet, wegen der daraus entstandenen sehr vielen Rechtsstreitigkeiten und kostbaren Proceßführungen, in eine mehrere Deutlichkeit gesetzet, und aus landesfürstlicher Machtsvollkommenheit nachfolgende Ordnung, zur künftigen allgemeinen Richtschnur, und unverbrüchigen Nachverhalte, gesätzmäßig vorgeschrieben, und kund gemacht worden.

1.) Ein jeder Hold und Unterthan auf dem Land, wie auch in den unterthänigen Städt- und Märkten, wes Standes selber immer seyn mag, ist von jedem seinem behaußten Gute dem Grundherrn, oder dem Fruchtgeniesser der Grundobrigkeit, die Hand -oder Zugrobath zu leisten schuldig.

2.) Von den unbehaußten Güthern und Gründen, als Burgrechten oder Ueberländgrundstücken sind deren Innhaber dem Grundherrn einige Robath zu verrichten nicht verbunden.

3) Innleuten, sie mögen verheurathet, verwittibt, oder ledigen Standes seyn, mag der Grundherr eine Hand- oder Fußrobath jedoch nicht

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über 12 Tage im Jahre, auferlegen; hingegen sonsten kein Schutzgeld weiter von ihnen fordern.

4.) Die hierländigen Unterthanen sind der Robath halber in ganze, halbe und viertel Löhner von Alters her eingetheilet worden. Hierbey hat es noch ferner sein Bewenden, und ist ein Ganzlöhner mit einem vierspännigen Zuge, nämlich mit vier Pferden oder Ochsen: ein Halblöhner aber mit einem zweyspännigen Zuge, nämlich mit zwey Pferden oder Ochsen, in die Robath zu fahren schuldig. Wären sie etwa mit mehrern Zügen versehen, so mag ihnen deswegen dennoch eine größere Zugrobath nicht aufgebürdet werden: im Gegentheil aber, wenn die Unterthanen ihr Zugvieh abgeschaffet hätten, sind dieselben die vorgeschriebene Zugrobath dem Grundherrn verrichten zu lassen, dem ohngeachtet schuldig.

5.) Unter dem Worte Robath werden alle Arbeiten und Verrichtungen begriffen, welche von der Herrschaft nach Erfordernissen anbegehret werden. Jedoch soll die für jede Klasse der robathenden Unterthanen bestimmte Zug - Hand - oder Fußrobath, nach dem im vorstehenden 4ten Absatzt gemachten Unterschiede, genau beobachtet werden. Zu den weitern Robatfuhren sind nur allein jene zu rechnen, wo der Unterthan in einem Tage an dem Orte, wohin er die Zugrobath zu leisten hat, nicht wieder in sein Haus kommen kann; sondern in der Hin - und Herreise über Nacht sich auf dem Wege aufhalten muß.

In diesem Falle soll von der Herrschaft oder Obrigkeit für jedes Pferd ein Mäßl. Haber, und für jeden zur Fuhr benöthigten Knecht des Tages 7. Kr., dann über dieses noch das auf der Reise etwa bedärfende Stall - und Mauthgeld mitgeben werden.

6.) Ein Hold und Unterthan muß entweder selbst die Robath verrichten, oder eine taugliche Person, welche die vorhabende Robath zu bestreiten vermögend ist, in die Robath schicken. Es kann auch von mehrern Erben oder Besitzern eines behaußten Gutes nicht mehr als nur eine taugliche Person zur Robath anbegehret werden: indem der Innmann, nebst seinen Eheweibe, Kindern und Hausgesinde nur für eine Robathperson zu halten sind.

7.) Soll die Robath in langen Tagen aus 10 wirklichen Arbeitsstunden dergestalt bestehen, daß zwischen den vormittägigen und nachmittägigen 5. Arbeitsstunden, bey der Zugrobath, die Zeit zu einer zweystündigen Fütterung des Zugviehes, und bey der Handarbeit, eben so viel Zeit, dem Handrobather zum Essen und Rasten gestattet werde: in kürzern Tagen aber, wo die erwähnten 10. Arbeits- und zwo Eß - und Fütterungsstunden nicht möglich sind; sollen die Robathen vom Anbruch des Tages bis zum Abend geleistet, und zwischen der vormittägig - und nachmittägigen Arbeit dem Handrobather zwo Stunden zu seiner Erquickung; und dem Zugrobather eben so viele zur Fütterung

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II. Fortsetzung der Gellertischen Urtheile über bekannte Schriftsteller.

Lock: der brauchbarste und gründlichste Mann. Seine Anweisung ist gut.

Die Anmerkungen in 28 Abschnitten sind im Schulmagazin zu finden.

Coste gut: ist eine deutsche Uebersetzung heraus.

Frau von Lambert. Fenelon ist ihr vorzuziehen. 2 von ihren Briefen sind in Stockhausens Sammlung von Briefen anzutreffen.

Cramer. Schreiben einer Mutter an ihre erwachsene Tochter : ist sehr gut.

Crousaz: de I'education des Enfants: ist mittelmäßig. Er starb zu Lausanne 1748.

Wilkes. Von der Erziehung der Frauenzimmer: ist werth von Frauenzimmern gelesen zu werden; doch muß der erste Bogen hinwegbleiben.

Kirchmanns. Maximen und

Lawe Rede eines Vaters an seinen zehenjährigen Sohn, sind gut.

Sulzes . Versuch ist gut vom dritten Kapitel an.

Martinesus. Schulbeförderungen: sehr gut; ist zu Altona 1766 gedruckt worden.

Briefe überhaupt. Der Verfasser ist ein Jurist: enthalten viel Gemeines und Gesagtes. Der Anhang von der Religion ist zu kurz, doch das beste.

Wochenblatt. Die Stücke sind wie die Verfasser ungleich und nichts neues.

Lehrmeister. Mehr ein Schulhandbuch, und ist mittelmäßig. Die geometrische Materie ist von Ebert ganz umgearbeitet worden.

Miller. Doktor der Theologie zu Göttingen: ein vortreflicher Charakter und verdienstvoll. Seine Schildereyen sind zu empfehlen. Sie bestehen aus 5 Theilen. Drey davon sind für Erwachsene. Er hat auch die Schule des Vergnügens geschrieben.

Maj: Weitläufig, nicht sehr unterhaltend.

Neue Telemak von Lambert: nicht von Beaumont, ist gut.

Beaumont. Die zween ersten Theile ihres Magazins sind vor Töchter gut: der 3te aber vor Verheurathete. Hat Verstand, Geschmack, gutes Herz; hält zu viel auf gute Werke. Sie treibt es öfters zu weit, wenn sie eine christliche Webe über die menschliche Vernunft ziehet.

Rousseau. Aemil ist ein Roman. Seine Werke litten, wie sein Charakter, viel Schicksal wegen seiner paradoxen und meistetheils falschen Sätze, Er glaubt, was andere nicht glauben. Die natürliche Religion

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träget er zu emphatisch vor. Taugt nicht viel.

Ramsai. Reisen des Cyrus ist vom Abt Berlet und gut geschrieben.

Fenelon. Telemac ist eigentlich für Prinzen geschrieben worden: ist zu poetisch und zu weitläufig.

Ferason Abt Selhos ist gut. Ruhe des Cyrus ist angenehm.

L'Arrei: ein reformirter Flüchtling ist der Author. Man findet die erste Herausgabe von 1719 her. Historie des sages, nicht sonderlich.

Magazine, wenig Moral.

Wochenschriften: die besten. Der Zuschauer. Der Greiß. Der Patriot. Der Freund. Der Jüngling von Cramer und Giesecke. Das Reich der Natur und Sitten, zu Halle gedruckt. Der ökonomische und physikalische Patriot, in Hamburg herausgegeben.

v. S.

III. Naturgeschichte

Fortsetzung der Beschreibung des karpatischen Gebirges.

§. 2. Von den verschiedenen Bergen im Liptauer Komitat und ihren Benennungen.

Ins besondre wird das karpatische Gebürge in der Liptauer und in der Zipser Gespannschaft, nach seinen Bergspitzen abgetheilet, die eben so viel besondere Berge ausmachen, denen theils die Ortschaften, vor welchen sie liegen: theils ihre sonderbare Gestalt, und die dabey geschäftige Imagination des gemeinen Mannes, theils andere itzt meistens unbekannte Umstände, ihre Namen gegeben haben. Jeder dieser Berge hat sein eigenes, bald mehr, bald weniger, anmuthiges Thal, welches brausende Bäche reissend durchlaufen, und darinnen Bäume, das schönste Graß, und allerley heilsame Kräuter wachsen; nur wenn man hoch kommet, findet man zuweilen, mitten im Sommer, einige Plätze mit Schnee bedecket, der fast nie vergehet, sondern mit neu aufgefallenem vermehret wird. Das Graß ist an vielen Orten, eine halbe Ellen lang, und, kaum daß der Schnee vergangen ist, zur Verwunderung des Zuschauers schon von merklicher Größe. Es wächst nämlich unter dem Schnee, und sobald dieser geschmolzen, so sehen die meisten Thäler, einer anmuthigen Wiese gleich, welche das schönste Grün färbet.

Die vielen karpatischen Bergspitzen, in der Liptauer Gespannschaft hat Belius, in seiner Notitia Hung. novae, Tomo II. pag. 516. sequ. richtig angezeiget, und das sonderbare derselben, soviel ihm davon bekannt geworden, vortreflich vorgetragen. Wir wollen nur die beträchtlichsten dieser Bergspitzen anführen, sonderlich aber diejenigen, deren wir hernach in unserer Abhandlung, an verschiedenen Stellen Erwähnung machen müssen.

Hieher gehöret zuerst, der sogenante, Chotsch. Seine außerordentliche

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Höhe macht ihn merkwürdig. Es übertrift dieser Berg, den Kryvan ausgenommen, alle übrige; an Höhe, in dieser Gespannschaft. Denn, bey heiterm Himmel, erblickt man von der Spitze desselben Krakau in Pohlen. Unter der Spitze raget ein gräßlicher Felß hervor, dessen Sonderbares wir §. 6. anmerken werden.

Der so genannte Spuschtiak, ist der andere Berg, der hier eine Stelle verdienet. Er ist einer von denen, welche wegen ihrer starken Waldungen, und wegen der guten Weyde, den Einwohnern dieser Gegend, viele Vortheile verschaffen. Sonderlich macht ihn vor andern der Umstand berühmt, daß seine höchste Spitze, gleich einer Ebene, mit den schönsten Wiesen, durchaus besetzt ist.

Der dritte Berg ist der Stit, eigentlich ein Schild, weil seine Gestalt einem Schilde nicht unähnlich siehet.

Der 4te, der Rohatsch , oder der gehörnte Berg, denn er ist aus drey spitzigen Felsen zusammengesetzt, die als eben so viele Hörner hervorragen. Beyde Berge, sind ehemals wegen ihrer Gold- und Silbergänge berühmt gewesen, die aber nicht mehr bebauet werden, weil die Gewerken bey ihrem Bau, nie einige Vortheile, sondern beständigen Verlust hatten. Die Ursach davon, werden wir an seinem Orte schon anzeigen.

Repa, Kamenista, Bistro, Domanowa, wiederum vier besondere Berge, davon die ersten zwey, wegen des sehr bequemen Fußsteiges nach Pohlen, auf Zakopany und Witow zu; der letztere aber, wegen einer Berghöhle bemerkt zu werden verdienet.

Ferner sind noch merkwürdig, der sogenannte Granát, der Tycha, und der Hruby. An dem Fuß des Granat Berges, stehen fünf kleine Seen nebeneinander, die aber von keiner weitern Erheblichkeit sind. Der Tycha Berg, hat auch einen kleinen See, aus welchem der Bela Fluß entspringet, welcher bey Hradek in die Waag fällt. Der Hruby übertrift nicht nur die andern an Höhe, sondern er ist auch die Gränze der Liptauer Gespannschaft gegen Pohlen. In dem Thal, zwischen diesem und dem Tycha Berg, ist ein kleiner See, dessen Wasser, in den Bela Fluß mit vielem Getöße fället.

Endlich verdienen hier noch vor allen andern eine Stelle, der große und kleine Krywan, und der Berg Wizoka — der große Krywan, ein aus wunderbar gekrümmten Felßklippen zusammen, gesetzter Berg, liegt dem Dorfe Wazecz (die Waag) gegenüber, und gränzet an die karpatischen Bergspitzen der Grafschaft Zipß. Es ist dieser karpatische Berg einer von den berühmtesten, sowohl wegen seiner außerordentlichen Höhe, als auch wegen der verschiedenen Metalle, welche wir an seinem Orte anzeigen wollen. Seine Höhe betreffend, können wir nach der Aussage der beyden Herren Officiere, von dem großen k. k. Generalstaab, mit Gewißheit behaupten, daß der Krywan, die höchste Bergspitze des karpatischen Gebirges

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ist. Sein, Rücken oder Gipfel ist 15 Klafter lang, und 7 Klafter breit. Von der Seite der beyden Dörfer Wazecz und Wiehodna, ist der gewöhnlichste auch leichteste Zugang zu dieser Bergspitze. Von der Seite, des Dorfes Hybe (Geib) hingegen, ist er viel mühsamer, und von der Nordseite ganz und gar unmöglich. Der kleinere Krywan, den die dortigen Einwohner, gegen den großen Krywán, Verkleinerungsweise Krywanik (das Krywanchen) ennen, bestehet aus einem einzigen sehr steilen und gräßlichen Felsen. Am Fuß desselben ist ein großer See, welchen wir §. 7. anzeigen werden.

Der Berg Wißoka, ist die letzte karpatische Bergspitze, von der Nordseite in der Liptauer Gespannschaft, und der nächste Nachbar zum karpatischen Gebirge, in der Grafschaft Zips. Der ganze Berg ist aus lauter steilen Felsen, und ungeheuren Steinwänden zusammengesetzt, und diese seine ungeheure Höhe, hat ihm auch den Namen Wißoka gegeben. Seine übrige Merkwürdigkeiten werden bey der Beschreibung der Seen, und der Wasserfälle des karpatischen Gebirges vorkommen.

§. 3. Von den karpatischen Bergen im Zipser Komitat.

In der Zipser Gespannschaft fänget eine neue Reihe von karpatischen Bergen an, welche als eine aneinander hängende Bergkette unterbrochen fortlaufen. Man zählet 19 besondere Bergspitzen, in diesem Ansehenswürdigen Trakt des karpatischen Gebürges, die wiederum eben so viele Berge ausmachen, davon, einer den andern an Höhe, und an Wundern der Natur übertrift. Es sind uns alle diese Bergspitzen nach ihren eigenen Namen, und Situation bekannt geworden, aus einem sehr kurzen, aber ziemlich zuverläßigen Abriß, den wir im Manuscript, unter folgendem Titel besitzen: Delineatio & nomenclatura montium Carpathicorum, qualiter sese Lomniczae, in Comitatu Scepusiensi conspiciendi sistum, ibidem ann 1717. signata, per Georg Buchhocz. juniorem Kesmariensem. Nach dieser Beschreibung, die wir freylich selbst weitläuftiger und vollständiger wünschten, wollen wir in diesem Absatz alle diese Bergspitzen, da sie noch nirgends benennt worden sind, ordentlich anzeigen, das merkwürdige derselben aber, jedes an seinem Orte hernach insbesondere umständlicher beschreiben.

Der allererste karpatische Berg, in der Grafschaft Zipß, ist die sogenannte Mengsdorfer Spitze, der andere die Botzdorfer, der dritte, die Gerlsdorfer Spitze. Hernach folget der Kastenberg oder die Thürme; dann die Schlagendorfer Spitze. Von der einen Seite der Schlagendorfer Spitze, ist der Fölck-Grund, und von der andern die Kahlbach, aus welchem Thal der Fluß dieses Namens entspringet. Die übrigen Zipserbergspitzen sind folgende: der Riegelberg, der Kahleberg, der Gänßerich oder die Ganß, der Steinbacher Grod, die Hunds-

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dorfer Spitze. Die höchste Käßmarker Spitze, welche die Lomnitzer den Kamm nennen; die Käßmarker Thürme, der Schwalbenberg, der breite Kupferschachtenberg, der Fleischberg, oder die Fleischbank; die Kupferschächte, der Drechslerberg, und das Beeler Stößchen.

Das sind die Namen aller karpatischen Berge in der Zipser Gespannschaft. Jeder derselben hat viel Sonderbares; wir wollen in der folgenden Beschreibung, davon soviel, als uns bekannt worden ist, richtig anzeigen.

IV. Landwirtschaft.

Wir haben uns Mühe gegeben, in Betreff des, wegen seiner vielen Vorzüge berühmten Tokayer Weines, nähere Nachrichten einzuholen, um sie unsern Lesern mittheilen, und zugleich gewisse Vorurtheile bestreiten zu können, die wir besonders bey Auswärtigen wahrgenommen haben. Nun liefern wir ein Schreiben, das uns ein Freund unserer Gesellschaft, der sich auf verschiedene Weise, dem gemeinen Wesen nützlich zu seyn, unermüdet beeifert, eingeschicket hat. Hier ist es:

Sie verlangen von mir eine gründliche und glaubwürdige Beschreibung des Tokayer Weines. Hier folget sie nach dem Maaße der Kenntniß, die ich davon, seit 25 Jahren aus eigener Erfahrung gesammelt habe. Um Ihnen aber diesen Gegenstand deutlich vorzustellen, habe ich für dienlich erachtet, die Nachrichten von diesem edlen Rebensaft, in folgenden 6. Artikeln abzuhandeln. Als:

Erstlich: Was eigentlich für ein Gewächs unter dem so genannten Tokayer Weine verstanden werde.

Zweytens: welche diejenigen Gebirge sind, auf denen man den ächten Tokayer Wein erzeuget.

Drittens: von wem diese Gebirge besessen, und auf was für eine Art sie gebauet werden.

Viertens: wie vielerley Gattungen Tokayer Wein aus jenem Bau erzeuget: und auf welche Weise sie zubereitet werden.

Fünftens: Wie diese Weine gepfleget und aufbehalten werden müssen.

Sechstens: Wie das damit für gegenwärtig bestehende Kommercium beschaffen sey: und wie dasselbe zum Aufnehmen des Staates verbessert werden könnte.

Der Tokayer Wein erhält seinen ursprünglichen Namen von dem, an der Theiß und Bodrog gelegenen Marktflecken Tokay, wovon nebst dem angränzenden Marktflecken Tarczal der königl. Fiscus der eigenthümliche Besitzer ist. Das Tokayer und Tarczaler Gebürge lieget beynahe in einer Ebene, welche von dem gegenseitigen langen Gebürge abgesondert ist. Und obschon mehrentheils der ganze Berg mit Weingärten, sowohl von der Tokayer als Tarczaler Seite, bebauet ist; so ist doch ganz besonders anzumerken: daß derjenige Theil die-

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ses Gebirges, worauf der köstliche Wein wächst, nur in einer sehr mäßigen, auf ungarisch Sarvas und auf deutsch Hirschberg genannten Gegend bestehet, die also lieget, daß sie die Sonne den ganzen Tag bescheinen kann, und diese wird vor die allerhöchste Grundherrschaft von der löblichen Zipser Kameraladminisiration gebauet: Wohingegen jene Tokayer Weingärten, welche gegen der Bodrog liegen, geringere Weine tragen, als das Tarczaler, und andere hiesige gegen Mittag gelegene Gebürge; die ich in dem zweyten Artikel benanntlich anführen werde. Es ist zu bewundern, daß man bey den ungarischen Geschichtschreibern Bonfinius, Istvanfius und Olahus von den Tokayer Weingebürgen nichts beschrieben findet. Weswegen es ungemein schwer fället, die, eigentliche Ursache ausfindig zu machen, um welcher willen, der oberungarische Gebürger, Trockenbeer oder Ausbruchwein, überhaupt der Tokayer genennet wird; indeme aus der sehr eingeschränkten kleinen Gegend des Gebürges, auf welchem, in dem Tokayer Terrain der beste Wein wächst, so wenig erzeuget wird, daß derselbe nur vor den k.k. Hof als Eigenthümer des Marktfleckens Tokay bisher gebauet, und die daraus erzeugte Weine, als ein eigenes Allodialgewächs verwendet werden. Gleichwie aber die Industrie einer Gesellschaft, wenn sie nutzbar ausfället, nach der täglichen Erfahrung, auch mehrere Nachfolger sogleich zur Nachahmung aufmuntert; so läßt es sich wahrscheinlich schliessen, daß in Tokay das Gebirge am ersten zum Weinbau angepflanzet worden, und daß die, an dem gegenseitigen vom Abend gegen Morgen, ausgedehnten Gebirge, befindliche Ortschaften, da sie ohnedem die dem Schloß Tokay angehörige Güther einer Herrschaft ausmachten, und ihre mittägig gelegene Gebürge auch in Beziehung auf die Beschaffenheit des innehabenden gleich guten, und theils noch bessern Grundes, zu Erziheung der Weingärten vor tauglich befunden haben, dem Beyspiel der Tokayer Herrschaft und Inwohner gefolget sind. Dahero es geschehen: daß gesammte Weinerzeugung auf diesem Gebirge, da sie in der Güte dem Tockayer Gewächse nich nur gleich, sondern theils noch besser ausgefallen ist, die Benennung des Tockayer Weines erhalten hat: vielleicht auch noch dieses Umstandes wegen, weil Tokay das Haupt aller dieser Ortschaften war, die unter einer Herrschaft gestanden sind. Wiewohl heut zu Tage in Oberungarn, der bey den Ausländern bekannte Tokayer - Ausbruch Wein, zum Unterschied der in andern oberungarischen Gegenden erziegelten Weine, der Gebürgwein, der ganze Bezirk aber, worauf dieser Wein wächset, in ungarischer Sprache Hegyallya genennet wird.

v. K.


In Wien zu haben in der Baderischen Buchhandlung neben dem Todtenkopf in der Bognergasse.
Topic revision: r7 - 26 Jun 2012, KatalinBlasko
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