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II. Jahrgang, XXXII. Stück, den 5. August 1772.

I. Allerhöchste Verordnungen.

Fortsetzung der allerhöchsten Verordnung vom 30sten May dieses Jahres, die Versorgung der Invaliden betreffend.

2) Sollen zu Erleichterung des um den Staat verdienten armen Invalidens, zu Abhaltung aller in der Gebahrung mit den Invalidengeldern unterlaufen mögenden Unterschleifen; dann zu Beseitigung der, in der Operation des Invalideninstituts sich zeither ergebenen Hindernissen, und zu mehrerer Bequemlichkeit der Länder selbst, künftighin, die Ortschaften, den bey ihnen, mit der patentmäßigen Verpflegung lebenden Invaliden, den gebührenden Gehalt, gegen Vorzeigung der Anweisungsurkunden, bezahlen. Und da es den Ortschaften oder Obrigkeiten einerley seyn kann, ob sie die geringe Verpflegungsgebühr der Invaliden, an dem Contributionali aufrechnen , oder solche unmittelbar, von Zeit zu Zeit, in Baarem zurück erhalten; so kömmt es darauf an, daß die betreffende Ortschaften oder Obrigkeiten, das, in Ansehung eines jeden, nicht viel betragen könnende Geld vorschiessen; die dießfällige Quittung den Kreisämtern, oder ihren an die Oerter der Kriegskassen kommenden Beamten übergeben, und diese dafür das Geld aus den Kriegskassen, nach der vorläufig beym Kommißariat genommenen Einsicht der Quittungen, zur weitern Ueberlieferung an die Eigenthümer, an sich bringen; wobey die Generalkommandi, und die kommißariatische Beamte nachdrucksamst angewiesen sind, die Zahlung derley Invalidengelder möglichst zu befördern, damit die Obrigkeiten und Ortschaften, ohne Umtrieb, zu ihrem jeweiligen Vorschuße gelangen, und dessen Vergütung stets sicher erhalten. Gleichwie aber die Vorsehung nöthig ist, daß dem Invaliden das Seinige richtig zugewendet, und nicht länger, als der Mann lebet, dem In-

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valideninstitut zugelastet werde; als sollen die betreffende Kreisämter wenigstens zweymal des Jahres, mit Ende Aprils und Oktobers, eine Individualliste über die vorhandene, und abgestorbene patentenmäßige Invaliden, mit Beylegung der Todtenscheine von den Ortspfarrern über die Abgestorbene, an ihre betreffende Landesstelle einschicken; welche sodann an das Generalkommando im Lande, zur weitern Bestellung an das Invalidenamt, ober die dießfällige Kommißion zu befördern seyn wird.

3.) Sey, ab Seiten des Hofkriegsraths in Anbetracht jener Invaliden, welche annoch zu Garnisons- Kordons -oder sonst leichten Diensten fähig sind, odcr zu Partikulardiensten sich anerbiethen dörften, folglich zu dem Ende, damit künftig keine, als zu allen Diensten und Nahrungserwerbungen unfähige Invaliden, in dem Invalideninstitut geduldet werden, veranlasset worden, daß die Invaliden, welche ihre Verpflegung selbst abholen müssen, visitiret, denjenigen, welche etwa noch zu Diensten tauglich sind, ihre Urkunden abgenommen, und sie zu ein- oder andern Diensten verwendet: jene aber, welche untauglich, wieder mit ihren Urkunden nach Haus zurück geschickt werden sollen. Denjenigen, welche ihre Verpflegung ex Contributionali empfangen; soll ihre Gebühr nicht eher abgereichet werden, bis nicht dieselbe vorher von dem nächstgelegenen Militari zu allen Diensten unvermögend befunden worden sind. Welchem nach die Obrigkeiten und Ortschaften fürohin nur jenen, die sich mit solchen Anweisungsurkunden legitimiren können, auf welchen a tergo angemerket ist, daß sie bey der Revision als Realinvaliden anerkennt worden seyen, die fernere Gebühr abzureichen haben werden.

4.) Soll zur möglichsten Einschränkung der wider den Verboth dem Publikum zur Last fallenden Heurathen der Invaliden, auf dem Lande, die Vorkehrung , ab Seiten des Militärs getroffen werden, daß den Invaliden, welche von den Obrigkeiten ihres Orts ein Attestatum beybringen, daß wider ihre Verheurathung nichts einzuwenden wäre, das Heurathen alsdann erst erlaubet sey, wenn die Weiber, vermittelst eines schriftlichen Reverses, nicht nur auf die Kasseforderung ihrer Männer, sondern auch auf das, den übrigen Invalidenweibern gebührende Abfertigungsgratiale renunciret haben, und diese Reverse an das Invalidenamt eingeschicket worden sind. Diejenigen Invaliden, welche sich ohne Erlaubniß verehligen, gehen dieses Beneficii verlustigt, und sind von der Kasseguthabung ihrer Männer ausgeschlossen.

5.) Wegen der Soldatenkinder und der gebrechlichen Weiber Versorgungsgeschäfts hat der Hofkriegsrath, nicht nur dem Invalidenamt sowohl, als dem allseitigen Generalksmmando bereits die ausführliche Belehrung ertheilet; son-

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dern auch die Anordnung erlassen, daß künftighin die Vorfaltenheiten von dieser Gattung durch den Ober- oder Feldkriegskommißarius beym Generalkommando, fürohin im Namen des Invalidenamts besorgt werden sollen; dahero dann der fernere allerhöchste Befehl ist: daß

Primo: Die Landestellen über alle derley vorkommende Gegenstände das ehehin schon mehrmalen denselben eingebundene freundschaftliche Einvernehmen mit dem Generalkommando forthin pflege:

Secundo: Daß die Kreisämter, dann die Vorsteher der Stiftungen, Spitäler und Fabriken, worinnen Soldatenkinder und Weiber sich befinden, und untergebracht werden könnten, in jenen Fällen, welche keinen Verzug leiden, auch direkte an das Invalidenamt, oder die dießfällige Kommißion, oder an das betreffende Generalkommando verwenden, jedoch unter einstens davon jederzeit der Landesstelle die Anzeige machen; außer solchen Fällen aber allemal das vorzustellen, oder einzuberichten habende nicht anders, als bey ihrer Vorgesetzten Landesstelle anbringen sollen: und weilen

Tertio: Das Invalidenamt, nicht nur vom Stand der Kinder und gebrechlichen Weiber bey der Armee; sondern auch von jenen, die in der Versorgung bey dem Provinciali stehen, eine stete genaue Nachricht haben muß; als sind besondere Formularien, wovon einige die Grundliste zu Ausweisung der in einer Provinicalversorgung stehenden Soldatenweiber - und Kinder: und die andern zur Evidenthaltung des Zuwachses, Abganges, und verbleibenden Standes, anzudienen haben, verfaßt worden; welche Formularien den Kreisämtern, Stiftungen, Spitälern, Fabriken mit dem Auftrag zugefertigt sind, daß sie über die beym Provinciali in Versorgung stehende Soldatenkinder und gebrechliche Weiber, die Grundlisten nach diesen Formularien baldmöglichst verfertigen, und den Landesstellen zur weitern Begleitung an das Generalkommando einschicken sollen: wo hingegen der Anfang mit dieser Einreichung und weiterer Begleitung der andern Consignationen im künftigen Monat Oktober gemacht, sodann alle halbe Jahre, das ist, mit Ende Aprils und Oktobers damit fortgefahren werden, auch, nach den berichtigen ersten Grundlisten, wegen des Zuwachses, Abganges und verbleibenden Standes der Kinder und Weiber, wenig Mühe mehr kosten wird. Die Regimenter haben den Befehl, jedesmal eine Uebergabeliste, über jedes Kind oder gebrechliches Soldatenweib, welches künftig versorgt wird, zu verfassen; und hievon ein Paar dem, den Transport führenden Ober-oder Unterofficier, für das betreffende Kreisamt, und die Stiftungen mitzugeben; und ein anders an das Invalidenamt einzuschicken. Sollte die Verfassung dieser Standstabellen, ein oder anderm Kreisamte, Spital, Stiftung oder Fabrike allzu beschwerlich fallen, so ist der Hofkriegsrath

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erbietig gedruckte Formularien vorlegen zu machen.

6.) Soll die unterm 21sten Oktober 1768 erlassene Verordnung: kraft welcher die Vermächtnisse für Arme in genere, zum Unterhalt der Soldatenkinder gewidmet sind, genauest beobachtet, folglich zu desto gewisserer künftiger Erfüllung dieses im Lande Anbefohlene und Kundgemachte nachdrücklich wiederholt werden ; allermassen zeithero verschiedentlich vorgekommen, daß erwähnte Verordnung nicht allenthalben, und nicht vollständig nach ihrer Maaßgabe vollzogen worden.

Alle geist - und weltliche Obrigkeiten, derselben Beamten, Magistraten, Richter und Gemeinen sollen dieser höchsten Anordnung, und den darinnen vorgeschriebenen Punkten aufs genaueste nachleben. Und damit alles gesätzmäßig befolget werde, so ist den Kreishauptleuten insbesondere ernstgemessen mitgegeben worden, daß sie obenangemerkte Verordnung vom 21. Oktober 1768. neuerdings republiciren, und sowohl auf diese, als alle andere vorstehende Bedingnisse die verläßliche Obsorge zu halten beflissen seyn sollen.

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Auch ist unterm 14ten letztabgewichenen Julius folgende allerhöchste Verordnung bekannt gemacht worden:

Dasjenige Verboth, welches kraft des unterm 6ten Oktober 1770, und 18ten Januarius 1771 kund gemachten Patentes, die Einfuhr des fremden Bleyes, Schrotes und anderer Bleyfabrikaten unter Confiskation und Strafe des Dupli betrift: wird unter nämlicher Strafe auch auf die Einfuhre der fremden Bleyglette oder Hafnerglette, zur Beförderung des Verschleisses der erbländischen in gleicher Güte, und genügsamer Menge erzeugenden Glette vom ersten Augustus dieses Jahres festgesetzt.

Die Vorkehrung ist auch durch die k. k. Bergwerkrsproduktenverschleißdirektion getroffen worden, daß das Publikum diese Produkten in wohs-feilerm Preise, als sie bisher verkauft worden, und in unklagbarer Qualität erhalten könne , und zwar: für Mähren, in Brünn und Ollmütz, statt 16, um 14 Gulden. Für Niederöstreich statt 13 Gulden 30 kr., um 12 Gulden. Für Oestreich ob der Enns statt 14 um 13 Gulden. Für Schlesien statt 16 um 15 Gulden.

Jedermann bleibet es unverwähret, die zum Handel, oder sonstigen Gebrauche nöthig habende, in den k. k. Erbländern erzeugte Glette, auch von den Privatgewerken frey und ungehindert zu kaufen.

v. P.

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II. Nützliche Bücher.

Wien.

Im Verlag der Emerich Felix Baderischen Buchhandlung ist vor etlichen Tagen ans Licht gekommen: Fürstenrechnung zur angenehmen Unterhaltung, und zum besondern Nutzen der Regenten selbst: wie nicht weniger zur Erleichterung der fürstlichen Hofkammern, gewidmet von M. J. Reblin. In Oktav , 116. Seiten stark, ohne die Vorrede. Zu Anfang der Vorrede sagt der Hr. Verfasser: je kürzer und deutlicher eine Rechnungsart ist, desto größer ist auch ihr Nutzen; die Weitläuftigkeit in dieser Wissenschaft kann in vielen Umständen dem Herrn und Diener schädlich werden. Der Titel zeige: daß nach dieser Anleitung ein Fürst über sein völliges Einkommen und Ausgeben sich gleichsam selbst Rechnung geben könne: sonst würde sie auch Generalrechnung, oder Centralrechnung genennt. Der Unterschied wäre: daß diese geschwinder, leichter, verständlicher, und zuverläßiger verfertigt werden könnte, als eine andere: und hierinne bestünde ihre vorzügliche Eigenschaft; welche nicht nach der doppelten Buchhaltung, sondern nach dem gewöhnlichen Kammeralstyl ausgeführet wäre; ob sie gleich auch unvermerkt die vollkommene Gestalt einer doppelten Buchhaltung Angenommen habe. Um diese Wissenschaft angenehm vorzutragen, hat der Hr. Verf. ein Gespräch vorausgeschickt, welches zwischen Marco Liberni, einem Handelsmann aus Ketskemet in Ungarn, und einem Bruder Einkäufer von Linz wäre gehalten worden. Hier wird gezeigt, daß die Grundsätze der doppelten Buchhaltung bey den Kameralisten weit eher, als bey den Commercianten gewesen, und ausgeübet worden. Das Bruchsalische Rechnungssysten, des Hrn. Kardinalen Grafens von Schönborn zeuget hiervon. S. 7. sagt der Hr. Verf. kürzlich: worinn die doppelte Buchhaltung bestehe. S. 8. und 9. vergleicht er sie mit einem Syllogismus, als: Man kann diesen Hauptsatz, womit eine Sache gehörigermassen einmal in das Credit, und sogleich auch in das Debet fällt, mit allem Fug den Vordersatz, oder den Majorem eines Syllogismus, nennen, der hier allezeit bejahend ist. Hernach folgt der minor, und mithin auch die untrügliche Consequenz. Denn das Debet darf nicht still stehen, sondern muß in der Handlung wirken, nämlich die debitirte Waar muß wieder verkauft werden: dieses geschiehet durch ein neues Credit. Der Kaufmann, der da Debitor geworden, verkauft die Waaren an einen andern, und setzt diesen Artikel sich selbst in das Credit. Ein solches Verfahren kann man den Hintersatz oder Propositionem Syllogismi minorem nennen, weil da die Waar, quasi medius terminus distribuirt werde. Die Consequenz ist diese:

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wenn zum Beyspiel der Kaufmann um 1000. Thaler debitirt ist worden, nachgehends diese Waar einem andern für 1500. Thaler verkauft hat; so schreibt er diese letztere Summ in sein Credit. Somit ist die Folge, oder das glückliche Ergo : daß er an seiner Waar 500. Thaler gewonnen habe. Wie nun die distributio termini medii ist; so artet sich auch die Consequenz oder das Ergo. Dieses zeiget sich, wenn die Waare entweder um paar Geld oder a Conto hingegeben wird, oder auch zum Theil auf dem Lager liegen bleibet. S. 12. stehet, daß große Kaufleute die doppelte Buchhaltung, und geringere, welche Ellen - Pfund - und Maaßweise ihre Waaren verschliessen, nur die einfache Buchhaltung, gebrauchen können. S. 14. Die Buchhaltung bestehet in Ausgab und Einnahm: die Kammeralrechnung in Einnahm und Ausgab. S. 15. Die Kameralisten führen ebenfalls zweyerley Rechnungen, wie die Kaufleute, Erklärung davon. S. 16. Eine wohl eingerichtete Rechnung hat keine Einnahme ohne Rubrike; und diese vertritt selbst das Credit. S. 18. die linker Hand stehenden Kolonnen zeigten den alten Rückstand und die neue Schuldigkeit an, welche anstatt des Debet stehen. S. 21. der Rechnungsschluß bey einem Beamten ist dasjenige, was bey der Buchhaltung die Bilanz ist. Der Beamte kann sich keine Rubriken selbst bestimmen. Alle beständige Einkünfte sind durch die Urbarien, Lagerhücher, oder andere öffentliche Urkunden vorgeschrieben: jene Schuldigkeiten, die zufällig sind, werden durch amtliche Protokolarextrakte, oder andere obrigkeitliche Anweisungen bedeckt. Es ist dieses gleich dem Journalisiren bey der Buchhaltung. S. 27. wird der Unterschied zwischen einer Kammeral - und Fürstenrechnung gezeigt, daß jene nur ein einzelnes Amt; diese hingegen das ganze Fürstenthum betreffe, mithin eine Rechnung über alle Rechnungen derjenigen Aemter, welche im Fürstenthume zu finden, seyn solle.

Der zweyte Abschnitt enthält einen Auszug aus einer Rechnung über herrschaftliche Mayerhöfe. Auf diesen folget: Idee von einer sogenannten Fürstenrechnung. S. 42. Es ist nicht genug, wenn man einem Fürstennur ein tabellirtes Verzeichniß vorleget, welches zeiget, wie viel Gelder zu desselben Befehlen aus den Rentämtern in seine Kassen geflossen sind. Er sollte auch wissen, wie viel ihm an Natural- und Geldgefällen gebühre, wie damit gewirthschaftet, und was davon abgestreift werde. S. 44. sind die besondern Eigenschaften, und Vortheile der Fürstenrechnung diese :

I. Kann sie mit leichter Mühe, und ohne merkliche Kosten geführt, und

II. Auf das allerfruhzeitigste gestellt werden.

III. Fällt dieselbe, ohngeachtet ihrer Kürze dennoch deutlich und klar in die Augen: und ist

IV. An und durch sich selbst vollkommen zuverläßig, und untrüglich.

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S.49. Kömmt ein Beyspiel: Fürstenrechnung über die Einnahme und Ausgab aller Natural- und Geldeinkünfte eines ganzen Fürstenthums, nach den Grundsätzen der doppelten S. 49. Kömmt ein Beyspiel: Fürstenrechnung über die Einnahme und Anggab aller Natural- und Geldeinkünfte eines ganzen Fürstenthums, nach den Grundsätzen der doppelten Buchhaltung im gewöhnlichen Kammerstyl. Auf dieses erscheinen einige Anmerkungen, welche zum Formular der Fürstenrechnung gehören. Hier sagt der Hr. Verf. da einem Fürsten, als Landesvater oblieget, seinen Unterthanen, nach erscheinenden Umständen, mit Lebensmitteln auszuhelfen: so ist ihm allzeit auch nöthig zu wissen, ob? wo? wieviel? und was für Früchte vorräthig liegen: daher ist die Berechnung der Naturalien allerdings nothwendig, und wegen des aus Früchten, Wein ec. erlößten Geldes unentbehrlich.

Man siehet aus diesem Werk, daß der Hr. Verf. (der von Jugend auf diesem Metier obgelegen) sich viele Mühe gegeben, diese Hauptrechnung, nach seinen Begriffen und Erfahrungen, kurz und deutlich zu beschreiben. Wir wünschen, daß angehende Kammeralisten denjenigen Nutzen daraus schöpfen, welchen der Hr. Verf. sich zum Endzweck gewählet hat.

v. M.

III. Naturgeschichte

§. 6. Von den besondern Witterungen des karpatischen Gebürges.

Die Witterung auf dem karpatischen Gebürge, ist in mehr, als

einer Absicht wunderbar und außerordentlich. Sie ist zuerst sehr veränderlich, und dann sehr ungleich; so daß man dergleichen schnelle und sonderbare Veränderungen der Witterung fast nirgends antrift, als auf den hohen Schweitzer Alpen, welche mit unsern karpatischen Gebürge, in diesen und andern Stücken viel ähnliches haben.

Zuweilen sind die hohen karpatischen Bergspitzen ganz heiter und helle, da es zu gleicher Zeit, unten in der Tiefe über und über donnert, blitzt, und regnet: Zuweilen schneyet es oben auf den Bergen; unten hingegen, am Fuß derselben, regnet es; oder es ist auch Sonnenschein. Die Witterung verändert sich so schnell, daß man vielmal, an eben dem Orte, in Zeit von zwo Stunden, schönes Wetter, Regen, Hagel, und Schnee hat. Wenn es in diesem Gebürge donnert, so knallt es wohl dreymal stärker, als in den bewohnten Ebenen; das Echo durchwandert alle Thaler: daher, wenn man auch nur eine Flinte losschüßet; so höret man den Knall davon etliche Sekunden, und zwar einen so gräßlichen Knall, als das Krachen einer der größten Karthaunen nur seyn kann.

Dicke, nasse Nebel halten sich fast beständig in dem Gebürge auf; sie entstehen in einem Augenblicke, verschwinden aber auch bald wieder. Nur selten wird man die hohen Bergspi-

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tzen: noch seltener aber alle zugleich, und zwar völlig, von oben bis unten, einige Tage hindurch ohne Nebel und Wolken betrachten können. Denn oft ist nur eine oder die andere Bergspitze ganz heiter, und die übrigen alle bald völlig, bald über die Mitte, bald nur auf dem Gipfel, mit Nebel und Wolken bedecket. Zuweilen erblicket man alle karpatische Berge, von unten an, bis in die Mitte, mit schwarzen Wolken und Nebeln eingehüllet: auf den Spitzen hingegen, ist es ungemein helle und anmuthig. Zu anderer Zeit, ziehen sich die Nebel, wie eine Schnur über die Mitte der Berge, in einer geraden Linie, da es denn oben und unten helle ist. Davon pflegen die benachbarten Einwohner zu sagen: das Gebürge hat einen Gürtel, und sehen dieses Phänomenon, als eine Vorbedeutung des Regens an.

Der berühmte Mathematikus David Frölich, bemerkt aus Erfahrungen, in seiner Erdbeschreibung, daß in den untern Gegenden des karpatischen Gebürges, fast stäts heftige Winde wüten: auf den höchsten Bergspitzen aber, herrschet durchgängig eine so subtile reine Luft, daß auch ein Haar nicht am Haupte beweget wird. Auf diesen hohen Bergspitzen, schneyet und hagelt es gemeiniglich, in den heißesten Sommertägen, so oft es in den untern Gegenden, am Füße des Berges, und in den benachbarten Ebenen regnet. Der aufgefallene Schnee, vergehet in einigen, besonders schattigten Gegenden niemals; sondern er vermodert endlich, wie einige sagen, wird auch mit immer frischem bedecket und vermehret. Es ist daher in diesen rauhen und öden Gegenden, in den heissesten Sommertägen eine sehr empfindliche, und fast unleidentliche Kälte. Bey dem allem, verschaffet das karpatische Gebürge, allen Einwohnern dieser Gegend, eine sehr reine und gesunde Luft, und in den schwülen Sommertagen, eine gewünschte Kühlung; ja auch entfernete Gegenden, bis 20. Meilen weit, geniessen der frischen und gesunden Luft dieses Gebürges.


In Wien zu haben in der Baderischen Buchhandlung neben dem Todtenkopf in der Bognergasse.
Topic revision: r3 - 30 Nov 2010, AgostonBernad
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