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I. Jahrgang, XVI. Stück, den 16. October 1771.

I. Wissenschaften.

Ungarische Geschichte.

Der letzte Türkenkrieg, welcher im Jahre 1737 angefangen, und 1739 geendiget worden, ist in der Erbländischen Geschichte sehr merkwürdig. Zuverläßige Nachrichten von den Begebenheiten dieses Zeitraums haben dahero ihren vorzüglichen Werth. Folgendes Werk, das in diesem Jahre in Frankfurt herausgekommen, verdienet besonders dazu gerechnet zu werden.

Memoires secrets de la Guerre de Hongrie pendant les Campagnes de 1737 1738 & 1739 avec des reflexions critiques par Mr. le Comte de Schmettau, Général a l'armée du Roi de Prusse, Francofort 1771 aux depens de la Compagnie des Libraires in 800. 282 S. ohne der Zueignungsschrift und der 11/2 Bogen starken Vorrede: in welcher die Lage der Umstände vor diesen Feldzügen beschrieben wird.

Die Memoires fangen an mit einem Tagebuch über den Feldzug unter dem Feldmarschall Grafen von Seckendorf vom Jahre 1737 und zwar vom 29. Junius. Fast jeder der folgenden Tage bis zum 27 September ist mit einer Denkwürdigkeit bezeichnet.

Seite 74 ist die Relation von der Belagerung von Usiza eingeschaltet: welche Festung den 3ten October capituliret hatte.

S. 91 die Uebergabe der, den 25. Julius von dem k. k. Heere, eingenommenen Stadt Nissa an die Türken.

S. 104 folget das Tagebuch des abgesonderten Kriegsheeres, welches unter den Befehlen Sr. Herzogl. Durchläucht des Prinzen von Sachsen-Hildburgshausen in diesem Feldzuge gestanden ist. Diese Erzählung fängt vom 10. Julius an, und erstrecket sich bis zum 24. October.

S. 113 das Tagebuch des Kriegs-Heeres, welches der Feldmarschall Graf von Khevenhüller in diesem Feldzuge commandirte, vom 22. September bis den 23. November.

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S. 141 Anmerkungen des Hrn. Verfassers über den Feldzug vom Jahre 1737.

Nach diesen Nachrichten war die k. k. Armee in den bemerkten Feldzügen stark:

An Cavallerie . . 249 Eskadronen.

Grenadiers . . 80 Compagnien.

Infanterie . . 92 Bataillonen.

Außer der über 50000 Mann starken Miliz, nämlich:

Esk. Bat. Co.Gr.
Bey der Armee unter dem Feldmarschall Seckendorf waren: 145 41 41
Unter dem Prinzen von Sachsen-Hildburgshausen 33 15 12
Unter dem Graf von Wallis in Siebenbürgen . . . . . . 31 13 12
Unter dem Grafen Ezterhazj in Croatien . 33 15 12

S. 151 folget der Feldzug von 1738, dessen Tagebuch vom 25. Junius bis den 31 Oktober fortgesetzet ist. S. 190 kommen einige Anmerkungen über diesen Feldzug vor.

S. 191 das Tagebuch des Feldzuges vom Jahre 1739: wo der Feldmarschall Graf Olivier Wallis die Armee commandirte, die aus 47 Bataillonen, jedes 500 Mann stark, 64 Compagnien Granadiers zu 100 Köpfen, und 113 Eskadrons, jede 150 Pferde stark, bestunde. Die Artillerie, Husaren, Raizen und andere leichte Truppen nicht mit begriffen. Es fängt mit dem 9. Julius an, und gehet bis zum 4. September, an welchem Tage dieser Feldzug sein Ende erreichte.

S. 274 Anmerkungen über denselben, nebst den Ursachen, welche den Graf von Neuberg bewogen haben, den Friedensschluß zu beschleunigen.

Am Ende ist ein Verzeichniß der k. k. Flotte, welche im Jahre 1737 unter dem Marquis von Pallavicini gestanden, angehängt: sie bestund aus folgendem:

Kriegsschiffe
Franciscus von 40 Kanonen
Theresia — 30 —
Karl
Elisabeth
Leopold
Joseph von 20 Kanonen
Eugenius
Johannes
Nepomuck

Galeeren
Maria
Leopold
Johann Bapt. von 36 Kanonen
Michael
Joseph
Karl

Das Buch ist bey Hrn. Herausgeber unserer Blätter zu haben, und kostet 1 Fl. 30 Kr.

F.

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II. Von Künstlern.

Wir führen anitzt dem Publikum einen Mann auf, der auch den Namen eines großen Künstlers verdienet. Es ist solcher der Hr. Melchior-Hefele, Baumeister und Mitglied, von den beyden k. k. Akademien der Mahler- Bildhauer und Baukunst: sodenn der Kupferstecher.

Dieser geschickte Baumeister erhielte bereits 1742 in der erstern Akademie den besten Preis. Nach diesem hat er beständig mit Aufzeichnen und Modeliren verschiedener Gebäude und vieler Altäre; desgleichen mit Verbesser-und Auszierungen mancher Wohnungen zu thun gehabt. Diese Arbeiten wurden ihm, theils von hiesigen Meistern in Wien, theils auch von andern in auswärtigen Ländern, aufgetragen.

Wie nun ein rechtschaffen gutdenkender Künstler nicht allein begierig ist, sein Talent weiters anzufeuern; sondern auch in seiner unter beständigem Fleiß und Mühe erlangten Kunst andere zu unterweisen: so war unser hier gemeldter Herr Hefele gleichfalls beflissen, seine große Einsichten in die Baukunst auch jenen, die sich von ihm belehren ließen, mitzutheilen. Unter diesen wurden einige, in verschiedenen zur Baukunst gehörigen Wissenschaften, geschickte Meister. Andere erlangten durch ihre erlernte Kunst die Stelle wirklicher Hofarchiteckte; zum Beispiel: der Herr Roth kuhrfürstlich-köllnischer Hofbaumeidster; desgleichen Herr Hagenauer, der am erzbischöfl. Hofe zu Salzburg die nämliche Stelle begleitet. Hier in Wien befinden sich Herr Valery, dermaliger Stadtunterkammerer, und Herr Mäusel, hiesiger Stadtbaumeisier, welche beyde ihre bekannte Fähigkeiten seinem Unterrichte verdanken.

Unser vortreflicher Architekt hatte auch öfters Gelegenheit, seine eigene Erfindungen selbst zu dirigiren, und auszuführen, ja sogar mehrentheils mitzuarbeiten, bloß, um alles dasjenige dabey anwenden zu können, was er von jugendauf in seinem Vaterlande, und auf Reisen gesehen, untersuchet und erlernet hatte. Von diesem zeuget der auf dem Sonntagsberge befindliche Hochaltar, welcher von Marmor und Metall zusammen getragen ist; ingleichem die Kanzel von Holz, und noch ein großer Seitenaltar von Marmor. Bey dieser Kirche ist folgende Anekdote anzuführen: es wurde begehret, die Kanzel an den Hauptpfeiler, worauf die ganze Kupel ruhet, hinzustellen; nun wußte kein Bauverständiger, wo die Treppe zu dieser Kanzel anzubringen wäre. Dieser einsichtsvolle Künstler aber liesse den Pfeiler durchbrechen, und setzte die Stiege ohne die geringste Schwächung dieses Pfeilers hinein, weil er diese Hauptstüze zu der Kupel auf eine andere Art zu bestärken wußte: so daß

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eben dieser durchgebrochene Hauptpfeiler, nach dem Urtheil und zur Bewunderung aller Kenner dem ganzen Baue eine noch mehrere Festigkeit, denn zu vor, verschaffet.

Das fürstliche Residenzschloß in Passau ist auch durch ihn theils erneuert und verbessert; theils neu aufgebauet worden. Hierunter gehöret insbesondere die Hauptstiege, zwey Portale von Marmor, und ihre Verzierung von weißem Metall, welches vor dem Wetter unbeschädigt bleibet, und von welcher Vermischung unser Herr Hefele der Erfinder ist. Er besitzet auch noch das Geheimniß von einer andern Massa, welche ganz weich zu formen ist, und wenn sie nach der Trocknung mit einem wollenen Flecken gerieben wird, dem schönsten Marmor gleichet: eine empfehlungswürdige Erfindung für Liebhaber, so ohne viele Kosten Statuen und Vasen mit artigen Basrelifs zur innerlichen Verzierung der Säle und Grotten, wo die Arbeit für der Gewalt der Witterung bedeckt ist, sich beyzuschaffen wünschen.

Hier in Wien in der Roßau bei den PP. Serviten ist die Kapelle des heil. Peregrinus, und der darinn stehende Altar von schwarzem Marmor von seiner Arbeit.

Noch sind viele andere Werke von ihme hier und da angegeben, aber nicht durch ihn selbst ausgeführet worden. Sein Aufnahmstück in die k.k. Mahler - Bildhauer- und Baukunst

Akademie war der vorhingedachte sehr schön und künstlich gefertigte Hochaltar auf dem Sonntagsberge. Zur Aufnahme in die k. k. Kupferstecherakademie übergabe er eine Vorstellung eines prächtigen Platzes, auf welchem eine Sommerwohnung für einen Regenten, nebst andern schönen Gebäuden, die zum Nutzen einer Stadt stehen, zu sehen war.

Dieser Künstler wohnet in Währingen in seinem eigenen Hause.

v. W.

III. Naturgeschichte.

Die verschiedenen Marmor- und edlen Steinarten, so in den k. k. Erbländern an vielen Orten brechen: ihre ausnehmende Schönheit im Einfärbigen; und ihre Vorzüge in den Farbenmischungen, welche sie zum theil dem Anticken griechischen Marmor gleich schätzbar machen: besonders aber die noch immerfort hegende Meinung, die allem, was auch nur mittelmäßig gut, und nicht einheimisch ist, vor dem innländisch wirklich guten, einen Werth beyzulegen pfleget: haben uns der Pflicht erinnert, die wir nach unserm Versprechen zu erfüllen schuldig sind. Wir wollen unsern Lesern die bisher in diesem Fache endeckten erbländischen Reichthümer bekannt zu machen trachten, damit einige unserer Mitbürger aufgemuntert werden möchten, der Freygebigkeit der gütigen Natur in je-

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nen Gegenden, wo sie wohnet, mit Eifer wahrzunehmen.

Wir kennen ein Land, in welchem ein angefangener Residenzbau die Kenner aufgemuntert hat, in diesem ihrem Vaterlande nach Marmorbrüchen zu suchen: um die außer Landes dafür zu schickenden beträchtlichen Summen zu ersparen. In wenigen Jahren wurden in desselben engen Gränzen, bis gegen hundert verschiedene Marmorarten, und darunter viele solche entblöset, welche durch ihre Schönheit den italianischen Marmor entbehrlich, die Auszierung des Gebäudes einheimisch, und um so viel weniger theuer machten.

Wer könnte zweifeln, daß in den k. k. Erbländern diese Entdeckungen nicht zahlreich genug und merkwürdig seyn sollten. Wenn einmal die Aufmerksamkeit auf diesen Gegenstand, mehr als bishero geschehen, gelenket würde. Möchte doch in jeder Stadt, wenigstens in jedem Kreise oder Gespannschaft ein Mann gefunden werden, welcher Zeit, Gelegenheit und Ursachen hätte, nach diesen Schätzen der Natur zu forschen! Sie würden nicht so unbekannt und ungebraucht da liegen: sie könnten dem Staate und dem gemeinen Wesen auf verschiedene Weise gut zu statten kommen.

In dieser Absicht wollen wir unsern Lesern hiermit ein Verzeichniß von erbländischen Marmorarten nach und nach vorlegen, welches Kennern der Natur nicht anders als sehr angenehm seyn kann. Wir versichern dabey, daß die Beschreibung zuverläßig, und jedes Stück wirklich vorhanden ist. Wir haben sie der Gütigkeit eines großen Freundes aller Naturerzeugnisse, besonders aber der in den k. k. Staaten, zu verdanken, welcher alle diese Marmorarten mit ausnehmendem Fleiße durch ein mehr als 40jährige Aufsuchung gesammelt hat.

Dermalen wollen wir nur diejenigen Marmorarten, welche innerhalb der Linien um die k. k. Residenzstadt Wien herum, gefunden werden, anzeigen.

Einfärbige Marmorarten.

Gelblichter Marmor mit dentritischen Zügen.

Gelblichter Marmor mit Dentriten, Spatzügen und Metalspuren.

Weislichter Marmor mit Spatzügen.

Graulichter Marmor mit Dentriten.

Von etlichen Farben.

Gemischter Marmor von gelb - und grünlichter Farbe mit Metallkörnern, die auf Eisen und Silber zeigen.

Schwarzgrauer Marmor mit pechschwarz - und glänzenden Flecken, welche am Stahl starke Funken spritzen.

Marmor mit weißen Flecken und Spatzügen vermischt.

Gelbgrünlichter Marmor.

Roth und gelb gemischter Marmor.

Braun und gelb gemischter Marmor.

Roth und weiß seltsam gemischter Marmor.

Braunrother mit weisen Zügen gemischter Marmor.

Aschenfarbgelb und röthlich gemischter Marmor.

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Braungelblicht gemischter Marmor.

Marmorwacke mit Feuersteinen gemischt.

Gelbbräunlichter Marmor mit Dentriten.

Roth und röthlichte Marmorarten von verschiedener Farbe und Mischung.

Roth und gelb gemischter Marmor brecheartig.

Grüne, grünlichte und blaulichte Marmorarten, mehrentheils metallhaltig.

Schwarzer aschfarbiger mit weißen, auch weißer mit schwarzen Punkten gemischter Marmor.

Graniten.

Granatstein mit weißgelblichtem Grunde und rochen zerstückelten Granaten.

Granatstein etwas feiner, auch die Granatkörner größer.

Eben diese Art, wobey die Granaten braungelb sind.

Granatstein mit gelblich grünem Grunde und schwarzen Granatkörnern von der Größe der Hasenschrotten.

Granatstein dessen Grund kieselartig, mit weißlich, rothlichten Streifen, fast wie der sächsische Bandstein , und mit kleinen röthlichten Granaten eingesprenget.

Eine andere Art fast der vorhergehenden gleich, nur daß die Granaten etwas größer sind.

Weißer Nephritikus mit wenigen Granatenpunkten eingesprenget.

Ein grünlich weißer Nephritikus.

Weiß grüngemischter Granit, mit einem durchlaufenden paperlgrünen schönen Jaspiskeil.

Grünlich und schwärzlich streifartig gemischter Granit.

Ein Granit fast auf die vorbemeldte Art, nur mit großen grünen Banden.

Granit, in der Mitte röthlich mit einem braungelben Rande, und sehr kleinen weißen Punkten eingesprengt.

Granit, schwarz mit eingesprengten weißen Punkten.

Weiß und schwarz klein gesprengelter Granit.

Granatmutter ist von verschiedener Art zu finden: groß und kleinkörnigt von grüner, weißer und gelber Farbe.

Serpentinartige Graniten.

Graniten, röthlich gelbe mit roth, grünlich, und mit roth gemischt.

Gelblich, grünlich, weißlich, schwarzlich mit schwarzen auch weisen Flecken gesprengelte Granatarten.

IV. Landwirthschaft.

Von der Viehzucht.

Die Viehzucht ist ein so wichtiger Gegenstand der menschlichen Bemühungen, daß nicht genug, weder von derselben gesagt, noch geschrieben werden mag. Man weis, daß sie bereits von dem ersten Zeitalter an, aufs sorgfältigste in Acht genommen, und diese Sorgfalt bis auf unsre Zeiten fortgesetzet worden. Nur ist es hierbey auch wahr, daß sie in einem Lande besser, als in einem andern gepfleget wird: von diesem Verhältnisse hangt zugleich die Gesund-

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heit des Viehes und der Fortgang der Viehzucht ab.

Ob nun gleich kein Land die Viehzucht entbehret, und alle bewohnte Gegenden auf dem Erdboden damit versehen sind; so wissen wir doch aus dem vorhergehenden Grunde: daß auch in manchem Lande ein Mangel sich äußert, in Betracht der wilden und unfruchtbaren Gegend, wo für hinlängliches Vieh nicht Futter genug wachset; in einem andern Lande sind die öfters dahin kommenden Viehseuchen Ursache daran: welche, wie bekannt, oft ganze Gegenden entblößen.

Nun sind zu Verhütung einer solchen Verheerung viele Mittel und Anweisungen vorhanden, wie auch für das anwesende Uebel, so vielerley Kuren angerathen worden, daß man über der Verschiedenheit dieser mancherley Heilungsvorschläge sich verwundern muß. Auf der andern Seite sind eine Menge Lebensregeln vors Vieh, nebst allem hieher gehörigen, bekannt, daß man billig glauben sollte: auch diese Wissenschaft seye erschöpft. Und dennoch finden wir immer noch neue Proben, die uns England, Schweden und andre Provinzen zuschicken, unter welchen verschiedene Verbesserungen ihren großen Werth haben.

Bey allen diesen guten und nützlichen, mehrentheils durch die Kunst erzeigten Anweisungen bleibt doch dieses wahr: die Gesundheit und Lebensdauer sind mit der Freyheit aufs genaueste verbunden. Hat die Natur neben dieser auch die hinlängliche Nahrung einem Lande bescheret, so geschieht die Vermehrung nach dem Verhältniß des darinnen wachsenden Futters. Fehlet aber eins von beyden: dann zeigt die Erfahrung, daß Krankheiten oder Abnahme entstehen können. Verlangen wir hiervon Beweise? Der Hirsch, Elephant, Papagay, Eisvogel und die Schneeganß sind es, welche verschiedene Jahrhunderte durchleben: und vielleicht noch sehr viele andere in der Freyheit lebende Thiere würden uns davon überzeugen, wenn ihrentwegen Untersuchungen angestellet worden wären. Die Vermehrung anlangend: wo fette und fruchtbare Gegenden sind, da gehet auch diese von statten; wie wir es von den Schweizergebürgen, einigen Gegenden in Ungarn, im Hollsteinischen, Mecklenburgischen, und von noch mehrern Oertern her wissen.

Wir wollen dermalen nur bey der Rinderzucht stehen bleiben. Die große Nutzbarkeit der Kälber, Kühe und Ochsen ist eben sowohl bekannt, als die so mancherley Seuchen, welche besonders dieses Viehgeschlecht oft heimsuchen, und wodurch ihre stärkere Vermehrung mächtig verhindert wird. Fragen wir nach der Ursache, warum die Viehseuche manche Gegenden so gar selten treffe: so wird eine richtige Untersuchung uns überzeugen, daß die daselbstige Lebensart einen großen Antheil daran habe. Aus der Erdbeschreibung wissen wir, daß die Menschen und Thiere, die unter dem rauhesten Himmelsstriche wohnen, als wie zum Beyspiel: in Grönland und Lappland, am längsten leben, weil ihre Körper der allerrauhesten Witterung ausgesetzet, und an alle

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Veränderungen der Luft von Jugend an gewöhnet sind. Beyde Menschen und Vieh leben nach der allereinfachesten und natürlichsten Art: und so bleiben sie gesund, und von allen Seuchen befreyet. Im Gegentheile wissen wir: Je mehr Schutz für Hitze und Kälte gesuchet und erhalten wird, desto eher wird die geringste Veränderung der Luft empfunden. Dieses kann man auch bey der Viehzucht in acht nehmen. Warum soll das Vieh vor Kälte und Hitze bewahrt werden, da es die Natur mit Haaren versehen, welche ihm für die Kälte, und auch wohl wider die Hitze dienen?

Wir halten daher vor weit zuträglicher : die Kälber, Kühe und Ochsen an jede Witterung zu gewöhnen: sie nicht im Winter in Stalle einzusperren, wo keine Luft hin kann; indeme ihre Körper, sowohl durch die verschiedene Ausdünstungen verdorben; als auch geschwächet werden, der Luft und Witterung im Frühjahre und Sommer zu widerstehen. Auch selbst das gar zu trockne, und durch das Aufeinanderliegen sich erhitzende Futter verdirbt den Magen und das Blut; desgleichen ist das abgeschreckte, wo nicht gar warm gemachte Getränke dem Viehe sehr schädlich. Wo haben die Ochsen auf den Schweitzergebürgen, und in vielen ungarischen Gegenden Ställe, da sie das ganze Jahr hindurch unter freyem Himmel bleiben. Die Kuhställe in der Schweitz sind größtentheils die elendesten und überall durchsichtig.

Die freye durchstreichende Luft, und eine mittelmäßige Bewegung erhalten auch bey einem geringen Futter die Körper gesund. Es ist dahero der Gesundheit, der Lebensdauer und den Kräften des Rindviehes sehr zuträglich: wenn es von Jugend an, nicht verzärtelt; sondern zur Ertragung jeder Witterung angewöhnet wird: welches durch Erbauung solcher Ställe, die an allen vier Seiten mit Luftlöchern versehen sind, damit die Luft recht durchstreichen kann, geschiehet. Dann gebe man ihm allezeit reines frisches Wasser. Kein verdorbenes jährendes Futter, sondern ein an der Luft aufgeschütteltes soll ihm zukommen. Zuletzt gewöhne man das Rindvieh an eine mäßige Bewegung. Auf diese Art hoffen wir, daß die Körper dieser Thiere stark und dauerhaft werden sollen: und da ihre innere Theile der Natur gemäß sich stärcken und wachsen können, indem sie nach der Art der wilden Thiere erzogen werden; so bleibt kein Zweifel übrig, daß sie nicht dadurch eine dauerhafte Gesundheit erhalten sollten.

v. K.


Wien gedruckt mit von Ghelenschen Schriften, und zu haben in der Baderischen Buchhandlung neben dem Todtenkopf in der Bognergasse.
Topic revision: r11 - 24 Feb 2012, AgostonBernad
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