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IV. Jahrgang, III. Stück, den 19. Jenner 1774.

I. Wissenschaften.

Böhmische Münzkunde.

Mit einem Vergnügen, das nur der wahre Freund der Geschichte und der Numismatik, zu empfinden fähig ist, kündigen wir dem gelehrten Publikum ein Werk an, welches Liebhaber der Böhmischen Geschichte, und Münzkunde lange schon gewünschet haben; welches aber auch, nachdem es durch die Bemühungen, eines der angesehensten Gelehrten Böhmens, ans Licht getreten, als die beste Schrift, die jemals über diesen Gegenstand, geschrieben worden, anzusehen ist. Hier ist der vollständige titel derselben: Beschreibung der bisher bekannten böhmischen Münzen, nach chronologischer Ordnung, nebst einem kurzen Begriff des Lebens der Münzfürsten, und anderer, auf welche sie gepräget worden; mit eingestreueten historischen Nachrichten, von dem Bergbau in Böhmen. Ausgefertiget von Adauctus Voigt a St. Germano, Priester des Ordens der frommen Schulen. Erster Band, mit Kupfern, Prag, 1771. in gr. Quarto, auf 420. S. Zweyter Band 1772. auf 380. Seiten.

Der gelehrte und fleißige Herr Voigt, hat durch die Bekanntmachung dieses interessanten Werkes, dem bessern Publiko ein angenehmes Geschenke gemacht, und verdienet Dank von allen denen, welchen das Studium der Münzen, die Kenntniß alter Münzgesetze und Verordnungen, Diplomatik, und die Aufklärung der böhmischen Geschichte und Alterthümer, wichtig sind. Billig hätte demnach diese Schrift, längst schon eine Stelle in unsern Blättern verdienet; nur kam sie zu spät in die Hände eines unsrer entfernten Mitglieder, dem die Münzkunde ein Lieblingsstudium ist.

Statt einer weitläufigen und meist mit leeren Worten angefüllten Vorrede, hat der verdienstvolle Verfasser,

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dem ersten Theil seiner Münzbeschreibung einen Vorbericht, welchen man mit Vergnüngen und nie ohne Belehrung lesen wird, vorgesetzet. Er erzählet hier in 14. Paragraphen, mit einer lebhaften Schreibart; aber auch mit der ihm ganz eigenen Bescheidenheit, zuerst die Ur|sachen, die ihn bewogen haben, ein solches Werk auszuarbeiten § 1. bis § 4. Man hat, saget Herr Voigt, noch keinen Schriftsteller, und wir setzen hinzu, keinen böhmischen Schriftsteller,*) der allein die böhmischen Münzen von allerley Gattung, Alter, Metall und Gepräge, zum Gegenstande seiner Bemühung gewählt hätte. Hierauf beweiset er §. 6 die Nothwendigkeit einer solchen Beschäfftigung, mit Gründen, die voll Gewicht und Nachdruck sind. Haben nicht, heißt es unter andern, die Groschen und die Thaler, in Böhmen, so wie ihre Namen, also auch ihren Ursprung gefunden? hat man nicht in den mittlern Zeiten — in verschiedenen Ländern, die Geldsummen insgemein, nach Prager Groschen und böhmischen Schocken, berechnet, und gezuählet? — §. 7. redet Herr Voigt, mit vieler Wärme, von der Wichtigkeit und von den Schwierigkeiten bey einer solchen Arbeit; doch unterstützt durch den großmüthigen Vorschub, eines unsterblichen Beförderers der Geschichte des Vaterlandes**); wie auch durch freundschaftlichen Unterricht und freygebigen Beytrag verschiedener Gelehrten, wagt er es dennoch, ein noch ziemlich unbearbeitetes Feld, zu bearbeiten. Und wie glücklich, wie rühmlich hat er es bearbeitet! Niemand, der sein vortrefliches Werk selbst lesen kann, wird ihm dieses absprechen.

Nachdem der gelehrte Verfasser, von der Absicht seiner Münzarbeit dem Publikum Rechenschaft gegeben, so zeiget er in den folgenden Paragraphen, den Plan und die Einrichtung seines Werks. Wir wollen ihn selber davon reden lassen: „Ich habe meiner Schrift, heißt es § 8., nach dem Beyspiel des berühmten Köhlers — die Form einer periodischen Schrift gegeben — Nur Vierteljahre kommet ein Theil heraus, deren viere einen Band geben werden. Die Zahl der Stücke, in einem jeden Theile, wird nicht gleich seyn; sondern nachdem die Materien — reich oder arm an Stof, dazu, sich erzeigen werden; so wird eine jede Abtheilung mehr, oder weniger derselben enthalten — Einem jeden Stück dieser Schrift, werde ich eine Kupferplatte voransetzen, auf welcher eine oder mehrerre Münzen mit der größten Genauig-

*) Denn auch hier gilt, was Plinius sagt: Optime hic regionum & locorum situs, (adde, nummos, res etiam, & harum fata) describunt, qui iisdem locis nati sunt.

**) Es ist solches Seine Excellenz, der hochwürdigste Herr, Herr Emanuel Ernst, des H. K. K. Graf von Waldstein, Bischof zu Leutmeritz, dem der erste Bund dieser Münzschrift zugeeignet. und der Zueignung, die auf seine Bischöfliche Excellenz geprägte prächtige Medaille, vergesetzt worden ist.

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keit gestochen erscheinen werden. Diese vorgebildte Münzen, werde ich dem Gepräge, und ihrer Aufschrift nach, deutlich beschreiben, ihr Gewicht, Gehalt und Währung anzeigen; die Gelegenheit, welche die Münze veranlasset, und das Leben des Fürsten, welcher sie hat schlagen lassen, kürzlich erzählen — Wenn ich solcher Gestalt, die von den Regenten geschlagene — Geldsorten werde durchgegangen seyn; werde ich hiernächst, die auf verschiedene merkwürdige Begebenheiten, von ihnen geprägte Medaillen erklären. Nach diesem sollen die vornehmsten böhmischen Familienmünzen — wie auch die Münzen, so außerhalb Böhmen, zu Ehren verdienstvoller — böhmischer Landeskinder, verfertiget worden sind, folgen.“

Weil die Münzkunde, mit dem Bergwesen, in einer genauen Verbindung stehet; so wollte der gelehrte Herr Vogt auch diesen Gegenstand, an den sich bis jetzt noch niemand wagte, nicht unberührter lassen, sondern zugleich mit erläutern. Das wiederholte Klagen, sowohl einheimischer, als auswärtiger Gelehrten, daß man dieses reichhältige Feld, noch nicht aufgeschlossen habe; die ihm gelungene glückliche Entdeckung, gewisser dahin einschalgenden Urkunden; und endlich, die hülfreiche Unterstützung, einiger bergverständigen Freunde, sind die Triebfedern gewesen, wodurch er bewogen worden, auch von dem Bergwesen, einige historische Nachrichten, seinen Münzbeschreibungen beyzufügen § 12.

Nach diesem Vorbericht, macht Hr. Voigt, den Anfang, die böhmischen Münzen selbst zu beschreiben. Der erste Band. bestehet aus 21. Stücken: das erste Stück handelt von der vorgeblichen Münze der Libuscha. Das 2te, von den Münzen der heidnischen Herzoge: von dem Premysl an, bis auf Neklan. Das 3te von den Münzen der böhmischen Herzoge: von dem Borziwog bis auf den heiligen Wenceslaus. Das 4te und 5te Stück enthält eine allgemeine Abhandlung von den Münzen der heidnischen Herzoge in Böhmen. Das 6te beschreibet die Münze Boleslai des Grausamen. Das 7te handelt von den Münzen Boleslavs des II. Das 8te von den Münzen der Emma, Gemahlinn Boleslavs des II. Das 9te von den Münzen Boleslavs des III. Das 10te von den Münzen des Herzogs Jaromir. Das 11te von den Münzen des Herzogs Udalrich. Das 12te von den Münzen Bretislavs des I. Das 13te von den Münzen Spitipnevs des II. Das 14te von den Münzen des Herzogs und nachmaligen ersten Königs Wratislavs. Das 15te von einigen unkenntlichen Münzen der christlichen Herzoge in Böhmen. Das 16te von den Münzen Bretislavs des II. Das 17te von den Münzen des Herzogs Wladislavs vom Jahre 1109. bis 1125. Das 18te von den Münzen Sobieslavs des I. vom Jahre 1125. bis 1140. Das 19te von den Münzen des Königs Wladislavs des I. vom Jahr 1140. bis 1175. Das 20te

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von den Münzen herzog Friedrichs, und einiger andern Herzoge, bis auf K. Ottokar den I. vom Jahre 1175. bis 1197. Das 21te Stück endlich, von der Blechmünze König Przemysl Ottokars des I. vom Jahre 1197. bis 1230.

Die Ordnung, welche der H. V. bey jedem Stück beobachtet, ist diese: Zuerst beschreibt er die auf der Kupferplatte vorgestellten Münzen, darauf folget die Lebensbeschreibung des Münzfürsten, sonderlich von der Seite, die einen Einfluß auf das Münzwesen hat; und endlich eine mit dem größten Fleiß abgefaßte Erklärung der Münze selbst. Die Erklärungen und dabey häufig, doch nie vergeblich angebrachten Anmerkungen, verrathen auf allen Seiten, eine weitläuftige Kenntniß der Alterthümer, der vaterländischen Geschichte des böhmischen Berg- und Münzwesens, und eine ausgebreitete Belesenheit. Wir können hier keinen weitläuftigen Auszug, eines jeden Stückes geben, sondern müssen die Leser, auf das Buch selbst verweisen. Jeder, der es lesen wird, wird mit Vergnügen wahrnehmen, wie viele Mühe und Fleiß, der würdige Herr Voigt, bey seinen Arbeiten angewendet, wie er in das Wesen der Münz- und Bergwerkskunde, immer tiefer eindringet, und wie er sich angelegen seyn läßet, seinen Lesern, von der böhmischen Münz- und Bergwerksverfassung, deutliche und vollständige Begriffe beyzubringen.

(Die Fortsetzung wird folgen.)

II. Naturgeschichte.

I. Nachtrag zur Beschreibung des karpatischen Gebirges.

Unter den Quellen, aus welchen der gelehrte Herr Verfasser, der lesenswürdigen, und in Ansehung ihrer Ordnung, Zusammenhangs, Vollständigkeit, und ganzen Art des Vortrags, in Wahrheit ganz neuen und sehr vertreflichen Beschreibung des karpatischen außerordentlichen, Wundergebirges, geschöpfet, und die er S. 210. und folg. im IIten Jahrgange, um seiner Beschreibung die gegründeteste Glaubwürdigkeit zu verschaffen, mit rühmlicher Offenherzigkeit angeführet hat, verdienet die Beschreibung des Karpatischen Gebirges, welche von dem ältern Georg Buchholz vorhanden ist, auch ihren Platz. Es war derselbe Pfarrer zu Groß Lomnitz, in der Gespannschaft Zips, und Senior der sogenannten XXIV. Regalium. Der gelehrte Hr. V. hat derselben ausdrücklich nicht gedacht, und auch nicht gedenken können, weil er die-

*) Diesen Aufsatz haben wir der Güte eines Freundes zu verdanken, der sich durch seine Gelehrsamkeit und Rechtschaffenheit, in der Stadt, wo er wohnet, Verehrung und auswärts eine besondere Achtung bereits erworben hat. Es ist die Zeit noch nicht da, ihn, eben so, wie andere unserer Freunde, mit Namen zu nennen.

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selbe wie aus diesem Stillschweigen zu schlüßen, nicht in Händen gehabt, und als eine besondere Geschichtsquelle, bey dieser seiner schönen Arbeit gar nicht gebrauchet hat. Allein mittelbarer Weise ist derselben dennoch Erwähnung geschehen; weil die Nachrichten des berühmten Mathias Bel in diesem Theile der vaterländischen Naturgeschichte, größtentheils aus dieser buchholzischen Beschreibung genommen worden, und von dem gelehrten Herrn Verfasser, als eine hiebey wohlgebrauchte Hülfsquelle ausdrücklich benannt sind. Bel bekennet dieses in der Präsentation seines Prodromi, wenn er § XXI. nach vorhergehender Anführung der von seinem Sohne Georgio Buchholz juniore, erhaltenen akuraten Abzeichnung und Beschreibung der berühmten Liptauer unterirdischen Höhle unmittelbar hinzusetzet: „Pater vero suus Georgius Buchholzius venerandus Senex & octogenario major, montium Carpathicorum miracula , quae ab ineunte juventute saepe iterumque praesens spectatuit, manu sua, quod in ea aetate dignum admiratione est, fuse & ex vero descripsit, icone simul adjecta, quam Perillustris ac Generosu D. Steph. Berzevitzy de eadem, pro obtutus ratione, qualem in vico Kakas - Lomnitzensi habuit, scire adumbravit, exhibendam, ubi opus integrum cosumaverimus“

Wir können uns des Besitzes einer eigentlichen vollständigen Abschrift, dieser hier erwähnten buchholzischen Beschreibung des zipserischen Schneegebirges zwar nicht rühmen; allein wir haben doch einer richtige Abschrift eines andern zimlich weitläuftigen historischen Aufsatzes dieses würdigen Greises in Händen, welcher eigentlich die von ihm selbst geschriebene Geschichte seines Lebens in sich enthält, und als ein schätzbares Chronicon sui temporis betrachtet werden kann; in welchem auch seine im Jahr 1664. gethane Karpatische Reise auf vielen Blättern beschrieben, enthalten ist, die unstreitig der Grundstof seiner von dem unsterblichen Bel angeführten und gebrauchten ausführlichen Beschreibung des karpatischen Gebirges gewesen; deren, in einem ganz kürzlichen Auszuge hier angebrachte Mittheilung, geerten Lesern vielleicht nicht unangenehm seyn, und zur genauen Berichtigung eines und des anderen Umstandes in der sonst vortreflichen Beschreibung des gründlich gelehrten Herrn Verfassers etwas beytragen kann. Ich will den ehrwürdigen Greiß von dieser seiner Reise, mit seinen eigenen Worten und ungeschmückten Ausdrücken, doch alle Weitläuftigkeit zu vermeiden, welche diese Blätter nicht erlauben, bloß auszugsweise reden lassen, und sodann am Ende mit einigen wenigen Erinnerungen, in Absicht auf diese schöne Beschreibung des Karpatischen Gebirges, auf welche sich dieser geringe Beytrag beziehet, die nöthige Anwendung zu machen suchen:

„Es war (heißt es damnach mit den eigenen Worten dieses würdigen Mannes) im Jahr 1664. in

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den schönsten Sommertägen des Monats Julius, als ich mit noch 9. andern Studenten, zu welchen der Groß- Schlagendorffer Pfarrer Georg Topperzer, sich gesellete, auf das Schneegebirge gieng — Wir nahmen einen Wildner**) mit, der uns die Weege zeigte — Den ersten Tag haben wir auf Groß-Schlagendorfer Grund beym Sauerbrunn Mittagsmahl gehalten, und sind darauf zwey Stunden nach Mittag fortgestiegen, bis unter das Krummholz und haben daselbst bey einem Feuer genachtet — Die Bären kamen brummend fast bis zum Feuer, daß man sie mit feurigen Bränden verjagen mußte — Des andern Tags giengen wir früh morgens um 2 Uhr durch das Krummholz; und stiegen bis auf die Königsnase, einen sogenannten hervorragenden Felsen, der wie zwey oder drey große Kirchen groß ist — auf demselben haben wir uns ein wenig umgesehen — wenn man geschrien, so gab es ein vierfaches ungemein schönes Echo. Wir stiegen sodann immer höher, worauf der Hr. Schlagendorfer Pfarrer, der Matzdorfer Organist, und vier Studenten w. Müdigkeit nicht weiter konnten, und zurückblieben — ich aber mit den übrigen stieg mit größter Gefahr und Anstrengung der Kräfte immer höher — Da wir etwa noch zwey Musquetenschuß weit bis zur Spitze zu klettern hatten; blieben zwey Studenten, wieder ganz ermattet zurück — ich aber mit dem Wildner und Wegwieser, und noch dreyen Studenten, setzte das Steigen fort - so, daß wir endlich mit augenscheinlichster Lebensgefahr die sehr hohe Schlagendorfer Spitze glücklich erreichten. Hier sahen wir uns nach allen Gegenden um, und bewunderten auf allen Seiten die Allmacht Gottes — Die vielen großen Seen, deren Ausbrüche bisweilen die größten Ueberschwemmungen verursachen — die großen steilen Felsen — die Heerden Gemsen mit ihren Steinböcken und erstaunlichen Springen ec. Da man auf der Spitze die Flinten etlichemal losbrannte, gab es keinen Knall; so, daß wir dachten, daß es nicht losgeschossen worden, worüber der Wildner, unser Führer, lachte und, durch Untersuchung des Gewehrs uns des Gegentheils überführte. Wir luden darauf viel stärker, und brannten los, ohne einen Knall zu hören, welches von der sehr subtilen Luft herkam; aber nach einer halben Viertelstunde, nachdem die mittlere dichtere Luft war erreichet worden, ließ sich ein entsetzliches Donnern und Knallen von allen Seiten hören, welches fast eine halbe Stunde fortdauerte — Darauf entstund auf der Spitze ein solcher Wind, daß wir uns niederlegen, und an die Steine halten mußten, da doch vorher

**) Wildner, vom Wild oder Wildprät, bedeutet in der Zipserischen Sprache,einen Jäger.

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nicht das geringste Windlein, ja fast gar keine Luft zum athemholen allda gewesen — und nun glaubte ich aus Erfahrung, was Mr. David Fröhlich in seiner Geograph. vorhin hievon geschrieben. —"

(Die Fortsetzung folget.)

III. Anekdoten.

Von der Herzhaftigkeit des hungarischen Frauenzimmers.

Erschröcken sie nicht, schöne Leserinnen, wenn Sie hier nichts als Morden, Niedermetzeln, und lauter blutige Auftrite finden! — Ein gerechter Eifer, für die Ehre Ihres reizenden Geschlechtes, spornt mich an, den Lästerern, welche Sie, einer Feigheit zu beschuldigen, die Frechheit haben, auf einmal das Maul zu stopfen? — O. lebtest du noch, tapferes Mädchen von Orleans! gewiß, du würdest diese elende Spötter mit Füßen tretten, so wie du einstens ein ganzes Heer wilder Krieger zerstreuet hast! — Seyd doch nicht so trotzig auf euren Muth ihr Jünglinge, und ihr Männer! Demüthiget euch vor dem Frauenzimmer, ihr, die ihr alle von Weibern gebohren seyd! Ehret ihre Macht, und unterwerfet euch ihrem Willen; denn ihr seyd gebohrne Unterthanen, ihr seyd entsprossene Früchte ihrer Leiber!

Als die Türken im Jahre 1552. die hungarische Stadt Erlau belagerten, thaten sich die Weiber der Belagerten, durch ihren Heldenmuth und Unerschrockenheit auf eine sehr merkwürdige Art hervor. Sie verfügten sich an die allergefährlichsten Oerter und trugen ihren Männern, siedendes Wasser und ungeheure Steine zu, um solche den Türken auf die Köpfe zu werfen. Zween Vorfälle waren bey dieser Belagerung unter andern überaus merkwürdig. — Während eines der rasendsten Stürme, welche die Türken auf die Festung thaten, wurde eine Frau, die einen großen Stein auf dem Kopfe trug, um ihn, von der Mauer herabzuwerfen, von einer Kanonenkugel getroffen, die ihr den Kopf wegnahm, und sie zu den Füssen ihrer Tochter, die neben ihr stand, todt darnieder streckte. Die beherzte Amazonin, welcher der Kummer über diesen Anblick bis in die Seele drang, glaubte, daß sie des Lebens nicht werth wäre, wenn sie nicht das Herz besäße, den Tod ihrer Mutter zu rächen. Augenblicklich ergriff sie den Stein, der noch von dem BIute ihrer Mutter triefte, rannte damit, wie rasend auf die Mauer, und warf ihn auf einen Platz, wo die Feinde am am dickesten beysammen waren. Sie erschlug damit zween Türken, und verwundete zugleich noch verschiedene andere.

Die andere That ist noch merkwürdiger. Eine Dame aus dieser Stadt, stand bey ihrem Schwiegersohne, eben in dem Augenblicke, da er getödtet

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ward, indem er herzhaft auf der Mauer gefochten hatte. Sobald sie ihn zur Erde stürzen sah, wendete sie sich zu ihrer Tochter um, welche bey ihr war, und sagte zu ihr, ohne die mindeste Bestürzung merken zu lassen: Nun, meine liebe Tochter, du wirst doch deinem Manne die letzte Ehre erweisen? Aber diese junge Dame, welche nicht minder beherzt war, als ihre Mutter, antwortete ihr, ohne eine einzige Thräne zu vergießen: Mama, es ist jetzt weder Zeit zu weinen, noch Leichenbegängnisse zu halten, wir müssen bloß auf Rache denken? Mit diesen Worten ergrief sie den Säbel ihres Mannes, lief gegen die Belagerer, und fochte daselbst mit solcher Hitze und Tapferkeit, die wenig ihres Gleichen hat. Sie wich auch nicht eher von der Bresche, als bis sie drey Türken unter ihren Streichen fallen gesehen. Endlich, da sie zu schwach ward, ihre Kräfte weiter anzustrengen, zog sie sich zurück, die Beerdigung ihres Mannes zu veranstalten. Francesco Serdonato,*) und verschiedene hungarische Geschichtschreiber haben angemerket, daß bey dieser Belagerung die christlichen Weiber, ohne sich die mindeste Erholung zu gönnen, gefochten hätten. Daher sich denn auch der Kommendant des Platzes nicht enthalten konnte, in der Rede, welche er an die Soldaten hielt, auszurufen: Wir brauchen euch, tapfere Kriegsmänner! gar nicht zuzureden, daß ihr euch gut halten sollet, denn selbst die Weiber haben ohne Rücksicht, auf die Zärtlichkeit ihres Geschlechtes, bereits die Dreustigkeit und den Muth gehabt, die Feinde zurückzuschlagen, und sie sind Ursache, daß wir den Sieg erfochten haben.

Man frage nicht: wo sind denn nun die Amazonen, die streitbaren Damen jener Zeiten? Sie leben noch , und sind eben noch so große Ueberwinderinnen! Sie streiten ohne Schild und Säbel, ohne Helm und Panzer, mit den kühnesten Männern, mit den tapfersten Helden, mit den Gewaltigsten auf Erden, und siegen unaufhörlich! Tugend, Liebreiz und Schönheit, ihre angebohrne Waffen, machen sie zu solchen Siegerinnen!

v. W.

*) In seinen Lobeserhebungen berühmter Damen.


Den in unserm vorigen Blatte beschriebenen, sehr alten, raren, deutschen Codex, können die Herren Liebhaber, in der Baderischen Buchhandlung, ansehen: und nach Gutbefinden stehet er auch käuflich zu Diensten.


In Wien zu haben in der Baderischen Buchhandlung neben dem Todtenkopf in der Bognergasse.
Topic revision: r5 - 26 Jun 2012, KatalinBlasko
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