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IV. Jahrgang, XVII. Stück, den 27. Aprill 1774.

I. Wissenschaften

Fortgesetzter Auszug, von der Beschreibung der Höhle bey Funacza.

Nach einer gemeinen Sage, sollten diese Höhlen sich bis nach Torda Haschadeck in Siebenbürgen erstrecken. Dieses bewog unsern Naturforscher, weil er die Untersuchung schon spät, und zwar kaum zwo Stunden vor Niedergang der Sonne angefangen, einen Mann von seinem walachischen Gefolge hier zurück zu lassen, welcher genugsames Holz zusammen tragen, und ein helles Feuer beständig unterhalten mußte, um durch diese Leuchte bey der Rückkehr zu verhüten, damit er mit seinen Leuten nicht irre gienge.

§. 7. Er ließ hierauf vier Fackeln, die er mitgebracht hatte anzünden; bewafnete damit seine Walachen, und folgte ihnen, Gott empfohlen, in die zweyte Höhle. Diese ist viel finsterer als die ersten, viel höher und weiter, eben darum aber auch viel schröckbarer. Für meine Augen, sagt der Herr Verfasser, war es eine Lust, als ich aus der kleinen Bauernhütte, nämlich aus der vorigen Höhle, in diesen prächtigen Pallast, ich meyne, in die zwete Höhle, hinein trat. Das erste was mich aufmerksam machte, ja worüber ich mich entsetzte, war die Menge vorhandener Todengebeine, Ueberbleibsel, nicht weniger vom Vieh, als Menschen, die ihr Ende darinn gefunden hatten. Diese war so groß, daß ich kaum meinen Fuß weiter setzen konnte, ohne auf einige zu treten. Ich hob einige auf, und fand, daß sie mit einer steinernen Rinde, bald ganz, bald zum Theil umgeben waren. Eine solche Seltenheit verdienet eine genauere Untersuchung; zu welchem Ende ich etliche Stücke mitgenommen. Das andere, was meine Aufmerksamkeit rege machte, waren die glänzenden Wände: ich näherte mich einer derselben, um sie genauer beleuchten zu können: ich fand hierbey die nämlichen Wirkungen, die man fast wahrnimmt, wenn die Sonnenstrahlen im strengsten Win-

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ter, auf hart gefrohrne Schneeflocken fallen, und zurück prellen.

§. 8. Da ich nun aus dieser zwoten Höhle in die dritte, die ich sahe, einwandern wollte, fand ich den Zugang verwahret. Es war nämlich eine Reihe steinerner Säulen, wie Palisaten, da gepflanzet, welche in der Höhe eine Klafter und darüber, und in der Breite zween Schuhe hielten: sie stunden so dichte an einander, daß es mir nicht möglich schien, durch zu kommen. Indessen beobachtete einer von meinen Begleitern, daß von diesen Säulen eine, fast um 2. Drittheil abgekürzet gewesen, durch welche Oefnung man weiter hinein dringen konnte. Ich stiege darüber, und erstaunte über den Anblick der seltensten Naturspiele: ich habe nichts dergleichen in meinem ganzen Leben gesehen, und zweifele sehr, etwas nämliches mehr zu Gesichte zu bekommen. Das erste was sich meinen Augen darstellete, war ein großer Colossus, welcher ohngefähr 5. Klafter hoch, und in einem angemessenen Verhältniße breit war. Hinter diesen sahe ich an der Wand ein Ebenbild von einem Predigtstuhl, welcher durch die zwar unförmliche aber doch sehr gleich kommende Geslalt eines Predigers, noch mehr Aehnlichkeit gewann. Die Wände waren auf allen Seiten mit den steinernen Säulen besetzt, worüber in einer Gegend etwas herfürragte, welches man für einen Kirchenchor sehr füglich halten konnte. Alle diese Umstände, schienen von der Natur zur Anlegung einer Kapellen so sorgfältig vorbereitet zu seyn, daß wenn ein geschickter Steinmetz, sie auszubilden hätte, alles in den vollkommensten Stand, sowol eine große Säule, als eine Kanzel, Altar, und ein Chor, in kurzer Zeit dargestellet werden könnten.

(Die Fortsetzung folget.)

II. Geschichte

Genauere und ausführlichere Nachricht, von dem, in der Geschichte der Stadt Käsmark, erwähnten ehemaligen Thökölischen Hause.

I. Abschnitt.

Es ist kein Zweifel, daß bey Durchlesung, der in dem VIII. und einigen folgenden Stücken unsrer Blätter, eingerückten Geschichte der köiglichen freyen Stadt Käßmark, in der oberungarischen Graf- oder Gespannschaft Zips*) und der darinn

*) Diese Geschichte, wie gleich im Anfange derselben angemerket worden, ist in einem Auszuge aus dem MS. Jacob Krays, und zwar eigentlich des Jungen eingerückt worden, dessen besondere Schicksale es verdienen, daß wir sie dem geehrten Publikum hier mittheilen. Es war ein Sohn Jacob Krays des Aeltern, dessen in dieser Geschichte mehrmalen gedacht, und der, nachdem er sich als Syndicus, Rathsherr, und Stadtrichter um diese Stadt zwar sehr verdient gemacht: aber endlich in den Rakoczyschen Troublen in das Interesse dieses Fürsten einflechten, und zu seinem Plenipotentiaire gebrauchen lassen, im Jahre 1709 wie p. 111. dieser Blätter gemeldet ist, enthauptet, doch ehrlich, und in seine Erbgruft, die noch da

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vorkommenden mehrmaliger Erwähnung des Thökölischen Hauses, bey manchem unserer geehrten Leser, das Verlangen werde erweckt worden seyn, von diesem, besonders in dem vorigen Jahrhunderte, nicht wenig merkwürdigem Hause, in diesen Anzeigen, und zwar in einem baldigen Zusammenhang mit gemeldter Geschichte, eine genauere und ausführlichere Nachricht zu lesen; um sich dadurch von demselben, eine richtigere Kenntniß, als nach dem, bisher, hin und wieder eingestreuten sehr unzuverläßigen Nachrichten, möglich war, davon zu verschaffen. Wir wollen demnach mit diesem unsern Aufsatze, dieses Verlangen einigermaßen zu stillen, und in einer für diese Blätter schicklichen Kürze, aus möglichst zuverläßigen Quellen, alles dasjenige anzubringen trachten, was zu einer genauern und richtigern Kenntiniß der Thököischen Geschichte, bis zu weitern, noch zuverläßigern Entdeckungen hinlänglich seyn kann. In den Schriften der Ausländer findet man von den eigentlichen Geschichtsnachrichten dieses Hauses wenig oder gar nichts, ihre Nachrichten haben gemeiniglich nur den letzten unglücklichen Helden Emeric Thököly zu Vorwurf, und was von seinem Herkommen und Geschlechte angeführet wird, ist sehr mangelhaft, unzuverläßig, und widersprechend; welches aber ihnen, um so weniger übel gedeutet werden kann, da selbst einheimische Geschichtschreiber, und so gar diejenigen, die sich darum nach ihrer eigenen Anzeige, ganz besondere Mühe gegeben, wenig sicheres und

ist, begraben worden. Sein Bruder war der berühmte kaiserl. Ingenieur Paul Kray dessen auch Bel in seinem Prodromo mit vielem Ruhme gedenket. Nach dem Tode seines Vaters gieng er nach Wien, und tratt, nachdem er einen Hauptmann, der sich rühmte, daß er durch die vorsetzlich verzögerte Ueberbringung und Bekanntmachung des kaiserl. königl. Pardons für seinen Vater, dessen Execution befördern helfen, im Duell erstochen, unter veränderten Namen, als Dragoner, in Kriegsdienste, und fochte besonders bey der großen Affaire bey Belgrad, unter dem Prinzen Eugen mit ausnehmender Tapferkeit. Nachdem er sich endlich nach genugsam gegebenen Proben seines Muthes erkühnet, sich nach seinem rechten Namen und Persohn zu erkennen geben, avancirte bald zum Oberofficier, und kam nach geschlossenen Frieden um Jahr 1718 nach Hause. Er heyrathete und lebte bis im Jahre 1741, ganz in der Stille, doch mit den Büchern, und besondders der Geschichtskunde stets beschäftiget. Als bey den darauf entstandenen Kriege, nebst andern ungarischen Legionen, auch die damals berühmte Sirmaische Legion, unter dem Befehl des tapferen Obristen Thomas v. Sirmay errichtet wurde, tru man ihm, wegen seiner Kriegserfahrenheit die erste Kapitainstelle dabey an, die er auch in einem schon grauen Alter mit Freuden annahm, und in der merkwürdigen Belagerung der Stadt Prag, welche die Franosen inne hatten, sich sehr signalisirte. Nach dem Dresdner Frieden, kam er wieder nach Hause, ward zum Rathsherrn der Stadt gewählt, und gieng als ihr erster Deputirter im Jahre 1751. nach Preßburg zum Landtage, erwarb sich auch durch seine verschiedene ins Civile und Militare einschlagende Aufsätze bey den Landesständen viele Achtung. Er starb im Jahre 1753. Seine zwey noch lebende Söhne, Paul und Alexander, stehen bey dem Löbl. Breysachischen Regimente, jener als Hauptmann, dieser als Oberlieutenant in wirklichen k. k. Kriegsdiensten. Sein oben gedachtes M.S. hat er noch nach eigener Anzeige im Jahre 1749. vollendet; mit dem Beysatz per Jacobum Kray, Senatorem.

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führliches davon haben melden und berichten können. Die Ursache davon lieget ohnstreitig, theils in der kurzen Dauer der eigentlichen Größe dieses Hauses; theils in dem unglücklichen und tragischen Untergang desselben, theils in der zur damaligen Zeit noch sehr großen Vernachläßigung der vaterländischen Geschichte überhaupt, und der Geschlechts- und Familienkunde insonderheit. Die Aufmerksamkeit des Publikums ward nur bey dem traurigen Ende dieses Hauses recht rege; die dahin gehörigen Schriften und historischen Documente, wurden unter den Unruhen, in welchen dasselbe seinen Untergang gefunden, theils zerstreuet, theils völlig verlohren: es war dieses Haus in Ansehung seiner eigentlichen Größe, einer gewissen Art der Lusterscheinungen gleich, die, so schnell sie mit ihrem Glanz und Geräusche entstehen, so schnell auch wieder vor den Augen verschwinden, und, ohne einige Spuhren ihres Daseyns, auf immer dahin sind; aus welchem allen, sich der Mangel zuverläßiger Nachrichten von demselben zur Genüge begreifen läßet. Vielleicht sind wir nun im Stande, diesem Mangel einigermaßen abzuhlefen, und mit Beyseitesetzung alles dessen, was nicht eigentlich zur Familiengeschichte der Thököly gehöret, ein gelehrtes Publikum hierinn wenigstens zum Theil zu befriedigen.

(Das Uebrige folget.)

III. Naturgeschichte.

Von Ungarischen Petrifaktis.

Fortsetzung, der Nachricht von versteinerten Baumrinden, Zweigen von Bäumen, Gras und Kräuterwurzeln.

Bey Rauschenbach im Zipser Komitat, hat es mit den Holzstängeln eben die Bewandtniß, wie bey Lutschka: die Rinde ist versteinert, und das Holz daraus verschwunden; allein die Stämme von dicken Bäumen sind von jenen um ein merkliches unterschieden; nachdem bey Lutschka von solchen Stämmen die bloße Rinde versteinert ist; so bemerkt man, an diesen bey Rauschenbach beynahe das Gegentheil. Sie haben gar keine Rinde, auch keinen Kern; sondern an dessen Stelle eine Höhlung, wie mit einem Bohrer ausgebohrt: das übrige aber vom Stamm, ist in einen sandigten Tophstein verwandelt, in welchem der Jahrwuchs des Holzes auf das deutlichste zu sehen ist. Aus diesen so wohl; als auch daraus, daß sich solche grobe Sandtheile an die Stelle des Holzes ansetzen konnten, ist so viel zu schließen und abzunehmen, daß es kein festes, sondern nur ein loses Tannen - oder Fichtenholz ehedem gewesen seyn müße.

Der Farbe nach, sind alle diese hier benannte Versteinerungen — entweder gelblich oder weißgrau, und

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dabey sehr mürbe und zerbrechlich. Daher auch dieses hier angemerkte Rauschenbacher versteinerte Holz, mit demjenigen, welches man in andern Komitatern antrift, und schon im vorhergehenden Aufsatz, unter diesem Titel beschrieben worden ist, so wohl in Ansehung der Schönheit, als auch des Gebrauchs, in gar keine Vergleichung gesetz werden kann.

Abdrücke von Baumblättern.

In die Klasse vertsteinerter Blätter, gehören auch die davon in Stein befindlichen Abdrücke. So viel bis dato bekannt worden ist: so konte man ehemals dergleichen wenige oder gar keine aufweifen. Vor einem Jahre wurden nur gewisse Spuren, von dieser Seltenheit, zufälliger Weise, und von ohngefähr, in unserm Vaterlande entdeckt. In dem nämlichen Steinbruch, bey der königl. XIII. Stadt Neudorf oder Iglo, im Zipß, wo in einem ordinären und gemeinen Mauerstein, der Kern von einer Muschel gefunden wurde (wie wir solches oben bey der Beschreybung der versteinerten Conchilien angemerkt haben) entdeckte man auch in eben dergleichen Steinen, wenn man sie zerschlug, die schönsten und deutlichsten Abdrücke von Waydenbaumblättern. Alle Haupt- und Nebenstängel, die natürliche Größe, und die völlige Gestalt eines solchen Blattes siehet man in diesem Stein so deutlich, daß man sein Urbild so gleich bey dem ersten Anblick erkennen kann. Woraus eben zu schlüßen ist, daß diese Steine, aus einem Zufluß und Zusammensetzung der feinsten Sandtheilchen, nothwendig entstanden seyn müssen.

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Versteinertes Mooß, nebst einigen Anmerkungen von Lutschka.

Vor allen andern können wir hier dasjenige kleine Mooß gar nicht aus der Acht lassen, welches man zuweilen in Chrysolithen, Topasen, Charcedoniern und andern dergleichen halb oder ganz durchsichtigen Edelsteinen eingeschlossen findet;*) in dem man dasselbe wenigstens, als ein in einem Steine verwahrtes und aufbehaltenes Gewächs ansehen muß. Erst in dem nächst verfloßenen Jahre wurden Chacedonier - und Karniolsteine auf dem so genannten Königsberge entdeckt, und unter diesen leztern einige Stückchen gefunden, in welchen man beym Durchschauen das nämliche Gewächs sehr deutlich beobachten könnte. Es feheln uns aber auch andre verkleinerte Mooßarten in unserm Vaterlande gar im geringsten nicht. Eben in Lutschka, auf der nämlichen Stellecflc, wo die versteinerten Baumblätter so häufig liegen, trift man auch das versteinerte Mooß in großer Menge an. Für einen aufmerksamen und fleißigen Beobachter der Natur, kann der bloße Anblick dieses Orts nicht anders als recht

* ) S. im II. Jahrg. das XXXVI. Stück S. 236. Und im III. Jahrg. die Beschreibungder Chrysolithen Topase u. s. w.

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angenehm und rührend seyn, wenn er das versteinerte, Mooß so wohl nebeneinander, als auch Lagenweiß übereinander, in eben der Ordnung, wie es auf dem Erdboden zu wachsen pflegt, ansiehet und betrachtet. Es ist dasselbe in allen seinen Theilen dem Urbild so vollkommen ähnlich, daß man es durch nichts anders, als durch die Farbe und durch das Gefühl, von einem ordentlichen Mooß, zu unterscheiden im Stande ist.

Das ganze Thal, in welchem das Dorf Lutschka, nebst einem warmen Bade, liegt, ist von dem Fuß des karpathischen Gebirges, bis an den Wagfluß, mit lauter Tophsteinen angefüllet, welche sich zum Theil auf der Oberfläche des Erdbodens befinden, zum Theil aus der Erden hervorragen, oder auch ganz mit Dammerde bedeckt verborgen liegen, und meistentheils aus verschiedenen versteinerten Vegetabilien bestehen.

Wenn man sich die Lage dieses Orts, und die Beschaffenheit der an demselben befindlichen Versteinerungen recht vorstellet, so läßt sich daraus mit vieler Wahrscheinlichkeit urtheilen, auf was Art und Weise diese entstanden seyn mögen. Ein Bach welcher den feinsten Sand mit sich führet, durchströhmet dieses ganze Thal, und setzet den Sand an alle Körper an, welche er bey seinem Durchzug erreichet, und die fähig sind, dergleichen Sandtheile anzunehmen; auch so gar an die Schalen der Krebse, wie wir bereits oben angemerket haben; um so viel mehr aber an die am Ufer befindlichen Gras- und Kräuterwurzeln, Stengel und Splitter von allerley Gehölz, welches von ohngefähr in das Wasser kommt, und entweder am Ufer hangen bleibt, oder sich nach und nach bis an den Boden hinab senket. Und auf solche Art mag dieser Toffstein entstanden seyn, welchen man von beyden Seiten dieses Bachs durchgehends antrift.

Was aber das versteinerte Mooß, die Blätter von Bäumen, die Zweige und die versteinerten Baumrinden anbetrift, so muß ehedem auf eben der Stelle, wo alle diese Dinge beysammen und untereinander liegen, ein dichteres, und meistens aus hochstämmigen Bäumen bestehendes ansehnliches Gehölze sich befunden haben. In dergleichen Waldungen, wie man solches beynahe allenthalben wahrnimmt, pflegt unter dem Schatten der Bäume, das Mooß viel häufiger, denn das ordentliche Gras und andere Kräuter zu wachsen. Und eben aus diesem Grunde lässet sich muthmaßen, daß auch hier einige Plätze, allwo die hohen Bäume die Wirkungen der Sonnenstrahlen auf das Erdreich hinderten, mit Mooß bewachsen und bedeckt gewesen seyn möge. Hierauf legte sich zu Herbszeiten das von den Bäumen abgefallene Laub, desgleichen auch allerhand Zweige, Reiser, Bäume und Stämme von Bäumen, wie es beym Holzfällen insgemein pflegt zuzugehen. Wenn nun dieser Strich des Bodens mit dergleichen Körpern belegt und bedeckt war, so mag man sich dieses

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natürlicher Weise vorstellen, wie so wohl im Frühling bey einem schnellen Abgang des, auf denen umliegenden Gebirgen häufigen Schnees, als auch im Sommer, wenn ein Platzregen kam, der in der Nähe befindliche Bach angelaufen, das Wasser aus denen Ufern getreten, diese Gegend überschwemmt, und den mit sich führenden Sand auf den Boden, an die an demselben angetroffenen Körper angesezt, und bey der Abnehmung des Wassers zurückgelassen. Nach auf Hand tratt das Wasser in sein Bette wieder völlig zurück; die Wind, die das Land durchstreichen, führeten noch zum Ueberfluß Staub und Erde, auf das feuchte, und mit dergleichen Sand bedeckte Erdreich, und unter diesem, nach und nach zunehmenden durch, die Länge der Zeit stark angewachsenen Schutt, geriethen alle die Körper , in eine Fäulung. Bey dieser Gelegenheit nahm der feine Sand die Stelle dieser Körper ein, mit Beybehaltung ihrer Figur und ehamligen Gestalt. Auf solche Art nun läßt sichs begreifen, wie diese Versteinerungen sämtlich entstanden seyn mögen: nachdem es so, und nicht anders der Augenschein darthut. Denn wie in einem Walde, ein Platz mit Mooß, ein anderer mit Graß und Kräutern bewachsen, und über das, mit abgefallenen Laub von Bäumen, abgebrochenen Zweigen und Holzstängeln bestreuet und bedecket zu seyn pfleget, auch mit unter, hie und da Stämme von Bäumen, oder ganze Hölzer liegen: also findet man alle dergleichen Dinge, in der nämlichen Unordnung bey Lutschka, lagenweiß übereinander in der Erden, wie sie von Zeit zu Zeit in Stein verwandelt worden sind. Betrachtet man die Versteinerung an sich selbst, so ist dieselbe in der That nichts anders, als ein durch die Natur zusammengekütteter Sand, der in seiner Struktur das Bild, bald dieses, bald jenes Gewächses aus dem Pflanzenreiche an sich genommen hat, und vollkommen ausdrückt. Daß aber hier lediglich die Rinde, und nicht das ganze Holz eine solche Verwandlung erlitten hat, ist ebenfalls aus denen bereits angeführten Umständen sehr leicht zu begreifen. Denn dieses Holz müssen wir mit jenem, welches in andern Gegenden unsers Vaterlandes gefunden wird, und wovon wir im vorhergehenden gehandelt haben, gar nicht verwechseln. Bey jenem ist die versteinernde Materie subtil und druchdringend, mit mineralischen Säften und Quarztheilen vermischt: hier aber ist ein bloßer Sand. Darum eben setzt sich dieser nur an die obern und lockern Theile des Holzes, nämlich an die Rinde, und wenn diese einmal versteinert ist, so kann diese grobe Materie weiter nicht druchdringen. Das unter der Rinde befindliche Holz mußte endlich vermodern, und in Staub verwandelt werden. Ist aber dieser Fall vorhanden, wie z.B. bey Rauschenbach, allwo das Holz selbst, die Rinde und den Kern ausgenommen, in einen Stein von dieser Art verwandelt worden ist, so kann man nichts anders vermuthen,

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als, daß von einem solchen Holze die Rinde weggekommen sey, ehe es noch in diese Lage und den Zustand gerieth, in welchem es versteinert werden konnte, und daher sezten sich diese Sandtheile, da ihnen nichts anders im Wege stund, unmittelbar an das Holz an; bis an den Kern aber, war es ihnen unmöglich durchzudringen.

Noch eines haben wir von Lutschka zu gedenken. Der berühmte Bel berichtet*) daß in dem Thale bey Lutschka eine solche Menge von Schlangen, in den Felßlöchern ausgehegt werde, daß die Einwohner dieses Orts oft gesehen hätten, wie dergleichen Insekte, bey tausenden, klumpenweise, von denen Felsen hinunter rollen. Nun hat es seine vollkommene Richtigkeit, daß sich diese Thiere, sowol in als auch bey dem Dorfe herum, an Sommertägen so häufig einfinden, daß selten ein Tag ist, an welchem nicht mehr, als hundert, umgebracht und getödtet würden. Ueber dieser Nachricht werden einige unserer Leser nicht wenig erschrecken: wenn sie sich die Gefahren vorstellen, welchen besonders Bauernkinder ausgesetzt sind, die schlecht verwahrt, und oft halb ungekleydet, und ohne Schuhe in dem Dorfe und auf dem Felde herumlaufen. Desto merkwürdiger sind daher die Lutschker Schlangen, da sie so zahm sind, daß sie sich nicht allein in die Gärten und Häuser, sondern so gar in die Wohnstuben, Betten und in das Hausgeräthe hinein wagen, und nicht selten in den dasigen warmen Bädern, zwischen den Badegästen im Wasser auf und ab schwimmen. Bey der ganzen Sache ist dieses zu bewundern, daß obschon diese Schlangen, denen andern, die man sonsten antrift, und die mit ihrem Biße, Menschen und Vieh beschädigen, so wohl an Gestalt, als Größe änlich und gleich sind; sie gleichwolen bey Menschengedenken, noch niemanden einen solchen Biß beygebracht haben. Vielmehr erhielt ich bey einer genauen Forschung nach der Gewißheit und Zuverläßigkeit dieser Sache, sowol von Fremden, als einheimischen, Nachrichten, die mich darinnen ungemein bestärkten: Es hat nämlich vor einigen Jahren, eine Bäurin bey ihrer Rückkunft nach Hause, in der nämliche Wiege, in der ihr noch zartes Kind sanft schliefe, eine alte Schlange mit etlichen Jungen angetroffen. Wer ist im Stande, ohne selbst Mutter zu seyn, sich das Entsetzen und den Schröcken des armen Weibes vorzustellen? Sie sammelte sich abar wieder, da sie fand, daß ihr Kind auch unter den Schlangen unverlezt geblieben ist.

*) In Notitia Hungariae novae Tom II. p. 539. & 580.


In Wien zu haben in der Baderischen Buchhandlung neben dem Todtenkopf in der Bognergasse.
Topic revision: r6 - 21 Dec 2011, AgostonBernad
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