INHALTSVERZEICHNIS PRIVILEGIRTE ANZEIGEN

Blättern: < IV. Jahrgang, XL. Stück - IV. Jahrgang, XLII. Stück >



(321)

IV. Jahrgang, XLI. Stück, den 12. October 1774.

I. Topographische Nachrichten.

Fortsetzung der Beschreibung des Königreichs Bosnien.

Von der Stadt Photscha kommt man neben der Drina, zu demMarktflecken Goraschde, der hart am Wasser liegt. Er hat bey 160. Häuser, die nur wenig Christen bewohnen. Ober demselben gegen Mitternacht, ist das große Gebirg Orahowitza, welches sich hernach mit dem Gebirg Janrin vereiniget: Diese beyden Gbirg machen den Abschnitt zwischen Herzegowina und Bosnien; der Weg über dieselben aber ist fast durchwegs unbrauchbar.

Unterhalb dem Flecken Goraschde stehet eine steinerne Brücke über den Drinafluß nebst einem Mauthuause. Und von hier gehet die ordentliche Strasse nach Constantinopel; daher auch das Dorf von beyläufig 70. Häusern das hart an dieser Brücke stehet, Drum Czarigradßky (der Weg nach Konstantinopel) genennet wird. Daselbst gehet noch eine Strasse über das Gebirg Komania, in die Gegend von Sarajewo, und eine andere nach Wischegrad und Grassmatz. In dieser Gegend befinden sich auf 88. lauter christliche, und fast eben so viel türkische Dörfer. Unweit Glassimatz, ist eine mit kleinen Bergen eingeschlossene Ebene, welche Biratsch heißet, und in derselben der Markflecken Plastanitza von 180. Häusern. Der kleine Fluß Drinatscha, der aus dem Gebirge Kraljewa Gora entspringt, fällt hier in den Drina, und hat zwo steinerne Brücken. Unterhalb demselben ist das aus 120. christlichen Häusern bestehende und von Christen bewohnte Dorf Butscha, unweit demselben aber das Kalutjerkloster Lominitza. An dem Drinaflusse sind noch verschiedene christliche Dörfer, welche ihren Gottesdienst in besagtem Kloster verrichten. Von hier gehet eine Strasse nach Tußla; seitwerts dersel-

(322)

ben stehen zween Berge Borogowo genannt, und auf einem davon abermal ein Kaludjerkloster Namens Papratnja. — Unterhalb desselben, an dem Drinatscha, stehet das kleine Schloß Kuschlat, welches weder fest noch mit tüchtigen Kanonen versehen ist. Die Vorstadt hat etliche dreyßig Häuser, lauter Türken. Oberhalb diesem Schlosse, der Drina zu, ist ein anderes altes auf einer Anhöhe, so Strebrenitza heißet. Es ist ziemlich fest, und mit einer Schanze ringsherum versehen. Die Stadt gleiches Namens hat bis zweyhundert Häuser. — Gegenüber jenseits der Drina, befindet sich abermal ein altes Schloß Soko genannt. Es liegt gleichfals auf einer Anhöhe, hart an dem Flusse, und hat eine Vorstadt von ungefähr 40 Häusern. — Von diesem Schlosse, führet eine Strasse, neben dem Gebirge Derbent, unweit welchem sich das wüste Kaludjerkloster Ratscha befindet. An demselben ist gegen die Drina eine Ebene, welche mit vielen christlichen Dörfern bevölkert ist, und nur einen türkischen Flecken, von etwann 50. Häusern hat. Von dannen ziehet sich das Gebirge Majewitza gegen Sonnenuntergang, welches sich bis Zwornik erstrecket.

Zwornik ist eine Haupt Gränzfestung, und lieget hart an einem Felsen neben dem Flusse Drina. Auf gedachtem Felsen, sind zwey besondere Schlösser, welche die Stadt und Festung dominiren. Die Festung ist mit hinlänglicher Artillerie versehen, hat in Stein gehauene Casamaden, und zwey Thore. Die Stadt ist in die Länge fast auf eine Stunde gebauet, und hat nur eine Gasse, davon die eine Reihe Häuser unter dem Gebirge, die andere aber an dem Fluße Drina stehet. Man zehlet in derselben bis 2300. Häuser, lauter Türken. — Eine Pascha von 2. Roßschweifen kommandiret in der Festung, und außer einem Generalauditeur, verschiedenen Kapitäns und Agen, befinden sich auch verschiedene Gattungen von Soldaten, als Spahi, Jenitschern, Nepher, Sejmen und Deklie daselbst.

(Die Fortsetzung folgt.)

II. Geschichte.

II. Nachtrag zu der Geschichte des Gräflich Thökölischen Hauses.

In Ansehung der Religion dieses Hauses, auch etwas zu gedenken, so ist daselbe, in der Zeit seines leztern größten Flors, von dem Sebastian an, bis auf den Emerik, der Augsburgischen Confession, oder der Protestantisch-Lutherischen Religion zugethan gewesen; obgleich auch einige Merkmale da sind, daß es, der so genandt Helvetischen Confession nicht gar abgeneigt wäre, und die

(323)

Schüler, wo nicht des Calvins, doch des Dokter Philips oder Melanchtons einiger massen begünstiget hatte. Es erhellet dieses, sowohl aus der besondern Gewogenheit und Protection, welche Sebastian Lam*), ein, diesen


*) Sebastianus Lam, sonst auch Ambrosius, nach der noch jezt zum Theil gewöhnlichen Art der Zipßer, von seinem Vater, der diesen Taufnamen führte, also genannt, war ein gebohrner Käßmärker, der, ehe er auf Universitäten gieng, schon bey der dasigen Schule als Kollega gestanden. Wie aus der Matric. XXIV. Regal. p 597. zu ersehen, so ist er daselbst im Jahre 1583 dcm Caspar Krazter, im Predigtamt gefolget. Da man ihn des Calvinismus beschuldiget, so bekam er mit den streng Orthodoxen Lutheranern, vielen Streit. Seine Schriften zeigen inzwischen viel gutes. Das Zeugniß, welches ihm Mathias Thoraconymus, prius Scholae Tyropolensis (seu Kesmarkiensis) expost Saaros-Patakiens Rector, bey seinem Hingang auf die Akademie im Jahre 1575. den 5. May zu Käßmark gegeben, und das wir besitzen, lauter sehr wohl, wovon wir, weil es so wohl den Rectorem, als auch seinen Schüler schön charakterisirt, und die Schulstudien damaliger Zeit angezeiget, das Vornehmste hersetzen wollen: "Salutem omnibus Lecturis! Hic Sebastianus Lamius, bonis & honestis parentibus apud nos ortus, inde usque ab ineunte pueritia doctis & fidelibus praeceptoribus usus, egregia virtutis & eruditionis specimina adeptus est. Contigit quippe illi, ad hanc rem concessu ac munere divino, tum felix ingenium, tum pulchrum de rebus judicium. Nam ut paucis dicam, latinam linguam egregie addidicit, Graecam mediocriter cognovit, Artes, quas dicendi vocant, feliciter percepit, Matheemata sic degustavit, ut ubi commodior eadem discendi occasio data fucrit, non poenitendam accessionem facturus sit. Capita doctrinae Chrisianae ita tenet, ut non solum ipse, quid credere & sperare debeat, certus fit; verum alios etiam salutariter monere &c instruere, deque sisdem cum

Grundsätzen zugethaner Prediger, in der Stadt Käßmark, bey dem Sebastian Thököli genossen; wovon seine, von uns, in der Geschichte dieses Hauses angeführte Schrift, darinn er, dem damals bey dem Landtage zu Preßburg sich befundenen Sebastian Thököli, von dem, mit dem Albert Grauer, und Gregorius Horvath von Stantsitsch, in dem Thökölischen Schlosse gehabten doppelten Colloquium Nachricht giebet, und seine Sache, gegen diese seine Gegner, vor ihm als einem Schiedsrichter vertheidiget hat, deutlich zeuget*): als


piis & doctis viris non irreligiose conferre ac differere queat. De hinc autem, praeter multas alias virtutes singulariter, instar gemmae cujusdam, elucet in eo, studium timoris DEI, humilitatis, pietatis & suavissimae modestiae &c. Wie schön!

*) Albertus Grawerus war ein gebohrne Brandenburger: im Jahre 1595 bekam er auf einmal zu Wittenberg eine doppelte Vocation nach Ungarn, nämlich ad Rectoratum Gynmas. Leutschov und Gymnasiii Neerensis in Scepusio, und folgte auf Anrathen des D. Egidi Hunnii, in dessen Hause er wohnte, der leztern. Im Jahre 1597, nachdem sein Patronus gestorben war, übernahm er das Rectorat in Caschau; und gieng im Jahre 1599. wegen der Kriegsgefahr zurück nach Wirtenberg, war im Jahre 1609. D. Theol. und darauf Professor zu Jena, und starb im Jahre 1617. Als General - Superintendent zu Weimar. Man sehe seine Präfat, die seinen zu Jena im Jahre 1656, in 4to edirten Absurdis Calvinst. &c. vorgesezt ist; und Jöchers gelehrten Lexicon. Gregorius Horvath, aliter Stansitsch L. B. de Gradecz, ist einer der berühmten Vorfahren, des noch im Zipß blühenden vornehmen adelichen Horvath - Stansitschischen Hauses. Er war ein Sohn, des tapfern

(324)

auch aus dem, was wir von der Auferziehung und den akademischen Studien seiner Söhne, des Nicolaus und Stephans gemeldet; welche beyde, zu Heidelberg, als der damals berühmtesten Universität der Reformirten, unter dem sehr Friedliebenden, und zur Religionsvereinigung stark geneigten D. Paräus, studiret haben.

(Die Fortsetzung folgt.)


Helden Marcus Horvath, welcher zum das Jahr 1558. als Befehlshaber der Festung Sigeth, sich durch große Kriegsthaten hervorthat, wovon besonders in dem Leben -des Stephan Szegedinus, von Matthäus Scaricäus viel merkwürdiges kann nachgelesen werden. So wie er selbst ein sehr gelehrter Herr, und dahero ein großer Beförderer der Wissenschaften war, also stiftete er mit eigenen Unkosten, auf seiner Erbherrschaft Neer oder Straschka das damals berühmte Gymnasium Neerense, in welchem Graverus, Paulus Malus und andere docirt haben. Er starb im Jahre 1597. und muß mit seinem Zeitgenossen und nahen Blutsverwandten, Gregorius Horvath, Domino in Palocza &c. nicht verwechselt werden. Sein ältester Sohn war, der ebenfalls berühmte Marcus Horvath Stansitsch, welcher wie D. Börner in seiner Epist. Gratul. ad . cl. Paulum Fabri, die seiner Comment. de Bibl. Bud. angehängt ist, zeiget, mit andern vornehmen Hungarn, auch zu Wittenberg studirt hat. Man kann von diesem allen besonders die schöne Dedication nachlesen, die Nicolaus Erhardi, Gymn. Neerensis Rector vorgesetzet hat, dem Liber Posthumus. Magnif. Dni. Gregor. Horvath &c. welcher zu Bartfeld im Jahre 1597. in 8vo herausgekommen.

III. Anekdoten.

Von der Treue und Hochachtung des hungarischen Frauenzimmers gegen ihre Männer, mit einigen kritischen Anmerkungen.

In dem III. Stücke dieser Anzeigen, lieferten wir eine Anekdote, von der Herzhaftigkeit des hungarischen Frauenzimmers. Hier wollen wir eine andere beyfügen, welche die Tugend des schönen Geschlechts in Hungarn noch mehr erhebet, und mit der Herzhaftigkeit, zugleich Treue, Standhaftigkeit und Hochachtung des hungarischen Frauenzimmers gegen ihre Ehemänner verbindet. Folgende Geschichte kann einen Beweiß davon ablegen.

Als der heldenmüthige Graf von Sriny im Jahre 1566, mit 2500. Mann die Festung Sigeth, wider den Großsultan Soliman, welcher mit einem Heere von 164000. Mann vor derselben stund, vertheidigte; so kam es endlich so weit, daß die kleine Besatzung, wider eine so sehr weit überlegene Macht von Feinden, von denen sie umgeben und eingschlossen war, einen Ausfall zu wagen genöthget wurde. Der oberste Befehlshaber ermunterte daher seine Untergebene, mit einer sehr nachdrücklichen Anrede, zu einer Unternehmung, die zwar in dergleichen Umständen

(325)

verwegen zu seyn schiene; die aber so wohl die Nothwendigkeit, als auch die Treue gegen den Landesfürsten und das Vaterland; und dann der Ruhm ihrer Tapferkeit von ihnen forderte. Ein jeder Soldat, durch die Rede des Anführers aufgebracht, war nicht allein zum Streit, sondern auch zum Tode, welcher bereits vor seinen Augen schwebte, fertig und bereit. Indessen fand sich einer unter ihnen, den Helden, welcher mitten in dieser Gefahr, den außerordentlichen Entschluß faßte: sein Weib, die adelichen Herkommens, jung und sehr schön an Gestalt war, lediglich aus dieser Ursach, mit eigener Hand zu tödten, damit sie den Barbaren nicht in die Hände gerathen möchte. Die vorsichtige Frau, bemerkte den lieblosen, ja unmenschlichen Vorsatz ihres Mannes, und suchte ihn durch bewegliche Vorstellungen auf andre Gedanken zu bringen. Sie führte ihm unter andern zu Gemüthe: wie die Ausführung seines Vorhabens, an sich selbst eine abscheuliche That, und eine verdammliche Sünde vor Gott wäre! Wie er sich denn wagen könnte: diese That zu begehen, und seine Hände mit dem unschuldigen Blut seiner treuen und wegen gegebener tausend Versicherungen, geliebten Ehegattin zu beflecken: da dieser Tod ihr zugleich desto empfindlicher und schmerzhafter fallen müßte, weil sie, als seine tugendhafte, keusche, getreue Gemahlinn, ihrem liebsten Mann in die lezte Todesgefahr nicht folgen könnte, und von von ihm eben durch diesen getrennt würde. Ich weiß, fuhr sie fort, wie ich dier versprochen habe, dich in keiner Noth, auch so gar in Lebensgefahren, nicht zu verlassen; ich will demnach eine Gefährtinn deiner Gefahr und deines Todes seyn; damit auch der Tod selbst diejenigen nicht scheide, welche das Band der Liebe so genau im Leben verknüpfet hat.

Sie legte hierauf Mannskleider an, wurde von ihrem Manne mit Waffen versehen, und zu seiner Linken gestellet: Die Thore wurden eröfnet, die Zugbrücke hinabgelassen, und sogleich gieng der Streit an, heftig und mit vielem Blutvergießen, von beyden Seiten; die schöne Ungarinn fochte tapfer; der Mann verwundet an ihrer Seite, verlohr sein Leben: sein Tod verminderte ihren Muth nicht; er gab ihr zum Streit neue Kräfte, bis sie selbst im schärfesten Gefechte, unter empfangenen Wunden und vergossenem Blute, ihren heldenmüthigen Geist aufgegeben hat*).

Was die Hochachtung des hungarischen Frauenzimmers gegen ihre Ehegatten betrift; so wollen wir den Grund davon in den Eigenschaften der hungarischen Sprache selbst, und den hergebrachten uralten Redensarten dieses Volkes suchen. Schon daraus ist so viel erweißlich, daß dieser Vorzug dem hungarischen Frauenzimmer von jeher eigen

*) Diese Geschichte wird erzehlet in dem Ortelio redivivo continuato S. 448.

(326)

gewesen sey, und bey demselben, in allen Ständen, als eine allgemeine Tugend, geherrschet haben müsse. Ein hungarisches Frauenzimmer, nennet in ihrer Sprache ihren Ehegatten niemals anders, als, mein Herr (Uram) sie mag in seiner Gegenwarth zu ihm, oder abwesend von ihm sprechen. Und dieses ist nicht allein bey Standespersonen; sondern auch so gar bey dem geringsten Bauer und Bettler herkömmlich und gewöhnlich. Eine Bäuerin nennet ihren Gemahl eben so wohl Uram, als eine Frau vom Adel und von höchstem Range: weil diese Redensart einmal der hungarischen Sprache eigen und natürlich ist. Nicht zwar aus Mangel eines Wortes, womit man den Namen eines Mannes ausdrücken könnte; indem das hungarische Wort Férfi, überhaupt einen Mann bedeutet: sondern weil es in der hungarischen Sprache nicht wohl klingen, ja vielmehr lächerlich und dem allgemeinen Sprachgebrauch zuwider seyn würde, wenn eine Weibsperson ihren Mann nicht Uram, sondern Férfim nennen sollte. Im Gegentheil nennet der Hungar seine Ehegattin in seiner Sprache niemals seine Frau, welches doch bey vielen andern Nationen so gewöhnlich, und fast allgemein ist. Und ob gleich das hungarische Wort Aszony, so wohl überhaupt ein Weib als auch eine Frau bedeutet, und im allgemeinen einer jedweden Weibsperson zukommt, auch nur durch gewisse Beyworte bestimmet wird, als z. B. Nagy Aszony, eine vornehme Frau, Paraszt Aszony, eine Bäuerinn, Koldus Aszony, eine Bettlerinn, Zigany Aszony, eine Zigeinerinn: so ist es doch wider alle Art und Gewohnheit der hungarischen Sprache, daß ein Ehemann seine eigene Gattin seine Frau (Aszonyom) nennen sollte. Redet er aber unbestimmt mit derselben, das ist, ohne das Verhältniß, in welchem er mit ihr stehet auszudrücken; so kann er sie eine Frau nennen. Er kann seinem Weibe zurufen, Aszony, Frau, er kann zu ihr sprechen: te vagy rendes Aszony, du bist eine artige Frau; niemalen aber mit dem suffixo Aszonyom, meine Frau; weil dieser Ausdruck nicht die Gemahlinn eines Mannes, sondern eine solche Frau bedeutet, unter welcher er entweder, als Unterthan, oder als ein Diener stehet: ob es schon sonsten auch im gemeinen Umgang nicht ungewöhnlich ist, ja auch füglich angehet, daß man seines gleichen, oft auch niedrigere Weibspersonen, wie in andern Sprachen, also auch in der hungarischen, meine Frau, Aszonyom, nennet; nur ein Mann muß sein eigenes Weib mit dieser Ehrenbenennung verschonen, wenn er nicht will verlacht werden.

Der eigentliche Name, womit der Hungar seine Ehegattin zu belegen pflegt, ist das Wort Feleségem (Feleschigem). Eine Benennung, die nichts geringschätziges oder erniedrigendes in sich enthält; und die dagegen das rechte Verhältnis des Weibes gegen ihren Ehemann, auf eine zärtliche und anständige Art ausdrü-

(327)

cket; wenn man sich Mühe geben wollte, auf den Ursprung dieser Benennung ming ein wenig zuruck zu denken. Indem das Wort Felesége, entweder von fele segétségem, oder auch von félségem, hergeleitet werden kann. Das erstere bedeutet die Gehilfin, das leztere aber, die zweyte Hälfte des Mannes. Man nehme nun eines oder das andre an, so ist dieser Ausdruck in beyden Fällen für einen Ehemann sehr anständig und lehrreich. Es wird ihm damit zu Gemüthe geführet, aus was für einem Gesichtspunkte, er seine Gattinn anzusehen habe, und wie er verbunden sey, derselben, als seines gleichen, ja als seinem andern Ich und vornehmsten Eigenthum zu begegnen.

Der Gebrauch, dem Frauenzimmer in Gesellschaften, den obern Platz, und beym Sitzen, Gehen oder Fahren die Rechte einzuräumen, scheinet ebenfalls, nur in denen neuern Zeiten, aus andern Ländern und von fremden Nationen nach Hungarn gebracht worden zu seyn. Unsre Vorältern wußten vielleicht nicht das mindeste von solchen Vorzügen des Frauenzimmers, wenigstens fand derselbe bey Eheleuten gewiß keine Statt. Denn bey dem Landadel, bey dem Bürger in Städten, welcher die Gewohnheit hat, bey allen einschleichenden Neuerungen, in der Kleidung, in den Sitten und Moden nur langsam und hinten nachzugehen, haben die Ehemänner dieses ihr altes Vorrecht, noch bis diese Stunde nicht allgemein und völlig vergeben. Man wird es noch mehrmalen gewahr, wie die Frau ihrem Manne an der linken Seite stehet, sitzet oder gehet: und eben in dieser Kleinigkeit findet man noch die Ueberbleibsäl von der alten Gewohnheit des hungarischen Frauenzimmers gegen ihre Männer, sich ehrerbietig zu bezeigen.

Wenn man das äußerliche Betragen, und das ernsthafte Wesen eines hungarischen Frauenzimmers etwas genauer betrachtet, und dabey in Erwägung ziehet, daß die Herrschbegierde und der Geist zu befehlen, dem schönen Geschlechte überhaupt angebohren zu seyn scheinet, ja fast eigen ist: so wird man sich um desto mehr über dieses bescheidene und unterthänige Verhalten des nämlich Frauenzimmers nicht allein verwundern müssen; sondern auch Mühe haben, dasselbe mit ihrem in die Sinne fallenden Charakter zu vereinigen. Allein der gelehrte Verfasser der Briefe, welche im Jahre 1742. unter dem Tittel: Lettres sur les Hongrois par M. du B. * *. zu Amsterdam herausgekommen sind, hat uns den Grund und die Möglichkeit der Sache zu entdecken und zu erklären gesucht. Er schreibet in dem IV. Brief S. 53. u. f.*) nach einer freyen Uebersetzung

*) Weil die angeführten Briefe nur in wenigen Händen sind; so wollen wir die Stellen aus dem Originale ganz hersetzen. „Lettres sur les Hongrois par M. du „B. * *. IV. Lettr. p, 55. Un coeur altier & fier ne sauroit etre gagné que par des soumissions. Une mere Hongroise sage, prositant de cette maxime, tache tousjours a elever sa

(328)

ohngefähr folgendes: „Ein solzes und ehrgeiziges Herz, kann nur durch Unterwürfigkeit gewonnen werden. Vernünftige hungarische Mütter, machen sich diesen Grundsatz zu Nutzen, und trachten ihre Töchter dermassen zu erziehen, daß sie ihnen viele Hochachtung gegen die Männer einprägen, und sie angewöhnen so viel als möglich ist, demüthig und nachgiebig gegen sie zu seyn. Es ist daher nur Demuth und Unterwürfigkeit, wodurch das hungarische Frauenzimmer die Liebe derjenigen gewinnt, die es als Liebhaber zu fesseln gedenket, und dieses ist auch der Weg wo sie als Frauen, sich der Hochachtung ihrer Männer versichern, wodurch dann bey ihnen diese Demuth und Unterthänigkeit zur Gewohnheit wird. Mit einem Worte: das Frauenzimmer dieses Landes ist sehr demüthig: diese durch die Erziehung beygebrachte und von der zartesten Kindheit angenommene Unterthänigkeit, gehet endlich zur Gewohnheit über. Und hierdurch erwerben sie sich eine gewisse Art von äußerlichen Wesen, welches Unschuld und Sittsamkeit als die vornehmsten Tugenden des schönen Geschlechtes empfehlen; diese machen sie liebenswürdig, und verschaffen ihnen die Hochachtung aller Menschen. Es gehet aber diese zuweilen übertriebene Bescheidenheit, gar oft zu weit, daß sie, die Frauen, in Gegenwart ihrer Männer sehr wenig sprechen, und im Fall sie auch ein Wort sagen, so reden sie so leise, daß man Mühe hat, sie zu verstehen —“

Wegen der Treue des gedachten Frauenzimmers, merket der Verfasser in eben diesem Briefe folgendes an: „Ihren Männern sind sie ziemlich treu, jedoch ein wenig eifersüchtig.“

fill de la forte, qu'elle aye beaucoup de respect vers les hommes, & qu'elle fasse la souple autant qu'll est possible. C'est donc par les soumissons, que les filles Hongroises gagnent l'mour de ceux, qu'elles veuillent faire leurs mants & par la aussi devenues femmes , elles s'assurent de l'estime de leurs maris & font passer leur souplesse en contûme. En un mot, les femmes de ce pais sont fort soumises; cette soumission affectée & adoptee des leur plus tendre jeunesse passe a la fin en habitude. Et par la elles gagnent un certain air d'innocence & de modestie, vertues principales du beau sexe, qui le rendent aimable, & digne de l'estime de tout le monde. Cette modestie, quelques fois outrée va méme si loin, qu'elles parlent fort peu en prefence de leurs epoux, & en cas quelle disent quelque mot, elles parlent si doux qu'on a de la peine à les entendre — Elles sont assez fidelles a leurs maris quoique un peu jalouses. —"


In Wien zu haben in der Baderischen Buchhandlung neben dem Todtenkopf in der Bognergasse.
Topic revision: r4 - 26 Sep 2011, AgostonBernad
This site is powered by FoswikiCopyright © by the contributing authors. All material on this collaboration platform is the property of the contributing authors.
Ideas, requests, problems regarding Foswiki? Send feedback