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IV. Jahrgang, XXXIX. Stück >
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IV. Jahrgang, XXXVIII. Stück, den 21. September 1774.
I. Wissenschaften
Fortsetzung der Recension des zu Wien herausgekommenen Werkes, Analecta Scepusi Sacri & Profani Pars II. [ Siehe S. 289. St. XXXVII]
Die vierte Schrift: Breve Necrologium Scepusiense, von Seite 80. bis 83. ist eine Todtenliste, vornehmer Geistlicher, auch einiger weltlichen Personen, meist Dommherrn des hochwüridgen Zipßerkapitels, welche Herr Wagner, aus einem alten Kirchenbuche desselben, das noch im XIV. Seculo geschrieben worden, herausgezogen hat. —
Die fünfte, von S. 84. bis 104. wird so betitelt: Fragmenta Scepusiensia, Seculi XV. ex Joannis Dlugossi Historia Polonica , excerpta. Es ist bekannt, daß Dlugoß in seinen Geschichtsbüchern verschiedenes, aufgezeichnet habe, daraus die ungarische Geschichte überhaupt, und insbesondere die Geschichte der Graffschaft Zipß, viel Licht bekommt. Man findet bey ihm Erzählungen, welche die ältern väterländischen Geschichtschreiber, entweder nur obenhin berühren, oder ganz und gar mit Stillschweigen übergehen. Beydes hat H. W. in so fern es Zipß angehet, seiner Sammlung, aus dem Dlugoß, eingetragen; doch nur Begebenheiten des XV. Jahrhunderts, weil diese seinem Zeitalter die nächsten sind, folglich auch die meiste Glaubwürdigkeit für sich haben.
Die sechste Schrift, führet diese Aufschrift: Urbis Kesmarkiensis ab anno MCDXXXIII. ad MDXLVII. memorabilia, a scribis publicis ejusdem urbis adnotata, von S. 104. bis 113. Erzählungen, welche der Herr Herausgeber, aus zwey alten Manuscripten, geschöpft hat, davon das eine zu Käßmark, aufbewahret wird. Es ist deutsch, mit gothischen Charaktern geschrieben, und geht bis zum Jahre 1474. Das zweyte scheinet eine Fortsetzung des erstern zu seyn, und erstrecket sich bis zum Jahre 1547 –
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Die siebente, von S. 113. bis 121. Antonii Bonfinii Congressus Regum Hungariae, & Poloniae, Leutschovia anno 1494. celebratus. Wladislaus der zweyte, hielt mit seinem Bruder Albert, Könige von Pohlen, eine feyerliche Zusammenkunft zu Leutschau, im Jahre 1494. Bonfinius hat diese Begebenheit, umständlich beschrieben, in seinen Geschichtsbüchern Dec. V. Libr. IV. H. W. aber hat dieses Stück, als eine der Grafschaft Zipß ganz eigene Feyerlichkeit, seiner Sammlung einverleibet. In der kurzen Vorrede, zu diesem Auszuge, hat der gelehrte Sammler, eine Andkdote angebracht, daraus nicht undeutlich zu sehen, in welchem Werth, die Geschichtsbücher des Bonfinius bey unserm Könige Waldislaus dem 2ten gestanden. Er hat nämlich einen gewissen Johannes, der diese Geschichtsbücher nur abgeschrieben, mit seinem ganzen Geschlechte, in den Adelstand erhoben. Der ihm ertheilte Adelsbrief, den Bonfinius selbsten aufgesetzet hat, wird in dem Leutschauer Stadtarchiv verwahret, unter diesem Titel: Arma per Antonium Bonfinium Scriptorem Decadum rerum Hung. composita —
Die achte Schrift, ist ein Auszug, aus Jodoci Ludovici Decii Pohlnischer Geschichte drittem Buche, von der Vermählung Barbarä von Zapolya, einer Gräfinn von Zipß, mit Sigismund dem I. König von Pohlen, im Jahre 1511; von ihrer Krönung zu Krakau, 1512. und dann von ihrem 1515. erfolgten Tode; von S. 122. bis 129.
Die neunte Schrift, hat den Titel: Conradi Spervogel, Senatoris & Judicis Leutschoviensis, contracti annales Scepusienses, ab anno Christi MDXVI. ad MDXXXVIl; von Seite 129. bis 188. Eine beträchtliche Schrift, nur Schade, daß H. W. das Original selbst, nicht haben konnte; hätte er es nutzen können, so würde manches vollständiger, und viel richtiger, im Druck erschienen seyn. Uns ist das Original von ohngefähr in die Hände gekommen, und das sezt uns in den Stand, einige Zusätze, zu der Einleitung des Herausgebers, hier beyzufügen. Das ganze Werk, unsers Spervogels besteht aus 370. Blättern in Quarto, sehr dicht und unleserlich zusammengeschrieben; und zwar nicht wie H. W. vermuthet, deutsch, wenn wir einige wenige Stellen ausnehmen; sondern, größtentheils lateinisch. Es fänget also an: In Nomine Domini nostri Jesu Christi, amen. Hic libellus continet, aliqua acta, sub judicatu meo anno 1516. Einer jeder Erzählung von Wichtigkeit, deren im Originale viel mehrere sind, als hier im Druck erschienen, ist eine kurze Aufschrift vorgesetzet, die den Inhalt der Erzählung bezeichnet. Im Jahre 1599. hat ein Notarius der Stadt Leutschau, dessen Namen wir nicht herausbringen konnten, dem Manuscripte folgenden Titel vorgesetzet: Conradi Spervogel von Costnitz am Bodensee bürtig, der Stadt Lewtscha
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gewesenen Mitwohner, von 16. bis auf das 38. Jahr, zusammen geschrieben, glaubwürdiges Diarium. Er hat auch ein vollständiges Register, darüber verfertiget, unter der Aufschrift: Regestum super historiam Cunradi Sperfogel.
Die zehnte Schrift, von S. 189. bis 277. ist ein Synoptischer Auszug, aus der Matrikel der Fraternität der XXIV. Regalium. darinnen die denkwürdigsten Vorfälle und Begebenheiten des Zipßerlandes im 16. Jahrhundert, aufgezeichnet worden sind*).
Die eilfte, Excerpta historica ex visitationibus Prepositurae, Capituli, & Parcoeciarum Scepusiensium, von S. 278. bis 292. Man findet hier brauchbare Materialien, zur künftigen Geschichte, des hochwürdigen Zipßerkapitels, und dann auch kurze Nachrichten, von einigen Zipßerpfarrkirchen.
Die zwölfte, Georgii Molleri brevis narratio, de mutatione Dominorum urbis Kesmark, von S. 293. bis 296;
Die dreyzehnte, Anonymi relatio historica, quomodo Dominium Civitatis Kesmark, a Laszkio in Ruberum, ab hoc in Thökölium derivatum fit, von S. 296. bis 307. Beyde Erzählungen, von den Veränderungen der Herrschaft des Keßmarker Schlosses und der Stadt, stehen als ein Anhang, in der oben erwähnten Matrikel, der ehedem so genannten XXIV Plebanorum Regalium.
Die vierzehnte, von S. 308. bis 331. hat diese Aufschrift: Hungarici, seu Daciani Simplicissimi, peregrinatio Scepusiensis, cum descriptione praecipuorum locorum & montium carpaticorum. Im Jahre 1683. ist zu Leutschau bey Brewern gedruckt worden: Ungarischer oder Dacianischer Simplicissimus vorstellend, seinen wunderlichen Lebenslauf, und sonderliche Begebenheiten, gethaner Reisen ec. Der Verfasser dieses Werkchens, hat seinen Namen verschwiegen, aber nicht undeutlich zu erkennen gegeben, daß er ein Schlesier, und dabey ein ächter Simplicissimus gewesen. H. W. haf aus seinen Erzählungen, nur das durch den Druck bekannt gemacht, welches die Grafschaft Zipß eigentlich angehet — Den Beschluß unserer Sammlung, machen verschiedene ältere und neuere Innschriften, welche der Herausgeber, in einigen Zipßerkirchen, an den Begräbnißfahnen, an den Wänden, Grabsteinen, und andern Todtenmonumenten, angetroffen hat, von S. 332. bis 357. Es sind nur die merkwürdigsten derselben, welche sonderlich in die Familiengeschichte vornehmer geist- und weltlicher Personen, einen Einfluß haben, oder sonst denkwürdige Vorfälle bezeichnen, ausgesucht, und dieser Sammlung eingetragen worden. Am Ende des Werks, ist auch diesem IIten Theile, ein vollständiger Judex Chronologicus, der vornehmsten Sachen, beygefüget.
Wir unterlassen nicht, im Namen des Zipßerischen Publikums, dem
*) S. des 3ten Jahrganges zehentes Stück, S. 76.
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verdienstvollen Herausgeber, für diesen neuen Beytrag, zur vollständigern Geschichte der Grafschaft Zipß, den verdienten Dank abzustatten, und wünschen ihm von Herzen, Gesundheit und Kräfte, aber auch edelmüthige Beförderer, damit ein so nützliches, und für unser Zipß, so interessantes Werk, als noch der ruckständige IIIte Theil seyn wird, ins Stecken nicht gerathen möge.
v. Cz.
II. Naturgeschichte.
Von den Steinspielne in Ungarn (Lusus naturae)
Nachdeme wir die eigentlichen und wahren Versteinerungen, des Thier - und Pflanzenreiches, wie auch die Steinverhärtungen im Wasser, oben bereits beschrieben haben; so können wir auch noch, von solchen Steinen, bey dieser Gelegenheit etwas beybringen, die ohne fremde Uhrbilder, eine besondere, und entweder thierischen oder vegetabilischen oder auch künstlichen Körpern ähnliche Gestalt und Bildung, von Natur erhalten haben. Denn wiewohl dieselben keine wahre Versteinerungen nicht sind; so haben ihnen dennoch die Steinbeschreiber in diesem Artikel eine Stelle, und zwar aus dem Grunde gegeben; weil sie auf eben die Art, das Bild und die Gestalt eines Thiers oder eines Gewächses, oder sonsten, eines durch die Kunst zubereiteten Dinges vorstellen, als wenn dasselbe die Steinart nur angenommen hätte, und ehedem dasjenige wirklich gewesen wäre, dessen Gestalt und Bildniß es nunmehro im Stein vorstellet. Man siehet bey denen Steinspielen, nicht im geringsten, auf die innerlichen Bestandtheile und übrigen Eigenschaften eines Steines; sondern nur lediglich, entweder auf seine äußerliche Gestalt und Form, oder auf die Zeichnungen und Bilder, die man daran wahrnimmt. Woraus ebeb zu begreifen ist: wie es angehe: daß in allerley Arten von Steinen, nämlich in Sandsteinen, Kalcksteinen, Feuersteinen, Steinverhärtungen; auch so gar in Edelsteinen, Steinspiele ausfindig gemachet werden.
Diejenigen Steine, auf denen die Natur, durch eine scharfe metallische Feuchtigkeit, allerhand Abrisse und Bilder, von natürlichen oder künstlichen Dingen angebracht hat, werden gemahlte Steine (Lapides engraphi) genennet; solche hingegen, deren Figur mit einem natürlichen oder künstlichen Dinge eine Aehlichkeit hat, heißen Bildsteine (Litogliphi). Mit beyderley Arten von dergleichen Steinen, hat die gütige Natur, auch unser Vaterland, ziemlichermaßen versehen.
Gemahlte Steine mit Bäumen oder Dendritischer Mergel, wurde bey Iglo in Zipß, auf dem Rittersberg, in einem neu angelegten Sil-
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berbergwerke, vor ohngefähr einem Jahre, entdeckt. Auf diesen rothgelben Mergelsteinen, siehet man alerhand' dunkelgrüne Abbildungen von kleinen belaubten Bäumchen und Gebüschen, so zart und natürlich abgeschildert, als wenn dieselben ein Künstler, mit dem Pinsel, auf den Stein aufgetragen hätte. Auf dem Gebiethe der XIII: Stadt Poprad, findet man in einem Walde, eine Menge scharzgrauer Steine, die auf dem Erdboden zerstreut liegen, und mit lauter weißen, aus einer andern Steinart Streifen ausgelegt sind; dem Auge scheinet es nicht anders, als wenn man Heckerling auf einem schwarzgrauen Boden gestreuet hätte. Diese untereinander verworrene Streifen und Flecken, stellen auf einigen Steinen allerhand Figuren vor, dergestalten, daß man bald ein Kreuz, bald einen lateinischen Buchstaben, bald etwas anders darauf zu sehen bekommt. In der Abaujwarer Gespannschaft, giebt es bey dem Dorfe Fonya, sowol in, als auch außerhalb der Weingärten, eine gewisse Art von Steinen, die man Pseudochalcedonier zu nennen pflegt, darinnen man sehr oft Abbildungen von allerhand Bäumen und Thieren bemerket. Am Blattensee (lacus Balaton), sollen an einer Steinklippe, abgebildete Fische zu sehen seyn, und dergleichen, auch im Liptauer Komitat, in einer Art von Schiefersteinen, wiewohl sehr selten, gefunden werden; nur kann man diese Abschilderungen mit mehrerem Rechte, unter die Abdrücke von Fischen, als unter die gemahlten Steine zählen*). Aber auch unter denen ungarischen Edelsteinen, findet man zuweilen welche, besonders unter denen Crysolithen und Opalen, die auf eine ganz besondre Art gezeichnet und gemahlt sind**). Wir haben in dem XIII. Stücke des III. Jahrganges, bey der Beschreibung der ungarischen Chrysolithen und Hyacinthen S. 102. aus dem P. Cschiba***) ein Beyspiel von ei-
*) Wir finden keine wichtige Ursach, warum man das Marienglaß (Vitrum moscouiticum, glacies Mariae) in einem weitläuftigen Verstande, aus der Reihe der gamahlten Steine auschließen sollte. Denn wiewohl darinnen keine unterschiedene Materie, , sondern nur die Refraktion und das Brechen der hineinfallenden Lichtstraheln, die Figur und das Bild verursachet: so ist es doch in unsern Augen ein Bild und eine Mahlerey, welche den Liebhaber eben so belustiget, als wenn sie wirklich da wäre, insonderheit wenn das Bild schön und außerordentlich ist. Bey Schemnitz giebt es dergleichen Marienglaß, welches mit den Farben eines Regenbogens Festungswerke und andere bilder unserem Auge vorstellet. Wir selbst haben vor etlichen Jahren ein Stück in Händen gahabt, darinnen sich das Bild der gebenedeyten Jungfrau mit den schönsten Farben zeigte, wenn man es in einer gewißen Stellung gegen das Tageslicht hielt.
**) Vor einigen Jahren sahen wir zu Neudorf in Zipß, einen Crisolithen, der nun in eine auswärtige Sammlung gekommen ist, in dessen Mitte die Natur einen schwarzen so regelmäßigen Triangel gebildet hatte; als wenn ihn die Hand des geschicktesten Künstlers mit Fleiß in den Stein eingelegt hätte.
***) Die Worte des Abbe Cschiba, lauten davon in seiner Diss. Historico-Physica p. 92. also: Abundant Cives Eperienses gemmis hujusmodi, quarum aliquot, diversorum colorum, refert se habuisse is, a quo haec
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nem Opal angeführet, in welchem die Natur ein fleischfarbenes Menschenherz, so vollkommen und rein gezeichnet hatte: daß auch der geschickteste Mahler nicht im Stande wäre, es besser nachzumachen. Und wenn jemand Mühe und Kosten anwenden rnöchte, allerhand Achatsteine, versteinertes Holz, wie auch unterschiedene Marmorarten (deren man viele in Zipß , wie auch besonders auf dem Königsberg antrift) zu schneiden, und poliren zu lassen; so ist kein Zweifel, man könnte hierinne die schönsten Bilder und Gemählde entdecken. Nur dieses muß annoch be denen gemahlten Steinen wohl angemerket werden: daß auch die Kunst, diese Naturspiele nachzuahmen, und beliebige Bilder und Abrisse in die Steine hineinzubringen vermögend sey; daher die Liebhaber, sich dieses, bey Erkaufung dergleichen Naturseltenheiten, zu einer Regel machen sollen; allezeit babey sehr behutsam und vorsichtig zu gehen.
So wenig es uns aber an gemahlten Steinen fehelt, eben so wenig mangelt es uns an Bildsteinen. Wir haben dieses oben bereits mit vielen Beyspielen erwiesen, und insonderheit, bey der Beschreibung der Tropfsteine dargethan, wie die Natur vermittelst des Wassers, in denen unterirdischen Höhlen, allerhand steinerne Statuen, Figuren und Abblindungen von mancherley Gewächsen, Thieren und andern, durch die Kunst verfertigten Dingen, bis zur Verwunderung, und zum Erstaunen hervorbringe*). Außer denen angeführten aber, giebt es auch noch Adlersteine und dergleichen Dinge mehr, die in biese Klasse gehören. Die Adlersteine, sind meistens braun von Farbe, ihrer Figur nach, entweder kugelrund, oder oval, oder auch noch anders gestaltet; auf der Oberfläche aber ungleich und runzlicht. Man bewundert sie aus keiner andern Ursache, als darum; weil sie eine verborgene Aushöhlung in sich haben, welche entweder einen andern Stein, oder Wasser, oder sonsten etwas in sich eingeschlossen hält. Wenn die Materie, die sich in der Aushöhlung befindet, hart und von dem Stein abgelöst ist, so verursachtg dieselbe ein Klappern, so bald der Stein in der Hand bewegt wird; sie haben daher den Namen der Klappensteine erhalten. Man findet welche davon, allein sehr sparsam und selten, auf denen Ranschenbacher und Pudleiner Feldern, im Zipßer Komitat; desto häufiger hingegen in der Marmaroscher Gespannschaft, auf einem Berge, der ohnweit Oekörmesö, nordwärts liegt, in einer martialischen Erde eingeschlossen.
Pokkensteine (Variolithus) besizt der Zipßer Komitat in der Gegend bey
accepi, unam videlicet, quae in medio referebat cor humanum carneo colore, tam apte a natura effigiatum, ut Apelles melius cor humanum effigiare non potuisset.
*) S. davon das XXVIII. Stück dieser Blätter S. 223.
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Kirchensdorf in großer Menge: weilen aber in diesem ganzen Bezirke, lauter Tuftsteine zu sehen sind; so ist es wahrscheinlich, daß sie mit diesen einerley Ursprung haben; nur mit diesem einzigen Unterschiede, daß sich die Pokkensteine, mit andern kleinen Steinchen von einer andern Art und Farbe so gleich bey ihrer Entstehung vermischt haben, welche entweder oben auf dem Stein sitzen, oder in demselben eingeschlossen sind. In dem ersten Falle, nennet man sie Pokkensteine mit ausgelschlagenen Pokken; in dem leztern aber Pokkensteine mit eingeschlagenen Pokken, und wenn nur die bloßen Narben daran zu kennen sind, Pokkenartige Steine. Wenn man nun die karpatischen Granaten, so wie dieselben mit ihrer Mutter liegen, als einen Bildstein betrachtet; so kann man sich dabey den vollkommensten Pokkenstein vorstellen, und dieses um desto lebhafter, je näher diese Granaten, sowohl an Größe und Gestalt, als auch an Farbe, denen natürlichen Blattern gleich kommen. Man siehet daran ein und ausgeschlagene Pokken, wie auch blosse Narben, wo die Granaten ausgefallen sind.
Man muß sich aber wohl in Acht nehmen, wahre und ächte Versteinerungen, mit Bildsteinen zu verwechseln, oder sie dafür auszugeben und zu halten; welches gar leicht aus Uebereilung geschehen kann, wenn man entweder nicht zu errathen weiß, was die versteinerte Sache ehedem gewesen sey, ehe sie in diesen Zustand gerathen ist: oder wenn man nicht begreifen will, wie es zugehen, daß Versteinerungen von Gewächsen und Thieren, in einem Lande angetroffen werden, wo solche gewöhnlicher Weise, weder zu wachsen, noch sonsten zu wohnen pflegen. Welch eine Reihe von Jahren, sahe man das so genannte versteinerte Geld in Ungarn, als bloße Bildsteine an, bis uns endlich die Beobachtung des hochseeligen Herrn Nikolaus von Palffy, ehemaligen königl. Ungarischen Kanzlers, und nachherigen Judex Curiä Excellenz von diesem Irrthum befreyte und auf die Gedanken brachte, daß diese Geldsteine in Wahrheit nichts anders, als versteinerte Muscheln sind, wie wir oben im XXII. Stück dieser Blätter. S. 173. und 174. erwiesen haben. Wer hätte sichs wohl zum voraus vorgestellt, daß der versteinerte Kopf Rosmarus, (welches Thier eigentlich in dem Nordmeere zu Hause ist) an dem Ufer der Theiß in dem Temeschwarer Banate, gefunden werden könnte? und dennoch ist es vor einigen Jahren geschen, wie uns davon der einsichtsvolle kaiserl. königl. Commissionsrath und Referent bey der hochlöbl. Hofkammer in Berg- und Münzwesen Herr Christoph Traugott Delius, in seiner Einleitung zu der Bergbaukunst §. 99. die zuverläßigste Nachricht ertheilet hat. Ein Mensch, an dergleichen Wirkungen der Natur gerne zweifelt, oder dem die Gestalt eines solchen Thieres ganz unbekannt gewesen wäre, oder sich son-
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sten an die allgemeine grosse Ueberschwemmung und andre mögliche Veränderungen unserer Erdkugel nicht zu erinnern gewußt hätte; ein solcher Mensch hätte dieses so seltene Stück, als ein blosses Naturspiel angesehen und verworfen; ein Kenner aber, weiß es zu unterscheiden und zu schätzen. Ansonsten müssen wir gestehen; daß überhaupt die Steinspiele, außer der Belustigung, die etwa ein Liebhaber dabey findet, weiter nichts sonderbares auf sich haben. Die Einbildungskraft ist damit am meisten beschäftiget, und pflegt dabey sehr oft, bis zu einer Ausschweifung zu kommen. Die Anmerkung des gelehrten Wallerius, in seiner Mineralogie S. 514. und 515. verdienet den vollkommensten Beyfall, wenn er unter andern, von diesen Steinspielen schreibet: „Das gröbste und rüdeste zu dieser Mahlerey oder Gesalt, welches diese Steine besitzen, hat die Natur bewirket; aber meistentheils hat eine lebhafte und starke Einbildungskraft der Steinliebhaber, die hierinn vorhandene und unordentliche Mahlereyen und Bildungen der Natur, zu der Feine gebracht, daß man sie hernach mit den höhern Ausarbeitungen der Natur im Thier ö und Pflanzenreiche vergleichen konnte. Man nennet sie nicht unrecht Lusius naturae, Steinspiele; aber man könnte sie mit mehrerem Rechte der Steinliebhabersspiele lusus lithophilorum, nennen. Eine starke Einbildung kann aus nichts viel herausbringen.“ Dieses hat nun auch seine vollkommene Richtigkeit: denn die Einbildung, macht sich nicht nur aus kleinen Steinen, die sich mit Händen bewegen lassen, sondern auch aus unbeweglichen Felsen, Bergspitzen und ganzen Steinwänden, die sich dem Auge von Ferne vorstellen, mancherley Bilder. Woher haben denn sonsten die meisten Bergspitzen und ganze Gegenden des karpathischen Gebirges ihre Benennungen erhalten? als eben von dergleichen, durch die geschäftige Einbildung verfertigten Bildern? Hier höret man nennen, die Königsnase, dort den Kamm; hier den Kessel; dort die Thürme, an einem andern Ort den Mönch, und dergleichen Namen mehr, die allesamt, von solchen durch die Einbildung gemachten Vorstellungen gewisser Steinfelsen und Berge, ihren Ursprung erhalten haben.
In Wien zu haben in der Baderischen Buchhandlung neben dem Todtenkopf in der Bognergasse.