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V. Jahrgang, XVII. Stück, den 26. April 1775.
I. Wissenschaften
Fortsetzung, der Auszüge aus den Beyträgen zu verschiedenen Wissenschaften von einigen Oestreichischen Gelehrten.
Auf der 382 Seite dieser gelehrten Beyträge, kommen vor: Muthmaßungen von Entstehung der Bergkrystallen, aus einem Versuche hergeleitet, der mit dem in einem Bergkrystalle eingeschlossenen Wasser angestellet worden, verfasset von Joseph edlen von Herbert, Priester, und der Philosophie Doktor. Wir glauben, es werde dieser Gegenstand, für die meisten unsrer Leser interessant seyn, und wollen daher einen kurzen Auszug aus derselben hier liefern.
Daß es in dem Bau unregelmäßiger Körper ohne gewisse Bestimmung, blos von ungefähr zugehe, zeiget sich aus ihrer Bildung selbst. Wir finden in solchen die Theile, nach allen Richtungen zusammen gefüget — ohne daß irgends auch nur eine Spur der Ordnung in ihrer Zusammentrettung herfürscheine. Es ist daher eine unstreitige Folge, daß auch die Kraft, welche ihre vormals enfernte Theile mit einander verbunden hat, nach allen Richtungen, ohne Unterschied gewirket haben müße. Die anziehende Kraft der kleinsten Theil mußte durch keine abstossende Kräfte unterbrochen, sich allseitig augebreitet, die von ungefähr in die Nähe gekommenen Körper, nach allen Richtungen, zu sich gezogen, und mit sich verbunden haben.
Daß es in der Entstehung regelmäßiger Körper weit anders zugehe, war ich zwar allezeit außer Zweifel, doch wünschte ich dieses lieber mit Augen zu sehen, als durch Vernunftschlüsse zu folgern: ich gab mir ungemein viel Mühe, sowol den Wuchs
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kleiner Silbersträugchen, die wenn ein Tropfen des Scheidewassers, in welchem Silber und Merkur aufgelöset worden, an ein kleines Stückchen Meßing gebracht wurde, unter dem Gesichte aufwachsen, als auch allerley Krystallisierungen des Salzes zu beobachten, und sah zwar dem Wachsthum; doch wie sich Theile an Theile fügeten, konnte ich niemals entdecken. Einigemal doch, sah ich durch ein Mikroscop, wie sich im Wasser die schon gebildeten, doch noch sehr kleinen Salpeterkrystallen bey plötzlicher Abkühlung zusammen begaben; es wählten diese in ihrer Zusammentrettung den nächsten Weg nicht; sie machten gewisse Wendungen, vermög welcher nur gewisse Theile mit gewissen sich zusammen fügten, andre sich gleichsam auszuweichen schienen: kurz es stellten sich meinen Augen solche Bewegungen dar, derer ich öfters gewahr wurde, wenn ich kleine Stückchen des feinsten Eisendrates, die ich zuvor mit einem Magnet gestrichen, so sachte ich auf das Wasser gelegt hatte, daß sie auf der Oberfläche desselben schwammen. Wie diese sich, wenn freundschaftliche Pole gegenüber zu stehen kamen, einander flohen: wie sie sich wendeten, damit ein freundschaftlicher mit dem andern sich zusammenbegeben könnte. Wie sie nachmals mit einer wachsenden Geschwindigkeit zusammenstießen, und etwelche sich nach der Länge, andre, nach der Breite, an die Benachbarten anschlossen: also thaten es auch die kleinen Krystallen des Salpeters.
Aus der Aenlichkeit der Erscheinung folgerte ich auf die Aenlichkeit der Ursache. Wie es in diesem kleinen Kunstmagnete nur durch die abstossende Kraft feindlicher Pole, nur durch die anziehende der freundschaftlichen bewirket wurde, daß sie sich so regelmäßig zusammenbegeben hatten: also schien auch der regelmäßige
Zusammenwuchs zerstreuter Salpetertheilchen nur aus solcher Vermischung sich
gegen einander anziehender und abstossender Pole seinen Ursprung zu haben. Aus
lauter Abstossenden konnte sich kein zusammenhangender Körper, aus lauter
Anziehenden kein Regelmäßiger bilden: es war daher ein gewisser Wechsel
anziehender und abstossender Kräfte nöthig, daß die regelmäßige Bildung der Salpeterkrystallen entstehen könnte.
So dachte der Herr Verfasser, als ihm eine Erfahrung beyfiel, die diesen seinen Vernunftschlüssen einen neuen Beweis beyzulegen schien. Ich erinnerte mich, sagt Er, bey Herrn Doktor Jaquin, k. k. Bergrath und weltberühmten Lehrer der Chimie und Botanik auf unserer hohen Schule, gelesen und auch selbst erfahren zu haben, daß die alkalischen Salze, die sich von selbst , niemals regelmäßig bilden, durch bloßen Zutritt häufiger Luft in Gestalt der Krystallen gleich andern Mittelsalzen anschließen. Hieraus folgerte ich also: daß die Theile der Luft sich gegen einander abstossen, ist durch dessen Federkraft so unstreitig erwiesen, daß die ganze
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Naturlehre dafür Bürgschaft leistet: daß eben diese abstossnde Kraft sich durch das Anziehen anderer Körper gleichsam binden läßt, hat Hales in seiner Statik der Vegetabilien sattsam gezeiget. Es geher also im Alkahlischen Salze durch Zutritt häufiger Luft keine andere Veränderung vor, als daß sich mit vormals blos anziehenden Theilen auch abstossende verbinden. Ist nun diese Verbindung allein schon hinlänglich, daß ein vormals unregelmäßig entstandener Körper, sich in regelmäßige Krystallen gestalte: sollte es wohl jemand in Abrede stellen, daß eine Mischung anziehender und abstossender Theile die Ursache regelmäßiger Bildungen sey? — — —
Nicht diese Mischung anziehender und abstossender Kräfte allein; sondern noch ein Umstand ist es, der zur Gestaltung regelmäßiger Figuren unumgänglich erforderlich ist. Es müßen die sich zusammenfügenden Theile eine vollkommene Freyheit sich zu bewegen haben. Die mindeste Reibung, die sich den allzuschwach wirkenden Kräften entgegen setzet, ist genug, sie in ihren Werken zu hindern. Daher trägt es sich denn zu, daß wir niemals einen Körper finden, dessen Theile regelmäßig zusammengetretten sind; es sey dann, daß er entweder selbst im Fluße gewesen, oder in einem andern flüßigen Körper gestanden. Damit sich das Antimonium, stralicht bilde, ist dessen Fluß erforderlich. Damit sich Salzkrystallen zusammen setzen, müßen sie zuvor in Wasser aufgelöst seyn. Auch die verschiedenen Figuren der Ofenbrüche, werden nur durch flüßige in der Luft schwebende Dünste erzeuget.
Nach dieser Vorbereitung, schreitet der Herr Verfasser zur Sache selbst. Wollen wir nun, fähret er fort, aus Erzeugung anderer regelmäßig gestalteten Körper auch auf die Entstehung des Bergkrystalles schließen: so müße dessen kleinste Theilchen, da mit anziehenden, dort mit abstossenden Kräften begabt seyn; sie müßen in etwas Flüßigen sich befunden haben.
Der Herr Ritter Linäus und andre mehrere schreiben die regelmäßige Figur, den mit der feinsten Erde sich verbindenden Salzen zu; es lässet sich dieses auch aus vielen ihrer Eigenschaften behaupten. Ihre Durchsichtigkeit giebt es an Tag, daß einer für sich allein undurchsichtigen Erde, eine Eigenschaft beygebracht worden, die andern sonst undurchsichtigen Körper, nur durch Beymischung der Salze ertheilt zu werden pfleget. Nur Salze sind es, welche aus undurchsichtigen Metallen durchsichtige krystallische Körper herfürbringen. Zudem eräugnet es sich auch öfters, daß die Bergkrystallen, die alsdann unter dem Namen unächter Edelsteine kommen, mit
schönsten Farben durchzogen sind, diese Farben nun entstehen bloß von den in verschiedenen Salzen aufgelösten Metallen. Es überzeugte mich davon vor kurzem die specifike Schwere dreyer orientalischen
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Rubinen, deren einer, der am wenigsten gefärbet war, die Schwere hatte, die sich zur Schwere des Wassers verhielt, wie 3. 5200 zu 1. ein nur um etwas rötherer, wie 3. 5600 zu 1. endlich ein dunkelrother, wie 3. 9545 zu 1. Woraus dann abzunehmen
war, daß die, sonst nämliche Edelgesteine *) der Schwere in gleichen Verhältniße wachsenden Farben von der Mischung eines schweren Körpers herkommen. Nun was übertrift die Edelgesteine an Schwere, als bloß die Metalle? doch es braucht dergleichen Vernunftschlüße nicht, um zu erweisen, daß wir die Farben der Steine, den Metallen zu verdanken haben. —
Endlich werden die Bergkrystalle in das Fach glasartiger Steine gerechnet, weil sie nämlich im Feuer leichter, und mit minderm Zusatze, als andre in Fluß zu bringen sind. Auch diese Eigenschaft scheinet von zugemischten Salzen herzurühren, als
von den es bekannt ist, daß sie den Fluß andrer Körper um ein merkliches
beschleunigen.
Eben diese Wahrscheinlichkeit, daß Krystallen durch Zutritt des Salzes entstehen, ist Bürge dafür, daß einige ihrer Theile sich abstossen, andre aber anziehen müssen. Nun haben wir also blos auf den zweyten zur regelmäßigen Bildung noch erforderlichen Umstand zu sehen: Sie müßen entweder selbst flüßig gewesen, zeigen sie selbst genugsam, da sie in ihrem Bau zum öftern zarte Gewächse, als Moos, Steinleber, ja Wasser einschließen, deren keines jenen Grad der Hitze, in welchem Krystallen fließen, würde haben ertragen können. Wir müßen demnach glauben, sie hätten sich einstens in einem wässerichten Flüßigen aufgelöst befunden haben. Es räumet sich dieses am besten auf ihren Geburtsort, als welcher allezeit Hölen und Klüfte sind, wo es sich muthmaßen läßt, daß sich daselbst ehemals Wasser befunden haben möge: auf ihre Farben, die von den in einem flüßigen aufgelösten Metallen entstehen, endlich auf die eingeschlossene Moose und Steinleber
So viele Wahrscheinlichkeit diese Meynung auch nur hatte; so wünschte ich doch, sie durch eine gerade Erfahrung bestättiget zu sehen. Doch hatte ich das Glück nicht irgendwo zu lesen, noch auch zu hören, daß man jemals Bergkrystalle oder Edelgesteine unterm Wasser gefunden. — — Es schien aber den Mangel dieser
Erfahrung zu ersetzen, daß auch in Bergkrystallen zum öftern, sich eingeschlossene Wassertropfen gezeiget. Unter vielen andern sah ich ein
*) Es scheinet hier ein sehr verzeylicher Druckfehler zu stecken, der in Weglassung eines einsilbigen Wortes bestehet, und den Satz unverständlich macht. Es sollte nämlich heißen. Woraus dann abzunehmen war, daß die, sonst in änlichen Edelgesteinen, mit der Schwere u.s.w.
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dergleichen krystallisches Prisma in der Mineralsammlung des Herrn Eders, würdigsten Lehrers der Minaralogie im k. k. Theresianum, eines Mannes, dessen tiefsinnigen Kenntnißen auch dieser Ruhm beyzusetzen, daß er nicht so stolz ist, auf die Seltenheiten seiner Sammlung, als begierig in die verborgensten Geheimniße der Natur zu dringen.
Ich machte Ihm den Vorschlag das Stück Krystall zu eröfnen, und den darinne sich zeigenden Wassertropfen zu untersuchen. Wir unternahmen das Werk, ließen das Stück behuttsam, und nur so weit anschneiden, daß es mit einem in die gemachte
Hölung angebrachten Meißel leicht zu zertheilen war. Wenige an das Meißel angebrachte Hammerstreiche hat es gestoßet, da das Wasser langsam herfürzuquellen anfieng. Die herfürdringende Feuchtigkeit sammelten wir auf reine Gläser, und erlangten nach und nach 10 kleine Tropfen: die ersten waren etwas
milchfärbig, die leztern vollkommen durchsichtig und klar. Wir ließen das Wasser langsam verdünsten, und faden am Rande, wo die Tropfen dichter gestanden hatten, förmlich gebildete Krystallen. Wir benezten diese, da wir sie durch das Mikroskopim
betrachteten, mit Scheidwasser, Salmiakgeist, aufgelöster Potasche, und bemerkten nicht das geringste Aufbrausen. Da sie jemand von ohngefähr angehauchet, waren waren sie zerstossen. Diesen Erfolg sahen wir ebenfalls mit dem Mikroskop: da wir den Hauch durch einen gläsernen Trichter an selben angebracht hatten, sind sie vor unsern Augen geschmolzen.
Daß Zerfließen vom Hauche gab uns ihr salzigtes Wesen zu erkennen. Daß sie weder mit der Salzsäure, noch so wenig mit flüchtigen, als feuerbeständigen Alkali gebrauset, zeigte uns, daß sie Mittelsalze wären. Ihre Figur und Bildung hatte etwas änliches mit den Salpeterkrystallen: doch waren die demselben eigenen sechseckigten Prismen nicht vollkommen zu unterscheiden.
Aus dieser zwar geringen Erfahrung wird es doch keine ungegrüdete Muthmaßung seyn, wenn wir annehmen, daß die Krystallen aus einer im Wasser aufgelösten Kieselerde, durch Zutritt des reinsten Mittelsalzes entstehen: und wie, wenn etwa ein
saures Flüßiges mit einer alkalischen Auflösung vermenget wird, diese sich verbinden, und zum Theil, als förmliche Krystallen eines neu entstandenen Mittelsalzes langsam niedergeschlagen werden: also scheinen mir die Bergkrystallen aus Zusammentrettung im Wasser aufgelöster Erde und Salzes zu entstehen. Es zeiget sich an allen Krystalldrüsen eine weißlichte Kieselerde, die vielleicht erst nach der Vereinigung mit dem Salze verdienet glasartig genennet zu werden. Von dieser lässet sich vermuthen, daß sie die Grunderde,
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der Krystallen sey: es hält das in Krystallen eingeschlossene Wasser Salz in sich, und von diesem scheinen sie ihre Gestalt, Durchsichtigkeit und Flüßigkeit, im Feuer zu erhalten.
Und wie es sich, bey einer vorläufigen Kenntniß vom Ursprung des Glases schließen läßt, daß es aus Kiesel und Potasche entstanden, wenn man an selben da und dort eingesprengte kleine Kieselsteine, anderswo aber das sich anhängende Potaschensalz findet: also bin ich der Meynung, man werde kaum irren, wenn man, nebst angezogenen Gründen, aus dem in Krystallen gefundenen Wasser, in welchem sich aufgelöstes Salz in erwähnter Erfahrung gefunden, aus der an Krystalldrüsen fast allezeit anklebenden Kieselerde glaubt, daß aus innerster Mischung der Erde und des Salzes Krystalle entstehen.
Der Herr Verfasser schließet diese seine schöne Abhandlung mit folgenden Worten: Ich gestehe es gern, daß sich aus einer Erfahrung nichts vollkommenen Nichtiges schließen läßt. Doch ist auch schon eine genug, eine Muthmaßung zu gründen, von welcher zu hoffen ist, daß man einsmals durch mehrere Beyträge zu einem Grade vollkommener Richtigkeit gelangen könne.
II. Vermischte Nachrichten.
Fortsetzung , der verschiedenen Gebräuche fremder Völker, bey ihren Verheurathungen.
Die Negern an der Sanaga *), wann sie ihre Augen auf ein Mägdchen geworfen haben, wenden sich zuerst an ihre Eltern, und wann es eine Waise ist, an ihre nächsten Anverwandten. Weil sich die Verliebten gemeiniglich schon verglichen haben; so hat der Vertrag seine Richtigkeit, sobald sich der Bräutigam, zu einem Geschenke an seine künftige Schwiegereltern verstehet, welches gemeiniglich, aus Vieh, baumwollenen Tüchern, Korallen, Perlen und Brandtwein bestehet. Ist nun dieses entrichtet; so wird die Braut, ohne alle Cäremonie, zu ihrem Manne geführet, der sie bey der Hand empfängt, und ihr unmittelbar darauf nach Wasser, Holz und andern Nothwendigkeiten in der Haushaltung, zu geben befiehlt. Sie gehorcht seinen Befehlen, und wann der Mann seine Abendmalzeit eingenommen hat, ißt sie gleichfalls, und wartet, bis sie zu Bette gerufen wird. — Giebt sich die Braut, für eine Jungfer aus — und Jungfern giebt es hier selten, — so wird eine weißes Tuch auf das
*) Aus Barbots Beschreibung, von Guinea und Jonsons Goldküste ec.
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Brautbette geleget, um die Beweise der Jungferschaft daraus zu ersehen; findet man aber diesen Beweis nicht, so ist der Brautvater verbunden, sie
zurückzunehmen, und die emfpangenen Geschenke herauszugeben. Dieses geschiehet aber nur selten, denn die Braut wird vor der Hochzeit allzeit sehr scharf untersuchet, und der Mann fordert dieses ehe nicht, als nach einer thätigen Ueberweisung. — Ein Neger darf so viele Weiber nehmen, als er ernähren kann. Aber nur eine hat die Vorrechte einer Ehefrau, und ist von verschiedenen Verrichtungen befreyet, welche die übrigen zu besorgen gehalten sind. — Es ist merkwürdig, daß sich diese Weiber nie miteinander veruneinigen. Abends gehet jede in ihre Wohnung, und stehet zu des Mannes Rufe bereit; des Morgens begrüßet ihn jede auf den Knien, und legt die Hand auf seine Schenkel.— Die Weiber verrichten hier allein alle die schweresten Arbeiten; und wann ihre Männer in Gesellschaft sind,
so gehen sie ihnen nach, um die Mucken von ihnen abzuhalten, und sie mit Pfeifen
und Tabak zu bedienen. Keiner Frau ist es erlaubt, mit ihrem Manne zu speisen, denn sie ist in der That nur eine Magd, und bloß zu seiner Bedienung. Die Männer wissen ihnen auch ihre Unterwürfigkeit auf eine solche Art einzuprägen, daß sie dieselben niemals vergessen. Diese große Unterwürfigkeit rühret von einem Popanze der Weiber her, der Mumbo Jumbo heißet. Dieser ist ein geheimnisvoller Götze, den die Männer
erfunden haben, die Weiber in nöthiger Furcht zu erhalten. Diese sind auch so leichtglaubig, und unwissend, daß sie ihn für einen wilden Mann halten. Und in der That wird ihn niemand, als wer um die Sache weis, wegen des schrecklichen Lärms,
den er zu machen pflegt, für einen Menschen halten. — Er ist in einem langen Rock, der aus Baumrinde gemacht ist, gekleidet, trägt obenher ein Büschel Stroh, und ist in allem bis neun Shuhe lang. Er läßt sich, damit es bessere Wirkung hat, außer bey Nacht, niemals hören; und so bald sich ein Mann mit seinem Weibe zanket, so wird sogleich der Mumbo Jumbo geholt, den Streit auszumachen, da das Urtheil gemeiniglich zum besten des Ersten ausfällt. — Die Person, die sich in diesem Rock stecket, kann alles, was sie will befehlen, und blinden Gehorsam fordern. Niemand darf in seiner Gegenwart mit bedecktem Haupte erscheinen, und alles begegnet ihm mit der tiefesten Ehrfurcht. Sobald ihn die Weiber kommen hören so laufen sie davon, und suchen sich, so viel möglich, für ihm zu verbergen. Er schickt
ihnen aber allezeit nach, und wann sie sich zu kommen weigern, läßt er Gewalt brauchen, und sie tüchtig herumpeitschen. Es sind in jeder Gegend nur etliche Personen, die diesen Wauwau vorzustellen berechtigt sind, und bey
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derselben Einweihung thuen sie allezeit einen feierlichenEid, daß sie keiner Frau etwas von dem Geheimniße entdecken wollen. Das Volk schwöret bey diesen Götzen, und hält solches für einen sehr heiligen und kräftigen Eid. Im Jahre 1727. begieng der König in Jagra, der ein sehr neugieriges Weib hatte, die Schwachheit, daß er ihr das Geheimniß von dem Mumbo Jumbo entdeckte, und sie ermangelte nicht, solches nach dem gewöhnlichen Fehler ihres Geschlechtes, sogleich auch unter ihre Bekannte auszuplaudern, bis es einigen, die keine Freunde des Königes waren, zu Ohren kam. Diese beratschlagten sich dieserwegen, und befürchteten, daß, wenn die Sache mehr unter die Leute käme, sie nicht mehr im Stand seyn würden, ihre Weiber, wie sonst zu regieren. Sie steckten daher einen Mann, in diesen Götzenrock, und giengen in die Residenz des Königs. Als sie vor den König tratten, und ihm seine Unvorsichtigkeit, die er nicht läugnen konnte, vorgehalten hatten, holten sie seine Gemahlinn, und ließen beyde auf der Stelle ermorden. —
Die Einwohner der Pfefferküste, *) machen mit ihren Heurathen nicht viel Umstände. Diejenigen, welche ein Weib kaufen können, vergleichen sich zuerst mit ihr, hernach aber wenden sie sich an ihre Eltern, oder Verwandten, und werden des Kaufes einig. Sobald das Ausgemachte erleget worden, so wird auch die Braut sogleich ausgeliefert. Der neue Ehemann trinkt etliche Flaschen Brandtwein mit seinen Schwägern aus, und führet sie zu der für sie bestimmten hätte, wohni seine andern Weiber, sie zu besuchen kommen, und ihr das Hochzeitmal zurichten helfen.
Der neue Ehemann bleibt sodann die ganze Nacht bey ihr; den Tag darauf aber, gehet sie mit den andern Weibern zu den gewöhnlichen Arbeiten. — Die Frau,
welche den ersten Knaben gebähret, wird als die Vornehmste angesehen; aber sie bezahlt diesen Vorzug auch sehr theuer, denn, sie muß sich mit ihrem Ehemann, wenn er stirbt, lebendig begraben lassen.
*) Aus dem Marchais.
(Die Fortsetzung wird folgen.)
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