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V. Jahrgang, XVIII. Stück, den 3. May 1775.
I. Wissenschaften
Versuch einer Geschichte der ungarischen Sprache.
Bey der Bearbeitung der Geschichte der herrschenden Sprachen in Ungarn, ist die ungarische noch rückständig geblieben. Ich würde ihr gerne den ersten Platz, theils wegen ihrer Schönheit, theils aber auch deßwegen, weil sie die Landssprache ist, eingeräumet haben, wenn ich zu derjenigen Zeit, mit Quellen versehen gewesen wäre, die mir bey der Ausarbeitung derselben nützlich oder brauchbar wären worden. Ich sahe mich daher genöthiget, sie auf eine gelegenere Zeit zu lassen. Und nun kann ich einiges, freylich nicht vieles, von ihr sagen. Doch hoffe ich, daß
selbst dieses wenige hinreichend seyn werde, ihre Schicksaale zu erläutern.
Nur nimmt mich eines Wunder, daß Johann Tschertschi, ehemaliger Rektor und Professor zu Scharosch- Patak*) in seinen observationibus Ortographico grammaticis de recta hungarice scribendi & loquendi ratione; Petrus Bod, in der Vorrede zur neuen Ausgabe des Dictionarii hungarici des Paris Papai, und Mathias Bel, dieser verdienstvolle Mann, in der
*) Ich habe Saros-Patak ganz ausgeschrieben und nicht abgekürzt, S. Patak, um nicht, wie David Sarkany Gelegenheit, zu geben, aus dem S. Patak, einen heiligen Patakum zu machen. Wie es Karl Andreas Bel, Professor zu Leipzig gethan hat. Man siehe hievon D. Gottfried Schwarzens Versuch einer Beurtheilung der kritischen Schwänke über den 16. Psalm Davidsin einem so genannten kritischen Collegio. Rintein 1764. 4. in der Vorrede pag. 2.3. wo er sagt: S. Patakus a sermonum de tempore scriptoribus canonizatus. Den Fehler des Bels findet man in den zuverläßigen Nachrichten von dem gegenwärtigen Zustande der Wissenschaftgen auf das Jahr 1757. S. 406. So abgekürzt schreibt auch dieses Landstädtgen, in der ungarischen Gespannschaft Semplin, Lampe in seiner HIstoria Ecclesiae Reformatae in Ung. & Transilv. p 589 - 598. ind. Conf. p. 493. Illicet nonnumquam etiam bonus dormitat Homerus!
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Vorrede zu seiner deutschen Grammatik, wo er doch die Geschichte der deutschen,
böhmischen und lateinischen Sprache ganz kürzlich geliefert hat, zur Erläuterung der Geschichte der ungarischen Sprache nichts vorgetragen haben. Jedoch die Unzulänglichkeit der Quellen, wird wohl ohnfehlbar davon die Ursache gewesen seyn. Nun will ich es wagen, so viel es sich wird thun lassen, damit ich solches dem geehrten Publikum mittheilen könne. Ich will auch dabey getreulich die Schriftsteller anzeigen, die ich zur Rathe gezogen habe.
§. 1.
Priscus Rhetor erzählet in seinen Excerptis de legat. p. 57. daß Aetius ein römischer Feldherr, dem Attila der Hunnen Heerführer, einen gewissen Constantium zu dem Ende zugeschickt habe, damit er im Briefschreiben desselben behülflich seyn sollte. Ist dieser Bericht des Priscus gegründet, so erhellet daraus, daß die Hunnen zu denjenigen Zeiten in Wissenschaften sehr ungeschickt und unerfahren waren. Franciscus Foris Otrokoszi zieht diese ganze Erzählung in seinen Origin Ung. P. 1. c.7.p. 318. & 319. in Zweifel. Laurentius Toppeltinus de Megyes hingegen behauptet in seinem Buche de origine & occasii Transylv. c. 8. p. 70. daß die Hunnen, ehe sie den christlichen Glauben annahmen, nun, weder lesen noch schreiben konnten.
§. 2.
Bey dieser Ungewißheit nun in der Behauptung des Satzes: ob die Hunnen einige Kenntniß vom Lesen und Schreiben gehabt haben oder nicht, fragt es sich, welcher Art von Buchstaben sie sich eigentlich bedienet haben? Und hier will ich nach Anleitung des berühmten Bels in seiner exercitatione de vetere litteratura Hunno Scytbica p. 23. nur die verschiedenen Meynungen unserer Landsleute darüber anführen, und es einem jeden frey lassen, eine davon anzunehmen, welche er immer will. Denn in solchen Dunkelheiten, womit besonders die ältere Geschichte voll ist, kann man mit Gewißheit wenig behaupten, weil es uns an zuverläßigen Quellen fehlet.
§. 3.
Der angeführte Johann Tscherschi*), sagt in seinen bereits gedachten Observat. grammat. p. 1. §. 2. Die Ungarn hätten sich, als sie noch in Scythien wohnten, eigener Buchstaben und Charaktere bedienet, und zwar so, daß sie, von der rechten zur linken Hand, nach Art der Hebräer und übrigen Morgenländer, schreiben. Und diese Art zu schreiben, treffe man noch bey den Sicklern in Siebenbürgen an. Albertus Molnar**)
*) Tchersi starb im Jahre 1708 und hinterließ einen Sohn gleiches Namens, der sich durch folgende Schriften berühmt machte. 1) Oratio secularis altero reformationis jubilaeo habita ad 31. Octobr. 1717. und 2) Aphorismi, in quibus antiquitates veterum Hebraeroum brevissimc exhibentur. Bernae 1726. 8.
**) Albertus Molnar, ist zu Senitz im Jahre 1574. gebohren, nachdem er zu Sankt
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in der Vorrede zu seiner ungarischen Grammatik S. 23. behauptet, daß er diese Schreibart der Sickler nie gesehen habe, aber er bittet sich aus, wenn ja jemand einige Ueberbleibsel davon hätte, solche ihm zuzuschicken. Hingegen behauptet Georgius Csipkés
*) Komaromi
**) in seiner Ungaria illustrata p. 23. 24. daß er solche selbst gehabt, und als solche angesehen habe, die zwar erstlich wahr ungrisch geschrieben waren, hernach aber mit römischen Buchstaben wären ausgedrückt worden. Dieser letztern Meynung pflichte ich selbst bey, und dieses zwar aus wichtigen Ursachen, die sich gar auf kein blindes Vorurtheil gründen, und worüber ich nächstens meine Gedanken entdecken werde, wenn es mit Zeit und Muße zulassen wird.
§. 4.
So viel bleibt ausgemacht, daß die alten Uguren, die wir vielmehr Ungarn nennen wollen, sich ihrer Muttersprache, weder bey öffentlichen noch besonderen Zusammenkünften und Versammlungen bedienet haben. Denn alle öffentliche Unterhandlungen und Statuten sind in lateinischer Sprache abgefast worden. Selbst die Urkunden der alten ungarischen Könige bezeigen dieses; und die ältesten Gesätze, welche im Corpore Juris hungarici befindlich sind, geben davon die bewärthesten Beweise.
§. 5.
Freylich berufen sich einige darauf, daß schon in dem bereits berührten Corpore Juris hungarici eine Eydesformel befindlich sey, die in der ungarischen Sprache abgefaßt ist, sie pflegt gemeiniglich dem Dekret des Königes Ludwig des I. beygefügt zu werden. Doch auf diesen Einwurft antworten wir: daß solche erst im Jahre 1584. öffentlich bekannt gemacht wäre worden, und zu ihrem Verfasser einen gewissen Mossoczius habe, der aber keine Anzeige macht, woher er solche hergenommen. In den allerältesten Urkunden hat man sie nie wahrgenommen. Was aber dann?
Görgen, zu Debretzin und Günz, in den vaterländischen Schulen, seine Studien vollendet hatte, verfügte er sich nach Wittemberg, besuchtge Heidelberg, und endigte alsdann zu Straßburg den akademischen Lauf seiner Wissenschaften. Er erhielt verschiedene Berufe; theils nach Patak als Professor, theils nach Fejérvar als Rektor, theils auch nach Németh-Ujvar als Rektor. Er schlug sie aber alle aus, und blieb zu Oppenheim. Seine vornehmsten Schriften sind folgende: 1. Lexicon Latino - graeco- Ungaricum & Ungarico Latinum. Frankfurth 1604. in gr. 8. 2) Seine ungrische Grammatik, gedruckt zu Hanau 1610. in 8. 3) Christianae religionis institutionem. Er starb zu Klausenburg in Siebenbürgen, wo Bisterius ihm folgende Grabschrift machte. Ungariae cunas; curas calami, thalamique, debeo Teutoniae; Dacia dat tumulum. Ein mehreres siehe bey Czwittinger sub littra M.
***) Wird in der Landessprache gelesen Tschipkisch.
****) War zu Debrezin erster Professor, dann reformierter Prediger, und ist theils wegen seiner ungarischen Bibel, theils auch wegen vieler anderen Schriften berühmt, worüber sowohl Petrus Bod in seinem Magyar Athenas p. 146. als auch der bereits von mir angeführte Zwittinger sub littera K. nachzulesen.
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wenn sie zu den Zeiten Ludwigs erstlich in der lateinischen Sprache abgefaßt, und alsdann von diesem Mossoczius, oder auch von einem andern ins Ungarische übersetzt worden wäre. Selbst Joannes Corvinus de Hunyad *) der schwerlich recht latein gewußt hat, legte doch den Eyd der Treue in lateinischer Sprache ab,
welches aus der Eydformel die man in demselben Dekrete antrift, wahrzunehmen ist.
§. 6.
Wir können daher in einer solchen Dunkelheit nichts mit Gewißheit behaupten, sondern müssen uns nur mit der besten Hofnung schmeicheln, daß uns vielleicht die Zukunft, noch einstens, aus diesem Labyrinthe glücklich heraushelfen, und eine Entdeckung machen lassen werde, wodurch diese Dunkelheit, aufgeheiterter vorkommen, und wir mit desto gewisserer Sicherheit werden schließen können,
daß Schriften oder Urkunden wirklich in Ungarischer Sprache sind abgefaßt worden. Das allerälteste ungarische Buch, welches in dieser Sprache ist geschrieben worden, ist ohnfehlbar dieses, welches Georgius Ericus Weisbeck *) seiner epistola de eruditis Hungariae p. 4. anführet: nämlich Stephani Bythe, ehemaligen Hofprediger des Grafen Balthasar de Batthyan, Flora Ungarica die zu Németh-Ujvar im Jahre 1528. in 8. in der ungarischen Sprache herausgekommen ist.
§. 7.
Hierauf kam zu Uj-Szigeth im Jahre 1539. in 8. Johannes Sylvestri **), ungarische Sprachlehre
*) Dieser Held ist in der ungarischen Geschichte, viel zu bekannt, als daß ich seinen Charakter hier entwerfen sollte. Soviel erinnere ich bloß, daß er im Jahre 1445. da Ludovicus Posthumus nur erst das 5te Jahr seines Alters zurückgelegt hatte, mit einhelliger Stimme der Landesstände zum Gouverneur des Landes ist erkläret worden. Bey welcher Gelegenheit er auch den Eydder Treue ablegen mußte. Vid. Francisci Oroszii Orationes regum & principum magni regni Hungariae p. 297.
*) Gregorius Ericus Weisbeck, war ein Sohn des ehemaligen Johannes Weisbeck, Evangelischen Predigers zu Preßburg, studirte zu Leipzig, wurde erste Konrektor zu Preßburg, nachdem es ihm da nicht gefiel, verließ er seine Vaterstadt, begab sich nach Deutschland, wo er erst zu Alsleben, dann Halberstadt Superintendent worden. Er starb im Jahre 1746. Von seinen Schriften ist mir blos dieses angeführte Manuscript bekannt, davon ich einige Auszüge besitze. Diesen Brief schrieb er an Johannem Burium, Prediger zu Neusohl.
**) Wer dieser Johannes Sylvester, den einige Sylvassy oder Serestely nennen wollen, gewesen sey, ist mir unbekannt. So viel weiß ich, das Petrus Monedulatus Lascovius, Pannonius in seinem Buche, welches ich besitze: de homine magno illo in rerum natura miraculo, & partibus ejus essentialibus, besonders aber in seiner Vorrede, wo er die Anzeige von den Namen derjenigen Ungarn macht, die vom Jahre 1522 bis 1585. zu Wittenberg studiret haben, auch unsern Johannes Sylvester seu alias sagt er Erdössy, anführt, und zwar im Jahre 1534. Zu gleicher Zeit studirte auch mit ihm Lukas Sylvester: ob er sein Bruder, oder nur ein naher Freund gewesen, wird daselbst nicht erinnert. Auch hat dazumal, der nachmalige Buchdrucker zu Uj- Szigeth Benedctus Abadi, mit unserem Sylvester studirt.
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aus, und bald darauf im Jahre 1541 in 4. das erste ungarische e neue Testament zum Vorschein, welches auch diesen Sylvester zum Uebersetzer hatte. Er eignete diese seine Arbeit dem römischen Könige Ferdinand dem I. zu. Am Ende des Buches lieset man diese Worte: Uj - Szigethben Abadi Benedek nyomtatta vala 1541. esztendöben. Dieses ist aber dabey wohl zu merken, daß er anstatt gy, ny, schreibe g' n' und anstatt das lange a der Ungarn so á zu zeichnen, zeichnet er also â.
§. 8.
Von dieser Zeit an bis auf unsere gegenwärtige, finden wir schon hinlängliche Schriften in dieser unserer Landessprache gedruckt. Ja man bemühet sich sogar die schönstern moralischen und historischen Werke der Deutschen, um den Geschmack der Ungarn, bey Erlernung der schönen Wissenschaften, zu bilden, und demselben eine ganz andere Gestalt zu geben, in diese Sprache zu übersetzen. So ist vor nicht gar langer Zeit, des unvergleichlichen Gellerts schwedische Gräfinn, ins Ungarische übersetzt, in Siebenbürgen harausgekommen, und der nämliche Verfasser verspricht
in der Vorrede, ein gleiches auch mit den übrigen Werken desselben vorzunehmen.
Ich könnte hier viele andere übersetzte Werke anführen, ich gedenke aber dieses bey einer andern Gelegenheit zu leisten. Von der ohnlängst zum Vorschein
gekommenen wohlgerathenen Uebersetzung der Cassandra ist in diesem Jahrgange unserer Blätter gehandelt worden. Nur einen Umstand noch, kann ich hier mit Stillschweigen nicht übergehen,
nämlich die rühmlichen Bemühungen einiger meinigen Landsleute. Mit wie vielem Vergnügen würde ich ihre Namen hersetzen, wenn ihr Unternehmen mit einem glücklichen Ausgange gekrönet worden wäre. So aber soll so gar der Ort, wo sich
diese Gesellschaft formirte ungenennet bleiben.
§. 9.
Diese damals junge Patrioten wollten im Jahre 1730. eine Gesellschaft zur Verbesserung der ungarischen Sprache, nach dem Beyspiel der zur
Verbesserung der deutschen Sprache entstandenen Societäten errichten. Sie setzten folgende Gesetze fest:
a) es sollte der Gesellschaft frey stehen, den Geschicktesten zum Vorsteher zu ernennen, dieser sollte Elöljáró heisssen, und den ersten Sitz haben.
b) Der für die gesellschaftlichen Sachen, Sorge tragen würde, sollte den zweyten Rang haben, und Gondviselö heissen.
c) Zu den Zusammenkünften sollten wöchentlich zwo Stunden bestimmet seyn. Bey welcher Gelegenheit ein Mitglied, eine lesungswürdige Abhandlung vorlesen, und diese alsdann von den übrigen, nach den Regeln der strengsten Kritik beurtheilet werden sollte.
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An dieser entstandenen Gesellschaft waren Vorsatz und Absichten lobenswerth, nur zu bedauern ist es, daß es ihr an Unterstützung und Aufmunterung fehlte, und daß daher der Eifer, mit welchen die Sache angefangen worden, sehr bald erkalten mußte. Wie viel schöne Uebersetzungen, und vielleicht auch Originalschriftsteller würde jetzt Ungerland aufzuweisen haben, wenn dieses gemeinnützige Vorhaben zu seiner völligen Reife gekommen wär.
K. n. S. in E
II. Vermischte Nachrichten.
Wir haben in unsern Blättern schon manchmal die Werke geschickter Künstler angepriesen. Wir thun es auch itzo, da wir dem Publikum einen geschickten Orgelbauer, Namens Ignatz Johann Foglar aus Mähren gebürtig, in Kremnitz aber wohnhaft, anzeigen, der bereits vor einigen Jahren in Mähren und Pohlen verschiedene wohl eingerichtete und dauerhafte Orgeln, auch unter andern ein künstliches und großes Orgelwerk zu Chielz in der Waywodschaft Sendomir, welches aus 24. Veränderungen bestehet, verfertiget hat. Denen Liebhabern schöner Orgeln, wie auch Vorstehern neu zu erbauender Kirchen, wollen wir jede von diesen Veränderungen besonders anzeigen. Es sind:
Zwölfe im Manual oder Hauptwerke.
Principal, stehet vorne im Gesichte, und hat 8 Fuß: ist von Zinn.
Salicianal, 8 Fuß: ist von Metall.
Quintad na, 8 Fuß: von Metall.
Flautravers ist offen, 8 Fuß: von Holz.
Principal, 4 Fuß, von Metall.
Quintamajor, 3 Fuß: von Metall.
Oktava, 2 Fuß: auch von Metall.
Flauta amabilis, 4 Fuß: von Metall.
Sesquialtera, beynahe 2 Fuß: von Metall.
Spitzflöte, 4 Fuß: von Metall.
Sedecima, 1 Fuß: von Metall.
Mixtur, 1 Fuß, ist dreyfach prima, quinta und oktava.
Sechse stehen im Pedal.
Subbatz, 16 Fuß: von Metall. Salicianal, 8 Fuß: von Metall,
Principal, vorne 8 Fuß: von Zinn.
Rohrflöte, 4 Fuß: von Metall.
Oktav vom Principal, 4 Fuß: von Metall.
Mixtur, 4 Fuß: zweyfach oktav und quinte.
Eben soviel sind im Positiv oder Brustwerke.
Principal, 4 Fuß: von Metall.
Flauta major, von Holz.
Flauta minor, von Holz.
Oktav, 2 Fuß: von Metall.
Fugara, 4 Fuß: von Metall.
Sedecima, 1 Fuß von Metall.
Und dann befinden sich noch zwo, den Paukenton nachahmende Pfeifen, in dem Hauptwerke.
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Dieser Künstler hat während seines Aufenthalts in Kremnitz noch ein andres Kunststück verfertiget. Es bestehet dasselbe aus einem fein und gut ausgearbeiteten Spinet, welches in einem so genannten Komodekasten, oben hinter dem Schreibepult, verstecket ist. Dieses wird nicht gesehen. Durch ein neben dem Schreibpult befindliches Tröpflein, wird das ganze Werk in Bewegung gebracht; wenn dieses niedergedruckt wird, so spielet es verschiedene Stückchen. Wenn man den Schreibpult aufschließet, so erblicket man die Tangenden von c. bis ins gestrichene f. Diese Klaviatur ist aber solchergestalt eingerichtet, daß die innerhalb verborgene Maschine sowol diese Tangenden, nach Beschaffenheit der Melodie und des Basses unter währendem Spielen niederdrücken: als auch, daß sie von einem Künstler,
wie auf einem Flügel gespielet werden könnnen. Die Maschine bestehet aus einer Walze, auf welchem 6 bis 7 Stücke aufgetragen, oder aufgestochen sind; und dann einem gleichfalls in dem Instrument verborgenen Uhrwerke, welches wann das Stück ist dreymal gehöret worden, wieder mit einem besondern Uhrschlüssel aufgezogen, und in Bewegbung gesetzet wird.
Man könnte noch mehrere Walzen, und wenns auch 100. wären, jede mit 6 bis 7 Stücken versehen, hierzu verfertigen, welche alle nach einander, weil eine jede sich ganz leicht herausnehmen läst, hinein geschoben werden könnte. Will ein Klaviermeister selbst darauf spielen, so darf er nur die Klaviatur ein wenig herausrücken, und alsdenn alles spielen, was auf einem ordentlichen Klavier oder Flügel geschlagen werden darf.
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Fortsetzung, der verschiedenen Gebräuche fremder Völker, bey ihren Verheurathungen.
Auf der Goldküste *) nimmt ein jeder Mann so viele Weiber, als er erhalten kann; und aus der Anzahl derselben, berurtheilet man, den Reichthum und das Ansehen. — Alle Weiber bauen das Feld, bey reichen Leuten aber sind zwey davon befreyet.
Die erstere heißt die große Frau, und hat die Regierung und Aufsicht im Hause. Die andere heißet die Bossan, weil sie ihrer Gottheit geweihet ist. Der Mann ist dieser beyden Weiber wegen sets eifersüchtig, vornämlich aber, wegen der letzteren, welche meist erkauft Sklavinnen, und sehr schön sind. Bey diesen schlafen sie aus Religionsgründen, hauptsächlich aber am Dienstage, welches ihr Sabbath ist. Sonst hat die große Frau das Vorrecht, daß sie die Gesellschaft ihres Mannes drey Nächte
in der Woche fordern kann, da die andern nur auf eine Ansprüche machen können. Sie leben aber dennoch meistentheils in guter Eintracht
*) Aus Bosmas, und Villaults Reisen.
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beysammen. Eine Frau, welche in der Hofnung ist, wird sehr geehret, und wenn es mit dem ersten Kinde ist, so werden ihrer glücklichen Entbindung wegen, dem Götzen reichliche Opfer gebracht. Sobald sie sich in gesegneten Umständen befindet, bringt man sie an das Ufer, wohin ihr eine menge Knaben und Mägdchen folgen, und sie beständig mit Koth und Unflat bewerfen. An der See taucht sie sich einigemal unter, und wäscht sich auf das reinlichste. Man glaubt, daß entweder die Mutter oder das Kind sterben müßten, wenn man diese Gewohnheit unterließe. — Sobald eine Frau ihre nahe Entbindung vermuthet, wird solches der ganzen Nachbarschaft angezeiget; und sogleich versammlet sich eine Menge von Leuten beyderley Geschlechtes um sie, in deren Mitte sie ohne allen Scheu entbunden wird. Dieses dauert selten über eine Viertelstunde, und ist weder mit Geschrey, oder oder andern Zeichen eines Schmerzes begleitet. Gleich nach ihrer Entbindung, giebt man ihr Wein und Brandtwein, mit Pfeffer vermengt, und | läßt sie drey Stunden lang ruhen, hernach aber stehet sie auf, wäscht das Kind, und gehet wieder ihren Geschäften nach. — Wann eine Frau die eheliche Treue bricht, so kann sie der Mann verjagen, und eine andere nehmen. — Aber einige Schwarze heurathen bloß darum viele Weiber, damit sie Geld gewinnen . Diese sind in der That mit ihrem Schicksal zufrieden, und geben ihren Weibern völlige Erlaubniß, andere Männer zu
ihren Besuchen anzureitzen, welche wann dieses geschehen, es sogleich ihren Männern erzählen, die dann solche Vögel recht gut zu rupfen wissen. Auf diese Art därfen die Weiber ihrer Regierung, ohne die mindeste Gefahr folgen, indeme sie zugleich den Nutzen ihrer Männer befördern. — Diese Gewohnheit herrschet aber nur unter den Schwarzen an der Küste, dann die innländischen sind viel strenger. Einer Weibsperson, die in der Untreue betretten wird, kostet es allzeit das Leben,
wofern der aufgebrachte Ehemann, von ihren Verwandten durch ansehnliche Geldsummen, nicht befriediget wird. — Ob nun glech die Männer so viel eheliche Treue von ihren Weibern fordern; so können sie sich doch mit andern ungescheut
lustig machen, ohne von ihren Weibern deswegen zur Rede gesetzet zu werden.
(Die Fortsetzung wird folgen.)
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