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Vorrede.

Wir haben diesen unsern dritten Jahrgang, mit dem kurzen Auszuge der bekannten rechtlichen Ausführung, angefangen; wir waren gesonnen, auch die nach der Zeit heraus gekommenen damit verknüpften Staatsurkunden nachzutragen: weil aber solche, in den Zeitungen bekannt gemacht wurden; so wollten wir sie damals nicht eindrucken lassen; wir setzten uns vielmehr vor, sie bey einer andern Gelegenheit, welche die gegenwärtige ist, mitzutheilen und zusammen zu bringen. Wir glauben unsern Lesern, besonders jenen, die gewohnt sind, dergleichen Urkunden gehörig zu schätzen, so wie mit dem Abdruck der Huldigungsmedaille von Galizien und Lodomerien; etwas Angenehmes zu erweisen.

In dieser Absicht, wollen wir, den zwischen Ihrer Majestät der Kaiserinn und Apostol. Königinn von Ungarn und Böheim; und Sr. Majestät dem Könige und der Republik von Pohlen, unter dem 18. des Herbstmonats 1773 zu Warschau geschlossenen Tractat, von Wort zu Wort hersetzen, wie folget:

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Im Namen der allerheiligsten Dreyfaltigkeit.

Kund und zu wissen Jedermann, den es angeht: Nachdem Ihro Majestät die Kaiserinn, apostolische Königinn von Ungarn und Böheim, mit Dero Truppen, einige Gebiethe von Pohlen zu Folge des hierüber zwischen Deroselben, Ihre Majestät der Kaiserinn aller Reussen, und Sr. Majestät des Königs von Preußen, getroffenen Einverständnisses, hatten besetzen lassen; so liessen Dieselben durch ein im Monat September vorigen Jahrs zu Warschau übergebenes Manifest die Rechte und Gründe bekannt machen, welche Selbe zu diesem Schritte bewogen haben.

Se. Majestät der König von Pohlen haben, zu Folge des Rathschlusses, des im Monat November nämlichen Jahrs, versammleten Senats, hierauf, in Beziehung auf einen künftigen allgemeinen Reichstag, mit feyerlichen Protestationen gegen diese Besitznehmung geantwortet: und aus dieser beschaffenheit der Sachen ist die näheste Gefahr entstanden, die Freundschaft und das gute Einverständniß gestöret zu sehen, welche bishero zwischen Ihro Majestät der Kaiserinn Königinn, und Sr. Majestät des Königs und der Republik von Pohlen obgewaltet haben. Allein nachdem man von beyden Seiten, die traurigen Wirkungen, die ein solcher Vorfall hätte nach sich ziehen können, reiflich erwogen hatte, gewann der Geist der Eintracht glücklicher Weise die Oberhand, und man kam zu Folge dessen übereins, zu Warschau, bey einem, eigens derowegen ausgeschriebenen, außerordentlichen Reichstag, Friedensconferenzen, nach den Wünschen der drey contradirenden Höfe zu eröfnen, und alda an einer baldigen Beylegung der Streitigkeiten, wozu die gegenwärtigen Umstände Gelegenheit gegeben haben, durch beyderseitig Bevollmächtigte, und mit der gehörigen Macht versehene Comissarien arbeiten zu lassen.

Zu diesem Ende haben Ihro Majestät die Kaiserinn, apostolische Königinn von Ungarn und Böheim, dem Herr Karl Freyherrn Reviczky von Revisnie, Dero wirklichen Kämmerern, außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister an dem Pohlnischen Hofe die Vollmacht ertheilet; und Se. Majestät der König, und die Republik von Pohlen haben in derselben Absicht die - - - - - - - bevollmächtiget; welche solchergestalt gehörig begwaltigte Commissarien und Bevollmächtigten, nachdem sie jeder ihre Vollmacht gegen einander ausgewechselt, und verschiedene Conferenzen unter einander gehalten hatten, über folgende Artikel einig geworden sind:

Art. I. Es soll künftighin und auf immer ein unverletzlicher Friede, eine aufrichtige Einigkeit und vollkommene Freundschaft zwischen Ihro Majestät der Kayserinn, apostolischen Königinn von Ungarn und Böheim, Dero Erben und Nachfolgern, und allen Dero Staaten einer Seits; und Sr. Majestät des Königs von Pohlen, Großherzogs von Lithauen, und seinen Nachfolgern, so, wie der Republik von Pohlen, anderer Seits statt haben: also zwar, daß ins künftige beyde hohe contrahirene Partheyen keine Feindseligkeiten gegen einander geradezu, oder durch was immer für Umwege ausüben, oder ausüben lassen, nichts vornehmen, noch vornehmen lassen werden, was gegenwärtigem Traktat zuwider wäre; sondern daß sie ihn vielmehr in allen Punkten heilig beobachten; unter einander stäts ein gutes und vollkommenes Einverständnis unterhalten; und sich bemü-

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hen werden, die gegenseitige Ehre, Nutzen und Sicherheit zu handhaben, und von einander allen Schaden und Nachtheil abzuwenden.

Art. II. Da die hohen contrahirenden Partheyen, allen Streitigkeiten zuvor zu kommen, und sie zu entfernen wünschen, die gegenwärtig, oder mit der Zeit, ihre Freundschaft, und gegenseitiges gutes Verständniß verletzen könnten; und da Dieselben überzeugt sind, daß kein Geschickteres Mittel, diese gewünschte Wirkung herfürzubringen, seyn könnte, als eine gänzliche Aufhebung aller Ansprüche, wessen Namens sie auch seyn mögen, die Selbe unter sich ein Theil wider den andern aufwerfen könnten: so treten Se. Majestät der König von Pohlen sowohl für sich, als seine Nachfolger, mit Einstimmung der Reichsstände des Königreichs Pohlen, und des Großherzogthums Lithauen, vermöge des gegenwärtigen Traktats unwiderruflich, und auf immer, Ihro Majestät der Kaiserinn, apostolischen Königinn von Ungarn und Böheim, Dero Erben und Nachfolgern beyderley Geschlechts, ohne einige Rückkehr, oder einigen Rückfall, in was immer für einem jeglichen Falle, die Länder, Woywodschaften, und Gebiete ab, welche Dieselben zu Folge Dero Manifests vom 11. September 1772. besetzen ließen, um statt eines Equivalents aller Anforderungen Dero Krone von Hungarn und Böheim zu dienen, und die in dem ganzen von den hier angezeigten Gränzen eingeschlossenen Lande bestehen:

Das rechte Ufer der Weichsel, von Schlesien an, bis jenseits Sendomir, und des Zusammenflußes des San; von da an, in gerader Linie, über Fronepol nach Zamosc, dann nach Bubieszow, und bis an den Fluß Bug; und ferners jenseits dieses Flusses längs den wahren Gränzen von Roth-Reussen, (die zugleich die Gränzen von Volhynien und Podolien abgeben) bis zu die Gegenden von Zparraz; von da in gerader Linie an dem Niester, längs dem kleinen Flusse Podorse genannt, der einen kleinen Theil von Podolien abschneidet, bis an seinen Auslauf in den Niester, und sodann an die gewöhnlichen Gränzen zwischen Pokutse und der Moldau.

Diese Gränzen werden ausgestecket, und bestimmet werden, in so ferne es die Lage des Orts, und die von den ältesten Gränzscheidungen eingeholten Nachrichten zulassen, oder fodern können, und welches nothwendig wird geschehen müssen, um die von Schwierigkeiten unzertrennliche Vermischung der landeshoheitlichen Rechte des einen oder anderen Staats, in allen Orten, die mit aller ihrer Zugehör unter die Herrschaft mehrbesagter kaiserlich-königlich-apostolischer Majestät kommen, zu vermeiden. Und damit endlich kein Zweifel, noch Ungewißheit über diesen Punkt statt haben könne, so ist man übereins gekommen, daß man von beyden Seiten Commissarien ernennen werde, um von beyderseitigen Gränzen an Ort und Stelle eine genaue Karte verfertigen zu lassen, welche allezeit in Zukunft in Betreff der Gränzen, der von Sr. Majestät dem Könige und der Republik von Pohlen abgetretenen Provinzen Rechtskraft haben soll. Se. Majestät der König von Pohlen, die Stände des Pohlnischen Reiches, und des Großherzogthums Lithauen treten also Ihrer kaiserl. königl. apostolischen Majestät, Dero Erben, und Nachfolgern alle Ländern und Gebiete ab, welche in den obenangeführten Gränzen enthalten sind, nebst allen Eigenthum, Oberherrschaft, Unabhängigkeit, und mit allen Städten, Festungen, Dörfern und Flüs-

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sen, mit allen Vasallen, Unterthanen und Einwohnern, welche sie zu gleicher Zeit von der Sr. Majestät und der Krone von Pohlen geleisteten Huldigung und Eidespflicht lossagen und sammt allen sowohl bürgerlichen, und politischen, als geistlichen Rechten, und überhaupt mit allem, was zur Oberherrschaft dieses Landes gehört; und Sie versprechen, niemals, auch unter was für einem Vorwande, einige Anforderung auf diese durch gegenwärtigen Traktat abgetretene Provinzen zu machen.

Art. III. Se. Majestät der König von Pohlen, und die Pohlnischen und Lithauischen Stände entsagen auf gleiche Weise, und auf das kräftigste aller Anfoderung, welche Dieselben entweder itzt, oder künftighin auf eine von den Provinzen oder Staaten, die das Durchlauchtigste Erzhaus von Oesterreich wirklich besitzet, haben, oder machen könnten.

Art. IV. Gleichwie Ihro kaiserl. königl. apostol. Majestät erklären und bekennen, mittels gegenwärtiger Abtrennung aller, in den obengemeldten Gränzen eingeschlossener Länder und Gebiete, und folglich auch derjenigen Oerter und Städte, welche zur Graffschaft Zips gehören, und mit darinn enthalten sind, ein billiges und allen Anforderungen Dero Kronen von Ungarn und Böheim gemässes Equivalent empfangen zu haben; so entsagen Dieselben auch Ihrerseits sowohl für sich, als Dero Erben und Nachfolger allen Anforderungen, welche Dieselben, unter was immer für einen Titel, zur Last des Königreichs Pohlen, und des Großherzogthum Lithauen hätten machen können, oder noch machen könnten.

Art. V. Die Dißidenten und nicht unirten Griechen sollen in den, durch gegenwärtigen Traktat abgetretenen Provinzen, aller ihrer Güter, und alles ihres Eigenthums, in Betreff des bürgerlichen, genießen; und was die Religion betrifft, ganz in statu quo erhalten werden; das ist, in der nämlichen freyen Ausübung ihres Gottesdienstes und Kirchenzucht, mit allen und jeden Kirchen und geistlichen Gütern, die sie in demjenigen Augenblicke besessen haben, als sie im Monat September des 1772. Jahres unter die Herrschaft Ihro kaiserl. königl. apostol. Majestät gekommen sind; und Ihro kaiserl. königl. apostol. Majestät werden sich Ihrer landesfürstlichen Oberrechte niemals zum Nachtheile statu quo der Religion der Dißidenten und nicht unirten Griechen in mehr gedachten Ländern bedienen.

Art. VI. Ihro Majestät die Kaiserinn, Apostolische Königinn von Ungarn und Böheim garantiren ausdrücklich und auf das kräftigste Sr. Majestät dem Könige von Pohlen, Dero Nachfolgern, und der Republik von Pohlen alles, was Dieselben gegenwärtig besitzen, in seinem ganzen Umfange, und in dem nämlichen Zustande, in welchem es nach den zwischen Ihro Majestät der Kaiserinn, Apostolischen Königinn von Ungarn und Böheim, Ihro Majestät der Kaiserinn aller Reussen, Sr. Majestät dem Königen in Preussen, und der Republik Pohlen geschlossenen Traktaten verbleibet: Und auf gleiche Weise garantirten Se. Majestät der König und die Republik von Pohlen Ihrer kaiserl. königl. apostol. Majestät, und Dero Nachfolgern alles, was Dieselben wirklich besitzen, in sei-

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nem ganzen Umfange, und in in dem nämlichen Zustande, in dem es sich nach diesem geschlossenen Traktaten befindet.

Art. VII, Da Ihro kaiserl. königl. apost. Majestät sich freundschaftlich dahin zu verwenden erkläret haben, daß die Ruhe und gute Ordnung in Pohlen wieder auf einen festen und dauerhaften Fuß hergestellet werde, so werden Dieselbe alle und jede Constitutionen garantieen, welche mit vollkommenem Einverständniß der Minister, der drey contrahirenden Höfe bey den wirklich zu Warschau unter dem Bande der Conföderation versammelten Reichsständen, über die Form dieses freyen, republikanischen und unabhängigen Reichs werden verfasset werden. Derowegen soll ein besonderer die obbesagten Constitutionen enthaltender Aufsatz gemachet, und von den respectiven Ministern und Comissarien als ein Theil gegenwärtigen Traktats unterzeichnet werden, und die nämliche Kraft und Gültigkeit haben, als wenn er von Wort zu Wort in selben wäre eingerücket worden.

Art. VIII. Alles was in besonderen Traktaten und Verträgen, welche später statt haben werden, sowohl wegen der Handelschaft beyder Nationen überhaupt, als des Salzhandels insbesondere, wird festgesetzt und ausgemacht werden; soll die nämliche Kraft und Gültigkeit haben, als ob es von Wort zu Wort in gegenwärtigem Traktat wäre eingerücket worden.

Art. IX. Da es nicht möglich ist, alles in diesem Traktat zu begreifen, was eine Beziehung auf das Wohl und den Vortheil beyder Staaten haben kann; so soll ein anderer besonderer Aufsatz gemachet, und in demselben alles eingerücket werden, was beyderseits ist ausgemacht und eingestanden worden, oder was künftighin sollte ausgemacht, und eingestanden werden können, und dieser Aufsatz soll auf gleiche Weise die nämliche Kraft und Gültigkeit haben, als ob er einen Theil dieses Traktats ausmachte.

Art. X. Beyde contrahirende Partheyen erklären, daß im Falle, daß die respektiven Commissarien, die alsogleich werden ernennet werden, über die Erklärung des zweyten Artikels dieses Traktats nicht sollten einig werden können, man sich an die Vermittelung der zween andern contrahirenden Höfe wenden werde, und indessen sollte mit der Gränzscheidung inne gehalten werden. Und wenn inskünftige noch Streitigkeiten zwischen beyden Staaten, oder ihren Unterthanen in Betreff der Gränzen entstehen sollten, so wird man beyderseits Commissarien ernennen, welche diese Zwistigkeiten in Güte zu schlichten trachten werden.

Art. XI. Da bey den verwirrten Umständen, welche das Königreich Pohlen beunruhigen, und bey dem zwischen dem rußischen Reich und der ottomanischen Pforte entstandenen Kriege, letztere ein Manifest bekannt machen lassen, worinn selbe der Republik Schuld giebt, daß sie den Carlowitzertraktat verletzet habe; und da hieraus Zweifel und Unruhen, sowohl was das wirkliche Daseyn dieses Friedens, als das fernere Verhalten der Pforte in Ansehung der Republik betrift, entspringen; so versprechen Ihro kaiserl. königl. apostol. Majestät mit

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Ihro Majestät der Kaiserinn aller Reussen, und Sr. Majestät des Königes von Preussen gemeinschaftlich sich zu verwenden, daß die Pforte alle feindseitige Absichten, gegen die Republik, in Betreff erstgemeldter Beschuldigung fahren lasse; und durch Dero Vermittelung zu erhalten, daß die Ottomanische Pforte sich an die Vorschrift des gedachten Carlowitzer Friedens, als eines noch immer bestehenden und niemals verletzten Traktats, gebunden halte.

Art. XII. Obgleich gegenwärtiger Traktat in französischer Sprache abgefasset worden, so soll doch dieses künftighin dem desfalls bey den hohen contrahirenden Partheyen eingeführten Gebrauch auf keine Weise nachtheilig seyn.

Art. XIII. Die Truppen Ihro Majestät der Kaiserinn, Apostolischen Königinn von Ungarn und Böheim, sollen das Königreich Pohlen in vierzehn Tagen, nach der Bestätigung dieses Traktats, räumen.

Art. XIV. Gegenwärtiger Traktat soll von Ihro kaiserl. königl. apostol. Majestät einer Seits: und von Sr. Majestät dem Könige von Pohlen, und den auf dem Reichstage versammelten Deputirten der Republik Pohlen andrer Seits, in einer Zeit von sechs Wochen, von dem Tage der Unterzeichnung an gerechnet, oder wenn es möglich ist, noch eher bestättiget, und hernachmals in die Constitution gegenwärtigen Reichstages eingerücket werden. Beyde hohe contrahirende Partheyen werden auch trachten, die Garantie Ihro Majestät der Kaiserinn aller Reussen, und Sr. Majestät des Königes in Preußen zu verschaffen, damit die genaue Beobachtung dieses Traktats des besser bewirket werde.

Zu Urkund dessen haben wir Bevollmächtigten, und eigends zu Schliessung dieses Traktats Abgeordnete, und mit der gehörigen Macht versehene Commissarien ihn unterzeichnet, und die Siegel unsrer Wappen abgedrücket.

Geschlossen zu Warschau den 18. Herbstmonats 1773.


(L.S.) CHARLES BARON DE REVICZKY

1) (L.S.) Antoine Casimir Ostrowski, Evêque de Cujavie & de Pomeranie
2) André Stan, Mlodziewski, Evêque de Posnanie, Grand Chancelier de Pologne.
3) Massalski, Evêque de Vilna.
4) Paul Turski, Evêque de Lu. ceorie.
5) Antoine Okecki, Eveque de Helm.

Auf diese fünf Bischöfe folgten in der Unterschrift neun Palatine; sechs Kron- und Rechtsbeamte; vierzehn Kastelane; zween Konföderationsmarschälle; dann drey und sechzig Landbothen.

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Nun müssen wir unsre Leser, noch an jenen Umstand erinnern, der in diesem Jahrgang vorkömmt, und den Streit, über das vegetabilische Gold in Ungarn betrift. Ein würdiges Mitglied unserer Gesellschaft, hat uns die Nachricht, von dem gefundenen Golddrathe bey Toplitz im Zipser Komitate, nicht nur ertheilet ( II Jahrgang XLV. St. S. 358.) sondern auch von dieser seltenen Ereignis Anlaß genommen, eine kurze Abhandlung vom vegetabilischen Golde in Ungarn zu verfassen, und sie uns einzuschicken. Wir haben sie mit Vergnügen in unsre Blätter eingerückt (II. Jahrg. XLVI. St. 366. S.) Da wir alles, was die Naturgeschichte der k. k. Erbstaaten betrift, mit Freuden aufnehmen, um durch desselben Bekanntmachung unsre Mitbürger zur Nachfolge in ähnlichen Untersuchungen aufzumuntern.

Der Herr Doktor v. Vesprimi, ein gelehrter und um die ungrische Geschichte überhaupt, besonders aber im Fache der Arzneygelehrtheit, sehr verdienter Mitbürger, schickte uns hierauf die Erinnerung zu, welche auf der 78. S. in diesem Jahrgange anzutreffen ist. Er erzählet darinne, daß bey Versteigerung der Bibliothek des königl. Großbritannischen Leibarztes Richard Mead, ein englischer Kavalier, ein Stück ungarisch-vegetabilischen Goldes, in einem außerordentlich hohen Preise erstanden hätte; daß dieses Stück, in einem trocknen Traube mit 10. Beeren bestanden; daß auf 3 derselben und ihren Stängeln und zwar äußerlich an dem Bälgchen und Häutchen 5 Tropfen, theils in Linsen- theils Kirschengröße, zu sehen gewesen; und wegen ihres Glanzes, eben sowol, als die innern Körner der vetrockneten Beere, für Gold gehalten worden wären. Nun hätte der Kavalier Seltenheit dem berühmten Professor der Chymie Hrn. Michael Moras, zur Untersuchung übergeben, der, nach den strengsten, damit vorgenommenen Goldproben, nichts daran gefunden, und daher Anlaß genommen hatte, die Meynung für das Daseyn des vegetabilischen Goldes in Ungarn lächerlich zu machen und zu verwerfen.

Die Gesellschaft wollte in einer Sache, bey der die Urtheile so sehr getheilet sind, sich für keine Parthey erklären; da sie es vorhin auch nicht gethan, und ihr Mitglied, in den angeführten Abhandlungen, vielmehr die Meynungen anderer gesammlet und vorgetragen, als etwas Entscheidenderes für sich selbst vorgebracht hat.

Ein würdiger Greiß, der eine ausgebreitete Gelehrsamkeit, und besondere bisher größtentheils noch unbekannte Verdienste besitzet, der Hr. D. Joh. Daniel v. Perlitzi, der durch seine vieljährige medicinische Praxis, sich um den löbl. Neograder Komitat, sehr verdient gemacht, nahm es ganz willig über sich, die eingeschickten Erinnerungen zu erwägen, und die Sache des vegetabilischen Goldes, welche für Ungarn freylich sehr schmeichelhaft seyn muß, zu vertheidigen.

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Haben nun etwa einige Leser in der angeführten Abhandlung des Hrn. D. v. Perlitzi, genugsame und überweisende Gründe, für die Möglichkeit und das Daseyn des vegetabilischen Goldes nicht gefunden: so mag es vielleicht den andern nicht verdacht werden, wenn sie mit den Beweisen, die der gelehrte Hr. Morris von den gemachten scharfen Proben mit den goldfärbigen Tropfen hergenommen, gar nicht zu frieden sind. Die Meynungen der heutigen Metallurgen, wegen der Entstehung des Goldes, sind verschieden. Nach der einen, wäre das wachsende, oder uneigentlich sogenannte vegetabilische Gold, eine bloße Unmöglichkeit: Jene, hingegen, welche es zugeben, daß die wirksame Natur nicht aufhöre, auch itzt noch edle Metalle zu erzeugen, haben die lange Reihe von Jahren, die sie brauchet, um das Gold zu seiner Reife zu bringen, weder berechnen, noch weniger bestimmen können: beede Partheyen aber werden es für eine ausgemachte Wahrheit annehmen, daß ein Weinbeerhäutchen, unfähig sey, dem Golde zur Mutter zu dienen, und daß daher an solchen, auch kein wirkliches Gold zu suchen ist.

Zum Schluße haben wir noch zu melden, daß auf der 371. Seite in der Note * nach den Worten: tertio capitur, folgendes zur Berichtigung der Geschichte gehöret: anno Christi 1542. ac in sex annorum carcere indignissimo, moerore & squalore confectus, vitam clausit Anno 1548.
Topic revision: r7 - 30 Mar 2011, AgostonBernad
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