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ZUM GESAMTINHALT
Ungrisches Magazin,
Band 1, Heft 4, Text 42 (S. 484-488)
Hrsg. von
Karl Gottlieb Windisch
Preßburg,
Löwe, 1781
Autor:
Karl Gottlieb Windisch
Zuordnung: Anekdote
(p484)
42. Von der Gelehrsamkeit des ungrischen Frauenzimmers.
An das Fraulein v. P.**
Ja, meine Freundinn, nicht allein durch Tapferkeit, auch durch Gelehrsamkeit hat sich Ihr Geschlecht in unserem Vaterlande rühmlich hervorgethan! - Freylich haben uns die Geschichtschreiber nur wenige Beispiele davon aufbehalten; denn sie hatten genug von Staatsveränderungen, innerlichen Unruhen, verderblichen Kriegen, und Schlachten zu reden. Uiberdieß waren auch unsere Schönen von jeher viel zu bescheiden, als daß sie sich mit
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ihren gelehrten Kenntnissen hätten brüsten sollen! Ich berufe mich hierinnen auf Sie selbst, und auf Ihre gelehrte Freundinn, die Frau von K**, die allzeit erröhtet, wan man ihren geistvollen Gedichten den verdienten Beyfall geben muß! — Doch, ich will itzt nicht von Ihnen, nicht von Ihrer Freundinn reden; ich will Sie nur an einige Ihrer Landsmänninen erinnern, deren Verdienste um die Wissenschaften Ihnen unmöglich unbekannt geblieben seyn können!
Der Baronesse
von Hellenbach treue Ermahnung einer Mutter, an ihre einzige Tochter, welche zu
Leipzig 1763 und drey Jahre darnach die Fortsetzung davon in groß Oktav gedruckt worden, haben Sie nicht nur mit Vergnügen gelesen, sondern auch gründlich beurtheilet. Jedes Frauenzimmer sollte dieses Werkchen lesen, und jede Mutter sollte es zu ihrem Handbuche wählen!— Sollte die gelehrte Verfasserinn, die, wie ich weis, ihre übrigen Stunden den Musen widmet, es wohl bey dieser Probe allein bewenden lassen? Nein, wir wollen hoffen, und wir wollen sie ersuchen, uns noch mehr Werke ihres schönen Geistes zu schenken!
Die Sammlung geistlicher Betrachtungen aus
Johann Arnds Büchern vom wahren Christenthume in ungrischer Sprache, welche die
Katharina Sidonia Petrotzy, eine Dame von vortrefflichen Tugenden, und ausgebreiteter Gelehrsamkeit zur Verfasserinn hat, fand ich selbst sehr oft in Ihren schönen Händen. Außer der
Auflage in
Duodetz, die 1705 zu
Klausenburg herauskam, und die Sie besitzen, hat auch die
Baronesse Weschelenyi eine andere erst 1764 veranstaltet. — Noch schrieb diese Dame in ihrer Muttersprache:
Das einen guten Geruch ausduftende Herz, eben nach Anleitung des obberührten
Johann Arnd, welches Werk 1708 in
Leutschau an das Licht trat; und endlich hat sie auch des
Johann Mayers Traktat: Von den Zweifeln der Seligkeit in die ungrische Sprache übersetzt;
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ja noch viel andere, meist der Erbauung gewidmete Schriften hinterlassen, die alle würdig wären, durch den Druck allgemein gemacht zu werden.
In die rühmlichen Fußtapfen dieser vortrefflichen Dame trat auch ihre Enkelinn, die oberbelobte Gemahlinn des
Freyherrn Weschelenyi von Hadad,
Polyxena, eine Tochter
Stephan Daniels von Wargyasch. Außer einer mehr als gemeinen Kenntniß der meisten europäischen Sprachen, war sie auch der griechischen, und lateinischen völlig mächtig, und übersetzte aus der letztern des
Benedikt Piktets christliche Sittenlehre in das
Ungrische, welche 1752 zu
Klausenburg in Oktav überaus niedlich gedruckt ward. Sie vermehrte auch den Ruhm ihres gelehrten Vaters durch eine ungrische Uibersetzung des von ihm geschriebenen weitläufigen Werks: Paterna monita betitelt, welches sie durch den Druck gemeinnützig machte.
Die
Sophia Báthori, eine Dame, die nebst den vortrefflichsten weiblichen Tugenden, eine männliche Seele basaß, haben Sie schon oft bewundert! Sie war die Gemahlinn des siebenbürgischen Fürsten
Georg Rakotzi, und die Mutter des rebellischen Franz, dessen Anschlag,
Munkátsch zu erobern, sie durch ihre Tapferkeit zernichtete, indem sie ihn zwang, die Belagerung dieser Festung mit nicht geringem Verluste aufzuheben. Mit dem größten Schmerze sah sie die Meutereyen ihres Sohnes, und mit den rührendsten Ausdrücken ermahnte sie ihn zu Gehorsame und zur Treue gegen den Kaiser. Ja, sie nahm es über sich, Gnade für ihn zu erflehen, welche sie auch endlich erlangte. - Nachdem sie die Ruhe in ihrem Vaterlande wider hergestellet sah, widmete sie sich ganz dem Dienste Gottes, und schrieb ein Gebehtbuch, welches in Tyrnau gedruckt ward. - In ihrer letzten Krankheit setzte sie die Gesellschaft Jesu zu Erben ihres beträchtlichen Vermögens ein, das aber als es der Orden in Sicherheit zu bringen suchte, dem Tököli in die
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Hände fiel. - Denn, wie Sie wissen werden, so verließ sie gleich nach dem Tode ihres Gemahls die Lehre des
Kalvins, und nahm den Römischkatholischen Glauben an.
Einen unsterblichen Namen machte sich
Katharina, eine Enkelinn des Grafen
Johann Bethlen, welche mit unglaublicher Mühe, und sher grossem Aufwande, eine hauptsächlich aus ungrischen Büchern und Handschriften bestehende Bibliothek sammelte, und solche noch bei ihren Lebzeiten dem
Enyeder Gymnasium schenkte. - Die Arzneywissenschaft leibte sie vor andern, und machte daher mit den in dieser Wissenschaft berühmten Doktoren,
Martin Simoni,
Samuel Kölöscheri, und
Martin Boroschnyai Bekanntschaft; sie brachte es auch darinnen so weit, daß sie solche zum erheblichen Nutzen ihres Nebenmenschen anwenden konnte. - Zuerst war sie mit dem Grafen
Ladislaus Haller, hernach aber mit dem Grafen
Josef Teleki verheurahtet, lebte auch nach dem Tode des letztern noch sieben und zwanzig Jahre im Wittwenstande, in welchem sie ein Buch geistlicher Betrachtungen und Gebehter in ungrischer Srache schrieb, und durch den Druck gemeinnützig machte.
Die
Juditha Uifaluschi, eine Klarissernonne zu
Tyrnau, wird Ihnen vieleicht auch nicht unbekannt seyn. Sie war ihrer Frömmigkeit sowohl, als ihrer Gelehrsamkeit wegen in grossem Ansehen, und
übersetzte das Leben Jesu, und Mariá aus der böhmischen in die ungrische Sprache, welches zu gedachtem Tyrnau verschiedenemale, und letztlich um Jahre 1746 in Quartformate wieder aufgelegt ward.
Endlich muß ich der
Susanna Loránfi nicht vergessen. Diese gelehrte Dame beförderte nciht nur verschiedene Werke der Gelehrten zum Drucke, sondern schrieb selbst ein Buch in ungrischer Sprache unter dem Titel:
Moses und die Propheten, t.c. welches 1641 zu
Stuhlweißenburg die Presse verließ. Ich weiß nicht, ob
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Ihnen dieses Werk bekannt ist? - Seiner Zeit machte es viel Aufsehen, ward gelobet, und getadelt. Auch die Sätyre blöckte die Zähne darüber, wovon ich Ihnen ein par abgeschmackte Zeilen, die Ihnen Ihr Bruder verdeutschen mag, hersetzten will:
Nunc Paullina tonant, madidis oracula mappis,
Ante focum nutrix, potaque mussat anus;
Quid mirum, si sit nobis Ecclesia discors,
Dant passim bibula, Biblia voce sonos.
Ich könnte Ihnen noch eine gute Anzahl ungrischer Schönnen namhaft machen, deren ausnehmenden Verstand, und vortreffliche Geistesgaben ich mit vielen andern bewundere, wann ich nicht befürchten müßte, Ihre Bescheidenheit eben so sehr zu beleidigen, als ich dadurch den Ruhm meiner Nation allerdings vermehren würde. Aber ohne ihren Namen zu nennen, will ich der Welt ehestens einige Ihrer gelehrten Arbeiten, in diesen Blättern mittheilen, und — erröhten Sie immer — mit ein par Stücken Ihrer zärtlichen Muse den Anfang machen.
v. Windisch.