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ZUM GESAMTINHALT
Ungrisches Magazin,
Band 3, Heft 2, Text 10 (S. 164-169)
Hrsg. von
Karl Gottlieb Windisch
Preßburg,
Löwe, 1783
Autor:
Karl von Richter
Zuordnung: Geographie, Medizin
(p164)
10. Beschreibung einiger Sauerbrunnen der Neograder Gespanschaft.
Von D. Karl von Richter.
1. Der Sauerbrunn in Kalino.
Dieser befindet sich in einer Gegend, die man daselbst auf Slowakisch na Slanom (im Salzichten) nennet. Die Qwelle ist in der Mitte eines Bächleins, welches, wann der Schnee schmilzt, oder, wann es viel regnet, aufschwillt, sich mit dem sauern Wasser vermischt, und dasselbe verfälscht; da dieses Wasser sonst viel saurer ist, als das
Garaber, von dem ich in der Folge einige Nachricht geben werde. Die Qwelle ist nicht eingefaßt, weil man sie gar nicht achtet.
Die Gegend um die Quelle ist wirklich salzicht, und die Erde hat einen zusammenziehenden bittern salzichten Geschmack. An vielen Oertern wächst kein Gras, und das Vieh leckt diese Erde sehr begierig, daher auch die gemeine Sage ist, daß sich da herum gutes Küchensalz befinde. — Das Erdreich dieser Gegend, ist im Ganzen betrachtet, außerordentlich mager, und enthält einen zähen weißen Letten, welcher vom Regen aufgelöst, so zähe wird, daß die darüber Gehenden, die Füße kaum heraus ziehen können; hingegen, wann er austrocknet, fast so hart wie ein Stein wird.
Das Dorf Kalino liegt dem Dorfe
Garab so nahe, daß man beyde Dörfer beym ersten Anblicke nur für ein Dorf halten sollte. Denn blos der Fluß die
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Eipel genannt, scheidet sie voneinander. Beyde sind so klein, daß sie zusammen nur einem mittelmäßigen Dorfe gleichen; und die Kirche zu
Garab haben beyde Dörfer gemeinschaftlich. — Die Einwohner derselben sind Slowaken, deren Weiber sich durch eine von Hanf gemachte Wurst, die sie um den Hintertheil des Kopfes winden, von ihren Nachbarinnen unterscheiden.
Der Grund der Säure dieses Brunnens, ist sehr wahrscheinlich in der magern, und lettichten Erbe dieser Gegend zu suchen. — Fast überall wo Sauerbrunnen sind, findet man ein solches Erdreich; der aufgelöste Letten also ziehet wahrscheinlich die Sonnenstralen begierig und häufig an, und verschlingt sie, so zu sagen, wann er erhärtet. Da nun nach des H.
Ellers Versuch über den Ursprung der Erzeugung der Metalle,* die Sonnenstralen, die in unserer Atmosphäre schwebende Säure erzeugen, so scheint es, daß die von dem aufgelösten Letten so häusig aufgefangenen, und alsdann bey der Erhärtung des Lettens in solche eingehüllten Sonnenstralen das Erdreich mit einer Säure schwängern, da dann, weil alle Sauerbrunnen sich gewöhnlich am Fusse niedriger platter Hügel befinden, in deren Innerstem sich das Regenwasser sammelt: so folget ganz natürlich, daß wann nur eine solche Wassersammlung hervorbricht, und sich durch das mit Säuern geschwängerte Erdreich zwingt, es nicht anderst seyn könne, als daß die durchdringenden Wäßer auch sauer werden müßen. Denn, gleichwie es nur zu gut bekannt ist, daß eine ausgelaugte Salpeter- Vitriol- und Alaunerde, von der Luft, mit Salpeter, Vitriol, und Alaun aufs Neue befeuchtet wird: also ist es auch allgemein, daß Sauerbrunnen am Fusse, platter und niedriger, mit Birken besetzter Hügel hervorqwillen, und daß diese Hügel eine Fortsetzung grosser Gebirge, wie z. E.
*Im sechzehenten Theile des Hamburgischen Magazins.
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hier, eine Fortsetzung der
Malnapataker,
Korner, und
Ostroschker hohen Gebirge sind. Und der Geschmack der Sauerbrunnen ändert sich, wenn die sauern Wäßer in der Erde, über einige Schwefel - oder Eisenminer stießen, und sich mit aufgelöstem Schwefel, oder Eisen vermischen.
Merkwürdig ist es, daß in der Gegend von
Kalino und
Garab, 1) wirklich gegen
Malnapataka zu Eisen gewonnen werde; daß ein gewisser
Graf von Steinville in der Gegend von
Sinobánya einige Stollen eröfnen ließ, und bey der Untersuchung Bley gefunden habe; daß also 3) Herr
Mathias Bel in der Beschreibung dieses Komitats mit gutem Grunde behaupte, daß man anstatt Sinobánya, Czinowa Bánya, und anstatt
Lonnyabánya, Olowenabánya sagen sollte. Denn das ist gewiß, daß das Wort Bánya ein Bergwerk bedeute, und es daher sehr wahrscheinlich ist, daß hier vor Alters sowohl Zinn, als Bley gegraben worden; 4) ist es gewiß, daß die
Etrische Familie, welche Kalino zum Theile erblich besitzet, sich wegen aufzurichtender Bergwerke einer von hoher Instanz ertheilter Freiheit rühme.
Sonst ist das Kalinower Sauerwasser, wenn es rein, und nicht durch wilde Wäßer verfälscht ist, — das ist, bey einer Dürre — sehr klar, und etwas blaulicht, aber saurer als das
Garaber, weil es aber einen starken Schwefelgeruch hat, und wann man es kocht, unangenehm, salzicht schmeckt: so wird es gar nicht zum Trinken gebraucht, sondern man bedienet sich selbst in Kalino des angenehmern Garaber Wassers. — Es ist aber dieses Kalinower Wasser, Hydrostatisch untersucht, schwerer als das Garaber; färbt den Veilchensaft grün, wird trüb, und setzt einen weißen Bodensatz an, wenn man die solutionem Lumae in dasselbe tröpfeln läßt; wird schwärzlich, wann man etwas von dem Puly. gallar. Arabicar daran schüttet; es giebt auch gelbe Flocken, und wird trüb, wann man es mit der solutione Vitrioli vermischet. — Kocht man vier Seitel davon ein,
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so erhält man 83 Gran Bodensatz, welcher mit dem Spiritu Salis und Nitri heftig schäumet. Ausgelaugt giebt er ein Salz, welches laugenhaft schmeckt, in keine Krystallen anschießt, und das Oleum Tartari per deliquium gar nicht ändert.
Es scheint also, der
Kalino Sauerbrunn enthalte einige, flüchtige mit einem laugenhaften Salze getränkte Vitriolische Säure, und eine Menge Kalkartiger Erde, die sich wie 1:5 zu den übrigen Bestandtheilen verhält. In Rücksicht nun auf den Medicinischen Nutzen — weil man sich dieses Wassers zum Trinken gar nicht verdienet, und weil man sich in Ungern nicht so, wie in andern Ländern der Gesundbrunnen zur Genesung bedienet: — so kann man aus der Erfahrung bey der genauesten Nachforschung keinen Nutzen erlernen, sondern man kann nur blos aus den unwollkommen entdeckten Bestandtheilen unmaßgeblich schließen: daß dieses Wasser, besonders im Stein und Nierengries, hauptsächlich wann es gehörig getrunken würde, sehr gute Dienste leisten müße.
2. Der Garaber Sauerbrunn.
Das Wasser dieses Brunnens, welches man in der herumliegenden Gegend, und selbst in Kalino trinkt, wird in fünf bis sechs Seitl haltenden Krügen in die nahgelegenen Oerter sowohl, als in den eine Meile davon entfernten Marktflecken
Loschonz gebracht, und verschafft manchem armen Weibe einen Verdienst von etlichen Kreutzern. — Es qwillt zwar aus drey verschiedenen Qwellen, aber darunter ist nur eine, aus welcher man täglich einige Eimer schöpfet. — Sie liegt am Fusse eines Hügels, in einer etwas erhabenen Wiese, um und um mit Hügeln, die sich weiter hinauf und seitwerts in grosse Gebirge erhöhen, umgeben. Sie stehet unter keinem Dache, und nur der Grund davon ist mit Steinen ausgepflastert, und zu oberst mit einem dicken ausgehöhlten Klotze eingefasset.
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Das Erdreich dieser Gegend ist mager und letticht, und wird von der
Eipel bespület. — Merkwürdig ist in dieser Gegend, ein fetter weißer Kalkstein, mit welchem die Einwohner ihre Mühlräder schmieren, und den sie masny Kamen (einen fetten Stein) nennen; welcher vieleicht wohl eine genauere Untersuchung verdiente.
Das Wasser ist rein, klar, blaulicht, von angenehmen Geschmacke; und etwas anziehend sauer, wann man es bey der Qwelle trinkt; wird aber gar bald matt, wann man es verführet, und verliert alle Säure, wann man es nur ein wenig kochen läßt. Sonst aber, wann man es auch mit Gewalt noch so überflüßig trinket, so wird es doch nie beschwerlich. Es hat fast keinen Geruch, unfehlbar, weil es täglich sehr häufig geschöpfet wird; denn wenn man nebenbey eine Grube macht, und das Wasser, welches hervorqwillt, kostet, so schmeckt es merklich nach Schwefel.
Es setzet keine Rinde an die Seite der Krüge, verändert sich aber, wann sich das Wetter ändert; und man sagt, es wäre, ehe man den Brunn ausgepflastert hat, säurer gewesen, vielleicht, weil dazumal das saure Wasser sich von allen Seiten in einen Brunnen gesammelt hat.
Hydrostatisch gewogen, ist dieses Wasser um einen Grad leichter, als das
Kalinower; den Veilchensaft färbt es nicht, wird von Galläpfeln nur ein wenig schwarz, schäumt mit der Magnesia alba, und wird Milchicht ohne Bodensatz, wann man etwas von der solutione Lunae eintröpfelt. Mit einem Worte: weder das Saure, noch das Laugenhafte verändert dieses Wasser merklich.
Vier Seitl eingekocht, geben nur fünfzehn Gran Bodensatz, und dieser schäumt zwar von dem Spiritu salis, bleibt aber von dem Oleo Tartari per deliquium unverändert; ausgelaugter färbt er die Lauge gelb, ist bitter, salzicht, färbt den Veilchensaft grün,
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und giebt drey Gran Salz, welche mit dem Spiritu Nitri schäumet.
Hieraus nun kann man ungefähr schließen: daß dieses Wasser einen flüchtigen sauern Vitriolischen Geist, und etwas sehr weniges Laugensalz, das sich dem Mittelsalze nähert; und endlich, sehr wenig Kalkartige Erde, die sich, wie 1:5 gegen die übrigen Bestandtheile verhält, enthalte. Und daher ist dieses Wasser gleich, einem Mittelsalze, besonders dem Magen und den Gedärmen ersprießlich, ob es gleich dießfalls, weil man sich desselben, nie als eine Arzney bedienet, an Erfahrung mangelt.
* *
Und, so viel kann ich von diesen zwey Wäßern, die ich nur flüchtig bey der Qwelle untersuchet habe, schreiben. Wäre ich nicht zurückgerufen worden, so hätte ich auch diese sowohl, als die übrigen in
Fülek,
Szecsen,
Kovácsy,
Poltár,
Szent-Péter,
Tiszovnik genauer untersucht, ihre Bestandteile bestimmter auseinander gesetzt; unsere Gesundbrunnen mit Ausländischen verglichen, und also ihren Nutzen gezeigt, und vielleicht gar mit Perspektivischen Abrissen gezieret.