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Zeitschrift von und für Ungern

Hrsg. von Ludwig Schedius
Pest, Patzko, 1802

Band 1, Heft 3

I. Abhandlungen und kürzere Aufsätze

Text 4 (S. 370-372) < Teil 1
Autor: Franz Bene
Zuordnung: Medizin

(P370)

4. Beyträge zur Geschichte der Schutzpocken in Ungern.

(Fortsetzung.)

h. Geschichte der Verbreitung der Kuhpocke von Pesth nach verschiedenen Gegenden Ungerns. Von Doctor Fr. Bene.

Mit innigem Wonnegefühl muß jeder, dem das Wohl der Menschheit am Herzen liegt, die Nachrichten lesen von dem allgemeinen Eifer der Aerzte Ungerns, womit dieselben sich bemühten, die Impfung/ der Kuhpocken zu verbreiten, und von der Bereitwilligkeit unserer Landsleute, mit welcher sie diese wohlthätige Erfindung zu ihrem Vortheile angewendet haben.
Kaum wurden die glücklichen Fortschritte, welche diese Impfung in Pesth gemacht hatte, im Königreiche bekannt, so bestrebten sich mehrere Aerzte, diesen Schatz zu besitzen, und in ihrem Wirkungskreise zu verbreiten. Schon im Monat September 1801. unternahm Hr. Dr. Emerich Sándor eine Reise von Großwardein nach Pesth, brachte von hier die Kuhpocken nach seiner Vaterstadt, und impfte dieselben mit Hrn. Dr. Lonovits bey vielen mit dem besten Erfolge ein. In dem nämlichen Monate kam auch Hr. Dr. Lenhossek der würdige Physicus der löbl. Graner Gespannschaft von Gran mit einem Knaben hier an; durch diesen wurde die Schutzpocke nach Gran verpflanzt, und der thätige Arzt hatte das Vergnügen, selbe in einigen Monaten mehreren hundert Menschen mit dem glücklichsten

(P371)

Fortgange einzuimpfen, und dadurch die schreckliche Gefahr der natürlichen Pocken von ihnen abzuwenden.
Im October ist die Kuhpocke von Pesth durch einen eigentlich nur deßwegen hieher gebrachten Knaben nach Kaschau geschickt worden, wo sich mit deren Impfung Hr. Dr. Wirkner, und der Wundarzt Lehotzky (?) mit solchem Erfolg beschäftigen, daß sich die Zahl ihrer Geimpften schon auf 400 beläuft.
Da ich sehnlichst wünsche, daß jeder Arzt, der sich mit der Inoculation der Kuhpocken beschäftigt, die Geschichte derselben mit einiger Rücksicht auf das Benehmen der Menschen dabey, und mit Angabe der sich etwa ereigneten Hindernisse in dieser Zeitschrift kurz mittheilen möchte; so will ich von der Impfung der übrigen Aerzte Ungerns, denen ich ächte Kuhpockenmaterie zugeschickt habe, nichts anführen.
Nur einen Arzt will ich noch nennen, der sich, so viel mir bekannt ist, als den eifrigsten Beförderer dieses gesegneten Retttmgsmittels in Ungern gezeigt hat. Dieser würdige Mann ist Hr. Dr. Sigmund Rigler, Physicus der löblichen Békeser Gespannschaft. Die häßlichen Blattern hatten in seinem Physicate fürchterlich gewüthet, sie hatten viele Hunderte erwürgt. Der Physicus wurde auf öffentliche Kosten durch die löbl. Gespannschaft nach Pesth geschickt, um sich dort mit der Impfung der Kuhpocken bekannt zu machen, und ächte Materie zu sammeln. Dieser brave Arzt kam nun gerade in der rauhesten Jahrszeit, im Jänner 1802. in Pesth an. Mit Vergnügen erinnere ich mich stets des jugendlichen Feuers, mit welchem der schon ziemlich bejahrte Mann die hier in den Vorstädten zerstreut gelegenen geimpften Kinder, ungeachtet der ungestümen Witterung täglich besucht, und jede Erscheinung fleißig aufgezeichnet hat. Bekannt mit der Natur und Impfung der Kuhpocke, und hinlänglich versehen mit ächter Kuhpockenmaterie, kehrte er in sein Physicat zurück, und fing die Impfung gleich den 24. Jänner an, die er auch seit der

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Zeit so thätig, und glücklich ausgeübt hat, daß er bis zum Aplil 1802. mit eigener Hand 678; durch seine vier Wundärzte, welche er in diesem edlen Geschäfte unterrichtet hat, 399, also insgesammt schon 1077 geimpft hatte. Hr. Sigmund Rigler hat durch diesen seinen Eifer bewiesen, daß er unter die würdigsten Aerzte Ungerns gehört, welche jede wohlthätige Erfindung in der Heilkunst zum Wohl der leidenden Menschheit thätigst verbreiten. Lauge möge ihn noch dieser edle Trieb beseelen, und ihm den süßesten Genuß des Arztes, ein Wohlthäter der Menschen zu seyn, recht oft gewähren!
Topic revision: r4 - 24 Jun 2011, ValerieSeidler
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