Bl\xE4ttern:
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XIX.
(P145)
Fortsetzung der gesammelten fremden und eigenen Beobachtungen aus dem Reiche der Natur.
Wenn sich Kr\xF6ten und Fr\xF6sche in einem mittleren Zustande befinden,
so liegen sie in einem ihrer Elemente, gemeiniglich aber an einem sumpfigten Orte. Aber in einem Steine ein
geschlossen, und wer wei\xDF, wie viele Jahre darzu geh\xF6reten, ehe eine feuchte und
weiche Masse zu einem harten Felsen w\xFCrde? wer wei\xDF, wie viele Jahre der Fels ihr Wohnhaus war, ehe sie daraus befreyet wurden? ich sage, in einem Steine
unter solchen Umst\xE4nden eingeschlossen,—
will was ganz anders sagen. Der Umstand mit den Muscheln, die man ausgeackert hat, und die bey der Stadt
(P146)
Moll drey Schuhe tief in dem Sande
lagen, will Herr
Liberoth also erkl\xE4ren:
„ Dieses, sagt er am angezogenen Orte des
hamburgischen Magazins, sind Muscheln, deren Schaalen nach und nach von
dem Seewasser gr\xF6\xDFer gemacht, darinnen aber ein kleiner Kanal des Thiers,
wodurch es seine Nahrung durch das
Seewasser erlangen k\xF6nnen, gelassen worden. Diese kommen oft zur bewunderungsw\xFCrdigen Gro\xDFe, und zeigen ihre
Jahrwachse ordentlich. Eine gleiche Beschaffenheit soll es mit dem in Marmor
eingeschlossenen Gef\xE4\xDFe der Seekrebsen
gehabt haben. So viel gestehe ich gerne zu, da\xDF man sich das Leben eines
Thieres in eirem Steine ohne Luft nicht
gedenken kann; aber woher wollen Muscheln und Schnecken ihren Zugang aus der See bekommen, welche viele Meilen
von dem Strande der See entfernet sind?
Die Sache bleibet uns demnach immer
ein Geheimni\xDF! —
II.
Im neun und vierzigsten Bande der
philosophischen Transactionen wird Art.
LXXX. erz\xE4hlet, da\xDF man in eine Phiole
ged\xF6rrete Kelerresel und spanische Fliegen
gethan habe, so da\xDF dieselbe halb davon
erf\xFCllet worden sey. Man habe dann
(P147)
siedendes Wasser auf die Phiole gegossen, und sie ganz fest verstopfet, da man
denn nach einigen Stunden, eine grosse
Menge kleiner l\xE4nglichter, platter und
durchsichtiger Thiere gewahr worden w\xE4re , welche ungemein rege und lebhaft
worden sind.
Wir wissen aus Beispielen, da\xDF
manche Thiere in dem einen Elemente
bestehen k\xF6nnen, und in dem andern verderben. Der Fisch lebt im Wasser, oh ne in die Gefahr zu kommen, zu ers\xE4ufen ; auf dem trocknen Lande stirbt er
bald. W\xFCrde es der Mensch wagen,
mit dem Fische in den Abgrund der See
zu steigen, so w\xFCrde er es mit seinem Leben bezahlen m\xFC\xDFen. Wir haben unter
den Erdschw\xE4mmen solche, die f\xFCr den
Menschen das st\xE4rkeste Gift in sich haben,
und die bei\xDFender, als der starkeste Pfeffer sind; gleichwohl verzehret die Erdschnecke, die unendlich kleiner als der
Mensch ist, diese Schw\xE4mme mit gutem
Apetite, und ohne zu besorgen, da\xDF sie
sterben. Ist es wahr, was uns verschiedene alte Schriftsteller von dem Salamander berichten, so kann das Thier
im brennenden Feuer leben, welches sonst
alle thierische K\xF6rper verzehret. Wenn
die Bemerkung vieler Aerzte richtig ist,
(P148)
da\xDF die gew\xF6hnlichen W\xFCrmer der Menschen nichts anders als Regenw\xFCrmer
sind, deren Eyer oder Brut der Mensch durch das Wasser einschl\xFCrft, in seinem
Magen ausbr\xFCtet, und nachher bis zu
einem grossen Wachsthume ern\xE4hrt, so
kann der Regenwurm eine unglaubliche
grosse Hitze, dergleichen die Hitze des
Magens ist, ausstehen. Die Nisse eines bekannten Insekts, wenn es dieselbe
in die Falten der W\xE4sche verbergen kann,
werden durch die hei\xDFen Br\xFChen nicht
get\xF6dtet, welche die W\xE4sche ausstehen mu\xDF, wenn man sie waschet Es kann
also auch wohl Gew\xFCrmer geben, die ein
siedendes Wasser nicht verdirbt, sondern wohl eben so erfrischt, wie das kalte Wasser einen erhitzten Menschen. Alles in der Natur, von der man sagt, es
sey n\xFCtzlich oder sch\xE4dlich, ist wohl unter
lauter Einschr\xE4nkungen anzunehmen,
III.
Herr von
Reaumur, ein Mann, der
der Naturgeschichte wesentliche Dienste
geleistet, und beynahe in allen F\xE4chern
der Natur, mit einem gleich gl\xFCcklichen
Erfolge gearbeitet hat, behauptet nach
dem Zeugnisse des
hamburgischen Magazin X. Buch IV. St. S. 443.: da\xDF die
Farbe der V\xF6gelfeyern nicht best\xE4ndig
(P149)
einerley bleibe, und da\xDF die Hahnen,
und H\xFChner, dieselben, so oft sie sich
mausen, wie man von ihnen zu reden
pflegt, \xE4ndern. Was den letzten Fall
anbetrifft, so ist er nicht allgemein wahr.
Aufmerksame Oekonomen werden mir keinen Beweis abfordern, wenn ich sage,
da\xDF man sich vom Gegentheile alle Jahre \xFCberzeugen k\xF6nne. Aber das ist wahr,
da\xDF sie ihre Farbe oft \xE4ndern. Dem
ersten Falle darf man die Wahrheit
nicht streitig machen. Ich habe davon
zwo Erfahrungen. Die erste ist ganz
sonderbar; ich bin aber f\xFCr ihre Richtigkeit B\xFCrge. Auf einem adelichen Hofe, nicht weit von dem meinen, war eine Henne im ersten Jahre ganz schwarz,
und wurde im andern Jahre, nachdem
sie sich gemauset hatte, ganz wei\xDF. So
wenig man in dem einen Jahre an der
schwarzen Henne eine wei\xDFe Feder fand,
so wenig konnte man an ihr, da sie sich
wei\xDF gef\xE4rbet hatte, eine schwarze entdecken An meinen eigenen H\xFChnern,
die alle ganz schwarz waren, habe ich
beobachtet, da\xDF einige nach und nach
wei\xDFe Federn bekamen. Die H\xFChner
sind h\xF6chstens vier Jahre alt. Man
kann es nicht gewi\xDF entscheiden, wie alt
eine Henne werden k\xF6nne, wenn sie ihr
(P150)
h\xF6chstes Alter erreicht. Da aber eine
Henne von vier Jahren schon unter die
alten H\xFChner geh\xF6ret, so m\xF6chte meine
Erfahrung doch wohl ein Beyspiel wider
den Herrn von Reaumur seyn, der am
angezogenen Orte des Hamb. Magaz.
vorgiebt: da\xDF das Alter, und die Hinf\xE4lligkeit, wovon sich unsere Hahre wei\xDF
f\xE4rben, bey den Federn der H\xFChner und
V\xF6gel eben dieselbe Wirkung hervorbringe. \xDCberhaupt ist ein graues Hahr
nicht allemal ein Beweis des Alters,
und der Hinf\xE4lligkeit. - Wir finden
Menschen, die in ihren sch\xF6nsten Jahren
grau werden, und wer weis nicht, was
\xFCberh\xE4ufte Sorgen, anhaltender Gram,
und nagender Kummer f\xFCr einen Einflu\xDF
auf unsere Hahre haben? -
IV.
In eben dem Orte des hamburgischen
Magaz. thut der Herr von Reaumur den
Vorschlag: Man solle H\xFChner und Hahne von verschiedener Struktur aussuchen,
um auf die Ver\xE4nderung Acht zu haben,
die dieser Umstand hervor bringen m\xF6chte. Ich will zweyerley bemerken, was
ich beobachtet habe. Ich habe zu meinen kleinen H\xFChnern einen grossen w\xE4lschen Hahn, der sie befruchtet. Bey den
jungen H\xFChnern bemerkte ich, da\xDF ihre
(P151)
Gr\xF6\xDFe den gemeinen H\xFChnern, ihr Bau
aber den sogenannten w\xE4lschen H\xFChnern
am n\xE4chsten kam. Sie haben alle die
grossen B\xFCrsten auf ihren K\xF6pfen, und
die den w\xE4lschen H\xFChnern eigenen langen
Beine. Bey einem Hahn, der von einem grossen Hahne und einer kleinen Henne erzeuget worden ist, habe ich das Gegentheil gesehen. Es fehlet ihm nicht
viel an der Gr\xF6\xDFe, die sein Vater hatte,
sein Bau war ihm v\xF6llig gleich, nur
seine Federn waren ein Gemisch von Vater und Mutter zugleich. Bey einer
Aente habe ich in zwey Jahren zwey
ganz widrige Beyspiele gesehen. Das
Weibchen hat auf ihren Kopf eine sehr
grosse B\xFCrste, der Kopf des M\xE4nnchens
war aber ganz glatt. Unter einer Anzahl junger Aenten von zwanzigen hatten
die mehresten glatte K\xF6pfe; diejenigen, an welchen man das Gegentheil sah, hatten
nur ganz kleine B\xFCrste,u. nur eine einzige
war in diesem St\xFCcke ihrer Mutter ganz
gleich. Im andern Jahre hatte ich ein
M\xE4nnchen mit einer ziemlich grossen B\xFCrste zu diesem Weibchen gesellet. Aber
alle meine junge Aenten, zw\xF6lfe an der
Zahl, haben ganz glatte K\xF6pfe, eine einzige ausgenommen, die eine ganz kleine
B\xFCrste hatte. Ich zweifle demnach, ob
(P152)
es schon Zeit sey, aus solchen Beobachtungen etwas zu schlie\xDFen, das unfehlbar gewi\xDF sey. In den n\xFCtzlichen Beytr\xE4gen zu den
neuen Strelitzeranzeigen,
die einer langen Dauer vollkommen w\xFCrdig sind, wird im ersten Quartale des ersten Jahrganges im 13. St\xFCcke S. 102.f. ein bew\xE4hrtes Mittel angezeigt, sch\xF6nes Vieh mit einheimischen zu vermischen, das fremde Vieh aber m\xFC\xDFe m\xE4nnlichen Geschlechts seyn. Dann, fahrt
der Verfasser fort: „ Man hat deswegen befunden,da\xDF die schlechtesten Schaafarten, wenn sie von ausl\xE4ndischen Widdern befruchtet werden, von was f\xFCr guter Art auch die letztern seyn m\xF6gen, in
der zwoten oder dritten Zeugung zu der
G\xFCte des ersten Widders ver\xE4ndert wird.
Wo man aber eine ausl\xE4ndische Schaafmutter von guter Art von einem schlechten inl\xE4ndischen Widder fruchtbar machen lassen wollte, so ist die Art in der
zwoten oder dritten Zeugung g\xE4nzlich
schlecht, und zuletzt dem ersten elenden
Widder gleich geworden.
Der Schlu\xDF k\xFCnftig.
Bl\xE4ttern:
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