Bl\xE4ttern:
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XLVIII.
(P379)
Vom Instinkt der Thiere.
Es ist ausgemacht, da\xDF die Menschen viele Eigenschaften mit den Thieren gemein haben. Eine Menge thierischer Geschlechter sind zu unserer Beqwemlichkeit, zu unserer Nahrung, oder zu unserm Vergn\xFCgen bestimmt. Alle Thiere \xFCberhaupt genommen, vom Elefanten bis zur Milbe, sind unsrer gr\xF6\xDFten Bewunderung wehrt. Eine genauere Kenntni\xDF ihrer Lebensart, ihrer Oekon\xF6mie, ihres Aufenthalts, und besonders, ihres nat\xFCrlichen Instinkts, setzt uns in den Stand, sie selbst, und ihre F\xE4higkeiten vortheilhafter zu nutzen, von ihrer Art zu handeln, richtiger zu urtheilen, und uns vor den gef\xE4hrlichen Geschlechtern leichter in Sicherheit zu setzen. Aus diesem Grunde haben wir, in der sichern Vermuhtung unsern Lesern zu gefallen einen hinl\xE4nglichen Auszug, oder eine.
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freye \xDCbersetzung vom Instinkte der Thiere, aus dem
Diction. Encyclopedique gemacht, den wir den Neugierigen, nach und nach mittheilen werden.
Das Principium, welches die Thiere in ihren Handlungen leitet, wird der Instinkt genennt. Von welcher Art aber dasselbe sey? und wie weit es sich erstrecke? dar\xFCber sind die Meynungen der Weltweisen noch sehr getheilt.
Aristoteles legte den Thieren eine sinnliche Seele bey. Diese schr\xE4nkte er auf Empfindung und Ged\xE4chtni\xDF ein, das Verm\xF6gen aber \xFCber ihre Handlungen nachzudenken , sie zu vergleichen, und Folgen daraus zu ziehen sprach er ihnen g\xE4nzlich ab.
Lactanz hingegen war bereit, ihnen wenn man die Religion ausn\xE4hme, alle Vorz\xFCge des menschllchen Geschlechts einzur\xE4umen.
Descartes gieng auf der andern Seite wieder allzuweit von der Meynung seiner Vorg\xE4nger ab. Weil er in den Handlungen unterschiedener Thiere von einerley Gattung, eine gewisse Gleichf\xF6rmigkeit bemerkte, lie\xDF er sich einfallen, alles durch einen blo\xDFen Mechanismus zu erkl\xE4ren. Vor dem forschenden Blicke ge\xFCbter Augen enth\xFCllt es sich gar bald, da\xDF diese Gleichf\xF6rmigkeit nur scheinbar, aber nicht wirklich
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ist. Aufmerksame J\xE4ger haben noch nie zween F\xFCchse, deren List sich g\xE4nzlich gleich, oder zween W\xF6lfe gesehen, deren Raubbegierde eben dieselbe gewesen w\xE4re.
Einigen Gottesgelehrten schien die Meinung des Descartes den Gr\xFCnden der Religion sehr angemessen zu seyn. Allein man lasse immer das Thier einige F\xE4higkeiten mit dem Menschen gemein haben, es wird dennoch allemal in einem unendlichen Abstande von ihm entfernt bleiben. Ist nicht zwischen den Menschen und den Engeln ein eben so gro\xDFer Abstand, obgleich jene mit diesen, Freyheit, und Unsterblichkeit, die sie dem Throne Gottes n\xE4hert, gemein haben.
Die Zergliederungskunst zeigt uns in den Thieren Organen, die den unsrigen gleich, und zu eben denselben Absichten und Verrichtungen bestimmt sind. Das thierische Empfindungsverm\xF6gen zeigt sich, bey genauer Beobachtung ihrer Handlungen, unwidersprechlich. Sie f\xFChlen eben das, was wir f\xFChlen, wenn \xE4u\xDFere Gegenstande auf unsre Organen wirken. Sollte wohl jemanden ein Zweifel wider diese Wahrheit einfallen k\xF6nnen? Wer in einem \xE4ngstlichen Geschrey
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einen Schmerz entdecken, vor den sichtbaren Zeichen der Freude, der Ungeduld, und des Verlangens nicht glauben will: was soll man dann antworten? Er l\xE4ugnet sich selbst die Sinne ab. So gewl\xDF die Thiere ein Empfindungsverm\xF6gen besitzen, eben so klar ist es, da\xDF sie eine Erinnerungskraft haben. Ohne Ged\xE4chtni\xDF w\xFCrde kein Hund, folgsam zu machen, und alle Ablichtung der'Thiere unm\xF6glich seyn. Der Gebrauch dieses Verm\xF6gens macht sie f\xE4hig, eine vergangene Empfindung mit einer gegenw\xE4rtigen zu vergleichen. Alle Vergleichungen zwischen zwey Dingen bringen ein Urtheil hervor. Es ist also ausgemacht, da\xDF die Thiere auch urtheilen. Bey einem H\xFCnerhunde z. B. h\xE4lt der Schmerz der Schl\xE4ge, an welchen sein Ged\xE4chtni\xDF ihn erinnert, dem Vergn\xFCgen das Gleichgewicht, welches er bey Verfolgung eines aufgejagten Hasens empfindet. Aus der Vergleichung zwischen diesen beyden Empfindungen entsteht das Urtheil, wonach er seine Handlung einrichtet. Zuweilen wird er von der lebhaftem Empfindung des Vergn\xFCgens hingerissen; sobald aber \xF6ftere Schl\xE4ge ihm das Andenken des Schmerzens tiefer einpr\xE4gen, verliert das
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Vergn\xFCgen, bey der angestellten Vergleichung. Er denkt \xFCber das Vergangene nach, und dadurch wird seinem Ged\xE4chtnisse ein dauerhafter Begriff von einer gewissen Verbindung zwischen einem Hasen, und den erittenen Schl\xE4gen eingepr\xE4get. Mit der Zeit erhalt diese Vorstellung eine so \xFCberwiegende St\xE4rke, da\xDF er zuletzt beym Anblicke eines Hasens, den Schmerz an dem Leib zieht, und schichtern zu seinem Herrn zur\xFCckkehrt. Durch die Gewohnheit, so oft einerley Urtheile zu fallen, erhalten diese endlich eine so gro\xDFe Fertigkeit und ein so nat\xFCrliches Ansehen, da\xDF man die Uiberlegung nicht mehr bemerkt, wo durch solche Urtheile zu Grunds\xE4tzen geworden sind.
Erfahrung durch Nachdenken unterst\xFCtzt, lehrt die Wiesel ein zuverl\xE4\xDFiges Unheil \xFCber das Verh\xE4ltni\xDF der Gr\xF6\xDFe ihres K\xF6rpers, und derjenigen Oefnung fallen, durch welche sie hindurch kriechen will. Eine auf solche Weise einmal festgesetzte Vorstellung wird, durch Wiederholung der, durch sie entstandenen Handlungen, endlich dem Thiere so best\xE4ndig gegenw\xE4rtig, da\xDF sie demselben alle Vergebliche Versuche erspart.
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Die Begriffe von den Verbindungen zwischen mehrern Dingen sind nicht der einzige Vortheil, den die Thiere ihrer Uiberlegung zu danken haben. Sie erwerben sich durch eben den Weg noch verwickeltere Begriffe, welche sie zur Richtschnur ihrer Handlungen annehmen, und ohne welche sie in tausend gef\xE4hrliche Irrth\xFCmer verfallen w\xFCrden. Der Geruch einer Lockspeise kann einen alten Wolf zwar nach einen Ort hinlocken, wo man ihm Fallen gelegt; allein jetzt k\xF6mmt er n\xE4her hinzu, und seine Nase lehrt ihn, da\xDF in diesen Gegenden ein Mensch gegangen sey: dieser Begriff zeigt ihm Gefahr und Nachstellung an. Er bedenkt sich, k\xF6mmt noch einige N\xE4chte in die Gegend, aus welcher ihn die Besorgni\xDF vor einiger Gefahr entfernt hatte. Wofern der J\xE4ger nicht alle m\xF6gliche Kunstgriffe angewendet, um diesen Wolf von der Entdeckung der Falle abzuhalten; wofern ein solcher Wolf die geringste Witterung von Eisen bemerkt; so wird dieses durch die Erfahrung unruhig gewordene Thier durch nichts sicher gemacht werden k\xF6nnen.
In den Begriffen also, welche ein Thier nach und nach durch Empfindung und Uiberlegung erlangt hat, und sowohl
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von der Einbildungskraft als von Ged\xE4chtni\xDF in ihrer Ordnung vorgestellet werden; besteht das ganze System seiner Kentnisse und die ganze Kette seiner Gewohnheiten. Die Aufmerksamkeit, eine Wirkung des lebhaften Gef\xFChls der Bed\xFCrfnisse, pr\xE4gt dem Ged\xE4chtnisse alle die Begebenheiten ein, die sich zum Unterrichte des Thieres vereinigen. Je dringender demnach die Bed\xFCrfnisse eines Thieres sind, desto mehr auf solche Weise erlangte Erkentnisse mu\xDF es vor andern voraus haben. Der Augenschein und die Erfahrung best\xE4tigen es, da\xDF das Verh\xE4ltni\xDF der Bed\xFCrfni\xDFe, das Maa\xDF der Klugheit sey, mit welcher jede Gattung sowohl, als jedes Thier insbesondere begabt ist. Je h\xE4ufiger die Bed\xFCrfnisse, und je dringender, desto ausgebreiteter ist das System der Kenntnisse eines Thieres.
Die Geschlechter von Thieren, die sich vom Pflanzenreiche n\xE4hren, erhalten aus der freygebigen Hand der Natur eine Nahrung , die sie ohne Industrie, und Nachdenken finden k\xF6nnen. Sie wissen, wo f\xFCr sie das Gras w\xE4chst, und wo die B\xE4ume stehen, die ihnen Eicheln tragen. Ihre Erkenntni\xDF schr\xE4nkt sich in dieser Absicht auf die Erinnerung
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einer einzigen Begebenheit ein. Ihr Betragen scheinet in vielem Falle sehr einfach, und beynahe maschinenm\xE4\xDFig zu seyn.
Mit den Fleischfressenden Thieren verh\xE4lt es sich ganz anders. Sie sehen sich gezwungen, eine Beute aufzusuchen, die sich vor ihren Nachstellungen verbirgt. Die F\xE4higkeiten also, die von den Bed\xFCrfnissen abh\xE4ngen, sind in einer best\xE4ndigen Uebung. Ihrem Ged\xE4chtni\xDF sind die Mittel, wodurch ihnen oft eine Beute entwischt, fast immer gegenw\xE4rtig. Das Nachdenken \xFCber diese Begebenheiten erzeigt in ihnen Begriffe von List, und Vorsicht, die sich dem Ged\xE4chtni\xDF tief eindr\xFCcken, da\xDF Ansehen von Grunds\xE4tzen annehmen, und durch die Wiederholung dauerhaft gemacht werden. Durch die Mannigfaltigkeit, und Erfindung dieser Begriffe werden oft selbst diejenigen in Erstaunen gesetzt, welchen diesen Gegenstande am h\xE4ufigsten vorkommen.
Die Fortsetzung folgt.
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