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L.

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Fortsetzung von dem Instinkt der Thiere.

Zuweilen jagt er einen andern Haasen von seinem Lager auf, und nimmt so lange dessen Stelle ein. Er bringt also, durch tausend listige Mittel, die J\xE4ger und die Hunde vom Wege ab. Die jungen Thiere besitzen weit weniger List. Blo\xDF die Kenntni\xDF mancherley Vorf\xE4lle, bringt bey den alten seine richtigen, und hurtigen Inductionen hervor, aus welchen diese vervielf\xE4ltigten Handlungen entstehen. Die List, der Scharfsinn, und die Erfindung sind eine Folge von der Erkenntni\xDF solcher Begebenheiten ; welche die Nohtdurft dem Ged\xE4chtnisse eingepr\xE4gt hat. Thiere aso, die mit gen\xFCgsamer St\xE4rke und Vertheidigungsmittel versehen sind, beweisen sich nie so erfindungsreich, als die andern. Wir sehen

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dieses am Wolfe. Er ist eines der st\xE4rksten Thiere unsrer Gegenden, eben de\xDFwegen aber, wenn, er gejagt wird, am wenigsten verschlagen. Seine Nase, die allezeit seine F\xFChrerinn ist, macht ihn gegen Uiberfalle vorsichtig. Uibrigens ist er nur darauf bedacht, sich zu entfernen, und durch Hilfe seiner Kr\xE4fte, und seines guten Athems, sich der Gefahr zu entziehen. Seine Flucht ist nicht so verwickelt, nicht so ausstudiret, wie bey furchtsamen Thieren. Das wilde Schwein hat Waffen genug zu seiner Vertheidigung; es verla\xDFt sich auf seine Hauer, ohne eine Zuflucht in der List zu suchen. Sieht es sich auf seiner Flucht in Gefahr, so steht es still, und r\xFCstet sich zum Streite. Zornig erwartet es seinen Feind, und setzt durch Drohungen, und w\xFCtende Anf\xE4lle seine Verfolger in Schrecken. Um sich die Vertheidigung leichter, und die Rache gewisser zu machen, sucht es in dicken Gestr\xE4uchen eine vortheilhafte Stellung, in welcher es allemal nur von vorne, wo es seine m\xE4chtigsten Waffen hat, angegriffen werden kann. Mit wildem Auge, und empor gerichteten Borsten verbreitet es Furcht unter Menschen, und Hunden, zeichnet sie oft mit

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schmerzhaften Wunden, und er\xF6fnet sich zur Flucht einen neuen Ausgang. Die mehrere oder geringere Lebhaftigkeit der Bed\xFCrfnisse giebt den thierischen Kenntnissen eine gr\xF6\xDFere oder geringere Ausbreitung. Ihre Kenntnisse Vermehren sich nach dem Maasse der Hindernissen, die sie zu \xFCberwinden haben. Das Verm\xF6gen, welches die Thiere f\xE4hig macht, vollkommner zu werden, macht alle Vorstellungen vom blo\xDFen Mechanismus g\xE4nzlich zu nichts, die nur aus dem Mangel an Kenntni\xDF der. Begebenheiten entstehen k\xF6nnen. Man lasse einen J\xE4ger mit Schlingen in ein Land kommen, wo diese Fallstricke den Thieren noch unbekannt sind: er wird sie mit gr\xF6\xDFter Leichtigkeit fangen, und selbst die sonst schlauen F\xFCchse hier einf\xE4ltig finden; sobald aber die Erfahrung sie unterrichtet hat, wird er an der Zunahme ihrer Kenntnisse merken, da\xDF er ; um sie zu hintergehen , auf seiner Seite neue Kenntnisse, und neue Mittel anwenden, und ihnen seine Lockspeisen in unterschiedenen Gestalten vorlegen m\xFCsse. Das eine Thier wird die Zufluchts\xF6rter vermeiden, die sonst seiner Gattung gew\xF6hnlich sind, und dem J\xE4ger Ausfl\xFCchte zeigen, die ihm bis hieher fremd

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waren. Ein anders wird die Kunst besitzen, ihm behende seine Lockspeise zu rauben, ohne in die Schlinge zu gerahten. Ein Fuchs, der in seinem Baue eingeschlossen ist, wird eher darinn Hunger leiden, als sich durch einen gef\xE4hrlichen Ausgang wagen. Wenn die Festigkeit des Erdreichs ihn hindert, eine neue R\xF6hre zu \xF6fnen, so wird seine Geduld gewi\xDF die Geduld des J\xE4gers erm\xFCden, und ihn auf die Gedanken bringen, da\xDF er in seiner Vermuhtung geirret habe. Es ist keine mechanische, sondern eine kluge, und \xFCberlegte Furcht, die alsdann das Thier in seinem Baue zur\xFCck h\xE4lt. Sollte zuf\xE4lliger Weise ein Kaninchen, das sich in eben dem Baue bef\xE4nde, aus Dummheit hervorkommen, und die Schlinge losspannen, so wird gewi\xDF der wachsame Fuchs sich diesen gl\xFCcklichen Augenblick zu Nutze machen, um zu entfliehn, und ohne Bedenken neben dem gefangenen Kaninchen und der eingezogenen Schiinge vorbeygehen. Der Begriff von Zahlen ist unter den mancherley Begriffen, welche den Thieren die Notwendigkeit lehrt, nicht zu vergessen. Es ist gewi\xDF, da\xDF die Thiere z\xE4hlen. Ihre Rechenkunst ist zwar sehr eingeschr\xE4nkt; vielleicht ist sie aber

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einer gr\xF6\xDFer Ausdehnung f\xE4hig. In den L\xE4ndern, wo man das Federwild zu schonen sucht, haben die Elster viele Nachstellungen zu dulden, weil sie durch den Raub der Eyer die Hoffnung der k\xFCnftigen Br\xFCten zerst\xF6ren. Man bemerkt daher genau die Nester dieser r\xE4uberischen V\xF6gel, und bem\xFCht sich, um die\xDF fleischfressende Geschlecht mit einemmale zu vertilgen,die Mutter w\xE4hrend der Brutzeit zu t\xF6dten. Einige dieser M\xFCtter sind so unruhig, da\xDF sie ihr Nest verlassen, ehe man sich ihnen n\xE4hert. Man macht alsdann unten an dem Baume, worauf das Nest ist, einen bedeckten Hinterhalt, in welchem sich ein Mensch verbirgt, um die Zur\xFCckkunft des br\xFCtenden Vogels zu erwarten; allein man wartet vergeblich, wenn die Elster einmal wei\xDF, da\xDF aus dieser H\xF6hle, in welcher sie einen Menschen hineingehen sah, ein Schu\xDF geschehen kann. Die m\xFCtterliche Z\xE4rtlichkeit h\xE4lt zwar immer ihren Blick auf das Nest geheftet; die Furcht aber entfernet die Mutter davon, bis sie unter den Schutze der Nacht, vor dem J\xE4ger sicher zu seyn glaubt. Um diesen unruhigen Vogel zu hintergehen, ist man auf dem Einfall gekommen, zween Menschen nach dieser H\xF6hle zu

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schicken, wovon einer sich hineinstellt, der andere aber vorbeygeht. Allein die Elster z\xE4hlt, und bleibt immer entfernt. Den dritten Tag gehen drey dahin, und die Elster merkt noch, da\xDF sich nur zween weiter verf\xFCgen. Am Ende m\xFCssen ihrer f\xFCnfe bis sechse auf einmal sich hin begeben, und diese Menge verwirret ihre Rechnung. Die Elster vermuhtet, da\xDF diese Anzahl von Menschen von ohngef\xE4hr vorbey gegangen, und kehrt ruhig nach ihrer Brut zur\xFCck. Diese so oft versuchte Erscheinung geh\xF6rt allerdings unter die gew\xF6hnlichsten Merkmaale von der Klugheit und Vorsicht der Thiere. Da es nun gewi\xDF ist, da\xDF die Thiere das Andenken der Begebenheiten, die ihnen bemerkensw\xFCrdig waren, beybehalten, und da\xDF die Folgen, welche sie daraus gezogen, durch das Nachdenken zu Grunds\xE4tzen werden, dieselbige in ihren Handlungen leiten; so folgt daraus, da\xDF sie vollkommner werden k\xF6nnen. Bis zu welchem Grade? — das wissen wir nicht. Selbst die Vollkommenheit, deren die Thiere f\xE4hig sind, ist f\xFCr uns gewissermassen etwas fremdes. Mit einem Ger\xFCche, wie der unsrige ist, k\xF6nnen wir niemals zu der Verschiedenheit von Beziehungen und Begriffe kommen,

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die eine feine, und ge\xFCbte Nase, einem Wolfe oder Hunde verschafft. Mit Hilfe der besondern Feinheit dieses Sinnes lernen sie einige Eigenschaften der K\xF6rper, und Begriffe, von dem Verh\xE4ltnisse kennen, das sich zwischen diesen Eigenschaften, und dem gegenw\xE4rtigen Zustand ihrer Maschine befindet. Unseren stumpfen Sinnen entwischen alle diese Begriffe, und Beziehungen. Warum werden aber die Thiere nicht immer vollkommner? Warum nehmen wir bey den unterschiedenen Gattungen derselben nicht einen merklichen Fortgang wahr? Wofern Gott den himmlischen Geistern nicht den Vorzug ertheilt hat, die ganze Tiefe der menschlichen Natur zu erforschen; wenn sie nicht mit einem Blicke die\xDF sonderbare Gemische von Unwissenheit, und F\xE4higkeiten, von Stolz, und von Niedrigkeit \xFCbersehen; so k\xF6nnen sie eben falls fragen: Warum hat das menschliche Geschlecht, bey so vielen Hilfsmitteln, sich vollkommner zu machen, in den wesentlichen Kenntnissen erst so wenige Schritte gethan? Warum hat sich die gr\xF6\xDFere H\xE4lfte derselben durch den Aberglauben, so nahe zu den Thieren herab gesetzt? Warum besch\xE4ftigen sich selbst diejenigen, denen sich Gott so

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deutlich offenbart hat, noch damit, da\xDF sie einander aufreiben, anstatt da\xDF sie einander behilflich seyn sollten, der Fruchte der Erde und des himmlischen Thaues in Ruhe zu genie\xDFen? Es ist zuverl\xE4\xDFig, da\xDF die Thiere in ihren F\xE4higkeiten zunehmen k\xF6nnen: allein es widersetzen sich ihnen tausend besondere Hindernissen, und dann giebt es auch offenbare Grenzen, welche sie nie \xFCberschreiten werden. Die Erinnerungskraft behalt die Spuren der Empfindungen, und der daraus hergeleiteten Urtheile nur in sofern, als jene den Grad der St\xE4rke hatten, der erfordert wird, eine lebhafte Aufmerksamkeit hervor zu bringen. Die Thiere haben ihre n\xF6htigen Bedeckungen schon aus der milden Hand der Natur empfangen. Sie werden also blo\xDF durch die Bed\xFCrfnisse des Hungers, des Durstes, und des Triebes zur Fortpflanzung aufmerksam gemacht.

Die Fortsetzung folgt.


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Topic revision: r6 - 15 May 2011, MarleneBurgstaller
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