Bl\xE4ttern:
< zum Text 9 –
zum Text 11 >
X.
(P73)
Fortgesetzte Geschichte des Prinzen von**
Ich bin gewi\xDF \xFCberzeugt, da\xDF diese Entdeckung den Feldherrn augenblicklich bewegen wird, Ihnen freywillig die Ordre zusenden, mir so zu begegnen; wie ichs verlange; alle Ihre Gesch\xE4fte bis zu meiner Abreise bey Seite zu setzen, der Armee nicht weiter zu folgen; und mir allein Gesellschaft zu leisten. —
Dieses Anerbiehten war entscheidend. Der Prinz konnte es, ohne einige Unanst\xE4ndigkeit nicht abschlagen, und, sowohl die Ungewi\xDFheit, was f\xFCr eine Person er vielleicht vor sich hatte, als auch vorn\xE4mlich das zuverl\xE4\xDFige Vertrauen, da\xDF bey den damaligen Umstanden, der Feldherr nimmermehr einen so unn\xF6htigen Urlaub ertheilen w\xFCrde, bewegte ihn, den Vorschlag einzugehen. Jedoch baht er sich zugleich bey der Dame die Erlaubnis aus, seinen eigenen Bedienten, mit einer feyerlichen Protestation in das Haupt-
(P74)
quartier zu senden, um in seinem Namen zu betheuern, da\xDF es sein Wille, und Begehren gar nicht sey, bey itziger Gefahr von der Armee zur\xFCck zu bleiben; da\xDF er mit der gr\xF6\xDFten Sehnsucht, sein Commando fortzusetzen w\xFCnschte, und da\xDF man ihn ja nicht beurlauben mochte, wann nicht die angef\xFChrten Umst\xE4nde der Dame, es schlechterdings nohtwendig machten.
Dieses alles ward dem Prinzen eingerammt, und die Bohtcn giengen ab, und kamen wieder. — Aber, wie erstaunte er nicht, als er vom Feldherrn die eigenh\xE4ndige Ordre empfieng, derjenigen Dame, die ihn besucht hatte, mit aller ersinnlichen Aufmerksamkeit zu begegnen, ihr in allen St\xFCcken gef\xE4llig zu seyn, ohne ihre ausdr\xFCckliche Erlaubni\xDF, weder im Hauptquartiere, noch im Felde zu erscheinen, ja ohne ihren Willen auch nicht einmal aus dem Zimmer zu gehen, sondern vielmehr alles ohne Widerrede zu thun, was sie von ihm begehren w\xFCrde, wann es auch noch so seltsam scheinen sollte. Der Feldherr versicherte zugleich, da\xDF ihm diese Person vollkommen bekannt ware,und,da\xDF es desPrinzen eigenesGl\xFCck seyn w\xFCrde, wann er sichdurch ihre H\xE4\xDFlichkeit, und seltsame Sitten nicht abschre-
(P75)
cken lie\xDFe, ihr aufs be\xDFte, als einer Person vom h\xF6chsten Range zu schmeicheln.
Der Prinz schwitzte, und bebte \xFCber den ganzen Leib, als er diesen Brief las, und daraus ersah, da\xDF er keine Hoffnung mehr \xFCbrig h\xE4tte, diesen Besuch bald wieder los zu werden. Inzwischen schienen ihm die Worte des Feldherrn, so nachdr\xFCcklich, und bedenklich, da\xDF er nicht mehr zweifelte, es m\xFC\xDFe unter diesem Besuche ein sehr gro\xDFes Geheimni\xDF verborgen liegen. —
Endlich redete der Prinz die Dame mit einer h\xF6flichen Verzweiflung an, und sagte, da\xDF, ob er gleich sonst, seinem Triebe zur Ehre, alles, ja selbst sein Leben aufopfern w\xFCrde, er doch nunmehr nicht langer umhin k\xF6nne, ihr den unverbr\xFCchlichsten Gehorsam anzugeloben, und sich, ihr als einer, ihren ergebensten Diener, in allem zu unterwerfen. —
Der Gro\xDFvater des Prinzen, oder er selbst, w\xFCrde im vorigen Jahrhunderte diese ganze Geschichte f\xFCr ein Blendwerk und eine Zauberey gehalten haben, ja, es fehlte nicht viel, so h\xE4tte es der Prinz noch in der Mitte des gegenw\xE4rtigen gethan, ob er gleich einer von denen war, die den Teufel nur fluchen, ohne ihn zu glauben.—
(P76)
Die Dame, die ihn mit einem Mischen L\xE4cheln starr ansah, konnte, wenn sie wollte, in seinem Gesichte, alle die Verw\xFCnschungen auf das deutlichste lesen, die er in der Verzweiflung wider sie, wider ihren Besuch, und wider das Geheimni\xDF, davon er so wenig begriff, gern laut gesaget h\xE4tte, und sich doch kaum zu denken gctrauete. Allein, es war nun einmal nichts anders mehr \xFCbrig, als sich zu beqwemen.— Der Prinz ward vor ihr entkleidet, und mu\xDFte sich in einen Lehnstuhl neben sie setzen, und sich Von ihr unterhalten lassen. Es war schrecklich, da\xDF sie verliebt in ihn zu seyn schien, und schon w\xFCnschte er, ein Abelard zu seyn. Allein es war weit schrecklicher, als sie ihm zu verstehen gab, da\xDF sie es in Gnaden vermerken w\xFCrde, wenn er sie \xF6fters liebkosete, streichelte, und selbst pflegte. Diese Unversch\xE4mtheit ward am ersten Tage durch andere Bedingungen vergr\xF6\xDFert, die sich die Dame wahrend ihres Auftnthalts, von dem Prinzin ausbaht, und wovon ihm keine besser anstund, als die erste. — Unterdessen hatte der Koch der Dame, die Mahlzeit zubereitet. Aber wie erstaunte nicht der Prinz, als er die karge Mahlzeit sah, die sich recht,in das Haus schickte, in wel-
(P77)
chem er wohnte, f\xFCr seinen Geschmack aber, eine wahre Marter war. Inzwischen unterstund er sich nicht, Klage dar\xFCber zu f\xFChren, ob er gleich mit Entsetzen vernehmen mu\xDFte, da\xDF die d\xFCnne Haberbr\xFChe, das kleine wei\xDFe Brod, die zwo gro\xDFen Flaschen voll Brunnenwasser, und ein wenig Milch, allein die Nahrungsmittel w\xE4ren, womit sie sich begn\xFCgen m\xFC\xDFte, und, da\xDF sie von ihm die Gef\xE4lligkeit hoffe, er w\xFCrde mit ihr vorlieb nehmen.
Der Abend kam endlich heran, und der Prinz, der sich den ganzen Tag nach ihrem Eigensinne, auf das be\xDFte beqwemet hatte, hoffte endlich, da\xDF ihm die Nacht in seiner Qwaal zu Hilfe kommen w\xFCrde. Er w\xFCnschte nichts mehr, als da\xDF wenigstens ein achtundvierzigst\xFCndiger Schlaf die gute Dame erqwicken m\xF6chte. Nur bedauerte er, wie er sagte, da\xDF die Anstalten allhier so schlecht waren, und da\xDF er nicht w\xFC\xDFte, wie er f\xFCr sie ein beqwemes Bette schaffen sollte. — Seyn Sie de\xDFhalb nur ruhig, mein Prinz, versetzte sie, ich nehme mit dem Ihrigen vorlieb, und werde bey Ihnen schlafen. In dem Zustande, worinnen Sie mich sehen, fuhr sie fort, wird dieses bey niemand einen gerechten Verdacht erwecken k\xF6nnen; und ich versichere Sie \xFCberdem, da\xDF ich
(P78)
schon bey manchem Prinzen geschlafen habe. —
Himmel! — wollte der Prinz sagen, aber es entfuhr ihm in der Verzweiflung ein Fluch, der alles \xFCbertraf, was man noch je gefluchet hatte. Er erschrack selbst \xFCber diese Unachtsamkeit, und wollte um Vergebung bitten. Allein die Dame versicherte ihn, da\xDF sie aus dem allen nichts machte, da\xDF sie die gemeinsten Korporalfl\xFCche gewohnt w\xE4re, und da\xDF daran nichts l\xE4ge, wann er nur das th\xE4te, was sie von ihm verlangte.
Kurz, der Prinz mu\xDFte sich beqwemen, die Dame mit sich in das Bett zu nehmen; und, wie froh war er nicht, als er merkte, da\xDF sie bald einschlief, und ihm selbst eine Erhohlung g\xF6nnte, die er so n\xF6htig hatte. — Es war aber des Morgens zwischen zwey und drey Uhr, als sie schon wieder erwachte. Und, weil sie merkte, da\xDF der Prinz recht sanft schlief, und nicht Willens war zu erwachen, um ihr die Zeit zu vertreiben, denselben mit ihren Armen umsa\xDFte, und r\xFCttelte. Der Prinz, der wirklich schon erwacht war, nahm seine Zuflucht zur List, und that, als ob er noch immer fest schliefe. Allein, bey diesen Umstanden entschlo\xDF sich die Dame zu kr\xE4ftigeren
(P79)
Hilfsmitteln. Sie ergriff seine H\xE4nde, und F\xFC\xDFe, und knippte, und verdrehte sie mit so groben Handgriffen, da\xDF der Prinz laut zu schreyen ansieng, und um Gnade baht. Er erhielt dieselbe nicht langer, als bis er wieder ruhiger wurde, und einschlafen wollte, da ihn dann neue Liebkosungen, mit gleichem Geschreye wieder erweckten. — So verstrich unter vielen Verw\xFCnschungen der Rest der Nacht, und am andern Morgen schien die Dame sehr wohl zufrieden zu seyn, dahingegen der Prinz mit vieler Furchtsamkeit fragte: ob es ihr nicht angenehmer seyn w\xFCrde, wann sie k\xFCnftig in seinem Bette allein schliefe, so wollte er unterdessen ein anderes gutes Bette f\xFCr sich besorgen? Nein, Prinz, erwiderte sie, ich bin sehr wohl mit Ihnen zufrieden. Ich pflege mich recht gut an Ihrer Seite, und, ich vergn\xFCge mich, wenn ich des Morgens erwache, Ihre warmen, und weichen Glieder zu f\xFChlen. — Der Prinz mu\xDFte sich sogar am Tage neben sie setzen, und es leiden, da\xDF sie ihm zuweilen die H\xE4nde streichelte, bey welcher Gnade er die Erlaubni\xDF hatte, Ach, und Weh, zu schreyen, so viel er wollte.—
Alle Tage verstrichen so / nne der erste,und alle M\xE4chte, so wie die erste verstri-
(P80)
chen war.— Wenn Sie mich nur erst kennen gelernet haben werden, sagte sie, so werden Sie meine Lebensart bald gewohnt werden; und ich weis gewi\xDF, da\xDF Sie k\xFCnftig, gleich andern Prinzen, sich eine Ehre daraus machen sollen, wenn ich bey Ihnen einkehre.—
Nachdem dieser Besuch vierzehen Tage gedauert hatte, sagte die Dame eines Morgens zum Prinzen: Ich werde die\xDFmal gen\xF6htiget seyn, Sie fr\xFCher wiener zu verlassen, mein Prinz, als ich anf\xE4nglich selbst glaubte. Ich besinne mich, da\xDF um diese Zeit ein gewisser gro\xDFer Wechsler auf mich wartet, der sich sehr gr\xE4men w\xFCrde, wenn ich ihn verlassen wollte, weil er es f\xFCr einen Schimpfhalten k\xF6nnte, da er nur von b\xFCrgerlichem Gebl\xFCte ist. Allein, ich bin nicht so stolz, da\xDF ich b\xFCrgerliche Leute verachten sollte, wenn sie mir nur standesm\xE4\xDFig begegnen. Ich mu\xDF Ihnen also die traurige Bohtschaft melden, da\xDF ich heute Abends abreisen werde, damit ich Morgen noch vor Tage das Vergn\xFCgen haben k\xF6nne, diesen guten Mann, bey dem ich allemal sechs Wochen bleibe, auf eine angenehm me Weise, in seinem Bette zu \xFCberraschen. —
Der Beschlu\xDF folgt \xFCber acht Tage.
Bl\xE4ttern:
< zum Text 9 –
zum Text 11 >