Bl\xE4ttern:
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XXV.
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Beschlu\xDF der Geschichte der Virginia.
Um diesen Betrug zu vernichten, stellten die Anverwandten und Freunde des
Virginius vor, da\xDF seine Frau ja mehrere Kinder gehabt habe, und da\xDF, wenn sie bey Ermanglung derselben ein fremdes in ihr Geschlecht hatte einsetzen wollen, sie zu keinem Sklavenkinde, und noch viel weniger zu einem M\xE4gdchen ihre Zuflucht genommen haben w\xFCrde, da sie ja eben so wohl einen Knaben h\xE4tte w\xE4hlen k\xF6nnen; da\xDF ihre Anverwandten und Nachbarn sie mit dieser Tochter schwanger gesehen hatten; da\xDF dieses Kind, als es zur Welt kam, ihren Verwandten und Befreundten in die Arme geleget worden; da\xDF es stadtk\xFCndig sey, da\xDF Numitoria, ihre Mutter, die junge Virginia selbst gestillet
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habe, welches sie nicht h\xE4tte thun k\xF6nnen, wenn sie unfruchtbar gewesen w\xE4re, wie solches
Claudius f\xE4lschlich vorgegeben hatte; da\xDF es sehr seltsam sey, da\xDF dieser Betr\xFCger in einer solchen Sache f\xFCnfzehn Jahre lang ein so tiefes Geheimni\xDF beobachtet habe, und da\xDF er seine Anforderungen eher nicht ausbrechen lassen, als bis die junge Person zu dieser seltenen Sch\xF6nheit gelanget war, welche die Ursache der Verfolgung sey, die sie erdulden m\xFC\xDFte.
Appius, welcher bef\xFCrchtete, da\xDF diese Rede allzuviel Eindruck auf das Volk machen m\xF6chte, unterbrach sie, unter dem Vorwande, da\xDF er selbst reden wollte ; und indem er das Wort an die Versammlung richtete, sprach er Die Verwandten der Virginia m\xFC\xDFen sich nicht einbilden, da\xDF sie auf das lange Stillschweigen des
Claudius trotzen d\xF6rfen; denn mein Gewissen zwinget mich, zu entdecken, da\xDF ich schon seit langer Zeit Kenntni\xDF von dieser Unterschiebung habe. Jedermann wei\xDF, da\xDF der Vater des Claudius mich bey seinem Absterben zum Vormunde seines Sohnes bestellet hat. Als einem solchen gab man mir kurz darauf die Erinnerung, da\xDF ich diese junge Sklavin, als ein St\xFCck des
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Erbgutes meines Pflegsohns, und Clienten, wieder abfordern sollte, und ich verh\xF6rte eben die Zeugen, welche sich heute darstellen. Es ist wahr, da\xDF unsere h\xE4uslichen Zwistigkeiten und die \xF6ffentlichen Gesch\xE4ffte mich zu selbiger Zeit hinderten, den Angelegenheiten einer Privatperson nachzugehen; aber die Stelle, welche ich gegenw\xE4rtig bekleide, verstattet mir nicht, ihm die Gerechtigkeit zu versagen, die ich jedermann schuldig bin. Diesemnach verordne ich, da\xDF der Kl\xE4ger dieses M\xE4gdchen als seine Sklavinn behalten soll.
Virginius, der durch ein so ungerechtes Urtheil au\xDFer sich gebracht wurde, hielt mit dem Decemvir keine Maa\xDFe mehr. Er gab der ganzen Versammlung zu erkennen, da\xDF dieser allein der Urheber des Betruges sey, den sein Client vorbrachte; und indem er das Wort an ihn richtete, rief er ihm zu : Wisse Appius, da\xDF ich meine Tochter nicht erzogen habe, um sie deinen verruchten L\xFCsten Preis zu geben; ich habe sie dem
Icilius, und nicht dir, zugesagt. Hast du dir einbilden k\xF6nnen, da\xDF R\xF6mer sich ihre T\xF6chter und Weiber w\xFCrden rauben lassen, um die Leidenschaft eines Tyrannen zu befriedigen?
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Die Menge, welche diese Rede h\xF6rete, lie\xDF voll Unwillens ein heftiges Geschrey erschallen. Appius, der wie rasend war, da\xDF er sein Bubenst\xFCck entdeckt sehen mu\xDFte, befahl den Soldaten, welche seinen Richterstuhl umringten, das Volk hinweg zu treiben: Und du, sprach er, indem er sich gegen einen seiner H\xE4scher wendete, gehe hin, zertheile das Gedr\xE4ng, und er\xF6ffne einem Herrn den Weg, seine Sklavinn zur\xFCck zu nehmen.
Als das Volk, welches sich allezeit f\xFCrchtet, wenn man es nicht f\xFCrchtet, die Soldaten des Appius auf sich losgehen sieht, so entfernet es sich, l\xE4uft aus einander, und \xFCberliefert so zu sagen die Tochter des Virginius der Leidenschaft des
Decemvirs. Da nun dieser ungl\xFCckliche Vater siehet, durch eine ungerechte Macht unterdr\xFCcket zu werden, so verlanget er von der Oberkeit, da\xDF es ihm wenigstens erlaubt werde, ehe Claudius seine Tochter wegf\xFChret, sich mit ihr und ihrer Amme auf einen Augenblick allein zu besprechen, damit ich, sagt er, wenn ich irgend ein Merkmaal finden kann, da\xDF ich ihr Vater nicht bin, mit weniger Schmerz und Betr\xFCbni\xDF in das Lager zur\xFCck kehren m\xF6ge.
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Appius gestattete ihm sein Begehren ohne M\xFChe, jedoch unter der Bedingung, da\xDF diese Unterredung im Angesichte des Claudius, und ohne von dem Platze zu weichen, vorgehen sollte. Virginius, von dem lebhaftesten Schmerze durchdrungen, nimmt seine halb entseelte Tochter in seine Arme; er trocknet die Tr\xE4hnen auf, mit welchen ihr Antlitz \xFCberschwemmet war; er umarmet sie; und, indem er sie gegen einige Buden hinzog, welche den Markt einfa\xDFten, so lie\xDF der Zufall ihn das Messer eines Fleischers erblicken. Er ergreift es, und wendet sich mit diesen Worten zur Virginia: Siehe, meine liebe Tochter, dieses ist das einzige Mittel, deine Ehre und deine Freyheit zu retten. Zu gleicher Zeit sto\xDFt er ihr das Messer in das Herz; und indem er es von dem Blute seines Kindes ganz rauchend herauszog, rief er dem Appius zu: Bey diesem unschuldigen Blute weihe ich deinen Kopf den h\xF6llischen G\xF6ttern.
Was von dem Volke auf dem Platze \xFCbrig geblieben, l\xE4uft zu diesem leidigen Trauerspiele herbey, st\xF6\xDFt ein lautes Klaggeschrey aus, und verabscheuet die Tyranney des Decemvirs, der einen Vater in eine so grausame Nohtwendigkeit
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gesetzet hat. Appius ruft voller Wuht von seinem Richterstuhle herab, man sollte den Virginius anhalten. Aber er er\xF6ffnet sich mit dem Messer, das er in der Hand hielt, einen Durchgang; und, von dem Volke beg\xFCnstiget, gewann er das Stadtthor, und begab sich in das Lager mit einem Theile seiner Anverwandten und Freunde, welche ihn in einem so grossen Ungl\xFCcke nicht verlassen wollten.
Der Triumpf der Tugend.
Ein Handelsmann aus der Provinz, von m\xE4\xDFigem Verm\xF6gen und bew\xE4hrter Rechtschaffenheit, hatte betr\xE4chtliche Summen verloren, verschiedene Bankerotte erlitten, und war in das \xE4u\xDFerste Elend gerahten. Er k\xF6mmt nach Paris, um daselbst einigen Beystand zu suchen; er wendet sich an alle seine alten Correspondenten, stellet ihnen seine Unf\xE4lle vor, die er nicht verdienet hatte, und ersuchet sie, ihm wieder aufzuhelfen; wobey er diejenigen, denen er schuldig war, versicherte, da\xDF er kein anderes Verlangen hatte, als sie zu bezahlen,
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und da\xDF er zufrieden sterben w\xFCrde, wenn er es dazu bringen konnte. Alle werden von gleichem Mitleide ger\xFChret, und versprechen, ihm unter die Arme zu greifen. Ein einziger, dem er tausend Thaler schuldig war, bleibt unerbittlich, und la\xDFt ihn bey diesen Umstanden in das Gef\xE4ngni\xDF setzen, mit dem festen Entschl\xFCsse, ihn lieber darinnen verharren zu lassen, als mit der Summe, die er ihm schuldig war, noch weiter Gefahr zu laufen. Der Sohn dieses Kaufmanns, ein J\xFCngling von zwey und zwanzig Jahren, wird von dem traurigen Zustande seines Vaters unterrichtet, k\xF6mmt in Paris an, und eilet, seinem unerbittlichen Gl\xE4ubiger sich zu F\xFC\xDFen zu werfen. Hier zerstie\xDFet er in Tr\xE4hnen, und bittet ihn auf das allerbeweglichste, da\xDF er ihm doch seinen Vater wieder geben m\xF6chte, unter der Betheurung, da\xDF, wenn es ihm gefiele, den Hilfsmitteln, welche sie zur Wiederherstellung ihrer Sachen zu hoffen haben, keine Hinderni\xDF in den Weg zu legen, er zu allererst bezahlt werden m\xFC\xDFte. Sollte ihnen aber alles fehlen, so beschw\xF6re er ihn, mit seiner Jugend Mitleiden zu tragen, und gegen das Ungl\xFCck einer mit acht Kindern beladenen Mutter empfindlich zu seyn, welche an den
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Bettelstab gebracht sind, und zu Grunde gehen. Endlich, wenn nichts im Stande sey, ihn zu bewegen, so m\xF6chte er ihm wenigstens erlauben, sich an die Stelle seines Vaters in das Gef\xE4ngni\xDF zu setzen, welcher durch unerm\xFCdete Arbeit bald in den Stand kommen w\xFCrde, ihn g\xE4nzlich zu befriedigen. Bey Aussprechung dieser Worte dr\xFCckt er in Erwartung, da\xDF er ihm sein Ansuchen gew\xE4hren wird, seine Kniee so z\xE4rtlich, da\xDF dieser so harte und so unbiegsame Mann durch den Anblick so vieler Tugend und Edel m\xFChtigkeit pl\xF6tzlich ger\xFChret wird, sich von dem jungen Menschen los macht, ihn gleichfalls umarmet, und mit tr\xE4hnenvollen Augen ausruft: Ach, mein Sohn! euer Vater soll frey werden; so viel Liebe und so viel Ehrfurcht gegen ihn machen mich vor Schaam sterben. Ich habe zu lang widerstanden; kommet, da\xDF ich auf immer das Angedenken davon austilge! Ich habe eine einzige Tochter; sie ist eurer w\xFCrdig; sie wurde eben so viel f\xFCr mich thun, als ihr f\xFCr euern Vater thut. Ich schenke sie euch mit allen meinen G\xFCtern. Nehmet sie von mir an, und la\xDFt uns zu euerm Vater eilen, ihm die Freyheit zu geben, und seine Einwilligung zu erhalten!
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