Bl\xE4ttern:
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XXXIX.
(P305)
Gesammlete Nachrichten von denen sogenannten Patagoniern oder Riesen welche an der magellanischen Meerenge und auf einigen s\xFCdlichen Inseln gesehen worden.
Die alten Nachrichten von den Riesenbewohnern des s\xFCdlichen Theils von Amerika, welche uns von verschiedenen ber\xFChmten Seefahrern sind aufgezeichnet worden, erhalten durch dieneulichen Entdeckungen einer engl\xE4ndischen
Eskadre, an deren Richtigkeit man mit Unrecht hat zweifeln wollen, einen so hohen Grad von Glaubw\xFCrdigkeit, da\xDF wir es der M\xFChe werht geachtet haben, selbige aus den alten Tageb\xFCchern zu sammeln.
Obgleich niemand f\xFCr die Erz\xE4hlungen fern gereister Seeleute, besonders aus den alten Zeiten B\xFCrge seyn kann; so
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d\xFCnkt mich doch, da\xDF es zu hart geurtheilt ist, wenn man alles, was von den s\xFCdlichen Riesen geschrieben worden, unter die Erdichtungen hat rechnen wollen. Gesetzt auch, da\xDF die neulichen Nachrichten aus England die Zuverl\xE4\xDFigkeit davon nicht bekr\xE4ftiget, und selbige mit den widersprechenden Berichten anderer Seeleute, die auf denen n\xE4mlichen K\xFCsten Menschen von ganz gew\xF6hnlicher Statur gefunden, verglichen hatten ; und gesetzt auch, da\xDF man die
Enakskinder der heiligen Schrift und die Riesen des Alterthums nicht auf die Bahn bringen wollte; so ist doch schwer zu begreifen, wie so viele Reisende von allen Nationen, und zu ganz verschiedenen Zeiten, in einer Sache sollten einstimmig gewesen seyn, die blo\xDF aus ihrem Gehirn entstanden w\xE4re, und wie viele dieser Leute, die uns sonst fast durchg\xE4ngig wahre und glaubw\xFCrdige Berichte hinterlassen, blo\xDF in diesem St\xFCcke eine Erdichtung fortgepflanzt haben k\xF6nnten, die doch gar keine eigenn\xFCtzigen Absichten gehabt zu haben scheint. Selbst die Art und Umst\xE4ndlichkeit, womit uns die meisten Reisebegebenheiten erz\xE4hlet werden, scheinen von der Wahrheit und Aufrichtigkeit dererselben zu zeugen.
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N\xE4chstdem so ist es gar nicht unwahrscheinlich, da\xDF es unter dem kalten s\xFCdlichen Himmelsstriche hin und wieder ganze Geschlechter von so gro\xDFen Menschen geben solle, dergleichen wohl unter uns einzeln, ja zuweilen Familienweise gesehen werden. Wenn man sich, um das Daseyn eines solchen Riesengeschlechts in Amerika unwahrscheinlich zu machen, auf die vom Hrn. von
B\xFCffon bemerkte Kleinheit aller Thierarten dieses Welttheiles berufen wollte; so w\xFCrde man einen sehr schwachen Einwurf machen, da die vorgebliche Unvollkommenheit und Ohnmacht der Natur in denen amerikanischen Gesch\xF6pfen gar nicht allgemein bewiesen ist, und sich offenbar nicht \xFCber alle Klassen der Thiere erstrecket. Ich sollte demnach denken, da\xDF der einzige Grund des gegen unsre Riesengeschichte bezeigten Unglaubens, derjenige bey vielen zur Mode gewordne Trieb ist. sich durch Zweifel und Widerspruch ein weises Ansehen zu geben, \xF6der der Eigensinn anderer, alles zu verwerfen, was ihnen unwahrscheinlich vork\xF6mmt, und von diesem oder jenen Schriftsteller einmal in Zweifel gezogen oder l\xE4cherlich gemacht worden.
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Der erste Sterbliche, welcher die s\xFCndlichste Spitze von Amerika umschiffer, und derjenigen Meerenge, welche daselbst eine grosse w\xFCste Insel vom festen Lande trennet, seinen Namen gelassen hat, war auch schon so gl\xFCcklich, dasjenige ungeheure, aber wenig zahlreiche Geschlecht von Menschen zu entdecken, welches sich nachher von Zeit zu Zeit auch andern Reisenden auf dieser Landspitze hat sehen lassen. Es war dieses ein Portugiese, Namens
Ferdinand Magaljanes, oder wie er genennet zu werden pflegt, Magellan, welcher im Jahr 1520. zuerst mit einer spanischen
Escadre die Meerenge seines Namens in den s\xFCdlichen Ocean seegelte.
Anton Pigafetta ein Itali\xE4ner, welcher sich mit
Barboso auf dem Schiffe Victoria in der Escadre des Magellans befand, hat uns von dieser ersten um die Welt angestellten Seereise ein umst\xE4ndliches Tagebuch hinterlassen (*). Was dieser von denen Riesen erz\xE4hlt, mit welchen die Spanier, w\xE4hrend der Zeit, da die Eskadre im Jahr 1519. in dem
Flusse von St. Julian, auf 49 ½.
(*)Siehe Giav. Batt. Ramusio raccolta delle navigationel & viaggi. Venez. 1613. fol. Vol. I. p 353.b 354. 355. a.
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Grad s\xFCdlicher Breite \xFCberwintern mu\xDFte, Umgang gepflogen, ist umst\xE4ndlicher, als alle j\xFCngere davon vorhandene Berichte, und also werht etwas weitl\xE4uftiger einger\xFCckt zu werden.
Die Spanier lagen, seinem Berichte nach, in nur gedachtem, nahe an der
magellanischen Meerenge gelegenen Hafen, zwey Monate still, ohne Einwohner zu sehen; bis man endlich eines Tages eine riesenm\xE4\xDFige Gestalt, mit wei\xDFgepudert scheinenden Hahren, tanzend und singend zum Hafen kommen sahe. Es wurde ein
Nachen ans Land geschickt, und durch friedfertige Zeichen lie\xDF sich der Riese bewegen, mit zum
Magellan, der auf einer kleinen Insel war, zu komallwo er durch allerhand Geb\xE4rden seine Verwunderung zu erkennen gab, und oft mit dem Finger gen Himmel deutete, als wenn er sagen wollte, da\xDF die Spanier vom Himmel gekommen seyn m\xFC\xDFten. Er war so gro\xDF, da\xDF ihm die Spanier nicht v\xF6llig bis an den G\xFCrtel reichten, und dabey stark und wohl gebaut. Sein Gesicht war gro\xDF, und im ganzen Umkreise, wie auch um die Augen, mit einer lichtgelben Farbe, auf jeder Backe aber mit einem herzf\xF6rmigen Flecken bemahlt. Das Hahr war wei\xDF
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eingef\xE4rbt, und seine Kleidung bestand in einer schlecht zusammen gen\xE4heten Haut eines Thieres, welches nach des
Pigafetta Beschreibung das gro\xDFe amerikanische Kameel so von den Spaniern Lama oder Guanako genennt wird, scheint gewesen zu seyn. Aus dem Felle eben dieses Thieres waren die Socken, welche er an den F\xFC\xDFen hatte. Ein grosser Bo gen mit einem aus Thiersennen verfertigten Strang, und einige sehr lange, aus Rohr gemachte, nach Art der europ\xE4ischen bef\xFCtterte, und mit spitzigen Feuersteinen versehene Pfeile waren seine Waffen. Man reichte diesem Riesen zu essen und zu trinken, und beschenkte ihn mit Schallen, Gla\xDFkorallen, und andern Kleinheiten, worunter auch ein st\xE4hlener Spiegel war, der ihn durch den Anblick seines eignen Bildes in ein solches Erstaunen setzte, da\xDF er im Schrecken zur\xFCck sprang, und durch diese Bewegung 3. oder 4. derer umstehenden Spanier zu Boden warf. Vier bewaffnete M\xE4nner brachten ihn wieder ans Land, da denn einer von seinen Gef\xE4hrten,welcher ihn ankommen gesehen, zu den \xFCbrigen herbeigekommenen lief, worauf alle zugleich ihre Gew\xE4nde von sich warfen, und bey Landung des
Nachenn,
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mit oft gen Himmel gestreckten H\xE4nden ansiengen zu tanzen und zu singen. Sie zeigten denen ans Land geschickten Spaniern ein aus Wurzeln zubereitetes Mehl, welches ihre einzige vorhandene Kost war. Diese waren nicht so gro\xDF, wie der erste, allein dagegen ziemlich stark vom Leibe, und hatten K\xF6pfe fast eines halben Armes in der L\xE4nge. Uiber den ganzen Leib waren sie bemalt, und hatten keine andere Begleitung, als ein St\xFCck Fell, womit sie ihre Bl\xF6\xDFe bedeckten. Auf die ihnen gethanenen Zeichen sich zu den Schiffen bringen zu lassen, nahmen sie ihre Bogen auf, setzten ihre Weiber auf gewisse wie Esel gestaltete Thiere, und lie\xDFen sie fortziehen.
Bald nachher kam ein anderer noch gr\xF6\xDFerer Riese mit Bogen und Pfeilen zum Hafen, und zeigte sich mit dem Aufheben der H\xE4nde und andern Geb\xE4rden, die man nachahmte, und ihn mit dem
Nachen ebenfalls auf die kleine Insel brachte. Daselbst bezeigte er sich mit Tanzen und Singen sehr vergn\xFCgt und zufrieden; blieb auch lange unter den Spaniern, von welchen ihn der Name Johann (Giovanne oder Juan) gegeben ward, den er sowohl, als die Worte
Jesus, Pater noster und Ave Maria, so
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deutlich als jene , mit seiner sehr groben Stimme nachsprechen lernte. Magellan beschenkte ihn mit einem Hemde, einen wei\xDF tuchenen Gewands M\xFCtze Spiegel, Kamm und andern Kleinigkeiten, und lie\xDF ihn zu den Seinigen kehren. Tages darauf kam er wieder, und brachte dem spanischen Befehlshaber ein Wildpret, ward aber nachher meyt mehr gesehen.
Etwann 14 Tage nach diesem kamen vier andere Riesen zum Vorschein, welche ihre Waffen in einem Busche zur\xFCcklie\xDFen. Man legte zween davon mit List in Ketten, und brachte jeden auf ein besonderes Schiff: Sie br\xFClleten entsetzlich, da sie sich gefangen sahen, und wiederholten oft das Wort Setebos. Mit den beyden andern konnte man nicht fertig werden, und obgleich der eine durch neun Mann mit vieler M\xFChe niedergeworfen und geschwind gebunden ward, so zerri\xDF er doch die Bande sogleich und lief mit allen \xFCbrigen, die herbey gekommen waren, davon. Man sahe die kleinen weit schneller laufen, als jene grossen. Sie schossen unterwegs alle ihre Pfeile ab, und verwundeten einen vom spanischen Schiffsvolke t\xF6dtlich. Die Fortsetzung folgt.
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