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Bl\xE4ttern: < IV. Jahrgang, XL. St\xFCck - IV. Jahrgang, XLII. St\xFCck >



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IV. Jahrgang, XLI. St\xFCck, den 12. October 1774.

I. Topographische Nachrichten.

Fortsetzung der Beschreibung des K\xF6nigreichs Bosnien.

Von der Stadt Photscha kommt man neben der Drina, zu demMarktflecken Goraschde, der hart am Wasser liegt. Er hat bey 160. H\xE4user, die nur wenig Christen bewohnen. Ober demselben gegen Mitternacht, ist das gro\xDFe Gebirg Orahowitza, welches sich hernach mit dem Gebirg Janrin vereiniget: Diese beyden Gbirg machen den Abschnitt zwischen Herzegowina und Bosnien; der Weg \xFCber dieselben aber ist fast durchwegs unbrauchbar.

Unterhalb dem Flecken Goraschde stehet eine steinerne Br\xFCcke \xFCber den Drinaflu\xDF nebst einem Mauthuause. Und von hier gehet die ordentliche Strasse nach Constantinopel; daher auch das Dorf von beyl\xE4ufig 70. H\xE4usern das hart an dieser Br\xFCcke stehet, Drum Czarigrad\xDFky (der Weg nach Konstantinopel) genennet wird. Daselbst gehet noch eine Strasse \xFCber das Gebirg Komania, in die Gegend von Sarajewo, und eine andere nach Wischegrad und Grassmatz. In dieser Gegend befinden sich auf 88. lauter christliche, und fast eben so viel t\xFCrkische D\xF6rfer. Unweit Glassimatz, ist eine mit kleinen Bergen eingeschlossene Ebene, welche Biratsch hei\xDFet, und in derselben der Markflecken Plastanitza von 180. H\xE4usern. Der kleine Flu\xDF Drinatscha, der aus dem Gebirge Kraljewa Gora entspringt, f\xE4llt hier in den Drina, und hat zwo steinerne Br\xFCcken. Unterhalb demselben ist das aus 120. christlichen H\xE4usern bestehende und von Christen bewohnte Dorf Butscha, unweit demselben aber das Kalutjerkloster Lominitza. An dem Drinaflusse sind noch verschiedene christliche D\xF6rfer, welche ihren Gottesdienst in besagtem Kloster verrichten. Von hier gehet eine Strasse nach Tu\xDFla; seitwerts dersel-

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ben stehen zween Berge Borogowo genannt, und auf einem davon abermal ein Kaludjerkloster Namens Papratnja. — Unterhalb desselben, an dem Drinatscha, stehet das kleine Schlo\xDF Kuschlat, welches weder fest noch mit t\xFCchtigen Kanonen versehen ist. Die Vorstadt hat etliche drey\xDFig H\xE4user, lauter T\xFCrken. Oberhalb diesem Schlosse, der Drina zu, ist ein anderes altes auf einer Anh\xF6he, so Strebrenitza hei\xDFet. Es ist ziemlich fest, und mit einer Schanze ringsherum versehen. Die Stadt gleiches Namens hat bis zweyhundert H\xE4user. — Gegen\xFCber jenseits der Drina, befindet sich abermal ein altes Schlo\xDF Soko genannt. Es liegt gleichfals auf einer Anh\xF6he, hart an dem Flusse, und hat eine Vorstadt von ungef\xE4hr 40 H\xE4usern. — Von diesem Schlosse, f\xFChret eine Strasse, neben dem Gebirge Derbent, unweit welchem sich das w\xFCste Kaludjerkloster Ratscha befindet. An demselben ist gegen die Drina eine Ebene, welche mit vielen christlichen D\xF6rfern bev\xF6lkert ist, und nur einen t\xFCrkischen Flecken, von etwann 50. H\xE4usern hat. Von dannen ziehet sich das Gebirge Majewitza gegen Sonnenuntergang, welches sich bis Zwornik erstrecket.

Zwornik ist eine Haupt Gr\xE4nzfestung, und lieget hart an einem Felsen neben dem Flusse Drina. Auf gedachtem Felsen, sind zwey besondere Schl\xF6sser, welche die Stadt und Festung dominiren. Die Festung ist mit hinl\xE4nglicher Artillerie versehen, hat in Stein gehauene Casamaden, und zwey Thore. Die Stadt ist in die L\xE4nge fast auf eine Stunde gebauet, und hat nur eine Gasse, davon die eine Reihe H\xE4user unter dem Gebirge, die andere aber an dem Flu\xDFe Drina stehet. Man zehlet in derselben bis 2300. H\xE4user, lauter T\xFCrken. — Eine Pascha von 2. Ro\xDFschweifen kommandiret in der Festung, und au\xDFer einem Generalauditeur, verschiedenen Kapit\xE4ns und Agen, befinden sich auch verschiedene Gattungen von Soldaten, als Spahi, Jenitschern, Nepher, Sejmen und Deklie daselbst.

(Die Fortsetzung folgt.)

II. Geschichte.

II. Nachtrag zu der Geschichte des Gr\xE4flich Th\xF6k\xF6lischen Hauses.

In Ansehung der Religion dieses Hauses, auch etwas zu gedenken, so ist daselbe, in der Zeit seines leztern gr\xF6\xDFten Flors, von dem Sebastian an, bis auf den Emerik, der Augsburgischen Confession, oder der Protestantisch-Lutherischen Religion zugethan gewesen; obgleich auch einige Merkmale da sind, da\xDF es, der so genandt Helvetischen Confession nicht gar abgeneigt w\xE4re, und die

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Sch\xFCler, wo nicht des Calvins, doch des Dokter Philips oder Melanchtons einiger massen beg\xFCnstiget hatte. Es erhellet dieses, sowohl aus der besondern Gewogenheit und Protection, welche Sebastian Lam*), ein, diesen


*) Sebastianus Lam, sonst auch Ambrosius, nach der noch jezt zum Theil gew\xF6hnlichen Art der Zip\xDFer, von seinem Vater, der diesen Taufnamen f\xFChrte, also genannt, war ein gebohrner K\xE4\xDFm\xE4rker, der, ehe er auf Universit\xE4ten gieng, schon bey der dasigen Schule als Kollega gestanden. Wie aus der Matric. XXIV. Regal. p 597. zu ersehen, so ist er daselbst im Jahre 1583 dcm Caspar Krazter, im Predigtamt gefolget. Da man ihn des Calvinismus beschuldiget, so bekam er mit den streng Orthodoxen Lutheranern, vielen Streit. Seine Schriften zeigen inzwischen viel gutes. Das Zeugni\xDF, welches ihm Mathias Thoraconymus, prius Scholae Tyropolensis (seu Kesmarkiensis) expost Saaros-Patakiens Rector, bey seinem Hingang auf die Akademie im Jahre 1575. den 5. May zu K\xE4\xDFmark gegeben, und das wir besitzen, lauter sehr wohl, wovon wir, weil es so wohl den Rectorem, als auch seinen Sch\xFCler sch\xF6n charakterisirt, und die Schulstudien damaliger Zeit angezeiget, das Vornehmste hersetzen wollen: "Salutem omnibus Lecturis! Hic Sebastianus Lamius, bonis & honestis parentibus apud nos ortus, inde usque ab ineunte pueritia doctis & fidelibus praeceptoribus usus, egregia virtutis & eruditionis specimina adeptus est. Contigit quippe illi, ad hanc rem concessu ac munere divino, tum felix ingenium, tum pulchrum de rebus judicium. Nam ut paucis dicam, latinam linguam egregie addidicit, Graecam mediocriter cognovit, Artes, quas dicendi vocant, feliciter percepit, Matheemata sic degustavit, ut ubi commodior eadem discendi occasio data fucrit, non poenitendam accessionem facturus sit. Capita doctrinae Chrisianae ita tenet, ut non solum ipse, quid credere & sperare debeat, certus fit; verum alios etiam salutariter monere &c instruere, deque sisdem cum

Grunds\xE4tzen zugethaner Prediger, in der Stadt K\xE4\xDFmark, bey dem Sebastian Th\xF6k\xF6li genossen; wovon seine, von uns, in der Geschichte dieses Hauses angef\xFChrte Schrift, darinn er, dem damals bey dem Landtage zu Pre\xDFburg sich befundenen Sebastian Th\xF6k\xF6li, von dem, mit dem Albert Grauer, und Gregorius Horvath von Stantsitsch, in dem Th\xF6k\xF6lischen Schlosse gehabten doppelten Colloquium Nachricht giebet, und seine Sache, gegen diese seine Gegner, vor ihm als einem Schiedsrichter vertheidiget hat, deutlich zeuget*): als


piis & doctis viris non irreligiose conferre ac differere queat. De hinc autem, praeter multas alias virtutes singulariter, instar gemmae cujusdam, elucet in eo, studium timoris DEI, humilitatis, pietatis & suavissimae modestiae &c. Wie sch\xF6n!

*) Albertus Grawerus war ein gebohrne Brandenburger: im Jahre 1595 bekam er auf einmal zu Wittenberg eine doppelte Vocation nach Ungarn, n\xE4mlich ad Rectoratum Gynmas. Leutschov und Gymnasiii Neerensis in Scepusio, und folgte auf Anrathen des D. Egidi Hunnii, in dessen Hause er wohnte, der leztern. Im Jahre 1597, nachdem sein Patronus gestorben war, \xFCbernahm er das Rectorat in Caschau; und gieng im Jahre 1599. wegen der Kriegsgefahr zur\xFCck nach Wirtenberg, war im Jahre 1609. D. Theol. und darauf Professor zu Jena, und starb im Jahre 1617. Als General - Superintendent zu Weimar. Man sehe seine Pr\xE4fat, die seinen zu Jena im Jahre 1656, in 4to edirten Absurdis Calvinst. &c. vorgesezt ist; und J\xF6chers gelehrten Lexicon. Gregorius Horvath, aliter Stansitsch L. B. de Gradecz, ist einer der ber\xFChmten Vorfahren, des noch im Zip\xDF bl\xFChenden vornehmen adelichen Horvath - Stansitschischen Hauses. Er war ein Sohn, des tapfern

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auch aus dem, was wir von der Auferziehung und den akademischen Studien seiner S\xF6hne, des Nicolaus und Stephans gemeldet; welche beyde, zu Heidelberg, als der damals ber\xFChmtesten Universit\xE4t der Reformirten, unter dem sehr Friedliebenden, und zur Religionsvereinigung stark geneigten D. Par\xE4us, studiret haben.

(Die Fortsetzung folgt.)


Helden Marcus Horvath, welcher zum das Jahr 1558. als Befehlshaber der Festung Sigeth, sich durch gro\xDFe Kriegsthaten hervorthat, wovon besonders in dem Leben -des Stephan Szegedinus, von Matth\xE4us Scaric\xE4us viel merkw\xFCrdiges kann nachgelesen werden. So wie er selbst ein sehr gelehrter Herr, und dahero ein gro\xDFer Bef\xF6rderer der Wissenschaften war, also stiftete er mit eigenen Unkosten, auf seiner Erbherrschaft Neer oder Straschka das damals ber\xFChmte Gymnasium Neerense, in welchem Graverus, Paulus Malus und andere docirt haben. Er starb im Jahre 1597. und mu\xDF mit seinem Zeitgenossen und nahen Blutsverwandten, Gregorius Horvath, Domino in Palocza &c. nicht verwechselt werden. Sein \xE4ltester Sohn war, der ebenfalls ber\xFChmte Marcus Horvath Stansitsch, welcher wie D. B\xF6rner in seiner Epist. Gratul. ad . cl. Paulum Fabri, die seiner Comment. de Bibl. Bud. angeh\xE4ngt ist, zeiget, mit andern vornehmen Hungarn, auch zu Wittenberg studirt hat. Man kann von diesem allen besonders die sch\xF6ne Dedication nachlesen, die Nicolaus Erhardi, Gymn. Neerensis Rector vorgesetzet hat, dem Liber Posthumus. Magnif. Dni. Gregor. Horvath &c. welcher zu Bartfeld im Jahre 1597. in 8vo herausgekommen.

III. Anekdoten.

Von der Treue und Hochachtung des hungarischen Frauenzimmers gegen ihre M\xE4nner, mit einigen kritischen Anmerkungen.

In dem III. St\xFCcke dieser Anzeigen, lieferten wir eine Anekdote, von der Herzhaftigkeit des hungarischen Frauenzimmers. Hier wollen wir eine andere beyf\xFCgen, welche die Tugend des sch\xF6nen Geschlechts in Hungarn noch mehr erhebet, und mit der Herzhaftigkeit, zugleich Treue, Standhaftigkeit und Hochachtung des hungarischen Frauenzimmers gegen ihre Ehem\xE4nner verbindet. Folgende Geschichte kann einen Bewei\xDF davon ablegen.

Als der heldenm\xFCthige Graf von Sriny im Jahre 1566, mit 2500. Mann die Festung Sigeth, wider den Gro\xDFsultan Soliman, welcher mit einem Heere von 164000. Mann vor derselben stund, vertheidigte; so kam es endlich so weit, da\xDF die kleine Besatzung, wider eine so sehr weit \xFCberlegene Macht von Feinden, von denen sie umgeben und eingschlossen war, einen Ausfall zu wagen gen\xF6thget wurde. Der oberste Befehlshaber ermunterte daher seine Untergebene, mit einer sehr nachdr\xFCcklichen Anrede, zu einer Unternehmung, die zwar in dergleichen Umst\xE4nden

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verwegen zu seyn schiene; die aber so wohl die Nothwendigkeit, als auch die Treue gegen den Landesf\xFCrsten und das Vaterland; und dann der Ruhm ihrer Tapferkeit von ihnen forderte. Ein jeder Soldat, durch die Rede des Anf\xFChrers aufgebracht, war nicht allein zum Streit, sondern auch zum Tode, welcher bereits vor seinen Augen schwebte, fertig und bereit. Indessen fand sich einer unter ihnen, den Helden, welcher mitten in dieser Gefahr, den au\xDFerordentlichen Entschlu\xDF fa\xDFte: sein Weib, die adelichen Herkommens, jung und sehr sch\xF6n an Gestalt war, lediglich aus dieser Ursach, mit eigener Hand zu t\xF6dten, damit sie den Barbaren nicht in die H\xE4nde gerathen m\xF6chte. Die vorsichtige Frau, bemerkte den lieblosen, ja unmenschlichen Vorsatz ihres Mannes, und suchte ihn durch bewegliche Vorstellungen auf andre Gedanken zu bringen. Sie f\xFChrte ihm unter andern zu Gem\xFCthe: wie die Ausf\xFChrung seines Vorhabens, an sich selbst eine abscheuliche That, und eine verdammliche S\xFCnde vor Gott w\xE4re! Wie er sich denn wagen k\xF6nnte: diese That zu begehen, und seine H\xE4nde mit dem unschuldigen Blut seiner treuen und wegen gegebener tausend Versicherungen, geliebten Ehegattin zu beflecken: da dieser Tod ihr zugleich desto empfindlicher und schmerzhafter fallen m\xFC\xDFte, weil sie, als seine tugendhafte, keusche, getreue Gemahlinn, ihrem liebsten Mann in die lezte Todesgefahr nicht folgen k\xF6nnte, und von von ihm eben durch diesen getrennt w\xFCrde. Ich wei\xDF, fuhr sie fort, wie ich dier versprochen habe, dich in keiner Noth, auch so gar in Lebensgefahren, nicht zu verlassen; ich will demnach eine Gef\xE4hrtinn deiner Gefahr und deines Todes seyn; damit auch der Tod selbst diejenigen nicht scheide, welche das Band der Liebe so genau im Leben verkn\xFCpfet hat.

Sie legte hierauf Mannskleider an, wurde von ihrem Manne mit Waffen versehen, und zu seiner Linken gestellet: Die Thore wurden er\xF6fnet, die Zugbr\xFCcke hinabgelassen, und sogleich gieng der Streit an, heftig und mit vielem Blutvergie\xDFen, von beyden Seiten; die sch\xF6ne Ungarinn fochte tapfer; der Mann verwundet an ihrer Seite, verlohr sein Leben: sein Tod verminderte ihren Muth nicht; er gab ihr zum Streit neue Kr\xE4fte, bis sie selbst im sch\xE4rfesten Gefechte, unter empfangenen Wunden und vergossenem Blute, ihren heldenm\xFCthigen Geist aufgegeben hat*).

Was die Hochachtung des hungarischen Frauenzimmers gegen ihre Ehegatten betrift; so wollen wir den Grund davon in den Eigenschaften der hungarischen Sprache selbst, und den hergebrachten uralten Redensarten dieses Volkes suchen. Schon daraus ist so viel erwei\xDFlich, da\xDF dieser Vorzug dem hungarischen Frauenzimmer von jeher eigen

*) Diese Geschichte wird erzehlet in dem Ortelio redivivo continuato S. 448.

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gewesen sey, und bey demselben, in allen St\xE4nden, als eine allgemeine Tugend, geherrschet haben m\xFCsse. Ein hungarisches Frauenzimmer, nennet in ihrer Sprache ihren Ehegatten niemals anders, als, mein Herr (Uram) sie mag in seiner Gegenwarth zu ihm, oder abwesend von ihm sprechen. Und dieses ist nicht allein bey Standespersonen; sondern auch so gar bey dem geringsten Bauer und Bettler herk\xF6mmlich und gew\xF6hnlich. Eine B\xE4uerin nennet ihren Gemahl eben so wohl Uram, als eine Frau vom Adel und von h\xF6chstem Range: weil diese Redensart einmal der hungarischen Sprache eigen und nat\xFCrlich ist. Nicht zwar aus Mangel eines Wortes, womit man den Namen eines Mannes ausdr\xFCcken k\xF6nnte; indem das hungarische Wort F\xE9rfi, \xFCberhaupt einen Mann bedeutet: sondern weil es in der hungarischen Sprache nicht wohl klingen, ja vielmehr l\xE4cherlich und dem allgemeinen Sprachgebrauch zuwider seyn w\xFCrde, wenn eine Weibsperson ihren Mann nicht Uram, sondern F\xE9rfim nennen sollte. Im Gegentheil nennet der Hungar seine Ehegattin in seiner Sprache niemals seine Frau, welches doch bey vielen andern Nationen so gew\xF6hnlich, und fast allgemein ist. Und ob gleich das hungarische Wort Aszony, so wohl \xFCberhaupt ein Weib als auch eine Frau bedeutet, und im allgemeinen einer jedweden Weibsperson zukommt, auch nur durch gewisse Beyworte bestimmet wird, als z. B. Nagy Aszony, eine vornehme Frau, Paraszt Aszony, eine B\xE4uerinn, Koldus Aszony, eine Bettlerinn, Zigany Aszony, eine Zigeinerinn: so ist es doch wider alle Art und Gewohnheit der hungarischen Sprache, da\xDF ein Ehemann seine eigene Gattin seine Frau (Aszonyom) nennen sollte. Redet er aber unbestimmt mit derselben, das ist, ohne das Verh\xE4ltni\xDF, in welchem er mit ihr stehet auszudr\xFCcken; so kann er sie eine Frau nennen. Er kann seinem Weibe zurufen, Aszony, Frau, er kann zu ihr sprechen: te vagy rendes Aszony, du bist eine artige Frau; niemalen aber mit dem suffixo Aszonyom, meine Frau; weil dieser Ausdruck nicht die Gemahlinn eines Mannes, sondern eine solche Frau bedeutet, unter welcher er entweder, als Unterthan, oder als ein Diener stehet: ob es schon sonsten auch im gemeinen Umgang nicht ungew\xF6hnlich ist, ja auch f\xFCglich angehet, da\xDF man seines gleichen, oft auch niedrigere Weibspersonen, wie in andern Sprachen, also auch in der hungarischen, meine Frau, Aszonyom, nennet; nur ein Mann mu\xDF sein eigenes Weib mit dieser Ehrenbenennung verschonen, wenn er nicht will verlacht werden.

Der eigentliche Name, womit der Hungar seine Ehegattin zu belegen pflegt, ist das Wort Feles\xE9gem (Feleschigem). Eine Benennung, die nichts geringsch\xE4tziges oder erniedrigendes in sich enth\xE4lt; und die dagegen das rechte Verh\xE4ltnis des Weibes gegen ihren Ehemann, auf eine z\xE4rtliche und anst\xE4ndige Art ausdr\xFC-

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cket; wenn man sich M\xFChe geben wollte, auf den Ursprung dieser Benennung ming ein wenig zuruck zu denken. Indem das Wort Feles\xE9ge, entweder von fele seg\xE9ts\xE9gem, oder auch von f\xE9ls\xE9gem, hergeleitet werden kann. Das erstere bedeutet die Gehilfin, das leztere aber, die zweyte H\xE4lfte des Mannes. Man nehme nun eines oder das andre an, so ist dieser Ausdruck in beyden F\xE4llen f\xFCr einen Ehemann sehr anst\xE4ndig und lehrreich. Es wird ihm damit zu Gem\xFCthe gef\xFChret, aus was f\xFCr einem Gesichtspunkte, er seine Gattinn anzusehen habe, und wie er verbunden sey, derselben, als seines gleichen, ja als seinem andern Ich und vornehmsten Eigenthum zu begegnen.

Der Gebrauch, dem Frauenzimmer in Gesellschaften, den obern Platz, und beym Sitzen, Gehen oder Fahren die Rechte einzur\xE4umen, scheinet ebenfalls, nur in denen neuern Zeiten, aus andern L\xE4ndern und von fremden Nationen nach Hungarn gebracht worden zu seyn. Unsre Vor\xE4ltern wu\xDFten vielleicht nicht das mindeste von solchen Vorz\xFCgen des Frauenzimmers, wenigstens fand derselbe bey Eheleuten gewi\xDF keine Statt. Denn bey dem Landadel, bey dem B\xFCrger in St\xE4dten, welcher die Gewohnheit hat, bey allen einschleichenden Neuerungen, in der Kleidung, in den Sitten und Moden nur langsam und hinten nachzugehen, haben die Ehem\xE4nner dieses ihr altes Vorrecht, noch bis diese Stunde nicht allgemein und v\xF6llig vergeben. Man wird es noch mehrmalen gewahr, wie die Frau ihrem Manne an der linken Seite stehet, sitzet oder gehet: und eben in dieser Kleinigkeit findet man noch die Ueberbleibs\xE4l von der alten Gewohnheit des hungarischen Frauenzimmers gegen ihre M\xE4nner, sich ehrerbietig zu bezeigen.

Wenn man das \xE4u\xDFerliche Betragen, und das ernsthafte Wesen eines hungarischen Frauenzimmers etwas genauer betrachtet, und dabey in Erw\xE4gung ziehet, da\xDF die Herrschbegierde und der Geist zu befehlen, dem sch\xF6nen Geschlechte \xFCberhaupt angebohren zu seyn scheinet, ja fast eigen ist: so wird man sich um desto mehr \xFCber dieses bescheidene und unterth\xE4nige Verhalten des n\xE4mlich Frauenzimmers nicht allein verwundern m\xFCssen; sondern auch M\xFChe haben, dasselbe mit ihrem in die Sinne fallenden Charakter zu vereinigen. Allein der gelehrte Verfasser der Briefe, welche im Jahre 1742. unter dem Tittel: Lettres sur les Hongrois par M. du B. * *. zu Amsterdam herausgekommen sind, hat uns den Grund und die M\xF6glichkeit der Sache zu entdecken und zu erkl\xE4ren gesucht. Er schreibet in dem IV. Brief S. 53. u. f.*) nach einer freyen Uebersetzung

*) Weil die angef\xFChrten Briefe nur in wenigen H\xE4nden sind; so wollen wir die Stellen aus dem Originale ganz hersetzen. „Lettres sur les Hongrois par M. du „B. * *. IV. Lettr. p, 55. Un coeur altier & fier ne sauroit etre gagn\xE9 que par des soumissions. Une mere Hongroise sage, prositant de cette maxime, tache tousjours a elever sa

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ohngef\xE4hr folgendes: „Ein solzes und ehrgeiziges Herz, kann nur durch Unterw\xFCrfigkeit gewonnen werden. Vern\xFCnftige hungarische M\xFCtter, machen sich diesen Grundsatz zu Nutzen, und trachten ihre T\xF6chter dermassen zu erziehen, da\xDF sie ihnen viele Hochachtung gegen die M\xE4nner einpr\xE4gen, und sie angew\xF6hnen so viel als m\xF6glich ist, dem\xFCthig und nachgiebig gegen sie zu seyn. Es ist daher nur Demuth und Unterw\xFCrfigkeit, wodurch das hungarische Frauenzimmer die Liebe derjenigen gewinnt, die es als Liebhaber zu fesseln gedenket, und dieses ist auch der Weg wo sie als Frauen, sich der Hochachtung ihrer M\xE4nner versichern, wodurch dann bey ihnen diese Demuth und Unterth\xE4nigkeit zur Gewohnheit wird. Mit einem Worte: das Frauenzimmer dieses Landes ist sehr dem\xFCthig: diese durch die Erziehung beygebrachte und von der zartesten Kindheit angenommene Unterth\xE4nigkeit, gehet endlich zur Gewohnheit \xFCber. Und hierdurch erwerben sie sich eine gewisse Art von \xE4u\xDFerlichen Wesen, welches Unschuld und Sittsamkeit als die vornehmsten Tugenden des sch\xF6nen Geschlechtes empfehlen; diese machen sie liebensw\xFCrdig, und verschaffen ihnen die Hochachtung aller Menschen. Es gehet aber diese zuweilen \xFCbertriebene Bescheidenheit, gar oft zu weit, da\xDF sie, die Frauen, in Gegenwart ihrer M\xE4nner sehr wenig sprechen, und im Fall sie auch ein Wort sagen, so reden sie so leise, da\xDF man M\xFChe hat, sie zu verstehen —“

Wegen der Treue des gedachten Frauenzimmers, merket der Verfasser in eben diesem Briefe folgendes an: „Ihren M\xE4nnern sind sie ziemlich treu, jedoch ein wenig eifers\xFCchtig.“

fill de la forte, qu'elle aye beaucoup de respect vers les hommes, & qu'elle fasse la souple autant qu'll est possible. C'est donc par les soumissons, que les filles Hongroises gagnent l'mour de ceux, qu'elles veuillent faire leurs mants & par la aussi devenues femmes , elles s'assurent de l'estime de leurs maris & font passer leur souplesse en cont\xFBme. En un mot, les femmes de ce pais sont fort soumises; cette soumission affect\xE9e & adoptee des leur plus tendre jeunesse passe a la fin en habitude. Et par la elles gagnent un certain air d'innocence & de modestie, vertues principales du beau sexe, qui le rendent aimable, & digne de l'estime de tout le monde. Cette modestie, quelques fois outr\xE9e va m\xE9me si loin, qu'elles parlent fort peu en prefence de leurs epoux, & en cas quelle disent quelque mot, elles parlent si doux qu'on a de la peine \xE0 les entendre — Elles sont assez fidelles a leurs maris quoique un peu jalouses. —"


In Wien zu haben in der Baderischen Buchhandlung neben dem Todtenkopf in der Bognergasse.
Topic revision: r4 - 26 Sep 2011, AgostonBernad
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