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Bl\xE4ttern: < IV. Jahrgang, XXXVIII. St\xFCck -
IV. Jahrgang, XL. St\xFCck >
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IV. Jahrgang, XXXIX. St\xFCck, den 28. September 1774.
I. Wissenschaften
G\xF6ttingen.
Im Verlage der Wittwe Vandenb\xF6ck ist auf 206. Seiten in 4to gedruckt zu haben: der B\xFCchernachdruck, nach \xE4chten Grunds\xE4tzen des Rechts: gepr\xFCft, von Johann Stephan P\xFCtter ec.
Unsere Leser werden sich wundern, warum wir von unserm Plane abweichen; und hier eine Schrift recensiren, die nicht innl\xE4ndisch ist: Wir wollen, ohne uns zu rechtfertigen, sie selbst urtheilen lassen: ob wir hierzu genugsame Ursachen gehabt haben.
Der Herr P. stellet in dieser Abhandlung eine blosse Pr\xFCfung an, weil er sich vermuthlich nicht getrauet, den B\xFCchernachdruck, nach \xE4chten Grunds\xE4tzen des Rechts, als strafbar, ungerecht und unzul\xE4\xDFig zu erweisen. Dennoch giebt er dieser Pr\xFCfung ein systematisches und hochgelehrtes Ansehen. Die Materie mu\xDFte \xFCber diesen f\xFCrchterlichen Leisten geschlagen werden; damit man glauben m\xF6chte, sie sey mit unumst\xF6\xDFlichen Gr\xFCnden versehen. Allein, weit gefehelt! So l\xE4\xDFt sich weder aus der Natur der Sache, noch aus gewissen allgemeinen Gebr\xE4uchen, ein einziger unumst\xF6\xDFlicher Bewei\xDF herleiten. Denn das Eigenthumsrecht wird blos durch die Arbeit erlangt, die auf ein, noch niemanden zugeh\xF6riges, Ding getwendt worden. Nun wissen wir, da\xDF die Wissenschaften von den Griechen auf die R\xF6mer und von diesen auf uns gekommen sind. Welcher Schriftsteller kann wohl seine Arbeit durchg\xE4ngig f\xFCr sein Eigenthum ausgeben, und es, so wie andre Besitzungen, als ein wahres Eigenthum auf eine andre Person \xFCbertragen. Dennoch wirft sich der ber\xFChmte Herr P\xFCtter zum Schiedsrichter hierinne auf, und ger\xE4th dann und wann in den Verdacht einer Partheylichkeit. Denn in Sachen des Verstandes und Witzes ist es nicht rathsam, dreiste und keck auf Vor-
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Vorrechte und Privilegien zu trutzen; man setzet sich der Gefahr aus, in der Geschichte der menschlichen Thorheit einen vorz\xFCglichen Rang zu erhalten. Ein bescheidener Mann muntert hierinne, durch seine Einsicht, auch andre, zur Bescheidenheit auf; er h\xFCtet sich durch das Anschlagen der Sturmglocke die Feindschaft und den Ha\xDF zu vergr\xF6\xDFern.
Wir wollen nach der Ordnung, welche in der Abhandlung vorkommt, unsere Gedanken beyf\xFCgen. Es bestehet solche aus zween Theilen. Zu dem ersten wird gezeigt, wie der B\xFCchernachdruck, nach der Natur der Sache und in Absicht auf ganz Europa anzusehen sey. Das Meiste hier ist nicht unbekannt, und das \xFCbrige scheinet nicht viel zur gegenw\xE4rtigen Absicht dienen zu wollen.
Im 10. \xA7. hei\xDFt es: "Zur Buchdruckerey verh\xE4lt sich der Buchh\xE4ndler, wie der Kaufmann zu dem Fabrikanten." Gesetzt aber, da\xDF der Buchdrucker die Wissenschaft des Buchhandels selbst verstehet; so wird dieses Verh\xE4ltni\xDF vereitelt. Er ist alsdann im Stande die Blutegel seiner Kunstverwandten zu entdecken. Er ist den flei\xDFigen Bienen zu vergleichen, die ihr Honig wider den Anfall der Wespen und Hornisse in Sicherheit zu setzen wissen. Ist es wohl billig, diese unstverwandten durch die Buchh\xE4ndler dr\xFCcken, oder sie durch List und R\xE4nke, um ihre bessere Nahrung bringen zu lassen? Je mehr Verstand, Aufmerksamkeit und Genauigkeit zu einer Kunst erfordert wird, desto vernehmungsw\xFCrdiger wird dadurch der K\xFCnster. Die Geschicklichkeit und die Gr\xE4nzuen des Buchhandels . ist leicht zu \xFCbersehen. Allein, wie viel geh\xF6ret nicht zu einem genauen Drucke, und sollte es auch ein Nachdruck seyn?
Im 19. \xA7. sagt der Herr P. "nur alsdann ist der Nachdruck unsch\xE4dlich, wenn der dem rechtm\xE4\xDFigen Verleger nicht zum Abbruche gereichet." Hiemit kann dem Herrn Klopfstock eine Genugthuung geschehen, welcher als Verleger von seiner Rep. der Gelehrten, seine Belohnung schon reichlich eingestrichen hatte, als einige Liebhaber derselben in Wien entschlossen waren, solche auf ihre eigene Kosten in der von Trattnerischen Buchdruckerey nachdrucken zu lassen, wo man sie in kurzer Zeit wird kaufen k\xF6nnen. Wie wird man als sagen k\xF6nnen, mann wolle sich hier durch eines andern Schaden nur bereichern? Denn mit allen hier nachgedruckten B\xFCchern hat es eine gleiche Bewandtni\xDF gehabt. Dasjenige, so der Herr V. im vierten Abschnitte, von S. 92, bis 118. vorbringt, dienet vielmehr dazu, die Freyheit des Nachdrucks in dem k. k. Oestreichischen Erbstaaten zu best\xE4ttigen und zu rechtfertigen; weil dieser Staat seine besondere Vorrechte und Freyheiten hat, vor allen \xFCbrigen Staaten des deutschen Kaiserthums.
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In dem 5ten Abschnitte von S. 118., bis 135. siehet man, da\xDF die Rechtsgelehrten die\xDFfalls sleber noch nicht einig sind. Der Herr V. tr\xE4gt kein Bedenken, sich auf die Meinungen der Theologen, und zwar des Dr. Martin Luthers zu berufen, welcher den Nachdruck, mit geh\xF6riger Einschr\xE4nkung der Zeit, deutlich genug rechtfertigte: "Sollte nicht, spricht Luther, ein Drucker dem andern, aus christlicher Liebe, einen Monden oder zween zu Gute harren, ehe er ihm nachdruckete." Was brauchen wir alle ein weiteres Zeigni\xDF? Jedoch der Herr V. vermerkt das Gewicht dieses Ausspruchs, und aus Besorgni\xDF einer gegr\xFCndeten Auslegung setzet er gleich hinzu; "da\xDF mit dieser leztern Frist heutiges Tages einem Verleger wenig gedienet sey. Allein was ehemals recht gewesen ist, das mu\xDF man heut zu Tage wenigstens als billig erkennen. Und warum setzet er nicht noch hinzu, da\xDF einem Verleger schon damit gedienet sey, wenn er es durch Priviliegen so weint bringet, da\xDF in dem Staate, f\xFCr welchen er ein Buch aufleget, und worinne er lebt, und webt, das n\xE4mliche Buch nicht von einem andern Mitburger des n\xE4mlichen Staats nachgedruckt werde. Warum behautet er nicht, da\xDF das beste Mittel, sich wider allen Schaden in Sicherheit zu stellen, der Weg der Subscription oder Pr\xE4numeration sey. Bey unserer Zeit suchet ein jeder Staat alles so einzuleiten, da\xDF seine Finanzen durch Ausw\xE4rtigen Handel, wo nicht vermehret, doch auch nicht vermindert werden. Und wer will solches den Finanzr\xE4then verdenken? Denn ein jeder hat die Freyheit in seinem eigenen Hause so zu wirthschaften, wie er es nach seinem be\xDFten Wissen und Gewissen f\xFCr gut befindet.
Der zweyte Theil redet von dem B\xFCchernachdrucke, wie derselbe insonderheit in Ansehung des deutschen Buchhandels, und nach der deutschen Reichsverfassung anzusehen ist. Hier hei\xDFet es: "an statt da\xDF anderw\xE4rts ein jeder nur mit seinem Verlage von Haus aus handelt, so ist auf der Oster- und Herbstmesse zu Leipzig ein allgemeines B\xFCcherverkehr, wo die meisten Buchh\xE4ndler ihre B\xFCcher untereinander vertauschen, auch hernach au\xDFer der Messe einander aushelfen.“
Alles das ist durch eine willk\xFCrliche Zusammenkunft der Buchh\xE4ndler eingef\xFChret worden. Ehemals war dieser Tausch zu Frankfurt am Main. Wer weis, wo derselbe nach einigen Jahren aufgerichtet wird. Venedig und Genua hatten ehemals den gro\xDFen Handel auf dem mittell\xE4ndischen Meere. In neuern Zeiten umschiffen Portugal, Holland u. s. w. die Kisten von Afrika.
„Auch wird, sagt Er ferner, jede Messe ein allgemeiner Me\xDFkatalogus, und meist von jeder Buchhandlung, noch ein besonderes Ver-
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zeichni\xDF neuer B\xFCcher gedruckt. Davon ist der Vortheil, damit jeder B\xFCcherliebhaber die meisten B\xFCcher in jedem Buchladen gleich vorfindet, und das eines jeden Gelehrten Werke, gleich \xFCberall bekannt werden ec. Gleichwohl sind in Deutschland verh\xE4ltni\xDFm\xE4\xDFig bisher weit mehr Orte, die Buchdruckereyen und Buchhandlungen haben, als in andern Reichen auch ist hier die Gelegenheit zum Verlage weit h\xE4ufiger, daher auch weit zahlreichere neue Schriften. Und so wird in Deutschland mehr, als anderswo in Wissenschaften geleistet ec.“
Das Wissen bl\xE4het auf. Hier scheinet die Hauptabsicht des Herrn V. versteckt zu seyn. Er thut auf seine Originalschriftsteller so dicke, als wenn alle Winkel davon angef\xFCllet w\xE4ren. Wir wollen ihm dieses Vergn\xFCgen g\xF6nnen, und einr\xE4umen, da\xDF seine Gegend sehr fruchtbar an sch\xF6nen Geistern sey. Nur geben wir auch dem Herrn V. zu bedenken, zu was f\xFCr einer gro\xDFen Ehre es seinem Lande gereiche, da\xDF es andere deutsche V\xF6lkerschaften giebt, die ihre geistreichen Werke der besondern Ehre eines Nachdrucks w\xFCrdigen. Warum ziehen sie deswegen die Sturmglocke?
In dem zweyten Abschnitte suchet der H. V. zu erweisen, da\xDF jeder Nachdruck eines eigentlichen Verlagbuches auch ohne Privilegien in eben dem Lande f\xFCr Unrecht zu halten sey. Dieses geben wir ihm, nach dem Ausspruche des von ihm angef\xFChrten Dr. Luthers mit beyden H\xE4nden zu. Aber nie k\xF6nnen wir uns bereden zu glauben, da\xDF der Nachdruck, nur zum eigenen Gebrauche eines Landes, nicht zu bewilligen und zu gestatten sey.
\xA7. 161. schreibt der H. V. also davon: ,,Aber, wie, wenn ein Nachdruck blos f\xFCr ein Land veranstaltet wird? So ist zum Beyspiel der Fall nicht unm\xF6glich, da\xDF in einem reichst\xE4ndischen Lande gut gefunden w\xFCrde, ein anderw\xE4rts verfertigtes Schulbuch auch in diesen Landschulen einzuf\xFChren, und daher nur in solcher Absicht, ein Nachdruck alleine zum Gebrauche dieses Landes gemacht w\xFCrde. Oder, wie eben das auch andere B\xFCcher treffen kann ec. Wenn man nun mit Sicherheit annehmen darf, da\xDF ein solcher Nachdruck durchaus nicht weiter, als in dem Lande, f\xFCr welches derselbe bestimmet ist, debitiret wird; so ist das freylich ein ganz anderer Fall ec. Inzwischen ist auch diese Art des Nachdrucks kaum zu vertheidigen, wenn von dem rechtm\xE4\xDFigen Verleger so viel Exemplare, als man nur nur verlangt, zu haben sind ec."
Hier fehlet es dem H. V. an der Kenntni\xDF einiger besondern Umst\xE4nde; sonst w\xFCrde er glimplicher geurtheilt haben. Die Vermeidung eines gr\xF6\xDFern Uebels, welches durch Einf\xFChrung einiger ausw\xE4rts gedruckten deutschen B\xFCcher hier verursachet
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worden, hat schon l\xE4ngst, patriotisch gesinnte M\xE4nner bewogen, die hiesigen Buchh\xE4ndler zu ermuntern, die f\xFCr die hiesige deutsche Jugend n\xF6thigen Poeten und andere B\xFCcher so die sch\xF6nen Wissenschaften betreffen, hier nachdrucken zu lassen. Denn mit der Einfuhr dieser B\xFCcher kamen theils durch Maculaturb\xF6gen, theils durch Einschiebsel, B\xFCcher in die H\xE4nde der Jugend, die man hier f\xFCr unanst\xE4ndig und unzul\xE4\xDFig h\xE4lt. Es mu\xDF daher einen jeden, dem dieses bekannt ist, sehr befremden, wenn der Herr Professor wider eine Sache eifert, davon er den Grund unm\xF6glich einsehen k\xF6nnen: Noch seltsamer aber ist es, wenn er sich so gar anz\xFCglicher Ausdr\xFCcke bedienet, und einem Manne ver\xE4chtlich begegnet, welcher aller Achtung w\xFCrdig gehalten wird; der nichts anderes gethan, als was dem Rechte Oestreichs und dem Wunsche rechtschaffener Patrioten schon l\xE4ngst gem\xE4\xDF war. Es ist ein gro\xDFer Unterschied unter einer j\xFCdischen und christlichen Denkungsart, und deswegen erfordert die wahre Klugheit, da\xDF man nicht so allgemein darauf los st\xFCrme; sondern die Beurtheilung erfahrner M\xE4nner erwarte.
(Die Fortsetzung folgt.)
II. Naturgeschichte.
Beschlu\xDF der Abhandlung von Versteinerungen.
Von dem Nutzen und Gebrauch der Versteinerungen.
Wir haben es uns gleich im Anfange vorgesezt, diese Abhandlung mit einer kurzen praktischen Betrachtung zu beschlie\xDFen, um dadurch nicht allein einem Vorurtheil vorzubeugen; als ob dergleichen Naturseltenheiten ein blosses Spiel zur Belustigung f\xFCr die Sinnen w\xE4re; sondern auch einigen andern Gelegenheit zu geben, die Verbindlichkeit zu einer aufmerksamen Beobachtung solcher Dinge einzusehen und zu begreifen. Es ist zwar an dem, da\xDF manche Versteinerungen zu nichts weiter, als zum Anschauen und zur Bewunderung dienen; denn wozu kann man sonst die versteinerten Muscheln, Schnecken, und den gr\xF6\xDFten Theil der versteinerten Vegetabilien gebrauchen, als eben dazu, da\xDF man sie ansehe, und die Wirkungen der Natur dabey, mit einem stillen Nachdenken bewundere? Allein gesezt dieses w\xE4re das Einzige, worauf wir uns bey allen diesen Dingen Rechnung machen k\xF6nnten, w\xFCrde denn deswegen unsere Verbindlichkeit aufh\xF6ren, Betrachtungen und Versuche dar\xFCber anzustellen, und mit m\xF6glicher M\xFChe und Flei\xDF immer weiter zu forschen, bis wir auf ihren
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Urheber und auf seine Absicht mit unsern Gedanken kommen, und solcher Gestalt die Ausbesserung unseres Verst\xE4ndnisses und Ausbildung des Herzens erreichen? Selbst die vern\xFCnftigen Heyden haben den Nutzen solcher Bem\xFChungen eingesehen, ihr gr\xF6stes Vergn\xFCgen darinnen gefunden, und endlich die Erkenntni\xDF von der Gr\xF6\xDFe Gottes, die sie durch diesen Weg erhielten, andern mit einer recht entz\xFCckenden Beredsamkeit vorgetragen *) Wie k\xF6nnten wir unsern Kaltsinn und Tr\xE4gheit bey einem ungleichen Betragen entschuldigen, die wir viel besser wissen, sollen, da\xDF uns Gott in allen seinen Werken, seine Macht und Weisheit offenbaret. Wir sind vielmehr schuldig und verbunden, durch eine lehrbegierige Erforschung der Natur, aus der, den meisten Menschen angew\xF6hnten F\xFChllosigkeit, uns herauszureissen, und den fl\xFCchtigen Anblick der Sch\xF6pfung, ein bedachtsames Anschauen zu verwandeln, bey welchem wir allein im Stande sind, die g\xF6ttliche Wei\xDFheit, Gr\xF6\xDFe und Macht, die sich in allen nat\xFCrlichen Dingen zeiget, recht zu bemerken. Wer dieses thut, der wird allenthalben, wo er sich hinwendet und wo er hinsiehet, die Erinnerung finden, da\xDF Gott gegenw\xE4rtig sey, da\xDF er die Wege der Menschen sehe, da\xDF er undendlich gro\xDF, herrlich, weise und g\xFCtig sey. Dieses w\xE4re nun der allgemeine Vortheil, den ein Mensch von einer ernsthaften Vorstellung aller sichtbaren Gesch\xF6pfe erwarten kann, und noch am sichersten aus einer aufmerksamen Betrachtung solcher Dinge, die auch in der Natur seltsam und au\xDFerordentlich sind. Dennoch aber haben viele Versteinerungen und Stenverh\xE4rtungen auch au\xDFer dem, ihren besondern Nutzen in Beziehung auf das Vergn\xFCgen und die Gem\xE4chlichkeit des menschlichen Lebens, als wovon wir eben einige Bewei\xDFth\xFCmer hier anzuf\xFChren Willens sind.
Es ist beynahe unn\xF6thig zu sagen, wie n\xFCtzlich und brauchbar die Tuftsteine in Betracht der Baukunst sind, wobey sie die besten Materialien abgeben. Allenthalben, wo man dieser Steine habhaft werden kann, da pflegt man solche beym Mauern, besonders aber bey W\xF6lbungen, mit dem besten Fortgange anzuwenden. Denn nachdem sie in Vergleich mit andern gemeinen Mauersteinen am Gewichte leicht, dabey mestentheils poros, durchl\xF6chert und kalkartig sind, so geben sie nicht allein denen Seitenmauern keinen so starken Druck, wie andere schwere Steine, wodurch \xF6fters Risse in denen Mauern entstehen; sondern ziehen auch den zubereiteten Kalk und Sand desto st\xE4rker in und an sich, also, da\xDF ein solches Gew\xF6lbe, wenn es einmal recht austrocknet, gleichsam in einen Stein zusammenw\xE4chst und so standhaft wird, da\xDF es einer heftigen Feuersgluth wiederstehet, und nicht so leicht wie ein anderes, bey dergleichen Ungl\xFCcksf\xE4llen einbricht. An einigen
*) Cic. de natura Deor. c. 46 — 66.
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Orten werden diese Steine, auch bey solchen Geb\xE4uden, die man von Holz aufsetzet, nicht ohne Nutzen angewendt.
Man \xFCberziehet die h\xF6lzernen W\xE4nde (wie gew\xF6hnlich) mit Thon, und druckt sogleich kleine St\xFCckchen ohngef\xE4hr wie eine halbe Faust, oder auch kleinere, von Tuftstein, neben einander in den Thon hinein. Wenn nun alles trocken ist, so werden die W\xE4nde eben auf die Art wie eine Mauer, mit Kalck und Sand beworfen und geputzt, und hiermit wird das h\xF6lzerne Geb\xE4ude gleichsam mit Stein \xFCberzogen, und erh\xE4lt eine bessere Gestalt und Dauer. Endlich k\xF6nnen auch die Tuftsteine bey Ausbesserung der Wege und Landstrassen, wenn man sie in kleine St\xFCckchen zertr\xFCmmert, und den Schutt auf die Wege auftr\xE4gt, mit gutem Erfolge gebrauchet werden: das Wasser kann durch dieses Gesch\xFCtt gut abflie\xDFen, und Stra\xDFen werden trocken und ziemlich dauerhaft.
Einige von denen Steinverh\xE4rtungen im Wasser, sollen so gar gewisse Heilungskr\xE4fte f\xFCr den menschlichen K\xF6rper besitzen. Der Stubner Tuftstein, soll offene Sch\xE4den und Wunden heilen, wenn derselbe in ein Pulver verwandelt und in die Wunde eingestreuet wird*). Eben so wird auch von denen in der H\xF6hle Benikowa befindlichen Brunnen, wo das Wasser (wie wir bereits oben angemerket haben) eine steinverh\xE4rtende Eigenschaft besitzt, berichtet: da\xDF dasselbe wider die Steinschmerzen eingenommen und gebraucht werde**). Die aus denen Karpathischen H\xF6hlen herausgebrachte und mit Stein \xFCberzogene Drachengebeine, sollen in gewissen bedenkliche Krankheiten (wenn es anders seine Richtigkeit hat) Wunder thun***). Und wenn wir die Sache bis auf die B\xE4der und Gesundheitsbrunnen, die solche Steinverh\xE4rtungen erzeugen, ausdehnen wollten; so k\xF6nnte man von ihrem heilsamen Nutzen und Gebrauche ganze B\xFCcher schreiben****).
Von einigen Tropfsteinen finden wir Nachrichten, da\xDF man daraus (wie es auch sehr leicht zu begreiffen ist) durch das Stossen und Reiben, eine gewisse Farbe verferti-
*) Lad. Turoc. p. 303. & 304. Stubnensis tophus vulneribus etiam medetur, in pulverem contritus, si iisdem aspegatur.
**) Idem p. 202. 203. Hauritur ab iis magna salubritatis opinione, qui doloribus Calculi divexantur. Eben dieses best\xE4ttiget Bel in Not. H. novae Tom. II. p. 523.
***) Bel in Prodromo. p. 76. Offium istiusmodi usum in medicinam transtulere, qui ea ex Cavernis protrahebaat, agrestes, atque id quidem successu ad stupotem usque felici.
****) Man lese von dem einzigen Stubner Bade des Joh. Lischoviny Scrutinium Physicum, de aquis Stubnensibus Tyrn. 1748. in 4to und in das Bel Prodromo p. 128. seqq. de Thermis Sklenensibus ibid. p. 139. & seqq. De Thermis Vihnensibus, so wird man schon daraus sehen, wie viel von denen Gesundheitsb\xE4dern in Ungarn k\xF6nnte gesagt und geschrieben werden.
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gen kann, die denen Mahlern und andern dergleichen K\xFCnstlern und Handwerkern bey ihrer Arbeit sehr wohl zu statten kommt*). Der schon mehrmal gedachte Nedeczky, hat durch eigene Bem\xFChungen und Flei\xDF, aus einer gewissen Art von Tropfsteinen, die er in der H\xF6hle bey Funacza gefunden, verschiedenes herausgebracht, welches sich zum Weissen der W\xE4nde, und an statt des Kremserwei\xDF gebrauchen l\xE4sset**). Und wer wei\xDF, was die Nachwelt noch erfinden wird, um von solchen Dingen, die uns noch itzo geringe und ver\xE4chtlich zu seyn scheinen, blo\xDF darum, weil wir ihre Tugenden nicht kennen, einen rechten Gebrauch zu machen? Der weise Sch\xF6pfer hat nichts umsonst in die Natur eingeleget: alles mu\xDF seinen Nutzen und seinen Endzweck haben. Eine Sache, die eben nicht allzupr\xE4chtig in die Sinne f\xE4llt, kann die besten Tugenden und Kr\xE4fte enthalten; doch aber geschiehet es nicht selten, da\xDF uns dieselben so lange verborgen und unbekannt bleiben, bis sie entweder ein Zufall und ein Gl\xFCck, oder eine m\xFCsame Untersuchung entwickelt, und an das Licht bringet.
Der sicherste und beste Gebrauch, k\xF6nnte endlich noch von dem versteinerten Holze gemacht werden. Denn, nachdeme es an H\xE4rte, Sch\xF6nheit und Farbe denen hiesigen Edelsteinen sehr nahe kommt, und sich eben sowohl als diese schleifen und poliren l\xE4sset; so versteht sichs von selbsten, da\xDF man aus denselben Siegelsteine, Antiken, Kn\xF6pfe, Pokale, Dosen und dergleichen Dinge mehr, die sonst aus Halbedelsteinen gemacht werden, verfertigen k\xF6nnte. Weilen man aber das versteinerte Holz, nicht blo\xDF in kleinen, sondern auch in gro\xDFen St\xFCckchen hier zu Lande erhalten kann***), so w\xE4re es geschickten K\xFCnstlern gar nicht unm\xF6glich, Tische und dergleichen gr\xF6\xDFere Ger\xE4the mehr, davon herauszubringen, die an Sch\xF6nheit, Bequemlichkeit und Seltenheit, allen Marmor, ganz gewi\xDF \xFCbertreffen w\xFCrden.
*) L. Turoc. p. 302. Ad vicum Ag-Telek provinciae G\xF6m\xF6riensis, Caverna reperitur, in qua superne destilians aqua in candidum abit lapidem, & si conteratur, coloris albicantis usum pictoribus praebet.
**) Man findet dieses ausf\xFChrlicher beschrieben in dem XIX. St\xFCck dieser Bl\xE4tter. S. 147.
***) S. davon das XIII: St\xFCck des gegenw\xE4rtigen Jahrg. S. 101 und 102.
Bey dem Beschlu\xDFe dieser Abhandlung, wollen wir unsere hochgeehrteste Leser erinnern, da\xDF auf der 207. Seite in der 6ten Zeile vom Ende des Absatzes, bey den Worte: besonders wo das Wasser ist, sich ein Fehler eingeschlichen habe, unb es hei\xDFen solle: wo das Wasser sauer ist.
In Wien zu haben in der Baderischen Buchhandlung neben dem Todtenkopf in der Bognergasse.