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Bl\xE4ttern: < V. Jahrgang, XV. St\xFCck - V. Jahrgang, XVII. St\xFCck >



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V. Jahrgang, XVI. St\xFCck, den 19. April 1775.

I. Wissenschaften

Fortsetzung des Auszugs aus den Beytr\xE4gen zu verschiedenen Wissenschaften, von einigen Oestreichischen Gelehrten.

(S. das XV. St. S. 116.)

In der sehr gr\xFCndlichen Abhandlung vom Nordlichte, wovon wir im vorigen Blatte einen kurzen Auszug geliefert haben, \xFCbergehen wir die verschiedenen Einwendungen, welche der Herr Verfasser anf\xFChret. Merkw\xFCrdig ist es, wenn im 34 Absatze gesagt wird: "Andre geben vor, es w\xE4re, in den, mehr bey dem Nordangel gelegenen L\xE4ndern, ein ewiges Nordlicht, und glauben, ihr Ansehen allein sey schon hinl\xE4nglich denjenigen das Stillschweigen aufzulegen, welche \xFCber den Angelkreis nicht weiter hinaufgedrungen sind. Allein obschon ich in ihre Redlichkeit keinen Zweifel setze; so glaube ich doch befugt zu seyn, einige meiner Zweifel hier einzurucken."

Diese Zweifel sind sehr wichtig, und sie verdienen nicht nur das wir sie von Wort zu Wort hersetzen; sondern da\xDF sie auch mit Aufmerksamkeit gelesen werden:

1) "Welche dieses behaupten, m\xFC\xDFen uns unwidersprechlich darthun k\xF6nnen, da\xDF dieses best\xE4ndige Licht, das n\xE4mliche mit demjenigen sey, welches wir das Nordlicht nennen. Denn es wandelt mich, und zwar nicht ohne Grund, ein gewaltiger Argwohn an, ob sie nicht unter diesem Worte, ein anderes Licht verstehen, welches sie meistentheils in der Beobachtung des wahren Nordlichts hindert. Anderer Dinge nicht zu erw\xE4hnen, so ist bekannt, da\xDF man im n\xF6rdlichen Theile von Schweden meistens bey wolkigtem Himmel, in dem Dunstkreise eine R\xF6the sehe,

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welche einer von Feuerbr\xFCnsten entstehenden R\xF6the gleichet, und von den Innwohnern Schneefeuer benamset wird; weil es von den Sonnenstrahlen erzeuget wird, welche von denen im Dunstkreise herumfliegenden Schneeflocken zur\xFCckgeprellet werden, und sichere Vorbothen des Scheewetters sind. Diese R\xF6the hat Herr Kalm, auch bey heitern N\xE4chten, sehr oft gesehen, aber niemals eine Ver\xE4nderung in der Magnetnadel dabey wahrgenommen.

2) Herr Mairan thut sehr gr\xFCndlich und genau dar, da\xDF au\xDFer dem Nordangelkreise die Nordlichter \xFCberaus seltsam seyn; da\xDF man zuweilen auch etliche Jahre nach einander keines sehe; da\xDF zuweilen innerhalb einem Jahre mehrere erscheinen. H\xF6ren wir hier\xFCber auch den Herrn Celsius, welcher in dieser Sache ein unverwerflicher Zeuge seyn mu\xDF: Aus diesem, sagt er, folget doch nicht, da\xDF man in Schweden und anderw\xE4rts diese gr\xF6\xDFere Nordhellen in vorigen Zeiten niemal gesehen habe; sondern es scheint vielmehr, da\xDF sie nur nach einen gr\xF6\xDFern Zeitraum erscheinen. — — Ja, glaubensw\xFCrdige M\xE4nner zu Upsal, M\xE4nner von siebenzig Jahren versichern: da\xDF sie diese ungew\xF6hnlichen besonders diese gr\xF6\xDFern Hellen niemals gesehen haben.

Nun sind diese seltene Hellen entweder von eben der Gattung, als jene best\xE4ndigen, die um den Nordangel erscheinen; oder sie sind von ihnen unterschieden. Sind sie unterschieden: so kann die Best\xE4ndigkeit ihrer Lichter den Zusammenhang nicht hindern, welchen die unsrigen mit der allgemeinen Bewegung der Erde haben. Sind sie aber von einerley Gattung, so frage ich, warum bringen die n\xE4mlichen Ursachen, nicht eben so oft, auch die n\xE4mlichen Erscheinungen au\xDFer dem Nordangelkreise hervor? Warum bringen sie zuweilen diese durch viele Jahre gar nicht hervor? Warum sind ihre Lufthellen nicht auch in Schweden und Ru\xDFland sichtbar? Einige schwedische Landschaften erstrecken sich ja bis zum Nordangelkreise hinauf; denn ihre Mittelbreite ist beyl\xE4ufig = 60\xB0? Man f\xFChre in Gedanken eine Ber\xFChrungslinie, welche die Absichtslinie vorstelle, bis zu diesem sechzigsten Grade; so wird sie mit der verl\xE4ngerten Erdachse in einer Entfernung von 133. Meilen zusammen kommen: also m\xFC\xDFten die Schweden diese bey dem Nordangel so hoch erhobenen Hellen in ihrem Gesichtskreise sehen, weil die Strahlenbrechung, welche in diesen Gegenden meistentheils st\xE4rker ist, die Gegenst\xE4nde, zu heben pfleget. Allein- das Nordlicht besteht ja nicht in einem einzigen Punkte auf der verl\xE4ngerten Erdachse: sondern es breitet sich zierlich in den Nordangel herum aus. Nehmen wir nun aus den oben

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bestimmten Halbdurchmesser des Nordscheines den kleinsten, n\xE4mlich = 270 Meilen an. Man w\xFCrde also den Bogen, dessen Mittelpunkt von der Erde 133 Meilen entfernt ist, in einer breite von 60\xB0. unter einem Winkel von 27\xB015' sehen: man w\xFCrde diesen Bogen in dem Gesichtskreise noch sehen, wenn gleich bey dem Nordangel die Erde selbst ber\xFChrte, ja wenn er gleich die Erdachse utner der Oberfl\xE4che zu einer Tiefe von 23 Meilen durchschnitte. Wenn der Bogen mit seinem Mittelpunkte dem Nordangel ber\xFChrte, so w\xFCrde man ihn auf dem Gesichtskreise sehen, wenn er auch nur einen halben Durchmesser von 120 Meilen h\xE4tte. Wenn sein Mittelpunkt von der Erde 2 Meilen weit abst\xFCnde; so w\xFCrde seine Spitze noch \xFCber den Gesichtskreis vorherragen, w\xE4re gleich der Halbdurchmesser nur von 227 Meilen. Wenn sie nun sagen, jene t\xE4gliche Hellen erstrekten sich meitstentheils nicht auf solche H\xF6hen; so antworte ich: also m\xFC\xDFen diejenigen, welche sich so hoch erstrecken, und in Schweden, Ru\xDFland, und anderen Provinzen sichtbar sind, zweifeslohne eine Verbindung mit dem Jahrswirbel der Erde haben.

III. Von den verschiedenen Meinungen der Naturforscher \xFCber das Nordlicht.

Alle hier\xFCber bekannte Meynungen der Naturforscher lassen sich bequem

in zwo Gattungen abtheilen. Die einen versetzen das Nordlicht in die untere Gegend des Luftkreises, dessen H\xF6he, wie oben angemerket, von dem Herrn Verfasser auf 8. Meilen bestimmet worden. Die andern f\xFChren es viel h\xF6her, und zwar in jenen Raum hinauf, welche die feinste, und die Lichtstrahlen zur\xFCck zu werfen ungeschickte Luft enth\xE4lt.

Jene welche glauben, die Nordlichter w\xFCrden von fetten Ausd\xFCnstungen der irdischen K\xF6rper, welche sich nachher im Dunstkreise untereinander entz\xFCndeten erzeuget, m\xFCssen

1) eine wahrscheinliche Ursache angeben, warum die meisten Nordlichter in der n\xF6rdlichen Himmelsgegend erscheinen,

2) Es erkl\xE4ren, warum es sich nicht er\xE4ugne, da\xDF zween Beobachter, welche unter dem n\xE4mlichen Mittagskreise, aber in sehr verschiedenen Breiten sich befinden, die Nordlichter in gleicher Erh\xF6hung \xFCber dem Gesichtskreis, gleich wie die Wolken sehen: da sie doch den n\xF6rdlichen Einwohnern allezeit h\xF6her, und der s\xFCdlichen allezeit niedriger vorkommen.

3) M\xFC\xDFten aus diesen Ursachen entstandene Nordlichter, von eben so vielen Beobachtern s\xFCdw\xE4rts, als nordw\xE4rts gesehen werden.

4) M\xFC\xDFte man auch mehrere Nordlichter zu gleicher Zeit vom n\xE4mlichen Orte aus sehen k\xF6nnen.

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Eben diese Einw\xFCrfe gehen auch jene an, welche die Erzeugung des Nordlichtes von der Elektricit\xE4t der irdischen D\xFCnste im Dunstkreise herleiten. Die besonderen Einw\xFCrfe wider diese Meynung wolle wir hier nicht anf\xFChren.

Herr Spidberg, Prediger zu Christiansand in Norwegen, holet die Erzeugung des Nordlichtes aus dem Zur\xFCckwerfen der Sonnenstralen, welches durch die kleinsten innerhalb des Dunstkreises herumflatternden Schneeflocken verursachet wird.

Welche noch heute dieser Meynung anhangen, erheben diese Schneeflocken entweder 1) zu jener H\xF6he, welche das Nordlicht zu fordern scheint. Nun ist in dieser Entfernung die Luft millionenmal d\xFCnner, als bey uns: was unterst\xFCtzet also dort diese Pl\xE4ttchen, welche das Licht so gewaltig zur\xFCckprellen, da\xDF man beym Nordlichte einen mittelm\xE4\xDFigen Druck ganz bequem lesen kann? Warum verursachen die platten Theilchen, nicht best\xE4ndige D\xE4mmerungen? Warum erzeugen sie bisweilen viele Jahre hindurch kein einziges Nordlicht, wenigstens welches man au\xDFer dem Nordangelkreise sehen k\xF6nnte? u. s. w. oder sie sagen:

2) da\xDF diese Flecken nicht \xFCber 8 oder 10 Meilen weit von der Erde entfernet sind: in welchem Falle, sie zugleich verneinen m\xFCssen, da\xDF man von entlegenen Orten die n\xE4mliche

Nordscheine sehe, wovon oben gehandelt worden.

3) M\xFCssen sie beweisen, da\xDF die Lage des Nordlichts, von der Lage der Sonne oder des Mondes abhange, und deutlich darthun, warum es gleichwohl in der Stelle bleibe, obschon die Sonne einen merklichen Raum ihrer Laufbahn unter dem Gesichtskreise fortwandelt? warum sich nicht das Nordlicht, gleich dem Regenbogen itzt ostw\xE4rts, itzt westw\xE4rts zeige?

4) Wird die Erzeugung des Nordlichts auf diese Art angenommen: so f\xE4llet es gewi\xDF schwer, seine Verbindung mit dem Jahrswirbel der Erde, und die wunderbare Uebereinstimmung mit den Au\xDFerungen des Magnets zu erkl\xE4ren.

Herr Euler, von der erstaunlichen H\xF6he der Nordlichter \xFCberzeigt, hat sich einen Mittelweg erw\xE4hlet, so da\xDF er sie zwar \xFCber die Gr\xE4nzen des dichtern Dunstkreises hinausf\xFChrt, aber doch zugleich behauptet, sie entst\xFCnden, aus eben diesem dichtern Dunstkreise. Er glaubt n\xE4mlich, diese dichtere und zur Zur\xFCckwerfung des Lichtes geschickte Luft werde gleich dem Kometenschweife von den Sonnenstralen ungemein weit herausgetrieben: von dieser also hinausgetriebenen Luft werden die Lichtstralen zu uns herabgeprellet, und daher seyn nicht nur die Nordlichter, sondern die D\xE4mmerungen selbst. Diese

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Meynung bestreitet Herr Mairan (Eclaircius 7. & 9.) mit den wichtigsten Gr\xFCnden.

Dagegen gr\xFCndet er die Seinige auf die untr\xFCgliche Erfahrung, da\xDF zuweilen von dem Sonnenluftktreise nicht nur der Luftkreis der Erde; sondern auch die Erde selbst ber\xFChret, ja also vermischet und \xFCberschwemmet werde, da\xDF die Spitze weit \xFCber die Erde hinauslauft; wie dieses von dem Herrn Verfasser in seiner Naturlehre gezeiget worden.

Von dieser Vermischung der Luftkreise nun, leitet Herr Mairan die Nordlichter ab. N\xE4mlich da sich der ungeheure Kumpen des Sonnenluftkreises der Erde also n\xE4hert, da\xDF er die im ersten Theile bestimmten Gr\xE4nzen der Anziehungeskraft \xFCberschreitet: so f\xE4llt er erdw\xE4rts, und da er durch diesen Fall auf verschiedene Art ersch\xFCttert und untereinander gemischet wird; so f\xE4ngt er zuweilen Feuer, und verbreitet Licht.

In dem Folgenden wird diese Meynung umst\xE4ndlich vorgetragen; aber auch Schwierigkeiten darwider angef\xFChrt. Und nachdem der Herr Verfasser einige Muthma\xDFungen vorgebracht; jedoch ohne sie jemanden aufdringen zu wollen: indeme man heut zu Tage nichts ohne Grund meynen soll; so sagt er: Vielleicht wird unser Herr Hell etwas Gewissers und Entscheidenders an das Licht bringen, welcher sich in dem Vaterlande der Nordlichter eine geraume Zeit aufgehalten hat.

II. Vermischte Nachrichten.

Fortsetzung, der verschiedenen Gebr\xE4uche fremder V\xF6lker, bey ihren Verheurathungen.

In Korea *) werden die Heurathen, ohne sonderliche C\xE4remonie vollzogen. Man schlie\xDFt sie meist schon zwischen Kindern von 7. bis 8. Jahren, und erlaubt den jungen Leuten \xFCberhaupt den vertrautesten Umgang untereinander. Die Keuschheit ist eben die Tugend dieser Nation nicht, denn es wimmelt \xFCberall von liederlichen Weibspersonen. — Die Verlobten wohnen bis zum Hochzeitstage bey dem Schwiegervater, wenn die Braut nicht etwann ein einziges Kind ist. — Am Hochzeitstage reitet der Br\xE4utigam in Begleitung seiner Freunde und Verwandten durch die vornehmsten Gassen der Stadt, und h\xE4lt endlich vor dem Hause seiner Braut, wo diese sogleich mit ihren Anverwandten herauskommt, und mit dem Br\xE4utigam in sein Haus ziehet, wo sodann, die Hochzeit ohne weitere Umst\xE4nde vollzogen, und den G\xE4sten ein Schmaus gegeben wird. Im ersten, zweyten und dritten Grade, sind hier die Ehen verbothen. Die Vielweiberey ist zwar nicht ganz ungew\xF6hnlich, jedoch in den Ges\xE4tzen ausdr\xFCcklich untersagt. Nach

*) Nach der Beschreibung des Herrn Hamel.

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Denselben soll der Mann nur eine Frau im Hause haben, au\xDFerhalb denselben kann er so viel unterhalten, als ihm beliebet. — Sonst sind die Weiber in gar keiner Achtung, und werden nicht viel besser, als die Sklavinnen gehalten, ja sehr oft, mit sammt ihren Kindern aus dem Hause gejaget. —

Die Tunkineser *) k\xF6nnen sich ohne Einwilligung ihrer Eltern nicht verheurathen. Das sechzehnte Jahr ist f\xFCr die M\xE4dchen die ordentliche Heurathszeit. Die ganze C\xE4remonie kommt daruf an, da\xDF ein Verwandter um sie anh\xE4lt, wobey man dem Vater des M\xE4gdchens einige Geschenke giebt, und wenn der Antrag genehmiget wird, das beyderseitige Verm\xF6gen untersuchet. Der Br\xE4utigam schickt sodann seiner Braut alles, was sie n\xF6thig hat, und wann der angesetzte Tag zur Hochzeit erscheinet, so wird sie von ihren Eltern und Verwandten, nebst allem dem, was sie von ihrem Liebsten empfangen hat, in einer Proce\xDFion in das Haus desselben begleitet. — Die Vielweiberey wird in Tunkin zwar geduldet, doch hat nur die vornehmste Frau allein im Hause zu befehlen. Die Landesges\xE4tze erlauben den M\xE4nnern die Ehescheidung, die Weiber aber, k\xF6nnen ihn ohne seine Einwilligung nicht verlassen. Die geschiedene Frau hat das Recht, sowohl ihr zugebrachtes, als das, was sie von ihrem Manne erhalten hat, mitzunehmen; ihre Kinder aber l\xE4\xDFt sie ihm zur\xFCcke. Die C\xE4remonie bey Ehescheidungen bestehet darinnen, da\xDF einer von den beyden E\xDFspissen, deren sie sich bey Tische bedienet, zerbrochen wird, und die St\xFCcke davon in zjween verschiedene Beutel gen\xE4het werden, davon den einen der Mann beh\xE4lt, den andern aber ihr einh\xE4ndiget. Ueberdie\xDF giebt er ihr auch eine Art eines Scheidebriefes, in welchem alles, was sie, mit sich nehmen kann, angef\xFChrt ist. — Die Untreue wird bey den Weibern sehr hart gestrafet; denn diejenige, welche davon \xFCberf\xFChret worden, wird einem dazu abgerichteten Elefanten vorgeworfen, der sie zu Tode tritt. —

Die Japaner`*) verheurathen sich ordentlich mit mehreren Weibern, unter welchen jedoch nur eine, die eigentliche Frau des Hauses ist, und mit den andern befiehlet. Dieser Vielweiberey ungeachtet, halten sich die M\xE4nner, wenn sie verm\xF6glich sind, auch noch Beyschl\xE4ferinnen. — Die Anwerbung, der Heurathskontrakt, und andere vorl\xE4ufige C\xE4remonien, werden meistens durch die beiderseitigen Anverwandten berichtiget. Die Weiber bringen auch hier kein Heurathsgut mit, sie m\xFCssen vielmehr ihren Eltern oder Anverwandten abgekaufet werden, doch bekommt der Br\xE4utigam einige Geschenke von der Braut, die er aber auch zu

*) Siehe Barons Beschreibung von Tunkin.

*) Nach dem Caron, K\xE4mpsen u. a.

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erwidern gehalten ist. Die Trauungsc\xE4remonie geschiehet in dem Tempel, an dem Fu\xDFgestelle eines G\xF6tzen, von den Bonzen. Mannspersonen von geringer Herkunft, gehen dahin zu Fu\xDFe, Vornehme aber fahren in Kutschen, und erwarten die Braut, die mit einem Schleyer, vom Kopfe bis auf die F\xFC\xDFe bedeckt, unter Vortrettung einiger Musikanten, und in Begleitung einer Menge Weiber, erscheinet. W\xE4hrend der Trauung, halten der Br\xE4utigam und die Braut eine brennende Fackel oder Lampe in den H\xE4nden, worauf die Gesellschaft den getrauten Personen Gl\xFCck w\xFCnschet, die Braut aber, alle iher kindische Spielsachen ins Feuer wirft. Darauf begiebt sich die Hochzeitversammlung in das Haus des Br\xE4utigams, wo dieser seine Liebste, die bisher mit dem Schleyer bedeckt war, das erste mal siehet. Die Hochzeitlustbarkeiten, welche nach Beschaffenheit der Umst\xE4nde, in Gastmahlen, T\xE4nzen, Schauspielen, u. d. gl. bestehen, dauern meistentheils ganzer acht T\xE4ge. Sodann wird die Braut in ein f\xFCr sie bestimmtes eigenes Zimmer gef\xFChret, aus welchem sie nie wieder k\xF6mmt, au\xDFer, wenn sie den j\xE4hrlichen Begr\xE4bni\xDFgebr\xE4uchen ihrer Familie beywohnet. — Weil nun die M\xE4nner au\xDFerordentlich eyfersichtig sind; so m\xFCssen sich die Weiber f\xFCr allen Dingen h\xFCtten, da\xDF sie ihnen keine Gelegenheit geben, in ihre Treue ein Mi\xDFtrauen zu setzen. Denn, der Mann ist in seinem Hause ein v\xF6llig uneingeschr\xE4nkter Herr, und hat, in Ansehung seiner Familie, das Recht \xFCber Tod und Leben.

In Golkonda*) haben die Eltern allein das Recht, ihre Kinder zu verheurathen; und sie suchen f\xFCr sie allemal aus ihrer Zunft, ja meistentheils aus ihrem Geschlechte, einen Gatten aus, den die Grade der Verwandschaft kommen hier zu keine Betrachtung. Die T\xF6chter bekommen kein Heurathsgut, der Brautvater wird vielmehr von dem Br\xE4utigam beschenket. Die Knaben verm\xE4hlt man schon im f\xFCnften, die M\xE4gdchen aber im dritten Jahre, doch wird mit der Verlobung so lang gewartet, bis es die Natur erlaubet. Dieses aber geschiehet gar bald, denn man siehet nicht selten zw\xF6lfj\xE4hrige Frauen ins Kindbette kommen. — Die Heurathsgebr\xE4uche bestehen darinnen, da\xDF man das Brautpaar in einem Palankin setzt, und durch alle Gassen tr\xE4gt; nach ihrer Zuruckkunft breitet der Bramin ein Tuch aus, und l\xE4\xDFt den Br\xE4utigam das blo\xDFe Bein darunter stecken, womit er den Fu\xDF der Braut ber\xFChren mu\xDF. — Wann der Mann stirbt, so darf sie sich niemals wieder verm\xE4hlen, sondern sie mu\xDF ihr Leben, in einem betr\xFCbten Zustande, zubringen; indem sie in dem Hause ihres Vaters eingesperret wird, ohne jemals einen Fu\xDFe herauszusetzen.

Weil die Mongalen**) ihre Weiber kaufen m\xFCssen: so veralten ihre

*) Aus  Metholds und Taverniers Nachrichten.

**) Nach des Purchas Pilgr.

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Jungfern sehr oft, ehe sie M\xE4nner kriegen. Sie heurathen in der ersten und zwoten Stuffe der Blutsfreundschaft nicht, sehen aber nicht auf die Verwandschaft der Seitenlinie, und daher machen sie sich kein Bedenken, zwo Schwestern zu heurathen. — Wann der Vertrag mit dem Vater seiner Tochter wegen, geschlossen ist, so stellet er eine Gasterey an, sie fliehet aber indessen zu einem ihrer Anverwandten, und verbirgt sich daselbst. Wann nun der Br\xE4utigam kommt, und seine Braut verlanget, so spricht der Schwiegervater: Meine Tochter h\xF6ret euch zu; suchet und nehmet sie, wo ihr sie findet! Gleich l\xE4uft er mit seinen Freunden herum, sie zu suchen, und wann er sie gefunden hat, so bem\xE4chtiget er sich derselben, als seines Eigenthums, und f\xFChret sie gleichsam mit Gewalt in sein Haus.

Die Butharen *) kaufen ihre Weiber, und bezahlen sie nach der Sch\xF6nheit; der sicherste Weg also unter ihnen reich zu werden, ist, wann man viel sch\xF6ne T\xF6chter hat. — Den Abend vor der Hochzeit , kommt eine Gesellschaft von M\xE4gdchen bey der Braut zusammen, und machen sich mit Spielen, Tanzen und Singen, bis um Mitternacht lustig. Den folgenden Morgen versammlen sich die G\xE4ste bey der Braut, und helfen ihr, sich zur C\xE4remonie vorzubereiten. Bald darauf kommt auch der Br\xE4utigam, mit einigen seiner Anverwandten, unter Begleitung von S\xE4ngern und Musikanten, die auf Zimbeln und Fl\xF6ten spielen. Sodann wird ein Pferderennen angestellet, und von dem Br\xE4utigame einige Preise ausgetheilt, welche meist aus Pelzwerk und Zeugen bestehen. W\xE4hrend der Trauungsc\xE4remonie sehen sie einadner nicht; sondern sie beantworten die Fragen des Priesters in einer Entfernung. Wann nun diese geendiget ist, kehret der Br\xE4utigam in sein Haus zur\xFCck, und bewirthet seine G\xE4ste. Nach dem Schmause gehet er mit ihnen zu seiner Braut, und erh\xE4lt die Freyheit, sie zu sprechen. Abends kommet er wieder dahin, wo er sie schon im Bette findet, und sich sogleich, in Gegenwart aller Anwesenden Weiber, zu ihr, jedoch nur in seinen Kleidern, und auf einen Augenblick ins Bette legt. Dieses Spielwerk, wird drey Tage hintereinander getrieben, und nur die dritte Nacht wird aus diesem Scherze Ernst; den vierten Tag aber, f\xFChret er die Braut in sein Haus.

*) Geschichte  der T\xFCrken ec.

(Die Fortsetzung wird folgen.)


In Wien zu haben in dem von Ghelenschen privil. Zeitungscomtoir, in der Sinngerstrasse Nro. 931.
Topic revision: r3 - 12 Mar 2012, AgostonBernad
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