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V. Jahrgang, XXX. St\xFCck >
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V. Jahrgang, XXIX. St\xFCck, den 19. Julii 1775.
I. Geschichte.
Beschlu\xDF des Versuchs einer Geschichte der Buchdruckerey in dem K\xF6nigreich Ungarn.
[S. XXVIII. St\xFCck dieses Jahrg. N. 1. ]
Die Oberungarische Stadt Kaschau hat diese edle Kunst, in diesem Jahrhunderte, auch in ihre Mauren aufgenommen, und schon im Jahre 1600. sind aus den Pressen des Buchdruckers Johann David T\xFCrsch, verschiedene gelehrte Schriften an das Licht getretten, und l\xE4\xDFet sich die gute Verfassung, dieser, an erw\xE4hntem Orte, aller Wahrscheinlichkeit nach, ersten Buchdruckerey, unter andern auch daraus erkennen,
da\xDF sich dieselbe bey gedachter Buchdruckerfamilie, beynahe das ganze Jahrhundert hindurch in gutem Flor erhalten. Au\xDFer diesem hatte um das Jahr 1626. daselbst, auch Daniel Schultz * ) seine eigene sch\xF6ne Buchdruckerey, und noch vor ihme, Johann Fischer, dessen Typus recht sch\xF6n war; und um das Jahr 1660. findet man, die Buchdruckerey Erikus Erich, (welcher Name uns fast fingirt scheint) Stephan Boschitz und Markus Severini, welche zum Theil der T\xFCrschischen und Schultzischen, theils ihren eigenen neuen Typus, wie der Augenschein lehret, in ihrem Werkst\xE4tten gebraucht haben ** ); bis sich nacher alle Ueber-
*) M. Matthiae Heinzelii Rect. Scholae Briznensis Dissert. de modo praedicandi Synonymo &c Cassoviae apud Joh. David T\xFCrsch. A 1600. - Laudatio funebris Ifllustri\xDF. quondam Comitis D. Stanislai Thurzoiiis de Bcthlemfalua Regni Hungariae Palatini &c. conscripta & dicta a M. Elia Ursino Delit. Misn. Eccles. Neocomiensis in Scepusio Pastore; in IVto excusa Cassoviae per Danielem Schultz 1626.
**) Refutitia Joannis Jemicii auct. Petro Petschio, excusa Cassoviae apud Joh.Fischer, A. 1612. in lVto Synopsis Controvers. Metaphysic. M. Itaaci Zabanii PP. in Colleg. Epper. partim Leutschoviae apud Sam. Brever, partim Cassoviae,typis Viduae Joh. Dav. T\xFCrscho inpressa legitur. — Oratio funebris super Obitum Dni Dinielis Guth, civ. Bartph. Judicis prim. &c. dicta in Audit Epper. a Georg. Henr. Sapphum, Orat. Publ. Prof. Cassoviae excudebat Stephanus Bositz, in IVto A. 1684. Filum Labyrinthi seu Lux mentium Vniversalis a M. Joh. Bayero -Licei Epperies. Rect. Prim. Cassoviae typis Marci Severini A. 1663. in Octav. Atrium Naturae ejusd. Bayeri, impres. eodem loco. a 1662. zwey ziemlich starke gelehrte B\xFCcher. vid Czwitting.
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bleibsele dieser Privatbuchdruckereyen, wie sehr wahrscheinlich, in der akademischen Buchdruckerey daselbst zusammen vereiniget, und endlich durch einen v\xF6lligen Umgu\xDF des Typus, und desselben Vermehrung mit einem andern neuen Letternvorrath in die neue Buchdruckerey dieses gegenw\xE4rtigen Jahrhunderts verwandelt, welche nur von kurzer Zeit, nach dem erfolgten bekannten Schicksal, verm\xF6ge des Kaufrechts, ein Eigenthum der ber\xFChmten vaterl\xE4ndischen Buchdruckerfamilie derer Landerer geworden ist.
In der Stadt K\xE4\xDFmarkt oder Keysersmarckt in der Graffschaft Zip\xDF, hat sich die edle Buchdruckerkunst gegen das Ende dieses siebzehnten Jahrhunderts auch einiger ma\xDFen hervorgethan, auch bis auf einige Jahre des gegenw\xE4rtigen darinn erhalten; doch ist uns aus derselben nicht viel betr\xE4chtliches vor die Augen gekommen. Matth\xE4us Glaser oder Vitriarius ist der einzige Buchdrucker, der uns durch des Elias Milinarowitsch b\xF6hmisches Gesangbuch, welches er gedruckt, dem Namen nach bekandt worden. Der Typus war inzwischen sowol im Deutschen, als Lateinischen, wie die unten angef\xFChrten St\xFCcke uns bemerken lassen, sch\xF6n und sauber *). In den beyden Oberungarischen k\xF6niglichen freyen St\xE4dten, Bartfeld und Leutschau, zeigte sich unterdessen, wie in dem vorigen sechzehnten, also auch noch mehr in diesem siebenzehnten Jahrhundert, diese vortrefliche Kunst in dem sch\xF6nsten und gr\xF6\xDFten Flore. Der ber\xFChmte Buchdrucker Guttgesell in Bartfeldt, in der Graffschaft Schaarosch, dessen wir schon oben mit billigem Lobe gedacht, scheint zwar entweder gar nicht, oder doch nicht weit \xFCber die Gr\xE4nze dieses Jahrhunderts mit seinem Leben, und seiner gemeinn\xFCtzigen typographischen Arbeit gekommen zu seyn; allein der Gebrauch seines sch\xF6nen Typus dauerte nichts destoweniger fort, und die \xF6ffentliche
*) Querimonia Caritatis, &c. Hungarico-Christiano data Orbi, die 16.Maji, quum curreret Annus, non Charitate calidus; Ised factionibus CALLIDISSIMVS a Paolo Thessedik Puchoviensi, Semin. Rosnav. Cive extra Patriam ituriente. Impr. Kesmarkini in IVto. — Sacri Reg. Apost. Hung. gloriosiss. Ducum & Sereniss. Regum Gloriosissimae Memoriae &c. eleganti Carm. lat. expressa, authore Zach. Clementis Cibin. Hung. impr. Caesarco-Fori A. 1706 in forma octava. ein gewi\xDF recht sch\xF6nes Werkchen.
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und eigene Buchdruckerey dieser Stadt, die in dieser Zeit vorkommt, ist ohne allem Zweifel, die Guttghesellische gewesen, die, entweder dieser w\xFCrdige Typograph, wenn er etwa, wie wir sehr vermuthen, ohne Erben gestorben, als ein rechtschaffener dankbarer B\xFCrger, durch ein Verm\xE4chtni\xDF, der Stadt und dem Publikum hinterlassen; oder welche, wenn ja Erben da gewesen, die das Werk nicht forttreiben k\xF6nnen oder wollen, k\xE4uflich ein Eigenthum der Stadt geworden * ). Au\xDFer dieser waren aber auch noch andere Privatbuchdruckereyen daselbst, als die K\xF6\xDFische und Scholtzische; bis endlich die, \xFCber anderthalb hundert Jahre in dieser Stadt ununterbrochen fortgetriebene typographische Arbeit, auch eingestellet, und der dazu geh\xF6rige Vorrath theils nach Kaschau, theils an andere Orte hingebracht worden. ** ).
*) Im Jahre 1599. kam bey David Guttgesell, au\xDFer verschiedenen andern guten Schriften, das bekannte sch\xF6ne Werk Hypomnema des Severini Sculteti heraus; und nach der Zeit ist uns von ihm nichts mehr zu Gesicht gekommen. Bey der Stadtbuchdruckerey hat Thomas Scholtz und anderer gearbeitet, wie die vor uns liegende Werke zeugen. Im Jahre 1700. kam aus seiner Arbeit das Jus Civile derer an den Magistro Thavernicorum angewiesenen k\xF6nigl. freyen St\xE4dte, deutsch in lVto heraus; und auch noch von den Jahren 1710. 1715. haben wir einige sch\xF6ne lateinische Buchdruckerey in H\xE4nden.
**) Nomendatura seu Dictionarium Latino Hungaricum per Clar. Virum D. Basilium Fabricium &c. Bartphae typis & sumptibus Jacobi Kl\xF6tz. A. 1630. — Poetischer Akt und geistliches Spiel, von den dreyen Gaben der Weisen aus Morgenland ic. gehalten in der k\xF6nigl. freyen Stadt Epperies, durch Petrum Eisenberg, gedruck zu Bartfeld bey Jacob Kl\xF6\xDF, im Jahre 1652 mit Kupfern. Die Poesie ist f\xFCr diese Zeiten sch\xF6n, und die Kupfer recht sauber. Um das Jahr 1668. war auch Georgius Sambuch oder Sambuk, ein Typograph in Bartfeld, und vielleicht aus dem Geschlechte des ber\xFChmten vaterl\xE4ndischen Gelehrten, Johannes Sambuci Tyrnaviensis.
Leutschau aber, welche Stadt wir mit Flei\xDF auf die letzte gelassen haben, \xFCbertraf hierinn alles, was bisher von uns angef\xFChret worden. Denn au\xDFer dem, da\xDF der Typograph Daniel Scholtz, in dem ersten Theile dieses Jahrhunderts mit einigen Mitarbeitern, als Jacob Kl\xF6\xDF dem \xE4ltern, und noch mehr andern, dieses Werk an diesem Orte, mit allem Flei\xDFe trieb *), so kam darauf um das Jahr 1630, der ber\xFChmte Laurentius Brewer oder Breuer mit seiner neuangelegten und nach und nach bis zu einem vorz\xFCglichen Grade der Sch\xF6nheit und Vollkommenheit gebrachten Buchdruckerey dazu; Aus welcher eine sehr gro\xDFe Menge, gr\xF6\xDFerer und
*) Das sch\xF6ne Werk des Josquini Betulei de Summo Bono, lie\xDF im Jahre 1618. nach der Deutschen Hanauischen Ausgabe dem Jahre 1609. der edle Herr Antonius Kramer, damaliger sehr vornehmer Kauf- und Handelsmann in der Stadt Leutschau, zum drittenmal dem deutschen Publikum zum besten, auf seine Unkosten, auflegen, welches in dieser Scholzischen Buchdruckerey geschah. Es wird solches am Ende des Buchs mit diesen Worten angezeiget. Gedruckt zu Leutschau bey Daniel Schultz im Jahre 1618. Manuale precum Hung. Leutschoviae impr. Jacob Kl\xF6tz. 1614.
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kleinerer Schriften, in verschiedenen Sprachen, und gr\xF6\xDFtentheils auch von sehr n\xFCtzlichem und gelehrtem Inhalt, an das Licht getreten. Das Ansehen dieses Mannes l\xE4sset sich unter andern daraus abnehmen, da\xDF er viele Jahre hindurch die W\xFCrde eines Ratsherrn von der ersten Ordnung, bey dem damaligen sehr bl\xFChenden Zustande dieser ansehnlichen Stadt bekleidet hat. Sein Sohn Samuel Breuer, setzte das Werk des Vaters nach seinem Tode, der um das Jahr 1660 erfolgte, mit stets gr\xF6\xDFerm Eifer fort, und wurde dabey, von seinem Bruder Johann, welcher bey seinem Aufenthalte in Deutschland, und auf den Akademien, mit dem Studium der Medicin, darinn er auch die Doktorw\xFCrde erhalten, das Studium der edlen Buchdruckerkunst zum angenehmen und n\xFCtzlichen Zeitvertreib mit verbunden, aufs beste unterst\xFCtzt; und als er um das Jahr 1700. durch den Tod, so wie sein Leben, also auch mit demselben dieses edle Gesch\xE4fte beschlo\xDF, so stund seine hinterlassene Witwe Sophia Breuerin der Werkst\xE4tte mit m\xF6glichster Sorgfalt vor, und die Arbeit gieng bis zu ihrem Tode, ja auch nach demselben, noch einiger ma\xDFen durch manche Jahre, obgleich mit vieler Unterbrechung fort **). Die Tochter dieses Samuel
** ) Vide Biogr. Medic. Hung. Veszprem. Cent. Litt. B. Brewer. Die Schriften die aus dieser sch\xF6nen Buchdruckerey beynahe durch ein ganzes Jahrhundert gekommen, sind ungemein zahlreich, und finden sich besonders in diesen Gegenden in vieler H\xE4nden: auch sind noch viele Vorr\xE4the in Cruda \xFCbrig.
Breuers, welche an den ber\xFChmten Phisicum und Doktor der Arzneygelehrtheit, Herrn Hambach, als das einzige noch \xFCbrige Kind, von dieser ber\xFChmten Buchdruckerfamilie, verheurtathet worden, ist in Eperies nur vor einigen Jahren in einem mehr als achtzigj\xE4hrigen Alter gestorben; so, da\xDF die Jahre dieser w\xFCrdigen Matrone, mit den Jahren ihres Vaters Samuels, und Gro\xDFvaters Laurentius Breuer zusammen genommen, mehr als ein und ein halbes Jahrhundert ausmachen, und den Segen dieser Familie auch hiedurch erweisen
*). Die Sch\xF6nheit des Breuerischen Typus ist so gro\xDF, da\xDF man denselben, wie es der Augenschein lehret, mit den sch\xF6nsten Deutschen und Holl\xE4ndischen Drucke vergleichen kann. Noch im Jahre 1727. ist aus derselben eine ungemein gelehrte Schrift, die wir unten anf\xFChren, zum Vorschein gekommen *). In
***) Sie war die Gemahlinn des ber\xFChmten Physici und k\xF6nigl. Pohlnischen Archiaters Herr D. Johann Hambach in Epperies: ihr einziger Sohn, Herr D. Samuel Hambach, stehet letzt dem Physicat in den nunmehrigen k. k. XVI St\xE4dten, in der Grafschaft Zip\xDF mit besonderem Ruhme vor.
*) sich davon zu \xFCberzeugen, darf man nur den Druck in dem bekannten libro memor quadrilingui Matth. Belii; oder das mit diese mTypus, zu Herrmanstadt durch Besorgung des Peter Bod, im Jahre 1767. neu abgedruckte Dictionarium des Franc. Pariz Papai, ansehen. Die gemeldte Schriftz ist: Comment. Historico-Juridica, de Origine & Progressu Juris Hunno Hungarici & c. authore Joanne Jony &c. Leutschoviea A. 1727 in IVto.
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den zwo letzten gro\xDFen Feurersbr\xFCnsten dieser Stadt, n\xE4mlich im Jahre 1746 und dann im Jahre 1754. hatte diese sch\xF6ne Buchdruckerey auch viel gelitten, und besondes in der ersten, bey welcher fast der betr\xE4chtlichste Theil davon, in der Flamme geschmolzen, und vernichtet worden. Die Ueberbleibsele haben die von der weiblichen Seite vorhandene Wachsmannische Erben, theils nach Hermannstadt in Siebenb\xFCrgen an die Buchdrucker Sardi und Lintzing, theils nach Gro\xDFkarol an den Buchdrucker Pap; theils auch nach andern Orten, f\xFCr geringe Preise verkauft; so da\xDF dieser saubere Typus, auch nach dem v\xF6lligen Aussterben dieser ber\xFChmten Buchdruckerfamilie dem Publikum noch zu Nutze kommet **). Und soviel demnach vor jetzo von den Buchdruckereyen unseres geliebten Vaterlandes auch in dem XVII. Jahrhundert. Von den neuesten, die nun beynahe in allen ansehnlichen St\xE4dten des K\xF6nigreichs, und besonders zu Pre\xDFburg, Ofen, Tyrnau, Oedenburg, Erlau, Raab und andern Orten, in der sch\xF6nsten Vollkommenheit, angetroffen werden, d\xFCrfen wir nichts erw\xE4hnen; da die aus denselben fas t\xE4glich herauskommenden Schriften, davon genugsame Zeigni\xDFe sind.
**) Vidc Biograph. Med. Veszprem. l. c.
II. Vermischte Nachrichten.
Fortsetzung der Muthma\xDFungen, von dem Ursprung und dem rechten Vaterlande der Zigeuner.
Was den letzterrn Brief betrift, welchen Thomas Polgar von dem K\xF6nig Uladislaus erhalten hat; so kann man denselben wohl gelten lassen. Denn warum sollte ein Landesherr solche Freyheiten, einem Menschen versagen, wenn er brauchbar ist; besonders da andere ansehnliche M\xE4nner f\xFCr ihn bitten und gut stehen wollen.
Die Bathorischen Privilegia, die vielleicht niemalen jemanden zu Gesichte gekommen sind, wollen wir auch an ihren Orte gestellet seyn lassen: zumalen es ohnehin, einen Unschuldigen anzutasten und zu beleidigen, in allen gesitteten L\xE4ndern unerlaubt ist.
Allein der Geleitsbrief des Kaisers und K\xF6nigs Sigismund, den sie nach Bononien mit sich brachten, enth\xE4lt sehr wenig ernsthaftes; wenn anders der Inhalt desselben vom Muratorio richtig angegeben ist: Denn welcher christliche Souverain wird wohl einem liederlichen Volke, durch eine, unter seinem Namen ausgestellte Urkunde, die Ausgelassenheit
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erlauben, sieben Jahre lang, wo sie hinkommen werden, aller Orten, zu rauben und zu stehlen? Ob aber dieser Brief vom Kaiser Sigismund der n\xE4mliche sey, von welchem die deutschen Geschichtschreiber Meldung thun, daran ist wohl billig zu zweifeln: Denn sonsten h\xE4tten M\xFCnster, Kranz oder Guler ein mehreres davon gesagt; welche jedoch nur so viel berichten, da\xDF in diesem Briefe gestanden: wie sie, wegen eines Gel\xFCbdes und wegen der ihnen auferlegten Bu\xDFe; weil sie den christlichen Glauben verleugnet gehabt, und sieben Jahre lang zu den heidnischen Irrth\xFCmern zur\xFCckgefallen gewesen, deswegen eben so viel Jahre, nach gemachtem Ausschu\xDF in der Welt an fremden Orten umherziehen, und dadurch die begangene Treulosigkeit b\xFCssen sollten. Und Thomasius h\xE4tte auch schwerlich aus diesem Decret, wo denen Zigeunern die Erlaubni\xDF gegeben wird, zu stehlen und zu rauben, den Schlu\xDF machen k\xF6nnen; da\xDF sie ehedem ehrlichere Leute, als nach der Zeit gewesen seyn m\xFCssen *). Au\xDFer dem kann man auch daraus sehen, da\xDF ihre Briefe unterschieden gewesen seyn m\xF6gen; weil sie unter einem anderen Herzoge, n\xE4mlich dem Herzog Andreas von Bologna; und unter dem Michael nach Deutschland gekommen sind. Es m\xFCssen also zwey verschiedene Z\xFCge dieses Volks gewesen seyn, die zugleich unterschiedene Ge-
*) Vid. ejus Dissert. \xA7. 27. Item \xA7. 57.
leitsbriefe mit sich f\xFChreten. Gesetzt aber, der Kaiser und K\xF6nig Sigismund habe diesem Volke w\xFCrkliche Geleitsbriefe ertheilet; so hat es dennoch das Ansehen, da\xDF solches mehr aus einer Staatsklugheit, damit man dieser G\xE4ste, wenigstens zum Theil lo\xDF w\xFCrde, und sie auf eine gute Art weiter bef\xF6rdern k\xF6nnte; als wegen ihrer Verdienste und guten Verhaltens, geschehen seyn mag. Genug die Erfahrung hat es bald gelehret, wie sie mit dergleichen Briefen, viele Gauckeleyen angestellet, und allerhand Betrug gespielet haben. Unter dem Vorwand solcher Schutzbriefe, beraubten sie das Landvolk, und weigerten sich doch dieselben vorzuzeigen. Und wenn man mit Macht darauf gedrungen, so hatten sie entweder nichts, oder f\xE4lschlich nachgemachte Schriften, die sich, durch ihre Schreibart selbst verriethen, als welche sich, von derjenigen, die in den Canzleyen gew\xF6hnlich ist, ganz unterschieden befand. Daher ergiengen eben in verschiedenen Provinzen Deutschlands, \xF6ffentliche Befehle und Verordnungen wider dieses Volk; da\xDF man diese Diebe und Landstreicher allenthalben anhalten, ihren vermeynten Schutzbriefen keinen Glauben beymessen; sondern nach Befinden, die Urheber
solcher Schriften aufsuchen, und mit Ernst und Nachdruck bestrafen sollte *).
*) V. Pet. Frid. Mindan de Mandat. lib. a. cap. 41. num. 7. Ahasv. Fritschii Diatribe de Zygenorum origine, vita ac moribus: Hoc denique monendum videtur, si Zigeini diplomata Caesarea ut quandoque factum legitur, salvi conductus preferant, iis non illico fidem esse habendam &c.
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Nachdem wir aber gesagt haben, da\xDF sich die Zigeuner aus Ungarn nach Deutschland, und in andere umliegende L\xE4nder begeben haben, so entstehet hier abermal die Frage: wenn und woher sie nach Ungarn gekommen sind? Was den eigentlichen Zeitpunkt betrift, wenn dieses Geschlecht den ungarischen Grund und Boden zum erstenmal betretten, so finden wir denselben weder in unsern Jahrb\xFCchern, noch auch in der Geschichte unsers Vaterlandes p\xFCnktlich ausgesetzt. So viel ist aber zuverl\xE4\xDFig und gewi\xDF, da\xDF sie vor den Zeiten des Kaisers und K\xF6nigs Sigismund desselben nirgends gedacht werde, und da\xDF es unter der Regierung dieses K\xF6nigs auch hier im Lande bekannt worden sey * * ), n\xE4mlich einige Jahre fr\xFCher, ehe es sich in Deutschland sehen lie\xDF. Weil sich aber die Zigeuner ehedem sowohl in Ungarn zu der griechischen Religion bekannt haben * * * ), wie sie denn auch in Sieben-
**) Joh. Tomka Saszky Comment. de diversis populis Hung. \xA7. 7. Isthinc namque, regnante Sigismundo, primum cogniti in Hungariam commigrarunt, habentque nunc etiam in Transilvania Valachiaque hospitium.
***) Tollii Epist. Itiner. Edit. Henninianae anni 1714. Epist. V. pag. 201. Religionem nem pre se ferunt (Zingari Pesthini) Graecam.
Toppeltin. Origines & Occaf. Transilv. cap. 6. p. 55. edit. Viennen. Apud nos (Zingari) Christianos se esse jactitant, sequunturque Graecorum fere religionem.
b\xFCrgen noch heut zu Tage der n\xE4mlichen Religion noch gr\xF6\xDFtentheils w\xFCrklich zugethan sind; so l\xE4sset sich daraus nichts anderes schlie\xDFen, als da\xDF sie ihren Weg durch solche Provinzen nach Ungarn und Siebenb\xFCrgen genommen, wo diese Religion noch heute die herrschende ist. Und was k\xF6nnte wahrscheinlicher seyn, als die Moldau, die Walahchey und die \xFCbrige diesen angr\xE4nzende Landschaften? Wenigstens giebet Kantemir in seiner Beschreibung der Moldau so viel zu erkennen, da\xDF die Moldauer Zigeuner von eben demselben Schrot und Korn sind, aus welchen unsere bestehen, wenn er S. 272. sagt: "Sie sind eben so beschaffen, wie die Zigeuner in anderen L\xE4ndern, haben gleiche Sitten mit denselben, und ihre h\xF6chste Tugend und Unterscheidungszeichen ist, der M\xFC\xDFiggang und Diebstahl." Da\xDF aber nicht wenige aus der Moldau nach Siebenb\xFCrgen w\xFCrklich gekommen sind, und vielleicht auch bis dato noch von da hineinzuwandern pflegen, k\xF6nnen wir aus dem Zeugni\xDF des Kelpius lernen *). Aus der
*) Mart. Kelpius in Natalibus Saxonum Transilvaniae edit. Lips. 1084. Cap II. \xA7. 14. not. (c) Alii Moldavi {Zingari) arancarum instar Transilvaniam perseptant, artis Magicae peritiam venditantes.
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Walachey brachten sie nebst der Religion, auch den Namen ihres Chefs mit sich, den sie ebenfalls, wie jene, die Walachen Wajwoda, oder abgek\xFCrzt Wajda nennen. Und auf solche Weise, wie wir muthma\xDFen, ist das Zigeunervolk aus der Moldau und Walachey nach und nach bis nach Siebenb\xFCrgen und Ungarn vorger\xFCckt. Von wannen sie aber in jene Provinzen gekommen, oder wenn dieses geschehen sey? solches weis uns niemand mit einer Gewi\xDFheit zu sagen. Kantemir f\xE4hret in der angef\xFChrten Stelle fort, und sagt, "woher und wann diese Nation in die Moldau gekommen, wissen weder sie selbst, noch findet sich etwas davon in unsern Jahb\xFCchern." Uns aber kann es gleichwohl gelten, ob jemand dieses Volk vor Abk\xF6mmlingen der Mongolen und Tartarn ansehen, oder dabey bleiben wolle, da\xDF es sich aus Nubien nach Egypten begeben, und alsdann unvermerkt durch die T\xFCrkey nach und nach in unsere Gegend ausgebreitet habe: oder will man sie mit einigen vor Ueberbleibsel der so genannten Torlaquen halten, die von Bajazet, aus verschiedenen Orten verjagt worden. Ueber alles dieses wollen wir keinen Streit erregen; sondern uns vielmehr unserem eigentlich vorgesetzten Ziele n\xE4heren, und in der Folge, von den Sitten und der Lebensart, wie auch von dem heutigen Zustande, dieses Volkes, in Ungarn, besonders handeln. Hier werden wir von der Erziehung, Gem\xFCths und Leibesbeschaffenheit, von denen Geschicklichkeiten und Lastern, wie auch von anderen Eigenschaften und Umst\xE4nden dieses Volks mit mehrerer Zuverl\xE4\xDFigkeit und Gewi\xDFheit reden k\xF6nnen, und mit Anf\xFChrung der weitesten Anstalten und Mittel, die zur Ausbesserung dieses Geschlechts zeithero gemacht und vorgekehret worden sind, den Beschlu\xDF gegenw\xE4rtiger Abhandlung machen.
(Die Fortsetzung folgt.)