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Bl\xE4ttern: < V. Jahrgang, XXIV. St\xFCck -
V. Jahrgang, XXVI. St\xFCck >
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V. Jahrgang, XXV. St\xFCck, den 21. Junii 1775.
I. Wissenschaften.
Wien
De scriptoribus Rerum Hungaricarum & Transilvanicarum scriptisque eorundem antiquioribus, ordine chronologico digestis, Adversaria Georgii Jeremiae Haneri, Saxonis Transilvani, in 8vo.
Dieses Werk, zu dessen Druck schon im vorigen Jahre, wie es die Jahrzahl auf dem Titelblatt anzeigt, der Anfang gemacht worden, hat erst k\xFCrzlich die von Trattnerische Pre\xDFe verlassen. Liebhabern der Erbl\xE4ndischen, besonders Ungarisch- und Siebenb\xFCrgischen Geschichte wird es sehr willkommen seyn: und vielen unter ihnen wird der ruhmw\xFCrdige Flei\xDF des gr\xFCndlich gelehrten und unerm\xFCdeten Herrn Haners sehr wohl zu
statten kommen, der in seiner Vorrede gegr\xFCndete Klagen dar\xFCber f\xFChret, da\xDF die Geschichte von Ungarn nicht nur Ausl\xE4ndern; sondern auch vielen Einheimischen selbst noch sehr fremd ist; weil ihnen die ungarischen Geschichtschreiber gr\xF6\xDFtentheils noch unbekannt sind. Zamosius, Rewaj und Toppeltin beseufzten das traurige Schicksal von Ungarn, in dem, da\xDF so wenige Geschichtsb\xFCcher davon vorhanden w\xE4ren: heut zu Tage h\xF6ret man noch verschiedene, die ihnen and\xE4chtig und wehm\xFCthig nachseufzen. Der Herr Verfasser zeiget, da\xDF schon Zamosius hier\xFCber zu klagen keine Ursache hatte, und die Leser dieses Werkes werden es finden, da\xDF zu seiner Zeit Ranzanus, Thuroczius, Bonfinius, Ritius, Reichersdorf, Laz, Baksai Sommer ec. bereits bekannt gewesen sind. Was ist nun von jenen zu halten, die es zu unsern Zeiten nicht unterlassen? Sind sie gegen ihre Vorfahrer nicht ungerecht?
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Ihre Uebereilung ist aus guten Gr\xFCnden sehr verzeihlich. Es waren Zeiten, wo die wenigen Buchdruckereyen in Ungarn und Siebenb\xFCrgen, sich mit nichts weniger, als mit dem Drucke der Geschichtschreiber und dahin einschlagender Schriften besch\xE4ftigten; die alten Auflagen waren vergriffen; jene, die ausw\xE4rtig veranstaltet wurden, waren zu kostbar. Die Liebe zu den Wissenschaften wird so oft nicht vom Reichthum begleitet. Man begn\xFCgte sich theils aus Unerfahrenheit; theils mu\xDFte man sich aus Unverm\xF6gen, mit dem begn\xFCgen, was da war. Der Herr Verfasser bekennet es freym\xFCthig, da\xDF ihm selbst vor Zeiten, nur ein Bonfin, Ischtwanfi, Rewai, Toppeltin, Johann und Wolfgang Bethlen, ein Tr\xF6ster und Bel bekannt gewesen w\xE4ren. Allein der ausnehmende Eifer die vaterl\xE4ndische Geschichte aufzuhellen trieb ihn an, einen vor ihm nie betrettenen Weg zu bahnen. Er unternahm ein Werk, das eben so schwer und wichtig war, als es r\xFChmlich und n\xFCtzlich ist. Er wollte alles selbst durchsehen, und both daher bekannte und unbekannte Freunde auf, die ihm mit ihrem B\xFCchervorrath, an die Hand gehen mu\xDFten. Nach uns\xE4glicher M\xFChe fand er, da\xDF der Plan, den er nun in der Ausarbeitung seiner Adversarien befolget hat, der beste sey, wo n\xE4mlich die Schriftsteller, die von Ungarn gehandelt haben, ihrem Zeitalter nach, beschrieben werden: worauf weder von Bongars weder unserm gelehrten Herrn von
Schwandtner bey der Herausgabe der Scriptorum Rerum Hungaricarum, noch von Zwittingern und Schmeizeln gesehen worden.
Er f\xE4nget mit dem zw\xF6lften Jahrhundert an, und h\xF6ret mit dem sechzenten auf. Jene gelehrte nun die in diesem Zeitraum gelebt, und von Ungarn, Siebenb\xFCrgen ec. etwas geschrieben, und das Gl\xFCck gehabt haben, da\xDF ihre Schriften gedrucket worden, werden hier angef\xFChrt, ihr Leben kurz und gr\xFCndlich beschrieben, und von ihren Schriften jederzeit ein zwar gerechtes aber allezeit bescheidenes Urtheil gef\xE4llet.
Ueber die ungedruckten Schriften dieses Zeitraums von f\xFCnf Jahrhunderten, gedenket der Herr Verfasser k\xFCnftighin ein besonders Werk zu verfassen, und es dem Publikum mitzutheilen, wenn er zu dieser Arbeit in seinen Nebenstunden genugsame Mu\xDFe haben wird, welche ihm ein jeder Patriot, nebst einem langen Leben und best\xE4ndiger Gesundheit herzlich w\xFCnschet.
Unter den Schriftstellern, die hier vorkommen, finden sich keine andre, als Geschichtschreiber, doch ohne da\xDF darauf gesehen werde; ob solche die Kirchen- Staats- Natur- oder Litteraturgeschichte von Ungarn, worunter Dalmatien, Kroatien, Slawonien, Bosnien, Bulgarien, Gallizien, und die Wallachey mit begriffen werden, und Siebenb\xFCrgen bearbei-
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tet haben? Ob sie sich durch ihre Arbeit einen Ruhm erworben, oder sich dem Tadel blo\xDF gestellet haben. Die von andern Ungrischen und Siebenb\xFCrgischen Gelehrten, Nachrichten zu lesen verlangen, verweiset der Herr Verfasser auf Czwittingern; weil ihme das l\xF6bliche Unternehmen unsers gelehrten rastlosen Piaristen des Herrn Pater Horany, damals noch nicht bekannt gewesen.
Die Anmerkungen, die theils zur Best\xE4ttigung des im Texte vorgetragenen, theils zur Aufkl\xE4rung desselben dienen, und niemals ohne Noth gemacht worden sind, werden die Leser, als die Frucht einer grossen Belesenheit mit Vergn\xFCgen durchsehen.
An dem gro\xDFen Nutzen, den das Werk schaffen wird, d\xE4rfte schwerlich jemand zweifeln, der es erw\xE4get, da\xDF es n\xFCtzlich sey, die Lebensumst\xE4nde jener Schriftsteller genau zu kennen, die von Ungarn und Siebenb\xFCrgen gehandelt haben; zu wissen, in welchem Werthe sie gestanden sind; wie viel sie Zutrauen verdienen; zu welcher Zeit sie gelebt haben; und wie sie auf einander folgen: was f\xFCr Werke \xFCber diesen oder jenen Gegenstand vorhanden sind; den Inhalt dieser Werke und ihren Werth einzusehen; die Unvollkommenheiten der Geschichttheile zu entdecken; die verschiedenen Auflagen der Geschichtschreiber ich bekannt zu machen.
Alles dieses und noch ein mehreres ist in diesem Werke, so viel nur immer m\xF6glich war, geleistet worden. Indessen erkennet es der Herr Verfasser gar wohl, da\xDF noch viele B\xFCcher und Schriftsteller, auch andere Umst\xE4nde ihm unbekannt geblieben seyn m\xF6gen, und ersuchet daher alle Liebhaber der Geschichte, ihm an die Hand zu gehen, damit dieses wie wir es am besten wissen, ohne allen Eigennutz, und blos allein zum Dienst des Publikums unternommene Werk dereinst vollst\xE4ndig und vollkommen wieder erscheinen k\xF6nne.
Das angeh\xE4ngte doppelte Register wird jeden Leser \xFCberzeigen, von dem Flei\xDFe, den der Herr Verfasser nirgends gesparet hat, um das Werk n\xFCtzlich und brauchbar zu machen. Das erste enth\xE4lt die Schriftsteller die darin beschrieben worden sind: das zweyte die merkw\xFCrdigen Personen und Gegenst\xE4nde, von denen die in diesem Zeitraume beschriebene Schriften gehandelt haben.
Wir zweifeln nicht, da\xDF, wer immer dieses Werk lieset, mit uns sehnlich w\xFCnschen werde: Es m\xF6gte der Herr Verfasser, da nun der erste Theil bereits heraus ist, den schon fertig liegenden zweyten Theil der Scriptorum Recentiorum von Anfang des XVII. Jahrhunderts, bis zu dessen Ende, der Presse \xFCberlassen; und dann auch mit den Recentissimis, die
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im XIII. \xA7. seiner Vorrede gemachte Hofnung zur baldigen Erf\xFCllung bringen.
Das Werk ist hier beym Herrn von Trattern zu haben.
II. Vermischte Nachrichten.
Fortsetzung der Muthma\xDFungen, von Ursprung und dem rechten Vaterlande der Zigeuner.
Endlich haben sie den Handel selbst verdorben; indem sie durch ihre Auff\xFChrung selbst erwiesen, da\xDF sie nicht dergleichen b\xFC\xDFende S\xFCnder; sondern ruchlose Erzb\xF6sewichter sind. Sie suchten sich nicht allein bey ihren Mi\xDFigang und Faulheit, mit Betrug, Stehlen, und unversch\xE4mten Betteln zu ern\xE4hren, sondern nach Verlauf der sieben Jahre, wolten sie sich auch nicht wegpacken, wie man anf\xE4nglich glaubte und gaben wiederum vor; der Weg w\xE4re ihnen verlegt, da\xDF sie nicht in ihr Vaterland zur\xFCckkehren k\xF6nnten, oder sie m\xFC\xDFten nach sieben Jahren ihre Wahlfahrt wiederum antretten; th\xE4ten sie es nicht, so w\xFCrden sie mit Mi\xDFwachs und andern Landplagen heimgesucht werden. Nach der Zeit haben sich zwar aus
Deutschland einige verlohren; sie giengen aber nicht nach Egypten, sodnern in andere christliche L\xE4nder.
Martin Krusius f\xFChret in seinem schw\xE4bischen Annalen *) drey Zigeunerische Grabschriften an, daraus man sehen soll, da\xDF dieses Volk aus klein Egypten herstamme. Die erste lautet:
"Als man zehlet nach Christus unsers Seligmachers Geburt 1445. auf St. Sebastiansabend, ist gestorben der hochgeborne Herr Herr Panuel, Herzog in klein Egypten, und Herr zum Hirschhorn desselben Landes."
Diese Grabschrift soll in einem geringen Kloster zu Steinbach zu finden seyn.
Die zweyte zu Bautma bey Bracknang lautet also:
„Anno Domini MCCCCLIII. obiit nobilis comes Petrus de minori Egypto in die Philippi & Jacobi, d. i. Im Jahre 1453. ist gestorben der Edle Graf Petrus aus klein Egypten, an Tage der Aposteln Philippi und Jacobi."
*) V. Crusii Annal pag. 384. 401. 510.
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Die dritte zu Pforzheim, im Jahre 1498: "auf Montag nach Urbani, starb der Wohlgebohrne Herr Johann Freygraf aus klein Egypten, des Seele Gott gn\xE4dig und barmherzig woll seyn."
Allein wer siehet nicht, da\xDF die Richtigkeit und Gewi\xDFheit des Innhalts, dieser Grabschriften ohnfehlbar auch nur von dem elenden Zeugni\xDFe der Zigeuner herr\xFChre. Genug! viele, ja die meisten glaubten es es, da\xDF sie aus diesem Lande wirklich herstammten; und indem man es glaubte, bald darauf aber die Unart und die ziegellose Ausgelassenheit dieses Volks sahe, so fieng man an alles m\xF6gliche, was in und bey Egypten herum, von jeher Uebels vorgegangen war, ihren V\xE4tern aufzub\xFCrden. Man sagte nichtr nur allein dieses, da\xDF sie das Jesuskindlein auf der Flucht nicht annehmen wollten; oder da\xDF sie vom Christenthum abgefallen, als welches sie alles selbst gestunden oder vielmehr sich selbst angedichtet hatten; sondern man gieng weiter zur\xFCck, bis auf die Zeiten Mosis, und machte aus den Zigeunern diejenigen Zauberer in Egypten, die Mosi und Aaron zu ihren Zeiten widerstunden, und alle Wunder, die diese vo den Augen des K\xF6niges Pharao gethan, nachmachen wollten; da\xDF eben dieses Volk kurz vorher, ehe dieses geschah, entweder aus Nigritien, oder aus Nubien, oder aus der W\xFCste Zaara, nach Egypten gekommen w\xE4re; ja
da\xDF der K\xF6nig Pharao, sie zu Aufsehern \xFCber die Kinder Israel gemacht h\xE4tte, um sie in ihrer Dienstbarkeit zu \xE4ngstigen und zu plagen, und endlich, da\xDF auch der K\xF6nig Herodes seine unmenschliche Grausamkeit an den Kindern zu Bethlehem, durch eben diese Werkzeuge ausge\xFCbet h\xE4tte. Solchergestalten hei\xDFet es, h\xE4tte sich dieses Volk bereits in Egypten der Faulheit und dem Mi\xDFigang ergeben, und gew\xF6hnet, von anderer Leute Schwei\xDF und M\xFChe, seine Nahrung und Unterhalt zu nehmen. Nachdem aber die Kinder Israel, aus ihrer schweren Dienstbarkeit errettet wurden, so mu\xDFte der vortheilhafte und eintr\xE4chtliche Dienst jener Aufseher nothwendig aufh\xF6ren. Ehe sie sich aber zur Arbeit bequemen sollten, so pakten sie lieber ihr Ger\xE4the, ihre Weiber und Kinder zusammen, zogen aus Egypten heraus, und suchten sich in fremden L\xE4ndern auf eine unerlaubte Art mit List und Betrug zu ern\xE4hren. Und so, sagt man, h\xE4tten sie ihre sch\xE4ndliche Lebensart immer weiter fortgesetzt, und sich dabey bis in unsere Gegenden ausgebreitet.
Die\xDF sollen die Bewei\xDFth\xFCmer seyn, aus welchen man gedenket darzuthun, da\xDF die Zigeuner aus Egypten, oder aus denen, diesem Lande benachbarten Provinzen herr\xFChren. Wenn man sich aber vorstellet, wie nicht allein Bellonius bezeuget; er habe die Zigeuner in Egypten in gro\xDFer Menge unter den Palmb\xE4umen an dem Nilflu\xDF gesehen, welche da-
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selbst eben sowol, als anderswo Fremdlinge gewesen * ); sondern, da\xDF auch diejenigen, die zu unsern Zeiten in Egypten waren, dieses Gesinde in eben der Gestalt wahrgenommen; so findet man ja daraus, da\xDF Egypten ihr rechtes Vaterland nicht seyn k\xF6nne; weil man sie auch da nur als Fremdlinge und nicht als Landeskinder ansiehet. Sie machen daselbst eben so, wie bey uns, eine besondere Nation aus, und z\xE4hlen sich weder zu den Arabern, noch zu den T\xFCrken, Griechen, Armeniern, oder zu irgend einer Nation, die in Egypten ihren Wohnplatz hat; sondern machen ein abgesondertes Volk aus. In Kairo pflegen sie ihre H\xFCtten und Zelte insgemein auf gro\xDFen und leeren Pl\xE4tzen, wo die Sonne am hei\xDFesten scheinet, aufzuschlagen, und braten sich den ganzen Tag \xFCber, an der Sonne, nicht anders, wie unsere Zigeuner beym Feuer * * ). Hier mu\xDF
*) Thomasius ziehet diese Beobachtung des Bellonius in Zweifel, und h\xE4lt daf\xFCr, da\xDF vielleicht Bellonius andere, denen Zigeunern in etwas \xE4hnliche Landl\xE4ufer f\xFCr Zigeuner verkennen haben m\xF6ge. S. Ejus Dissert. \xA7. 64. Wenn aber zu des Bellonii Zeugni\xDF noch mehrere hinzukommen, welche die genaueste Aehnlichkeit zwischen denen Egyptischen und unsern Zigeunern behaupten, so darf man vern\xFCnftiger Weise, derein nicht das geringste Mi\xDFtrauen setzen.
**) Wir haben dieses aus dem Munde eines glaubw\xFCrdigen und gelehrten Mannes, welches sich vor nicht allzulangen Jahren in Egypten eine geraume Zeit aufgehalten hat,
man nun abermal fragen, woher dieses Volk nach Egypten gekommen sey? Wird darauf geantwortet: aus Nubien, Nigriticn oder aus der W\xFCste Zaara; so ist die Sache, wann nicht mehr Beweisth\xFCmer dazu kommen, eben den n\xE4mlichen Schwierigkeiten und Zweifeln unterworfen.
Vielleicht irren wir in unsrer Muthma\xDFung nicht, wenn wir sagen: da\xDF eben dieser Umstand, verschiedene Schriftsteller verleitet haben mag, den Ursprung und das Vaterland der Zigeuner in Nubien und in andern an Egypten gr\xE4nzenden L\xE4ndern zu suchen: nachdeme sie eingesehen, da\xDF auch nach dem Vorgeben dieses Volkes selbst, es Egypten unm\xF6glich seyn k\xF6nne. Ludwig Anton Muratori sagt daher in seiner Geschichte von Italien, die aus den w\xE4lschen \xFCbersetzt zu Leipzig 1750. in 4to herausgekommen ist: heute zu Tage wird man vielleicht dar\xFCber lachen; da\xDF diese Leute vorgaben, sie w\xE4ren aus Egypten geb\xFCrtig, und der K\xF6nig von Ungarn, welcher ihren Ort einnahm, h\xE4tte verlangt, sie sollten sieben Jahre lang in der Welt herumschweifen.
Die Sprache der Zigeuner w\xE4re freylich noch eines der sichersten Mittel, den wahren Ursprung dieses Vol-
und selbst von allem dem ein Beobachter und Augenzeuge gewesen ist.
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kes in eine Gewi\xDFheit zu setzen, wenn man den allgemeinen Gebrauch derselben irgendwo in einem Lande antr\xE4fe: wenn man aber auch hier betrachtet, wie dieses Geschlecht bey seiner Zerstreuung zwischen so vielen andern Nationen, bey best\xE4ndigen Herumwanderungen, bey einem g\xE4nzlichen Mangel an schriftlichen Urkunden auch die urspr\xFCngliche Sprache selbst, in ihrer Reinigkeit unm\xF6glich beybehalten k\xF6nnen; so ist leicht zu erachten, da\xDF auch dieses Mittel fruchtlos seyn m\xFC\xDFe; zumalen, wenn es seine vollkommene Richtigkeit haben sollte, was der gelehrte B\xFCsching in seiner neuen Erdbeschreibung I. Teil S. 1074. davon sagt: Die Sprache der Zigeuner ist aus Walachischen, Sklavonischen, hungarischen und andern Nationen verdorbenen W\xF6rtern zusammen gesetzt.
Was diejenigen Zigeuner, die sich noch heute in Egypten aufhalten, betrift: so kann man mit keiner Gewi\xDFheit sagen: ob sie auch bis diese Stunde noch die n\xE4mliche Sprache reden, die unsern Zigeunern eigen ist: denn nachdem die Osmannischen T\xFCrken dieses K\xF6nigreich im Jahre 1517. unter ihre Gewalt bekamen; so wurde allen darinn wohnenden Nationen, um allen Verschw\xF6rungen und Aufruhr vorzubeugen, der Gebrauch aller andern Sprachen, au\xDFer der Arabischen, bey Lebensstrafe verbothen. Was ist also hieraus zu schlie\xDFen, als da\xDF auch die dasigen Zigeuner
bey einem so schweren Verbothe, ihre liebe Muttersprache aufgegeben, und sich an die Arabische gew\xF6hnet haben, und dabey verblieben seyn m\xF6gen.
Da\xDF aber die Sprache der Zigeuner, entweder die Koptisch- oder die Aethiopische seyn sollte, als welche beede sonsten in \xC4gypten im Gange gewesen, daran mu\xDF man billig zweifeln; nachdem nich allein Bollinus, welcher der Egyptischen Sprache kundig war, dieses ausdr\xFCcklich verneinet; sondern auch Laurentius Palmirenus erz\xE4hlet * ), es h\xE4tten die Zigeuner, als sie einstens von jemanden in der Egyptischen Sprache angeredet worden, selbigen ganz und gar nicht verstanden. Dem ungeachtet aber bestehet Vulkanius darauf und f\xFChret einige nubische W\xF6rter an, welches Land ein klein Egypten nennet, die mit der Sprache der Zigeuner entweder vollkommen \xFCbereinstimmen, oder auch nur wenig davon unterschieden sind * * ), als Dade hei\xDFet in beyden Sprachen Vater, Rag, das Feuer; das Brodt hei\xDFt
*) Cordova pag. 408. Thomas Dissert. \xA7. 37.
**) Martin. Kelpius, in Nat. Saxonum Transilv. edit. Lipt. cap. II. \xA7.14. Nor. c. Vulcanio vocantur Nubiani pag. 100. & voces idiomatis hujus ab ipso adductas fidem mertis colligo ex: Dade, pater, Manron, panis, rag, ignis, quod ex erronum lingua intelligo.
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in der Nubischen Sprache Manron, zigeunerisch, Maro.
Diese Muthma\xDFung des Vulkanius verdienet allerdings vor vielen andern einen Vorzug, weswegen sie auch Thomasius seines Beyfalls gew\xFCrdigt hat. Es finden sich aber noch manche Zweifel und Schwierigkeiten in den Gr\xFCnden, aus welchen er dieselbe hergeleitet: denn es stehet noch dahin, ob die Nubier ihr Vaterland jemals klein Egypten nannten. Es ist eine Frage: ob nicht die Sprache der Nubier und der Egypter eine und eben dieselbe sey? Und nachdeme wir oben aus Zeugni\xDFen erwiesen, da\xDF die Sprache der Egypter von der Zigeuner Sprache ganz unterschieden ist, so k\xF6nnte in diesem Falle von der Nubischen das n\xE4mliche gesagt werden. Der Grund, da\xDF sich die Inwohner Nubiens eben sowol, wie die Zigeuner zum Christenthum bekennen, gibt der Sache, ein sehr geringes Gewicht, und sie gewinnet dadurch auch kein besseres Ansehen, wenn man die Sitten und \xE4u\xDFerliche Gestalt dieser V\xF6lker gegen einander h\xE4lt und vergleichet. Und wenn
eine zuf\xE4llige Ueebereinstimmung der Sprachen hinl\xE4nglich seyn sollte, die Abstammung eines Volks von dem andern vest zu setzen, so h\xE4tte man schon l\xE4ngst uns Ungarn unter die Nachkommenschaft Abrahams ordnen und zu seinen Kindern machen m\xFCssen: nachdeme die Ungarische Sprache sowol in W\xF6rtern und in der Aussprache, als auch in den Ab\xE4nderungen und Beugungen derselben, mit der Ebr\xE4ischen so genau \xFCbereinstimmet *). Was also Vulkanius hier von der Sprache der Nubier gesagt hat, ist viel zu wenig, einen untr\xFCglichen Schlu\xDF zu machen, und dadurch ganz sicher zu erweisen, da\xDF unsere Zigeuner ihre Landsleute seyn m\xFC\xDFten. Wir finden in der Sprache viel mehrere Wallachische, Griechische auch Persische W\xF6rter, als vielleicht Nubische darinne vorhanden sind.
*) Dieses hat besonders Franciscus Foris Otrokocsi in seinem Buch, Origines Hungariae Part. I. cap. VIII p 281. u. f. mit vieler M\xFChe und Flei\xDF auf eine sehr gelehrte und gr\xFCndliche Art dargethan, und mit vielen Beyspielen erwiesen.
(Die Fortsetzung wird folgen.)