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Zeitschrift von und f\xFCr Ungern

Hrsg. von Ludwig Schedius
Pest, Patzko, 1802

Band 1, Heft 1

I. Abhandlungen und k\xFCrzere Aufs\xE4tze

Text 3 (S. 35-67)
Autor: Vince Batth\xE1ny
Zuordnung: Reisebeschreibung

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3. Reise von Krakau nach Bartfeld.

In Briefen.


a.

Krakau, den 3. Sept. 1800.

Vermuthlich erwarten Sie aus dieser Stadt keinen Brief Ihres Freundes, den gewisserma\xDFen nur ein Zufall dahin f\xFChrte. Auf dem Gipfel der majest\xE4tischen Karpathen entdeckte ich die unbetr\xE4chtliche Entfernung, die mich von Pohlen trennte; meine Gef\xE4hrten, die Sie aus meinem vorhergehenden Briefe kennen, beschrieben mir den Weg, auf dem ich binnen dritthalb Tagen hieher kommen k\xF6nnte; und mein Entschlu\xDF ihn wirklich zur\xFCckzulegen, war auch schon gefa\xDFt. Dieser Weg entsprach auch beynahe ganz dem mir vorl\xE4ufig entworfenen Gem\xE4lde und den Begriffen, die ich nach aufmerksamer Betrachtung der Gegend, die uns umgab, mir von demselben gebildet hatte. Enge Schluchten, beynahe kahle Berge, die das Erklimmen nicht lohnen, und doch in kleinen Abst\xE4nden einander folgen, erm\xFCden den Wanderer, dessen Blick nie auf lachenden Fluren, oder auf gl\xFCcklichen Bewohnern l\xE4ndlicher H\xFCtten ausruhen kann. Der Einwohner dieser Gegend, ein seltsames Gemische von Unterw\xFCrfigkeit und Trotz, Dummheit und List, pflanzt an den kahlen Abh\xE4ngen jener Berge, und auf den engen Fl\xE4chen, die sich zwischen diesen winden, Haber, seine vorz\xFCgliche Nahrung, etwas Heidekorn und sehr wenig Getreide. Selbst diesem kargen Lohne seines Flei\xDFes drohen die Fl\xFCsse dieser Gegend Raba und Dunavecz, die in unz\xE4hligen Armen alle tiefer liegende Strecken durchstr\xF6men, und

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oft durch Regeng\xFCsse angeschwellet, Verw\xFCstung um sich verbreiten. Seine hagere Gestalt, seine d\xFCrftige Kleidung, das Unreinliche seiner Wohnung, die, obschon mit der verderblichsten Holzverschwendung errichtet, dennoch kein v\xF6llig sicheres Obdach gew\xE4hret, sein kleines unf\xF6rmliches Vieh, zeugen von seinem m\xFChseligen Schicksal. Aber die Natur, die jedem ihrer Gesch\xF6pfe ein gewisses Maa\xDF von Freude zuwarf, oder wenigstens Mittel verlieh seiner Leiden auf einige Zeit zu vergessen, mag auch diesen so \xE4rmlich ausgestatteten Br\xFCdern jene nicht ganz versagt haben. Ich sah sie in einer Branntweinschenke, die ein Jude hielt, Mit lermender Munterkeit sich umher tummeln. Wenn schon etwas wildes darin lag, so m\xF6gen sie doch jedem Harm dadurch sicherer entronnen seyn, als wir in bunten T\xE4nzen, und an Tafeln mit der Beute aller Welttheile beladen!

Das Ende der Fahrt war bequemer. In Mislenicze, 3 Meilen von hier, f\xE4ngt die gebahnte Stra\xDFe an. Wie gerne entrichtete ich an dem Schlagbaum den Zoll. H\xE4tten wir doch solche, statt des Rechtes eine Meile kaum in einem Tag zu fahren, oder Bequemlichkeiten zu genie\xDFen, die wir nicht schufen! Aus den Fenstern meines Wohnzimmers sehe ich auf den gro\xDFen Platz, der gewi\xDF jede Stadt zieren w\xFCrde. Er bildet ein ungleichseitiges Dreyeck, und ist gro\xDFen Theils mit ansehnlichen H\xE4usern umgeben, die freylich den Kenner der Baukunst nicht befriedigen w\xFCrden. In seiner Mitte stehen 2 Geb\xE4ude \xE4cht gothischen Stiles, deren eines durch seinen 130 Schuh langen, und 30 Schuh breiten, Gang merkw\xFCrdig ist; ein Gegenst\xFCck des ber\xFChmten Ponte Rialto. Er enth\xE4lt mehrere ger\xE4umige Kaufl\xE4den und dienet zu einem angenehmen Spaziergange. Indessen st\xF6ren jene Geb\xE4ude, und eine ganze Reihe kleiner an sie geschlossener Buden den Eindruck, den erw\xE4hnter Platz, (dessen innerer Raum jenem in Pesth gleich kommt) wenn er mit einemmale \xFCbersehen werden k\xF6nnte, gewi\xDF hervorbringen w\xFCrde. Die Gassen sind ger\xE4umig und enthalten viele H\xE4user, die durch ihre Masse

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und selbst durch das Schwerf\xE4llige ihrer Verzierungen Aufmerksamkeit erregen, wenn gleich manche ihren Verfall ank\xFCndigen; und die\xDF mag auch von der Stadt selbst gelten. Die Zahl ihrer Einwohner soll 24,000 \xFCbersteigen, und doch scheint dieselbe ihrem Umfange nicht angemessen. Um die innere Stadt schlie\xDFen sich zwey gleichsam eigene St\xE4dte bildende Reihen von H\xE4usern an: die eine hei\xDFt Casimir, vermuthlich von ihrem Erbauer, die andere Burgowce, und h\xE4nget mit dieser durch eine schlechte Br\xFCcke \xFCber die Weichsel zusammen. Sanft w\xE4lzt er sich fort der Strom, der dem th\xE4tigen Danzig seinen Wohlstand zuf\xFChrte, und auch uns den Norden zinsbar machte, gew\xE4nnen nicht Frankreichs Weine durch unsere und Preu\xDFens Z\xF6lle den Producten unserer H\xFCgel den Vorzug ab.

Die zwey St\xE4dte, deren ich zuletzt erw\xE4hnte, haben jede ihren besondern Character. Burgowce n\xE4hert sich jenem der Reinlichkeit und Ordnung, was es zum Theil seiner l\xE4ngern Abh\xE4ngigkeit von deutscher Regierung verdanken mag. Casimir ist eine gro\xDFe Tr\xF6delbude, wo pohlnische Juden, mit kaum erkennbaren Ueberbleibseln von Hausrath und Kleidern, einen unbilligen und dem Volke dennoch willkommenen Handel treiben. Doch schr\xE4nken sie sich keinesweges auf diesen Platz ein. Sie sind durch alle \xFCbrige Stra\xDFen verbreitet, denen sie durch ihre schwarze unf\xF6rmliche Kleidung ein finsteres Ansehen geben. Jedes ordentliche Haus hat einen solchen Menschen zum Gesch\xE4ftsleiter, unter dem Namen Hausjude und selbst auf dem platten Lande entgehet beynahe kein Gegenstand ihren Spekulationen; Mauten, geistliche Eink\xFCnfte und Kirchenger\xE4the nicht ausgenommen. Die Unth\xE4tigkeit der Pohlen findet an dieser Landplage kein geringes Behagen; ohne diese h\xE4tte der Reisende weder ein Obdach, noch einen willf\xE4hrigen Wegweiser. Da\xDF doch auch wir unserer Dorfjuden und Zigeuner nicht entbehren k\xF6nnen, die gewi\xDF nur deutsche Betriebsamkeit aus unsern besseren Gasth\xF6fen verdr\xE4ngt hat! Der Gedanke den

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Kleinhandel in St\xE4dten nur einer bestimmten Zahl Juden zu \xFCberlassen, verdiente wohl einige Erw\xE4gung. Es w\xE4re eines Versuches werth, ob dieses scheinbare Monopol nicht die Prellereyen mindern w\xFCrde, zu denen die h\xE4ufigen Nebenbuhler eines so mageren Gewerbes gleichsam gezwungen werden.

An dem n\xF6rdlichen Ende Casimirs erhebt sich ein H\xFCgel mit dem k. Schlo\xDF, der allgemeinen Sage nach, von dem Stifter dieser Stadt erbauet; ein gro\xDFes vier Stockwerke hohes ins Gevierte aufgebautes Haus, das eigentlich keinen Stil hat. An den W\xE4nden der ger\xE4umigen, aber mit schmalen G\xE4ngen, Wendeltreppen und dunkeln Gem\xE4chern seltsam unterbrochenen Zimmer, kleben noch Ueberbleibsel einer Malerey, die der ohngef\xE4hr vor 10 Jahren bey uns \xFCblichen nicht ganz un\xE4hnlich gewesen seyn mag; vielleicht sind sie wirklich neuern Ursprunges, welches jedoch die \xFCber den Th\xFCren angebrachten Verzierungen zweifelhaft machen. Auf den Fl\xFCgeln des Geb\xE4udes ruhet eine Art von Thurm, von welchem sich die Stadt und ihre Umgebungen dem Auge darbieten. Diesen mangelt es an stark hervortretenden Gegenst\xE4nden, die ihnen mehr Haltung, und an einer freyen Aussicht, welche die T\xE4uschung des Gro\xDFen, des Unerme\xDFlichen, gew\xE4hren m\xF6chte. Aus einem wellenf\xF6rmigen Boden steigen mehrere H\xFCgel fast von gleicher H\xF6he empor. Nur der der Ostsee entgegen wallende Strom, und Kriwans (des h\xF6chsten Karpaten) zwischen fernen Wolken mehr geahndetes, als dem Auge wirklich vorschwebende Haupt, leihen dem Bilde ein lebhafteres Interesse. Die Stadt selbst erscheint als eine planlose Zusammenstellung steinerner Massen verschiedener Gr\xF6\xDFe, die auf die strohbedeckten H\xFCtten nur zu schnell folgen. Bey dem Anblick h\xE4ufig empor ragender geschmackloser Kirchenth\xFCrme, dieser Denkm\xE4ler ehemaliger Gl\xE4ubigkeit, w\xE4re man versuchet an dem schrecklichen Inhalt pohlnischer Annalen zu zweifeln, lebte nicht auch am Tiber und Po zwischen unz\xE4hligen Gottesh\xE4usern und ehrw\xFCrdigen Bildern ein Volk, das sich durch seine Sitten

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eben nicht empfiehlt. Jetzt l\xE4\xDFt ein kaiserlicher Proviantoffizier \xFCber die Treppen, auf denen einst die Spornen stolzer Starosten klirrten, Mehls\xE4cke durch gemiethete Bauern tragen, die unter ihrer Last beynahe zu erliegen scheinen. Was m\xF6gen sie wohl damals ertragen haben, als ihr ganzes Schicksal nur eine Last war! Nicht ferne von jenem Schlo\xDF befindet sich die Cathedralkirche, ein kolossalischer Tempel in gothischer Manier, reich an Marmor, silbernen und goldenen Verzierungen, aber kein Gem\xE4lde auf seinen W\xE4nden, so wie sie in Italiens Kirchen aus Raphaels und Correggio‘s Pinsel hervor gingen, keine S\xE4ule, die ihren Mei\xDFel der Vergessenheit zu entreissen vermochte. Jedem Altar ist eine besondere Kapelle angewiesen, mit einer Kunst, die man dem Baumeister gerne erlassen m\xF6chte, wenn er vielmehr durch Simplicit\xE4t und freyere Umrisse seinem Werke Erhabenheit eingehaucht h\xE4tte. In der Sacristey prangen, unter dem Namen Antiquit\xE4ten, verschiedene mit Gold und Perlen \xFCberladene Kirchengef\xE4\xDFe und Ornate, und der sie bewahrende Priester zeigt diese, der Raubsucht der letzten Insurgenten entgangene, Ueberbleibsel des heiligen Schatzes mit allem dem Hochgef\xFChle, mit welchem der W\xE4chter im Tower die Ketten weiset., welche auf Philipps un\xFCberwindlicher Flotte gegen Englands K\xFCste schwammen, um die dortigen Baronen zu fesseln. In einer Ecke jenes Gemaches lehnet Johann Sobieszky‘s den osmanischen Belagerern Wiens einst furchtbares Schwerdt; aber den Helden verschlie\xDFt ein Grabmal aus schwarzem Marmor, das Pohlens letzter K\xF6nig in einem unterirdischen Gew\xF6lbe errichten lie\xDF, damit auch seine Asche, die nun ru\xDFischer Boden decket, dort ruhen m\xF6ge.

Mit Unwillen st\xF6\xDFt man unter der Schwelle des Tempels an Stephan Bathory‘s Leichenstein; aber unter den Pr\xE4laten Krakau‘s, denen man die inneren Pl\xE4tze anwies, st\xFCnde er doch eben so unschicklich, als Titus Livius B\xFCste auf dem Prado della Valle zwischen Padua‘s Theologen. Die schlechten Festungswerke der Stadt, die

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eine ganz andere, als die jetzt gew\xF6hnliche Belagerungskunst voraussetzen, der kleine botanische, und ein anderer zur Erholung des Publikums bestimmter, Garten, verdienen keine besondere Erw\xE4hnung; so wie die innere Anordnung der Stadt, in deren vorz\xFCglichen Gassen sich ger\xE4umige Kr\xE4merladen befinden, die ihre mannigfaltige, vermuthlich aus Wien erhaltene, Waare beynahe gar nicht ank\xFCndigen, w\xE4hrend dunkle Tavernen mit bunten Inschriften anzeigen, da\xDF dort \xF6streichischer Wein und ungrischer Liqueur verkauft werde. Hin und wieder trifft man numerirte Miethw\xE4gen (Fiacres), aus denen sich hier, wie fast \xFCberall, die Geschichte des Lurus dieser Art studieren l\xE4\xDFt. Keiner derselben schien eigens zu diesem Fuhrwesen verfertiget worden zu seyn, welches doch in unserer Hauptstadt h\xE4ufig zu geschehen pfleget, und ein gesichertes Auskommen dieser Klasse des Erwerbs andeutet.

Auf den hiesigen Stra\xDFen wird man kaum gewahr, da\xDF man in Pohlen sey, Nur selten begegnet man der Nationalkleidung, und die des gemeinsten Mannes, ist mit der, unseres Slowaken oder Krainers, leicht zu vermengen. So genannte modische Anz\xFCge findet man hier die Menge. Mir fielen da unsere englisirten Stutzer, und des leichten franz\xF6sischen Costumes plumpe Nach\xE4ffer ein; aber diese reden doch meistens die Sprache ihrer Kleidung, und ein Blick auf den untern Theil derselben zeigt oft ihre Nation an. Hier erwartet man vergebens von den in feines s\xE4chsisches Tuch gekleideten Herren ein deutsches Wort, und die meisten Titusk\xF6pfe sprechen nichts als sarmatisch. Diese Verkleidung, durch die einst mit Frankreich und Pohlen herrschende Verbindung und Commercialverh\xE4ltnisse zuerst veranla\xDFt, dann durch das, was man Modesucht nennet, fortgesetzt und bis zur T\xE4ndeley getrieben, l\xE4\xDFt sich noch entschuldigen; aber wenn hinter diesen zierlichen Herren, elend gekleidete Diener mit sclavischer Gebehrde einhergehen, wenn man allenthalben ihr Bestreben durch Verzierung zu gl\xE4nzen und die Vernachl\xE4\xDFigung des Bequemen gewahr wird, so dringt sich dem Beobachter ein Be-

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griff von jener Klasse auf, der verbunden mit ihrem bekannten Uebermuth gegen Schw\xE4chere, ihrem Partheygeist, ihrem wechselseitigen Mi\xDFtrauen, ihren kriechenden Manieren, nur ein \xE4u\xDFerst ung\xFCnstiges Urtheil erhalten kann, zu dessen Ablehnung sich nichts sagen l\xE4\xDFt, als da\xDF die ehemalige immer schwankende, mit sich selbst nicht einige Regierung, ihr diese Z\xFCge eingepr\xE4gt habe. Aber verdienet wohl das Volk, bey dem eine solche Regierung Jahrhunderte lang bestehen konnte, eine bessere?

Doch schon genug, und etwas mehr als genug, des Urtheilens dort, wo gar nicht Urtheilen die tiefste Einsicht voraussetzet. Aber Ihre Nachsicht verleitet zu gewagten Behauptungen, und der Werth, den Ihre G\xFCte auf meine Briefe legt, wird dieselben zuletzt noch um ihren eigenen bringen; denn sie macht ihren Verfasser zu nachl\xE4\xDFig. – Von Bartfeld, wohin ich morgen abreise, schreibe ich Ihnen wieder.

b.

Dukla, den 9. September.

Yorick, wo ich nicht irre, hielt auf seinen empfindsamem Reisen ein Gespr\xE4ch mit einem Reisewagen, ich h\xE4tte beynahe das n\xE4mliche mit dem ger\xE4umigen pohlnischen Fuhrwerke gethan, das einige Schritte neben mir stehet; wenigstens beneidete ich seine Inwohner, die sich behaglich darin streckten, und mit dem dort verwahrten Vorrahte g\xFCtlich thaten. Als mir ein solches Ding, was von unten ganz Lastwagen, von oben aber Kalesche ist, zuerst erschien, bedauerte ich den ungl\xFCcklichen Geschmack dieser Erfindung, die doch vortreffliche Dienste in Gasth\xF6fen leistet, die (wie mein jetziger Aufenthalt) blo\xDF aus Scheunen bestehen, und nichts als Branntwein dem Reisenden darbieten, dessen Schicksal im buchst\xE4blichen Sinne in Wolken schwebt, weil eine einzige gr\xF6\xDFere Entladung derselben, die den Weg durchkreutzenden B\xE4che in rei\xDFende

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Str\xF6me verwandelt. Br\xE4chte man von Reisen auch nichts zur\xFCcke, als mindere Geneigtheit absprechend zu urtheilen \xFCber Dinge, die von dem uns bekannten abweichen, so w\xE4re auch die\xDF schon gro\xDFer Gewinn.

Ich befinde mich, seit gestern Nachmittag hier, und nachdem ein Reiter, den ich abschickte um die Tiefe des angeschwollenen Baches, durch den ich fahren sollte, zu untersuchen, versicherte, morgen Abends w\xFCrde es m\xF6glich seyn, \xFCber denselben zu setzen, so bin ich es nun zufrieden, weil ich die Hindernisse einsehe, die mich zur\xFCckhalten. Auch hab ich mich in dieser kurzen Zeit schon an die verwilderten Gestalten, der um mich gelagerten Zigeuner und Juden gew\xF6hnet, die mich, theils aus Liebe zu meinem wenigen Gep\xE4cke, theils um sie nicht zur Theilung des wenigen Strohes, das wir hier trafen, zu zwingen, die ganze Nacht in meinem ziemlich engen Wagen zur\xFCckhielten. Seltsame Gesch\xF6pfe, in denen Lessing vergebens das Original zu seinem Nathan dem Weisen suchte: so wie die Urv\xE4ter der ersteren \xFCber ihre mi\xDFrathenen Nachkommen verlegen seyn w\xFCrden. Der eine l\xE4\xDFt nun seinen dreyj\xE4hrigen Knaben nackt auf seinem Hemde sitzen, und ein betagter Mann h\xE4ngt so eben das St\xFCck einer durchl\xF6cherten Flechte um seine Schultern; vermuthlich schickte er sich zur Reise an. Die Juden halten Schildwache bey ihren B\xFCndeln; mit dem Aeltesten aus ihnen sprach ich gestern sehr lange: er beklagte sich, da\xDF die Dorfjuden dieser Gegend den ihm als reisenden Rabiner geb\xFChrenden Tribut, der in einigen Lebensmitteln bestehet, hartn\xE4ckig versagen. Diese beyde Arten von Menschen bleiben doch immer wichtig, und mit Recht ist der Staatsmann \xFCber die Folgen ihrer Existenz und die darauf sich beziehenden Maa\xDFregeln in Verlegenheit. Ich lie\xDF aus meiner Schilderung Krakau‘s die seiner Bewohnerinnen hinweg. Mein kurzer beynahe isolirter Aufenthalt macht mir es unm\xF6glich Z\xFCge zu sammeln, die jene ganz darstellten. Das pohlnische Frauenzimmer besitzt, nach dem allgemeinen Urtheile, mehr angenehme Ei-

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genschaften, als \xE4chte Reitze, mehr die Kunst das Auge auf sich zu ziehen, als es zu fesseln. Meine wenigen Beobachtungen best\xE4tigten diese Meinung. Die vielen geschmackvollen weiblichen Cost\xFCme, die ich allenthalben sah, umh\xFCllen nur gemeine Umrisse, und vergebens suchte ich einen k\xFChn emporstrebenden Wuchs, oder die vollendeten Formen mit Majest\xE4t gepaarter bl\xFChender Weiblichkeit. Freylich standen au\xDFer den wenigen H\xE4usern, denen ich empfohlen war, mir nur \xF6ffentliche Versammlungsorte offen. Aber siehet man, nach dem Zeugni\xDF der Reisenden, in Londons Vaurhall und auf dem Corso Roms nicht eben so viele edle Gestalten, als in den gl\xE4nzendesten Privatzirkeln, die an reiner Bl\xFCthe und F\xFClle der Natur eben so weit zur\xFCckstehen, als sie sich durch k\xFCnstliche T\xE4uschung auszeichnen?

In Pohlen werden M\xE4dchen vom Stande meistens en pension, wie sie es nennen, erzogen. Man \xFCbergiebt sie der Leitung eines Frauenzimmers, in dessen Hause sie wohnen, und Unterricht genie\xDFen. Dieser soll aber mehr auf Erlernung der in feineren Zirkeln n\xF6thigen Sprachen, als wirkliche Bildung, mehr auf Entwickelung vergn\xFCgender Talente, als des Verstandes gerichtet seyn. Die nicht selten sehr mannigfaltige Erfahrung solcher Erzieherinnen, die wenige Eingeschlossenheit, die ihren Z\xF6glingen zu Theil wird, giebt ihrem Betragen bald eine angenehme Zwanglosigkeit, und so manche Scene, der sie wenigstens als nicht zu sehr entfernte Zuseherinnen beywohnen, ihrem Charakter eine Gewandtheit, die kaum bey den besten Anlagen in den geh\xF6rigen Schranken zu bleiben vermag. Wer d\xFCrfte wohl bestimmen k\xF6nnen, in wie fern diese Anstalt den Vergleich, mit der bey uns gew\xF6hnlichen Erziehung in Kl\xF6stern aush\xE4lt? Aber die \xFCbergro\xDFe Fertigkeit der pohlnischen Damen alle Geschenke der Natur geltend zu machen – schon die kleinste dieser Art ist dem Philosophen am Genfersee verd\xE4chtig – die Oeffentlichkeit, mit der sie Abentheuer behandeln, die manchmal Nachsicht, nie aber Beyfall verdienen, und ohne den

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Schleyer des Geheimnisses nur rohen Seelen behagen k\xF6nnen, der gewohnliche Mi\xDFbrauch der Ehescheidungen, zu denen meistens die Gewinnsucht eines Theiles Anla\xDF gibt, kann ihr keine g\xFCnstige Meinung erwerben; wenn gleich diese Erscheinungen nicht ganz auf ihre Rechnung zu schreiben sind. Man zeigte mir eine Dame, die einen rechtschaffenen Manu, der sein m\xE4\xDFiges Verm\xF6gen mit ihr theilen wollte, pl\xF6tzlich verlie\xDF, um einem ungleich reicheren die Hand zu geben. Als nun dessen Lage sich unvermuthet verschlimmerte, warf sie sich wieder in die Arme des ersteren, und sobald sie ihm die Zusicherung einer betr\xE4chtlichen Summe entlockt hatte, trennte sie sich abermals von ihm, um sie in Gesellschaft eines Landstreichers zu verprassen. Dieser nun gewohnt an eine Lebensart, deren Fortsetzung ihre gemeinschaftliche Verschwendung nach einiger Zeit unm\xF6glich machte, trat sie an einen Gecken ab, der seine B\xF6rse als den Freibrief seiner Begierden ansieht. M\xF6chte es doch recht viele Abweichungen von dem Gem\xE4lde geben, welches ich nach dem was ich allgemein h\xF6rte, mit Mi\xDFvergn\xFCgen entwarf; m\xF6chte es keine unter unsern Sch\xF6nen geben, die sich ganz darinnen finde! – M\xF6chten die Vortrefflichkeiten meiner Freundin . . . . nicht so seltene Ausnahmen seyn! Doch das m\xFCssen sie immer bleiben. Zweymal wiederholt die Natur kein Meisterst\xFCck!

Ein paar Stunden vor Krakau, au\xDFer der Poststra\xDFe, die hieher f\xFChret, liegt Wieliczka, ein unansehnlicher Flecken, der die ergiebigsten Salzbergwerke in Galizien, vielleicht in der \xF6streichischen Monarchie, enth\xE4lt. Ihre Ausbeute wird nach den meisten Gegenden jener Provinz, nach preu\xDFisch Pohlen und jenen Theilen unsers Vaterlandes verf\xFChret, die aus der gleichfalls an Salz so reichen, Marmarosch unzug\xE4nglich sind. Immerhin m\xF6gen galizische H\xE4nde den Lohn erhalten, der im entgegengesetzten Falle unsern Werkleuten zu Theil geworden w\xE4re; aber wenn f\xFCr jenes Mineral an Neapel j\xE4hrlich betr\xE4chtliche Summen gezahlet werden, w\xE4hrend es in unge-

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heuren Massen aus unserm Boden emporsteiget; wenn unsere K\xFCstenbewohner, in Italien eine Feldfrucht kaufen m\xFCssen, mit der wir hier zu Lande die Schweine m\xE4sten; wenn ein Theil des Volkes mit Hunger ringet, inde\xDF der andere \xFCber seinen Ueberflu\xDF in Verlegenheit ger\xE4th; wer wird da nicht sehnlich w\xFCnschen, die unseligen Hindernisse einer bessern Einrichtung in jenen Dingen recht bald beseitigt zu sehen! Vergeben Sie eine Ausschweifung, die einem patriotischen Herzen nat\xFCrlich ist. Die Bearbeitung erw\xE4hnter Bergwerke ist jener der Erzgruben \xE4hnlich, mit dem Unterschiede, den die Beschaffenheit des Stoffes und seine Lage nothwendig macht. Das Salz findet man hier ohne alle Beymischung fremder K\xF6rper bald in St\xFCcken, die kaum einen Cubikschuh messen, bald in kolossalischen Formen. Es ist ein beynahe unbeschreiblicher Eindruck, wenn man nach einer senkrechten Fahrt von 200 Klaftern in die Tiefe, in eine Halle tritt, die unsere gr\xF6\xDFten H\xE4user bequem aufnehmen k\xF6nnte. Was sie einst in sich fa\xDFte, haben die Hammerschl\xE4ge nicht eines Jahrzehendes zu unserm Gebrauche vorbereitet, und schon blinken neue Kristalle in den ewig umnachteten G\xE4ngen. Der Beamte, der mich in diesen Gewerken umherf\xFChrte, sagte, da\xDF ein Centner hier gewonnenen Salzes um 2 fl. 27 kr. Verkauft werde, der ganze dabey verwendete Arbeitslohn aber nicht viel \xFCber 20 kr. Betrage. Er nahm hievon Gelegenheit den Nutzen dieser Anstalt f\xFCr den Staat mit vielem Eifer, gegen die Einwendung derjenigen, welche sie als blo\xDFe Consumosteuer ansehen, zu vertheidigen, und unsere Unterredung w\xFCrde sehr interessant geworden seyn, h\xE4tte nicht der Knall einer in den benachbarten G\xE4ngen eben gesprengten Mine auf einmahl dieselbe geendiget. Nachdem er von unz\xE4hligen W\xF6lbungen mit dem Rollen eines Donners zur\xFCckgegeben ganz verhallet war, besahen wir die losgerissenen St\xFCcke, die wohl mehrere Centner wiegen mochten; aus Versehen des Arbeiters waren sie nicht in der zweckm\xE4\xDFigsten Richtung, die von dem in die Steine gebohrten und mit Pulver ge-

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f\xFCllten Loche abh\xE4nget, gebrochen worden; in wenigen Augenblicken zerfielen sie unter den Keulen anderer Arbeiter in kleine St\xFCcke, die nachher in eigens hiezu verfertigte F\xE4sser, jedes zu 21/2 Centner, gepackt werden. Vieles Salz wird in l\xE4nglichen Kl\xF6tzen, die zuger\xFCndet und nach einem gleichen Maa\xDFstabe von 6 Schuh in der L\xE4nge gehauen werden (Balvanen) versendet; vermuthlich weil es h\xE4rter ist. Diese Vorkehrungen geschehen meistens in den Stollen, d. i. In de horizontalen Zug\xE4ngen zu den Gruben selbst, oder Salzkammern, d. h. In dem durch Aushebung der Salzsteine leergewordenen Raume. Die ersteren sind durchgehends trocken und die \xE4lteren derselben beynahe verschwenderisch gezimmert, und so hoch, da\xDF man bequem darin gehen kann. Die Luft ist dort nicht ungesund, nicht unrein; denn die weissen M\xE4ntel, mit denen wir uns in das Zugwerk setzten, das uns in die tiefste Grube hinablie\xDF, (was man Einfahren nennet) waren, als wir aus derselben stiegen, ganz ohne Flecken, ohne Hauch. Nachdem wir sie abgelegt hatten, schrieb ich meinen Namen in ein Buch, in welches alle, die diese Grube besehen, eingetragen werden. Es wird j\xE4hrlich nach Hofe gesendet, und mu\xDF genau mit dem ebenfalls dahin zu schickendem Verzeichnisse der Erlaubnisse \xFCbereinstimmen, die das k. k. Gubernium in Krakau ertheilet, und ohne welche niemand eingelassen wird.

Die Zahl der t\xE4glich dort besch\xE4ftigten Leute gehet, ungeachtet der gro\xDFen Ausbeute, wegen der erstaunlichen Einfachheit der Arbeit, nicht \xFCber hundert, desto betr\xE4chtlicher sind die Vortheile, die die Einwohner der benachbarten Gegend durch Verfahrung des Salzes genie\xDFen. Die Beamten sind dem Gubernium von Ostgalizien untergeordnet, welches in Krakau seinen Sitz und den Grafen Trautmannsdorf zum einstweiligen Chef hat. Ihre von Holz errichteten, nicht minder bequemen als niedlichen Wohnungen zeugen von der jener Provinz eigenen Verschwendung dieses beynahe schon mangelnden Mate-

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rials, die an Orten, wo es sich durch Thonziegel ganz leicht ersetzen l\xE4\xDFt, noch weniger zu entschuldigen ist.

Die Poststra\xDFe von Wieliczka bis an die ungrische Grenze ist durchaus regelm\xE4\xDFig gebauet und ziemlich gut erhalten. Die Unbequemlichkeiten meines Nachtlagers, das ich wegen Eckelhaftigkeit der sogenannten Gasth\xF6fe, auf einem Ochsenkarren aufschlug, und der auf Reisen mir eigene Drang nach Bewegung, nach Umhersehen, trieb mich mit dem Aufgehen der Sonne auf die Stra\xDFe, und ich hatte mehr als eine Post zur\xFCckgelegt, ehe mein wenig empfindlicher Fuhrmann mich eingeholt hatte. Hatte ich auch nie von dem Irl\xE4nder geh\xF6rt, den seine Beine durch 3 Welttheile trugen, ich g\xE4be doch dieser Art zu reisen, in interessanten Gegenden und mit angenehmen Gef\xE4hrten, den Vorzug vor der tr\xE4gen Stellung in einem Wagen, der meistens, gleich dem unerbittlichen Schicksal, seinen abgemessenen Lauf fortrollet, w\xE4hrend jener Reisende mit dem Interesse der sich ihm anbietenden Gegenst\xE4nde immer gleichen Schritt h\xE4lt, jeden Morgen das Wiederkehren seiner Kr\xE4fte f\xFChlet, und am Abend das Behagliche leiser Ermattung genie\xDFt. – Und r\xE4th nicht auch Hufeland, in seiner Kunst das Leben zu verl\xE4ngern, diese Methode an?

Die Landschaft selbst scheint, in Beziehung auf Fruchtbarkeit und Anmuth, unter die mittelm\xE4\xDFigen zu geh\xF6ren. Bey Tarnow einem artigen Stadtchen, dem Sitz eines Kreisamtes, verschwinden ostw\xE4rts die H\xFCgel, die bis dahin die Aussicht beschr\xE4nkten; eine Meile nachher theilt sich die Stra\xDFe, ihr rechter Arm f\xFChret nach Lemberg, der linke nach Dukla, der letzten Post auf pohlnischem Boden gegen Ungern. Bald nachher heben die Berge an, welche die Fahrt nach Bartfeld sehr beschwerlich machen, und zu unbilligen Parallelen zwischen den Wegen in deutschen und ungrischen Provinzen Anla\xDF geben. Hier\xFCber sollen Sie in einem meiner sp\xE4teren Briefe meine Gedanken erfahren. Die H\xE4user und Kleidung der Bauern haben auch auf dieser Strecke das \xE4rmlichche Ansehen, das mich

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bey dem zwischen der Zips und Krakau wohnenden Landmann so sehr betr\xFCbte. Gerne h\xE4tte ich erfahren, ob dieser sich durch die deutsche Verwaltung Pohlens wirklich erleichtert f\xFChle; denn ehemals lag doch ein schwerer Druck auf ihm. Der Zustand dieser Klasse stehet nicht immer in unmittelbarem Verh\xE4ltnisse mit seinen Lasten, welche, wie es der Fall in dem deutsches Antheile der \xF6streichischen Monarchie ist, durch gr\xF6\xDFeren Absatz, oder h\xE4ufigere Gelegenheit des Erwerbes sehr gemindert, oder minder sch\xE4dlich gemacht werden. Diese Betrachtung ist bey dem oft unbilligen Vergleiche, des f\xFCr unseren und den deutschen Landmann bestehenden Systems, meistens au\xDFer Acht gelassen worden.

In Dukla, einem unbetr\xE4chtlichen Orte, befindet sich ein Geb\xE4ude, dessen Eigenth\xFCmer durch die letzten Staatsver\xE4nderungen zugleich dreyerley Regierungen unterthan ist. Es k\xFCndiget sich dem Reisenden schon von ferne an; aber ungern vermisset er an demselben den anspruchslosen Charakter eines Landsitzes, und wird durch die steifen Formen beleidiget, die man der Natur in dem daran sto\xDFenden Garten aufgedrungen hat. Nach einem kurzen Aufenthalt setzte ich meine Reise \xFCber Komawnicz, wo Ungerns Gr\xE4nze anf\xE4ngt, fort, und hoffte ganz gewi\xDF am n\xE4mlichen Abend noch an Bartfelds Gesundbrunnen auszuruhen, als ein heftiges Ungewitter von dichten Schlossen begleitet, mich in einer Bauernh\xFCtte zu \xFCbermachten zwang. Von da kam ich nach einer m\xFChsamen Fahrt von 4 Stunden, und nachdem ich einige Mahle des aus mehreren B\xE4chen auf uns eindringenden Wassers wegen das Dach meines Wagens besteigen mu\xDFte, hieher, wo die Tiefe des die Stra\xDFe von mir trennenden Stromes mich aufhielt, und ich, ohne diese Mittheilung mit meinem Freunde, um alle gute Laune gekommen w\xE4re.

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c.

Bartfeld.

Wem doch schweiget der Hayn hochfeierlich? Ist der Bezirk hier
Heilig dem \xF6rtlichen Gott? Ist hier ein Tempel der Musen?
Oder schlummert sie vielleicht in moosiger Grotte?
O du, welcher den Hallen sich n\xE4hert der wei\xDFen Najade,
Tritt sanft \xFCber die Schwell‘ und erquick‘ dich; lege zum Dank ihr
Auf den Felsenaltar des Fr\xFChlings helleste Blume
Schweigend, und fleh‘ um Gedeihen in festlicher Stille der Hallen.

So h\xE4tte ich hier gesungen, w\xE4re mir das Talent zu Theil geworden meine lebhaftesten Gef\xFChle in Worte zu kleiden, welche dieselben auch andern abzulocken im Stande w\xE4ren. Wie ist die Natur hier so hehr, so erhaben!

Im Hintergr\xFCnde amphitheatralisch sich hebender H\xFCgel steigt schnell ein schroffer Fels empor. Seine Stirne trotzt schon Jahrhunderte lang, heulenden Orkanen; ihm zu F\xFC\xDFen ein Wald schlanker Fichten, an deren buschichten Wipfeln L\xFCfte spielen, so rein, als k\xE4men sie jetzt aus des Sch\xF6pfers H\xE4nden. – O sie, die immer weise und wohlth\xE4tig ist, fr\xF6hnte nicht der Eitelkeit, als sie diese majest\xE4tische Form annahm, sondern damit der von ihr an dieser St\xE4tte Hilft suchende Geist freyer walle, und so auch den Wangen der Fr\xFChling eher wieder kehre! Nicht ferne von dem sanft abhangenden H\xFCgel, der von Osten gegen den Mittelpunkt jenes Halbzirkels fortl\xE4uft, quillt der kraftschwangere Born mit sanftem Gelispel. Man hat eine Kuppel von schlechter Bauart \xFCber ihn gesetzt – was w\xE4re auch die pr\xE4chtigste hier! Der Mond stieg eben

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am heitern Himmel empor, als ich den Weg nach der benachbarten Stadt gleiches Namens (ich hatte ein Gesch\xE4ft dort) antrat. Da, wo er sich aus dem Thale windet, sah ich noch einmal um, nach jener unbeschreiblichen Scene. Die feyerliche Stille, das bescheidene Licht des n\xE4chtlichen Planeten, das bald zwischen den sanft sich wiegenden Zweigen dicht belaubter Aeste zitterte, bald die Quellen versilberte, die den Seiten des H\xFCgels entrieseln, lieh ihr einen Zauber, der unaussprechlich ist: und die kleinen, so vertraut neben einander liegenden H\xE4user, gerade als fa\xDFten sie nur eine Familie, die dem Get\xFCmmel einer verderbten Welt entronnen, hier harmlosen Tage genie\xDFet! Warum bist du nicht hier, um Empfindungen zu theilen, die jetzt ohne Widerhall verklingen, – Du, so offen den himmlischen Gen\xFCssen schmelzender R\xFChrung, so rein gestimmt zur Natur! – Lebe wohl! Bald spreche ich dich wieder.

d.

Bartfeld.

Noch ehe es zu d\xE4mmern begann, verlie\xDF ich diese Stadt, und eilte zu dem Gesundbrunnen, von dem ich gestern so schwer mich getrennt hatte. Ich wei\xDF von ihr daher nichts, als da\xDF ich durch schlecht gepflasterte Stra\xDFen bey unansehnlichen H\xE4usern vor\xFCberging, dann auf einen l\xE4nglich viereckigen Platz kam, an dem nicht viel bessere standen. Die meisten sind mit Sinnspr\xFCchen auf eine Art verzieret, die wenigstens diese alle Vor\xFCbergehenden gewi\xDF in das Ged\xE4chtni\xDF zur\xFCck zu rufen vermag: aber die meisten jener Texte verdienen es wohl nicht, und wie viele sehen an ihnen nichts als Buchstaben? Die zum Theil gothisch gebaute Kirche an dem einen Ende des Platzes, geh\xF6rt unter die gro\xDFe Menge jener, die man weder ganz zu \xFCbersehen, noch lange zu sehen vermag.

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Als ich bey dem Brunnen anlangte (der Weg dahin ist beynahe l l/2 Meile lang) traf ich schon mehrere seiner G\xE4ste um denselben versammelt. Nachdem sie unter frohen Scherzen ihre Gl\xE4ser geleert hatten, machten sie sich gleich auf die ihn umgebenden Spatzierwege. Die\xDF ist zum Gedeihen der Brunnenkur unentbehrlich; nur d\xFCrfte die Art, auf welche die\xDF von den meisten geschiehet, dem Zwecke nicht ganz entsprechen, welchem weder dem Wettrennen \xE4hnliche Bewegungen, noch tr\xE4ges Einherschleichen angemessen ist, sondern ein gem\xE4\xDFigter Gang, der die Ersch\xFCtterung durch das ganze Nervensystem allm\xE4hlig fortpflanzet. Das Wasser schmeckt s\xE4uerlich, ohne herbe zu seyn, und erweckt den Kitzel eines geistigen Getr\xE4nkes. Seine Bestandtheile sind Eisen und Magnesia: daher es vorz\xFCglich zur leisen Reinigung und St\xE4rkung der Ged\xE4rme empfohlen wird; doch soll es diese Wirkung als laues Bad in einem vorz\xFCglichern Grade gew\xE4hren, als blo\xDF getrunken. Manche mischen es mit Milch, um den Reitz zu mildern, den es auf den Brustwerkzeugen hervorbringen k\xF6nnte. Der Ruf der hiesigen Najade (Sie erlauben mir doch diesen dichterischen Ausdruck, denn ich habe ihr auch schon meinen Hut gezogen) ist erst im Aufkeimen. Sie soll ihn gr\xF6\xDFten Theils den Pohlen verdanken, die in gro\xDFer Menge und im Gefolge vieler Krankheiten hieher kommen. Am h\xE4ufigsten erscheinen hier die G\xE4ste in den hei\xDFen Monaten Julius und August, die hier eine angenehme Temperatur haben; k\xFChles Wetter k\xF6nnte zumal den Badenden, leicht sch\xE4dlich werden.

In Beziehung auf den Tisch und die Wohnung, ist nicht am besten gesorgt. Jenen h\xE4lt ein Gastwirth, wie der in Amiens, der den launigen Yorick eben so hungrig entlie\xDF, als er gekommen war: diese bestehen in kleinen, theils gemauerten, theils h\xF6lzernen Gem\xE4chern, deren Au\xDFenseite den in meinem vorhergehenden Briefe geschilderten Eindruck, den diese Gegend auf mich machte, durch eine gl\xFCckliche Ideenverbindung so sehr erh\xF6hte. Die G\xE4ste sind oft sehr enge und unbequem in diesen Zimmern.

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Ich war gen\xF6thiget eines zu nehmen, das unl\xE4ngst \xFCbert\xFCncht zu seyn schien. Dessen ungeachtet w\xE4re ich recht froh darinn gewesen, h\xE4tte nicht eben diese Beschaffenheit desselben einen der Anwesenden zu einer \xE4u\xDFerst tragischen Erz\xE4hlung veranlasset. Zwey sich innig liebende Gatten, die ihren Bund dem Schicksale abgetrotzt hatten, beherbergte ein \xE4hnliches Zimmer. W\xE4hrend ihrer n\xE4chtlichen Ruhe, wurde es durch ein im Ofen zuf\xE4llig entbranntes St\xFCck Holz mit erstickendem Dampfe gef\xFCllt. Der erste Laut des mit den schmerzhaftesten Mitteln von den herbeieilenden Dienern wiedererweckten Mannes, ist der Name seiner Caroline. „Man h\xE4lt sie mit Gewalt von dieser zu sehr ersch\xFCtternden Scene entfernet, antworteten jene schluchzend. Er rufet sie noch immer, bis er durch Leiden aller Art ohnm\xE4chtig, auf sein Lager zur\xFCcksinket. Endlich \xF6ffnet er seine Augen wieder, und sieht einen Leichenzug in dem Hofraum des Hauses; – sie ists! Sie ists! Schreyet er in den gr\xE4\xDFlichsten T\xF6nen, und rennt mit der Wuth der Verzweiflung bis zu dem Sarg, erbricht ihn, und liegt Stunden lang in sinnloser Umarmung des auf ewig ihm entrissenen Weibes. Mit M\xFChe rief man ihn ins Leben zur\xFCck, aber Heiterkeit kehret ihm nie wieder, die Natur ist ihm ausgestorben und die herrlich gl\xE4nzende Sonne ist ihm ein d\xFCsterer Schein, der ihm zum Grabe leuchtet, wo er sie, die er hier auf eine so schreckliche Art verlor, einst wieder zu finden hoffet. –

Um den erw\xE4hnten Unbequemlichkeiten vorzubeugen, sind schon Pl\xE4tze f\xFCr mehrere H\xE4user angewiesen, auch l\xE4\xDFt die Stadt Bartfeld, auf deren Gebiete der Brunnen quillt, einen ger\xE4umigen Saal, nebst mehreren Nebenzimmern erbauen. Doch sind die Bedingungen, unter welchen jene hintangegeben werden sollen, (da\xDF, solange in \xF6ffentlichen Geb\xE4uden noch Raum ist, Privatleute keine G\xE4ste beherbergen d\xFCrfen) weder dem Zwecke dieser Anstalt, noch dem dauerhaften Interesse der Stadt, die durch den so fortw\xE4hrenden Zusammenflu\xDF der Fremden sehr gewin-

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nen w\xFCrde, angemessen. Ich habe in meinem letzten Briefe schon der Kuppel erw\xE4hnt, (eigentlich ist es nur ein h\xF6lzernes rundes Dach) wodurch man den Brunnen gegen Sonnenstrahlen sch\xFCtzen will. An den wohlt\xE4tigen Einflu\xDF dieser Einrichtung mag man wohl gr\xF6\xDFten Theils glauben, wegen einer \xE4hnlichen in F\xFCred; denn Spaa‘s und Carlsbaad‘s Quellen str\xF6men ohne allen Schirm, und wer kann der Natur vorschreiben, welchen Grad der W\xE4rme sie zu ihrer heilsamen Vorbereitung n\xF6thig hat?

An der dem Thale zugekehrten Seite jenes Daches erinnert eine lateinische Inschrift an seinen Errichter, den F\xFCrsten Chatorinsky, dem man sie, um seiner Humianit\xE4t und Bef\xF6rderung des allgemeinen Vergn\xFCgens willen, gerne g\xF6nnet: ob er gleich vielleicht eben durch diese seine Liberalit\xE4t manchen der schon nahen Genesung entrissen und Leiden wieder gegeben haben mag, denen er kaum entronnen war. Da\xDF doch die Menschen \xFCberall durch ihr Gaukelspiel sich um die reinsten Gen\xFCsse betr\xFCgen, und ohne dem bunten Tand der Eitelkeit bey dem erhabensten Schauspiele der Natur g\xE4hnen; da\xDF sie so wenig gedenken der weisen Regel: Entbehre und genie\xDFe! Ich gr\xE4mle nicht, wie Sturzens Hypochondrist, dem eine zerr\xFCttete Organisation jeden Genu\xDF verg\xE4llet; auch fliehe ich die Menschen nicht, wie Kotzebue‘s Unbekannter, der alles in der Farbe seines Ungl\xFCckes sieht. – Aber soll man nicht unwillig werden, wenn mancher Stirne in wirbelnder Bewegung Schwei\xDFtropfen entrinnen, die nimmermehr der Menschheit geflossen w\xE4ren; wenn so viele von der Quelle der Genesung zu schwelgerischen Gastmalen eilen, und, w\xE4hrend an des Himmels hehrem Gew\xF6lbe unz\xE4hlige Sterne flimmern, in dunstigen Zimmern \xE4ngstlich nach bemalten Bl\xE4ttern gucken, um bey dem majest\xE4tischen Erwachen der Natur in bet\xE4ubendem Schlummer zu liegen? Den Geist bereichernde Mittheilungen (und wo ladet alles, mehr dazu ein, als hier!) verdr\xE4ngen convenienzm\xE4\xDFige Besuche, und im seelenlosen

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Ger\xE4usche prunkvoller Zirkel ersticket die leise Sprache feiner Gef\xFChle! Jetzt zwar sind diese Beschuldigungen minder richtig: denn die seit einigen Wochen sehr verminderte Zahl der G\xE4ste hat jenen schalen Zeitvertreib ziemlich beschr\xE4nket.

Die Umgebungen Bartfelds sind reich an Mineralw\xE4ssern, unter welchen das Langenauer ohngef\xE4hr eine Meile von hier, dem hiesigen am n\xE4chsten k\xF6mmt, und bereits einigen Ruf hat.

Ich vermi\xDFte hier sehr ungerne den bey jedem besuchteren Brunnen n\xF6thigen Arzt, den mehrere Vertraulichkeit mit den Eigenschaften der Quelle und mit dem Klima, mehrere Bekanntschaft mit der Natur der Krankheiten oder Unbehaglichkeiten, von denen man bey demselben Vefreyung suchet, in den Stand setzen w\xFCrde, n\xFCtzlichere Di\xE4ten vorzuschreiben, als jene sind, die man meistens in seiner Brieftasche mitbringet, und vielleicht unter einem andern Himmelstriche aufgezeichnet hat. Der in der Stadt Bartfeld angestellte Arzt k\xF6mmt zuweilen hieher, aber nur um jedesmal eine bestimmte Zahl von Flaschen in dem Brunnen f\xFCllen zu lassen, sie hermetisch zu versiegeln, (welches unter dem Wasser selbst geschieht) und nach Pesth zu versenden, wo sie durch Kaufleute und Apotheker fast in alle Gegenden Ungerns, und wiewohl in kleinerer Menge, auch nach den deutschen Provinzen geschickt werden. Das Wasser soll auf diese Art seine volle Kraft \xFCber ein Jahr behalten. Ich wollte eben den Brunnen verlassen, als sich uns mehrere Wagen von ziemlich gutem Ansehen n\xE4herten. Die Neugierde ihre Eigenth\xFCmer zu sehen, hielt mich zur\xFCck. Es waren pohlnische Damen, die aus Bartfeld jeden Morgen hieher kommen, um das Wasser zu trinken. Ich habe ihre Namen vergessen, nur das wei\xDF ich, da\xDF die eine ungeheuer reich, und an einen – Narren verheirathet seyn soll. Ohne eigentlich sch\xF6n zu seyn, gefielen sie durch Munterkeit und bl\xFChende Jugend; den Mangel h\xF6herer Reitze ersetzte nach M\xF6glichkeit das Verdienst

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eines gut gew\xE4hlten Anzuges. Sie sprachen anf\xE4nglich pohlnisch; seit dieser Zeit halte ich diese Sprache f\xFCr wohlklingend; dann franz\xF6sisch, ungemein sch\xF6n, eine, wie ich h\xF6rte, unter den pohlnischen Damen allgemeine Eigenschaft. Ich betrachtete einige Zeit die mannigfaltigen Gruppen, die sich um sie bildeten, und die ich sammt alle dem Mienenspiele, das nachher begann, von dem mir, als kaltem Beobachter, nicht ein Zug entging, Ihnen genau schildern m\xF6chte, wenn ich mir vorstellen k\xF6nnte, da\xDF diese Schilderung interessant seyn w\xFCrde. Nach einem kleinen Spaziergange in den zwischen meiner Wohnung und dem Brunnen befindlichen Alleen, ging ich auf den Speisesaal. Seine Beschaffenheit und die Gestalt der G\xE4ste lie\xDF mich sehr wenig Unterhaltung hoffen. Diese entstehet entweder durch Mannigfaltigkeit oder Bildung jener; hier schien sich keines zu finden. Auch mag ihr gegenseitiges Verh\xE4ltni\xDF, es waren meistens \xF6streichische und preu\xDFische Pohlen, die Ungezwungenheit des Gespr\xE4ches, an die nicht selten sich gute Einf\xE4lle reihen, ganz gehemmt haben. Au\xDFer den mi\xDFrathenen Scherzen eines abgedankten Dragoneroffiziers, mit einem Aussehen, wie das des spanischen Gouyerneurs in Voltaire‘s Candide, und au\xDFer den abentheuerlichen Geschichten, die ein italienischer Sprachmeister sehr lebhaft erz\xE4hlte, ward fast nichts gesprochen. Nach Tische ruhete ich, Und schrieb diesen Brief, in welchem ich sie mit dem Plane meiner weitern Reise bekannt machen wollte. – –

e.

Bartfeld

Vor einigen Stunden kehrte ich von einer Fahrt nach hem 3 ½ Meile von hier gelegenen Orte Sborow zur\xFCck. Der Weg dahin gehet anf\xE4nglich \xFCber sandige Fl\xE4chen, dann neben schmalen von senkrecht emporstrehenden Felsen eingeschlossenen Wiesen. Wo er offener

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wird, durchschneiden ihn viele B\xE4che, die oft pl\xF6tzlich zu str\xF6men anschwellen, und die von ihrem Rinnsaale losgerissenen Steine weit \xFCber fruchtbare Felder fortw\xE4lzen. Als ich bey Langenau, dessen ich schon einmal erw\xE4hnte, vor\xFCber fuhr, stieg ich aus dem Wagen, um die niedrigen, jedoch reinlichen, H\xE4user zu besuchen, die den G\xE4sten dort zum Aufenthalt dienen. Einige unfern gepflanzte Reihen dichtbelaubter B\xE4ume gew\xE4hrten ihnen einen angenehmen und st\xE4rkenden Spatziergang. Sborow selbst ist von einer Kette abwechselnd sich hebender H\xFCgel umgeben, und gegen Osten laufen flachere Strecken fort, die durch W\xE4lder, aus deren Hintergrunde m\xE4chtige Felsen winken, beschr\xE4nkt werden. Es befinden sich dort zwey Schl\xF6sser, deren eines dem Grafen Szirmay, der mich zu sich geladen hatte, das andere dem Grafen Aspermont geh\xF6ret. Jenes bietet ungeachtet seiner, mehr als einem Jahrhundert angeh\xF6rigen, Au\xDFenseite, viele Bequemlichkeit dar; dieses empfiehlt sich auch schon dem Auge, und st\xF6\xDFt an eben so niedlich, als zweckm\xE4\xDFig, erbaute Wirthschaftsgeb\xE4ude, welche die nicht gemeine Industrie des Eigenth\xFCmers bew\xE4hren. M\xF6chte sie doch, besonders seine Stallf\xFCtterung, recht viele Nachahmer finden! Aber freylich werden die Bewohner unabsehbarer Hutweiden sie nicht sobald abschaffen, da der Pflug so \xFCbel lohnet, und das Vieh, durch indirecten Alleinhandel, in schwankenden Preisen stehet! Wer von Galizien nach Bartfeld f\xE4hrt, mu\xDF durch diesen Ort; aus den Fenstern des szirmayschen Schlosses sahen wir mehrere Fuhrwerke auf der vor\xFCbergehenden Stra\xDFe, darunter manche sich durch ihre Formen und helle Farben auszeichneten. Diese Wagen schienen einigen aus der Gesellschaft ein auffallender Beweis der pohlnischen Verfeinerung und des Kunstfleisses zu seyn, den sie auch noch gegen meine Bemerkung, „da\xDF Werke des blo\xDFen Luxus von wenigen, vielleicht fremden H\xE4nden, wenn schon im Lande selbst, verfertiget, allgemein verbreitete Industrie nicht erweisen,“ – mit Hartn\xE4ckigkeit vertheidigten.

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Bald darauf schlug uns der Hausherr einige Bewegung in seinem Garten vor. Dieser bestehet vor der Hand aus einigen geraden Baumg\xE4ngen, Blumenbeeten und ger\xE4umigen Rasenfl\xE4chen: wenn aber die dort schon sichtbaren Anlagen ausgef\xFChrt seyn werden, so wird man ihn ein gl\xFCckliches Mittelding, zwischen den steifen franz\xF6sischen G\xE4rten und dem planm\xE4\xDFigen Chaos, das gemeiniglich f\xFCr englische G\xE4rten gilt, nennen k\xF6nnen. Unser Vergn\xFCgen wurde bald durch einen heftigen Platzregen gest\xF6rt, der uns nur einige Stunden nach unserer R\xFCckkehr hieher verlie\xDF.

Ich verga\xDF Ihnen eine Beschreibung des vorgestern im hiesigen Saale gegebenen Balles zu machen. Den Saal kennen Sie schon aus meinem vorhergehenden Brief. Da alle \xFCbrige Anstalten sehr wenig erwarten lie\xDFen, so f\xFChrte mich blo\xDF die Erwartung, pohlnische T\xE4nze zu sehen, dahin. Ich wurde auf eine nicht unangenehme Art befriediget. Der gr\xF6\xDFere Theil der Anwesenden bestand aus Pohlen. Ihr Tanz verdr\xE4ngte daher bald alle \xFCbrige, welches die Gef\xE4lligkeit unserer Landsleute ihnen gerne zuzugestehen schien. Der T\xE4nzer f\xFChrt anf\xE4nglich seine T\xE4nzerin in sanft sich wendenden Richtungen umher; seine Pantomime dr\xFCckt Frohsinn aus, durch den z\xE4rtliche Regungen, wie durch einen Schleyer, schimmern. Ihre Blicke suchen sich nicht sorgf\xE4ltig, aber sie begegnen sich manchmal, ihr Schritt ist mehr feyerlich als munter; nun schl\xE4ngelt ihr Gang sich mehr, bald verschwinden sie hinter den folgenden Reihen, jetzt trennet dieses Vorr\xFCcken sie g\xE4nzlich, sie scheinen sich \xE4ngstlich zu vermissen, der Augenblick des Wiederfindens entlocket ihnen lebhafte Empfindungen, aber bald verklingen sie wieder, und allm\xE4hlig kehret der Charakter ruhiger W\xFCrde, mit der sie begannen, wieder zur\xFCck. K\xF6nnte man genau unterscheiden, was jedem Tanze urspr\xFCnglich eigen war, und was Nachahmungssucht hineinzubringen, oder manches T\xE4nzers Genie daraus zu entwickeln wu\xDFte; so w\xFCrden Nationaltanze wenigstens einige Z\xFCge des Nationalcharakters vermuthen

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lassen. Jetzt hat die so h\xE4ufige Mittheilung zwischen den Bewohnern der entlegensten L\xE4nder, und die Herrschaft, welche einige aus ihnen beynahe \xFCber Alles bey den \xFCbrigen aus\xFCben, Aeu\xDFerungen dieser Art so in einander verfl\xF6\xDFt, da\xDF keine ein entschiedenes Colorit hat. Bey den einfacher lebenden Klassen ist daher der Unterschied doch noch auffallend: man vergleiche das Entschlossene, Rasche des ungrischen, mit dem wirklich rohen, fast blo\xDF woll\xFCstigen Tanze der Deutschen, oder den gewandten immer sich wiegenden Schritten der Walachen.

In diesen Betrachtungen, zu denen einer der Anwesenden mich aufforderte, wurde ich durch das H\xE4ndeklatschen gest\xF6rt, mit dem zwey junge M\xE4nner empfangen wurden, die so eben in kosakischer Kleidung in den Saal traten, und mit grotesker Gebehrde sich zum Tanz aufforderten. Die Versammlung schlo\xDF einen ger\xE4umigen Kreis um sie, an dessen entferntesten Punkten sie sich einander gegen\xFCber stellten, und wechselsweise in den seltsamsten Schritten und verwegensten Stellungen sich n\xE4herten. Diese wurden mit jedem Gange auffallend ge\xE4ndert und der ruhende T\xE4nzer schien immer auf die Ueberraschung des andern durch neue, oder gewagtere Bewegungen zu sinnen. Diese letzte Eigenschaft mag wohl die hervorstechende dieses Tanzes seyn: aber der l\xE4rmende Beyfall, mit dem ein Paar Luftspr\xFCnge aufgenommen wurden, machte sie bald zur einzigen: so da\xDF mehreren um diese K\xFCnstler bange zu werden anfing. Das kann nimmermehr die Natur dieses Tanzes so fordern; denn auch der roheste Tanz mu\xDF das Gepr\xE4ge irgend einer Empfindung haben, oder sich der Darstellung einer Handlung n\xE4hern, weil sich schlechterdings kein anderer Ursprung dieser Unterhaltung denken l\xE4\xDFt. Das Lob, welches jene T\xE4nzer ein\xE4rnteten, bewahrte die allgemeinen Begriffe, die der gr\xF6\xDFere Theil sich von der Kunst machet. Daher vernachl\xE4\xDFigen unsere Schauspieler den kunstlosen Ausdruck versch\xF6nerter Natur, um durch manierirte Gebehrden zu reitzen, und so ein Lob

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mag dem Angelo Brocolletti, *) zu dem ihm gewi\xDF l\xE4stigen Titel: il pi\xF9 grande ballerino, (der gr\xF6\xDFte T\xE4nzer,) verholfen haben.

Meine Abreise ist doch auf morgen festgesetzt; ich betrachte mich daher schon als geschieden von dem Hayne, in dessen Angesicht ich Ihnen schreibe. War es dieser Gedanke, oder der Reitz, den ihm die durch gebrochene Gewitterwolken strahlende Sonne lieh, der mich ihn abermals zu betreten bewog. Dort, wo sich ein breiterer Gang am Rande des H\xFCgels sanft fortwindet, und aus dicht belaubtem Gew\xF6lbe, die Aussicht auf abhangende Wiesen und auf die jetzt h\xE4ufig befahrene Landstra\xDFe darbietet, stand ich einige Augenblicke stille, um eines Anblickes zu genie\xDFen, der mir vielleicht nie wieder zu Theil werden soll; und h\xE4tte es die K\xFCrze meiner noch freyen Zeit, das ausdr\xFCckliche Versprechen, die Gef\xE4hrten meines ersten Eintrittes in die Welt noch diese Woche zu besuchen, nicht unm\xF6glich gemacht meinen hiesigen Aufenthalt zu verl\xE4ngern, ich hatte ihm, um dieses Anblickes willen noch mehrere Tage geschenkt, die ich unter die angenehmsten

*) So hie\xDF ein Figurant auf dem Theater San Benedetto in Venedig, der durch das Mangelhafte seiner Bewegungen (er hatte ein h\xF6lzernes Bein) das Publicum immer zum Lachen bewog. Als ich meinen Unwillen \xFCber diesen erb\xE4rmlichen Gaukler, der es mir schwer machte, meine Aufmerksamkeit auf das Ganze zu richten, meinem Nachbarn im Parterre erkl\xE4rte, – „Come? egli e‘ il pi\xF9 grande bellerino!“ antwortete er lachend; dann fuhr er italienisch fort, „ er ist mit einem Beine hier, mit dem andern in Turin, wo er durch einen mi\xDFrathenen Sprung es verlor.“ Und selbst \xFCber das Schwere, das K\xFChne, sogar in k\xF6rperlichen Uebungen, ist das Urtheil der Menge nicht immer richtig: denn jenes lernet man erst durch eigene Versuche kennen, und es ist gerade dort, wo es das Auge am wenigsten entdecket. Ein auffallendes Beyfpiel sind die Spr\xFCnge der Kunstreiter.

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meines Lebens z\xE4hlen w\xFCrde – k\xF6nnte ich Ihren Umgang entbehren. Sie wissen nun meine fernere Reise, weil sie wissen, da\xDF jener junge Mann G. Dezs\xF6ffy ist, welcher in Finta unweit Eperies wohnet. Ich freue mich herzlich auf unser Wiedersehen. W\xE4re er auch nicht das bl\xFChende Genie, das jedes Ding fruchtbar zu machen, dem undankbarsten Stoff eine sch\xF6ne Seite abzugewinnen wei\xDF, liebte er mich auch minder; so w\xE4re doch die Erinnerung unsrer gemeinschaftlichen Laufbahn, auf der ein immer gro\xDF und edel handelnder, aber immer verkannter, Mann uns leitete, der Wiederhall mancher itzt beynahe verklungenen Empfindung, unaussprechliche Wonne. Der Blick r\xFCckw\xE4rts hat so vielen Reitz! Den in die Gegenwart tr\xFCbt die Ahndung der Zukunft, auf deren Morgenr\xF6the nur zu oft die Finsterni\xDF der Mitternacht folget. – Was vor\xFCber ist, raubt niemand mehr, es ist wieder ganz unser, wenn wir es abermals vor uns rufen! Von Finta gehe ich nach Kaschau, und von dort vermuthlich in die Tokayer Gebirge, dann den k\xFCrzesten Weg nach Ofen. Es soll durchgehends gute Stra\xDFe seyn; seitdem ich aber erfahren habe, wie verschwenderisch man in den Gegenden, durch die ich reiste, mit diesem Beiworte ist, bin ich mi\xDFtrauischer und habe mir statt 2, 4 Pferde bestellet. Es sind Mietpferde eines Bartfelder B\xFCrgers, und das ist mir sehr lieb; denn bey den jetzt sehr dringenden Arbeiten des Bauern w\xFCrde die Vorspann (wenn ich sie gleich, wie mein erster Brief zeigt, nicht aus dem falschen Gesichtspuncte betrachte, in dem sie die meisten Fremden sehen) ihm sehr l\xE4stig gewesen seyn. Wenn ich Ihnen, wieder schreibe, wei\xDF ich nicht, aber gewi\xDF geschieht es eher, als Sie es vermuthen, weil Sie mir werther sind, als Sie es vermuthen, und daran ist blo\xDF Ihre Bescheidenheit Schuld.

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Ternye.

Ich werde mich wohl daran gew\xF6hnen m\xFCssen, keine Vors\xE4tze auf Reisen zu machen, weil die meisten mir mi\xDFlingen. Meine ununterbrochene Fahrt bis Finta war fest bestimmt, und nun bin ich durch meine zerschmetterte Wagenachse gezwungen, bis Nachmittag hier zu verweilen; denn eher kann nach des Schmiedes Versicherung jener Schaden nicht hergestellt werden. Ich benutze diese Zeit, um die Beschreibung der Stadt Bartfeld nachzutragen, die ich seit meinem kurzen Nachtlager alldort nicht wieder besucht h\xE4tte, wenn nicht mein Versprechen Ihnen vollst\xE4ndige Schilderungen zu machen, es gefordert h\xE4tte. Jenes ist mir daher doppelt lieb, als Veranlassung genauer zu beobachten! Zu wie viel Guten war Ihre Bekanntschaft nicht schon Veranlassung geworden!

Das Ansehen Bartfelds und seine Lage lassen eine fr\xFChere Entstehung vermuthen, als wor\xFCber wir Urkunden haben, von denen das vom Carl I. 1323 diesem Orte ertheilte st\xE4dtische Privilegium die \xE4lteste ist. Von hohen Gebirgen beynahe eingeschlossen, und wo diese keine sichere Schutzwehre zu gew\xE4hren scheinen, durch dichte W\xE4lder gedecket, auf dem R\xFCcken einer steilen Erh\xF6hung so gebauet, da\xDF die niederen Abschnitte derselben gleichsam zur Vormauer dienen, d\xFCrfte sie einst der Punct gewesen seyn, aus dem entweder entschlossene Krieger die umliegende Gegend mit Pl\xFCnderungen heimsuchten, deren sie dann hier ruhig geno\xDFen; oder ein Zufluchtsort von St\xE4rkeren ge\xE4ngstigter Menschen. Die allgemeine Sage erkl\xE4rt sich f\xFCr die erste Vermuthung, indem sie einen r\xF6mischen Soldaten Laurenz an die Spitze jener Krieger setzt, der nachher seinen Muth gegen die damals in jene Gegend einbrechenden Tartaren wendete. Das nun zur Stadt geh\xF6rige Gebiet ist von geringer Ausdehnung, unfruchtbar, durch Berge und Th\xE4ler unterbrochen, und bringt beynahe nichts als Haber hervor. Desto besserer Art sind ihre W\xE4lder, die meistens aus sch\xF6nem Nadelholz be-

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stehen. Der Rathsherr Mokoschiny, dem ich empfohlen war, und der alle Fremde mit vorz\xFCglicher Bereitwilligkeit aufnimmt, sagte mir: da\xDF man in vielen Kellern der Stadt, Buchenholz, welches in dieser Gegend nicht mehr vorhanden ist, finde, allwo es zum Theil zur St\xFCtzung der H\xE4user dienet. Jetzt ziehet man es mit vieler M\xFChe, wo es anders m\xF6glich ist, hervor; seine Seltenheit, seine ins dunkelroth spielende Farbe geben ihm vorz\xFCglichen Werth, und es nimmt sich zum zierlichen Hausger\xE4the beynahe besser aus, als das sogenannte jetzt sehr beliebte Ti\xDFaholz. In erw\xE4hnten Kellern findet man auch Schmelz\xF6fen, deren Errichtung die in den altern Schriften der Stadt gemeldeten Metallgruben veranla\xDFt haben m\xF6gen. Man stehet es der Stadt an, da\xDF ihre Verh\xE4ltnisse jemals bl\xFChender waren, als jetzt. Die Verbindung, in der sie ehe mit Pohlen und Schlesien gestanden, hat bey dem gegenw\xE4rtigen Zustande dieser L\xE4nder fast ganz aufgeh\xF6rt, wenigstens kann sie den St\xE4dten Oberungerns, deren Abnahme sichtbar ist, nicht mehr den ehemaligen Nutzen durch Freyheit des Handels nach Norden, dessen Hauptplatze in Beziehung auf Ungern sie waren, gew\xE4hren. Doch bleibt die Lage Bartfelds in dieser R\xFCcksicht immer noch vortheilhaft, denn hier treffen die Stra\xDFenz\xFCge nach Lemberg, Warschau, Krakau, Schlesien und Tokay zusammen. Die Einwohnet benutzen die\xDF nach M\xF6glichkeit; ihr Fuhrwesen ist ansehnlich, mittelst welches sie ungrische Weine bis in das Herz von Preu\xDFen und Ru\xDFland bef\xF6rdern. Zu den Ursachen, die Bartfelds Flor hemmten, m\xF6gen auch Rakoczy's verheerende Unternehmungen geh\xF6ren, die durch das abwechselnde Gl\xFCck, mit dem sie einige Zeit gef\xFChret wurden, noch dr\xFCckender seyn mu\xDFten, weil beyde Partheyen dort abwechselnd ihre Rache k\xFChlten, oder Kr\xE4fte zu neuem Streite aufrafften. Hiedurch soll die Stadt \xFCber 200,000 fl. verloren haben: eine im Verh\xE4ltni\xDF der damaligen Seltenheit des baaren Geldes, wirklich gro\xDFe Summe. -–

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Ich \xE4rgerte mich m\xE4chtig \xFCber einen Fremden, der sich mir anschlo\xDF, und das traurige Gef\xFChl, mit welchem die Magistratspersonen von dem ehemaligen h\xF6hern Wohlst\xE4nde ihrer Mitb\xFCrger sprachen, durch eine hochtrabende Tirade, auf Palmira's majest\xE4tische Ruinen, und den am Rhein und in Italien noch dampfenden Schutt, gleichsam eines Schw\xE4che beschuldigen wollte! Verliere ich an meiner d\xFCrftigen H\xFCtte nicht Alles, wenn gleich tausend stolze Pall\xE4ste zu gleicher Zeit in die Asche gelegt werden? Doch mag zu seiner Entschuldigung dienen, da\xDF er jene Scenen vielleicht unl\xE4ngst gesehen, vielleicht selbst dabey geblutet habe, und ach – er stehet jetzt nicht auf vaterl\xE4ndischem Boden. Nach so vielen unseligen Ereignungen, deren Schauplatz Bartfeld war, verweilet man mit Vergn\xFCgen bey der freundschaftlichen Unterredung, die K\xF6nig Matthias, zufolge der im Archiv dieser Stadt befindlichen Nachrichten, mit dem K\xF6nig von Pohlen hier gehalten hat, wenn gleich ihr Resultat den Nachkommen unbekannt blieb, die jetzt durch Manufakturen, Hanf, Bienenzucht, Leinwandweberey und dem Reste eines ehemals ansehnlichen Weinhandels im Ganzen ein bequemes Auskommen sich verschaffen, und das angenehme Bild des mit M\xE4\xDFigkeit gepaarten Flei\xDFes gew\xE4hren. Au\xDFer dem Gesundbrunnen, an dessen Quelle ich so vergn\xFCgt war, und seinen um ihn her zerstreuten, minder ber\xFChmten, vielleicht nicht minder n\xFCtzlichen Br\xFCdern, hat die Natur die Umgebungen dieser Stadt mit keiner besondern Erscheinung beschenket; aber sie sind interessant durch den Anblick, den die Stellung der darauf befindlichen Steinmassen gewahret, unter denen man 13 vorz\xFCglich unterscheidet, die hier eben so viele Berge, und nach besonderen Namen, hei\xDFen. Am Gipfel des einen (Mniho) wankt eine schon ersch\xFCtterte Wand eines ehemaligen Klosters; die \xFCbrigen sind so seinen R\xFCcken hinabgerollet, da\xDF die gr\xF6\xDFten St\xFCcke h\xF6her, die kleineren immer n\xE4her an seinem Fu\xDFe liegen, gleich als h\xE4tte ein unwilliges Sch\xFCtteln seines Hauptes diese einsamen Zellen hinweg geschleudert, und die leichteren Tr\xFCm-

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mer in eine gr\xF6\xDFere Entfernung, die schwereren aber in eine kleinere geworfen, um nicht unn\xFCtze M\xFChe zu haben. Drey Fl\xFC\xDFe Tapoly, Bresnicz und Lucawicza, entspringen auf dem Gebiete Bartfelds aus eben so vielen Gegenden; unter der Stadt selbst vereinen sie sich zu einem Strom, der gegen Sonnenaufgang, unter dem ersten der eben erw\xE4hnten Namen forteilt. Diesen legt er nach einem Lauf von 14 Meilen ab, wo er mit der Bodrogh, und endlich mit der Thei\xDF sich vermenget. Er enth\xE4lt viele und schmackhafte Fische, vorz\xFCglich Forellen, mit denen mein h\xF6flicher F\xFChrer Mokoschiny mich reichlich bewirthete. Ein naher H\xFCgel, der Weinberg hei\xDFt, und eine g\xFCnstigere Lage als die \xFCbrigen hat, f\xFChrte mich auf die Vermuthung, da\xDF man einst Wein dort gepflanzt habe; man best\xE4ttigte sie, und versicherte mich, es fanden sich dort noch jetzt Rebenwurzeln. Ich setze dieses hieher, um einen neuen, wenn schon nicht entscheidenden Beweis, f\xFCr den von Ihnen bestrittenen Satz zu erhalten, da\xDF Namen, zumal \xE4ltere, meistens in Eigenschaften der Dinge, oder irgend einer damals interessanten Begebenheit, ihren Grund haben. (Conveniunt rebus nomina saepe suis). Es scheint so nat\xFCrlich, da\xDF der hervorstechendste Eindruck einer Sache auch derjenige sey, durch den man sie charakterisieren will, von dem man auch andere zuerst benachrichtigen will; und das geschiehet durch den Namen.

Die Einwohner Bartfelds z\xE4hlen nicht \xFCber 4000; die meisten sind slavischen Ursprungs, doch find der Deutschen auch eine ziemliche Menge. Juden mag es nicht \xFCber 100 hier geben. Die in der Stadt \xFCbliche Kleidung hat noch den Zuschnitt, der vor 80 Jahren der herrschende gewesen seyn mag. Wenn ich die neumodischen G\xE4ste des Brunnens mit diesen treuen Anh\xE4ngern der alten Formen vergleiche: so m\xFC\xDFte ich die Strecke, die sie trennet, f\xFCr 100 Meilen weit halten, denn sie haben sogar nichts mit einander gemein, da\xDF man sie f\xFCr so getrennt halten mu\xDF. Doch die\xDF ist ganz leicht erkl\xE4rlich aus ihren verschiedenen Verh\xE4ltnissen: Luxus und Fruga-

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litat, auf Erwerbung des Unterhalts fortw\xE4hrend gerichteter Flei\xDF und der Uebermuth des durch Geburt, oder erlaubte Prellereyen erhaltenen Reichthumes – was haben die gemein?

Ich war schon eine gute Strecke gegen Ternye fortgefahren, als mich die Lust anwandelte, meinen Wagen zu verlassen, um die Stadt noch einmal zu besehen, und ihr Ganzes mir vorstellen zu k\xF6nnen. Die Entfernung lieh ihr etwas, das sie in der N\xE4he nicht besitzt. Die drey sie umschlie\xDFenden Ringmauern, die zwischen den unbedeutenden Werkern angebrachten Thore (es sind 3 gro\xDFe f\xFCr W\xE4gen, und 3 f\xFCr Fu\xDFg\xE4nger) um die ein Graben l\xE4uft, gew\xE4hren die T\xE4uschung einer Festung, und die au\xDFer der Stadt zerstreuten H\xE4uschen, unter denen das protestantische Gotteshaus das ansehnlichste ist, lassen ger\xE4umige Vorst\xE4dte vermuthen. Ich wei\xDF nicht, wie es kam, da\xDF aus den vielen Betrachtungen, die aus diesem Anblick hervorgehen konnten, der Vergleich der jetzigen Befestigungskunst, mit jener, die Bartfeld einst sch\xFCtzte, mich besch\xE4ftigte, und ich ihm gerade die angenehmste Seite abgewann: da\xDF n\xE4mlich die Werkzeuge selbst unserer grausamsten Zerst\xF6rungen, der Verheerungen, die uns mit den rohen Barbaren in eine erniedrigende Parallele setzen, nun so eingerichtet sind, da\xDF um sie gebrauchen zu k\xF6nnen, wir erst aufh\xF6ren mu\xDFten, Barbaren zu seyn. Eine Bemerkung, mit welcher der unsterbliche Gibbon Europa's gebildetere V\xF6lker \xFCber das Hereinbrechen sie verschlingender Horden beruhiget; denn die K\xFCnste, die erhabenen Berechnungen unseres Verstandes werden bleiben, aber die Wuth, sie unserm Verderben zu widmen, kann doch einmal uns verlassen!

Ich w\xFCrde mich nicht wundern, wenn dieser Brief das Gepr\xE4ge der Eilfertigkeit und alle die M\xE4ngel einer nicht unter den g\xFCnstigsten Umst\xE4nden vor sich gegangenen Geburt h\xE4tte. Der mir angewiesene Platz ist unter einem durchl\xF6cherten Dach, durch welches der Wind heftig pfeift, und die heftigen Hammerschl\xE4ge, die meinen

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Wagen wieder herstellen sollen, sind der Ruhe des Schreibenden nicht sehr zutr\xE4glich: aber es \xE4ngstigte mich, wie eine Schuld, an Sie zu schreiben.

Die Stra\xDFe von Bartfeld hieher, die nicht volle 4 Meilen betr\xE4gt, geh\xF6rt unter die gro\xDFe Menge jener in unserm Vaterlande, die vielleicht auch ohne, die auf sie verwendete Arbeit, in dem n\xE4mlichen Zustande w\xE4ren, in welchen diese sie versetzte. Die\xDF mag wohl meistens dem g\xE4nzlichen Mangel der hiezu n\xF6thigen Leitung und der Fertigkeit in Beobachtung derselben zuzuschreiben seyn. Letztere ist von dem, hierinn nie genug unterwiesenen, mit den n\xF6thigen Werkzeugen d\xFCrftig versehenen Landmanne nicht zu erwarten. Und mu\xDF er nicht oft dieser ihm nur wenig n\xFCtzenden Besch\xE4ftigung eine Zeit opfern, die seiner Erhaltung, der Erhohlung der beynahe ersch\xF6pften Kr\xE4fte unentbehrlich w\xE4re? Aber selbst diese fehlerhafte, gewi\xDF unrechte Einrichtung – denn hat der Adeliche nicht mehr W\xE4gen, als der Unterthan? – k\xF6nnte bey gr\xF6\xDFerem Flei\xDFe der Magistratspersonen, bey strengerer Auswahl der Comitats-Ingenieure, die eigentlich dergleichen Arbeiten leiten sollen, n\xFCtzlicher werden. In vielen F\xE4llen w\xFCrden selbst diese Mittel nicht hinreichen; dann mu\xDF man bedauern, da\xDF gerade von jenen, die weniger leisten k\xF6nnen, mehr gefordert wird. Denn in bergichten Gespannschaften sind der zu bauenden Wege mehr, ihre Erhaltung kostbarer, und der Landmann fast immer d\xFCrftiger. Jede Gespannschaft ist in gewisser R\xFCcksicht eine isolirte Provinz; die Lage von vielen ist aber so beschaffen, da\xDF sie mehreren andern mit dr\xFCckendem Aufwande gleichsam als Hilfsmittel zur Erreichung betr\xE4chtlicher Vortheile dienen. Z. B. jene, die zur unmittelbaren Verbindung mit andern Provinzen Wege errichten m\xFCssen, ohne welche die Produkte der \xFCbrigen keinen, oder nur einen geringen Werth h\xE4tten. Ein f\xFCr alle bestimmter Fonds, der f\xFCr seine Auslagen durch billige Z\xF6lle entsch\xE4diget w\xFCrde, k\xF6nnte den meisten Nachtheilen dieser Art abhelfen. Aber wir w\xE4hnen hierin den Umsturz unserer Rechte zu sehen, w\xE4h-

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rend wir alle \xFCbrige Hervorbringung der Kunst gerne bezahlen. Ich ende ein Raisonement, das viel zu wichtig ist, als da\xDF ich es jetzt entwickeln k\xF6nnte. Ich \xFCberlie\xDF mich dem Drange von diesen Gegenst\xE4nden zu sprechen, weil ihr Interesse allgemein ist, und meine Briefe nichts anders seyn sollen, als getreue Darstellungen alles dessen, was meiner Seele vorschwebet.

Von dem H\xFCgel, der nicht ferne von hier liegt, sah ich mich nach der ganzen Gegend um. Sie hat etwas rauhes, dichte Eichenw\xE4lder, j\xE4hlings abschie\xDFende Bergr\xFCcken, an die sich nur gegen S\xFCden sanft gesenkte Wiesen reihen. Die flacheren Striche sind mit vortrefflichen Waitzen angebauet, und die sch\xF6nen Saaten von Heidekorn lassen hier gute Bienenzucht vermuthen. Es ist mir, als ahndete ich in der Ferne mehr offenen Raum, wenn anders nicht die st\xE4rkere Beleuchtung der mir im R\xFCcken liegenden Anh\xF6hen diese T\xE4uschung hervorbringt. Bis Finta sollen noch 1 ½ Meilen seyn. Bey dem langsamen Vorr\xFCcken der Arbeit an meinem Wagen, kann ich wohl nicht hoffen vor der D\xE4mmerung zu meinem Freund zu kommen; wenigstens wird seine Neigung zu mir ihm das Ende eines Tages theuer machen, der ihm auch schon angenehm begann, weil er ihn von meinem Entschlu\xDFe ihn bald zu besuchen benachrichtigte. Leben Sie wohl, und lohnen Sie es Ihrem Freunde, da\xDF er so flei\xDFig schreibt, obschon so was sich von selbst lohnet.

Graf V. B**.
Topic revision: r16 - 26 Jan 2012, KatalinBlasko
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