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I.
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Rede eines indianischen Fürsten.
Nach dem Engländischen.
Als das engländische Heer längst einer sanften Heyde zwischen einem Gebirge und einem See gegen
Qwebek marschiret, stund eines der kleinen
Oberhäupter der inländischen Gebiete auf einem Felsen, von seiner Zunft umringt, und betrachtete hinter dem Schutze der Gebüsche, die Kunst und Edelmässigkeit des europäischen Krieges. Es war Abend; und die Zelten wurden geschlagen. Er bemerkte die Sicherheit, worinn die Truppen des Nachts ruheten, und die Ordnung, womit der Marsch des Morgens wiederum angetreten wurde. Er folgte ihm mit seinen Blicken, bis sie ihm
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aus dem Gesichte kamen, und stund alsdenn einige Zeit lang stille und tiefsinnig.
Hierauf wendete er sich zu seinen Anhängern. „ Meine Kinder, sagte er: Oft
habe ich von ehrwürdigen Greisen sagen
gehöret, daß es eine Zeit gegeben hat,
worinn unsere Vorältern unumschränkte
Herren der Wälder, der Auen und der
Seen waren, so weit das Auge reichen,
oder der Fuß gelangen kann Sie fischten und jagten; schmauseten und tanzten, und legten sich, wenn sie müde waren, ohne Gefahr und ohne Furcht, unter das erste Gebüsche nieder. Sie wechselten mit ihren Wohnungen ab, je
nachdem es die Jahreszeiten erfoderten,
die Beqwemlichkeit sie bewog, oder die
Neubegierde sie reizte: und sammelten
bald die Früchte der Gebirge, und bald
scherzten sie in Kähnen längst den Küsten hin.
Viele Jahre und Jahrhunderte sollen
in diesem Uiberflusse und Sicherheit verflossen seyn, bis zuletzt ein neues Geschlecht von Menschen vom grossen Weltmeere her, in unser Land einbrach. Sie
schlossen sich in steinerne Wohnungen ein,
in welche unsere Voraltern weder mit
Gewalt einbrechen, noch sie mit Feuer
zerstöhren konnten. Aus diesen festen
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Plätzen fielen sie heraus: bald wie das
Armadillo mit Schaalen bedeckt, wovon
die Lanze auf den, der sie führte, zurück
prellte, und bald von mächtigen Thieren getragen, dergleichen man niemals
in unsern Thälern oder Wäldern gesehen
hatte, und die so stark und behende sind,
daß Flucht und Widerstand gleich sehr
vergeblich waren. Diese Eroberer durchstreiften das Land, und schlachteten in
ihrer Wuht, die, so sich wehreren; und
die sich unterwarfen, zum Zeitvertreibe.
Von denen, die noch übrig blieben, wurden einige in Höhlen vergraben, und
verdammet, Metalle für ihre Herren
heraus zu wühlen, einige wurden zum
Feldbaue gebraucht, dessen Ertrag fremde
Tyrannen fressen : und seit dem das
Schwerdt und die Bergwerke die Eingebohrnen aufgerieben hatten, ersetzen
sie ihre Stelle mit menschlichen Wesen
von einer andern Farbe, die von irgend
einem entfernten Lande herbey geschleppt
werden, um hier unter Schweiß und
Marter zu Grunde zu gehen; Einige
giebt es, (und sie rühmen sich ihrer
Menschlichkeit) die sich begnügen, uns
unsere Jagden und Fischereyen wegzunehmen, die uns von jedem Platze vertreiben, wo Fruchtbarkeit und Anmuht
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sie reizen, sich niederzulassen, und uns
nicht bekriegen, außer wenn wir in unsere eigene Ländereyen eindringen.
Andere geben vor, daß sie ein Recht
zur Niederlassung und Tyranney erkauft
hätten, allein man muß sich gewißlich
noch mehr über die unverschämte Frechheit solcher Käuffe, als über die offenba re und eingestandene Herrschaft der Gewalt, ärgern. Welche Belohnung kann
den Besitzer eines Landes bewegen, einen
Fremdling aufzunehmen, der mächtiger
ist, als er selbst? Betrug oder Schrecken
müßen in dergleichen Verträgen wirken.
Entweder versprachen sie Schutz, den sie
niemals geleistet, oder Unterricht, den
sie niemals mitgetheilet haben. Wir
hofften, durch ihre Gunst für irgendeinem andern Uibel gesichert zu werden,
oder die europäischen Künste zu lernen,
die uns in den Stand setzen möchten,
uns selbst zu schützen. Ihre Macht haben sie nie zu unserer Vertheidigung an gewendet, und ihre Künste haben sie
sorgfältig für uns verhehlet. Ihre Verträge dienen nur, uns zu hintergehen,
und ihre Handlungen, uns zu betrügen.
Sie haben ein geschriebenes Gesetz unter sich, das, wie sie prahlen, von demjenigen herrühret, der die Erde und die
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See geschaffen hat, und wodurch sie
glauben, daß der Mensch werde glücklich gemacht werden, wenn das Leben
ihn verlassen werde. Warum wird dieses Gesetz uns nicht mitgetheilet? Sie
verhehlen es, weil sie es übertreten.
Denn, wie können sie es einer indianischen Nation predigen, da ich mir habe
sagen lassen, daß eines seiner ersten Gebote, ihnen verbiete, andern zu thun,
was sie nicht wollen, daß andere ihnen
thun sollen?
Doch vielleicht nähert sich die Zeit,
worinn der Stolz der Anmassen soll gedämpft, und die Grausamkeit der Eroberer gerochen werden. Die Söhne der
Raubsicht haben nun die Schwerdter
wider einander gezogen, und ihre Ansprüche der Entscheidung des Kriegs anheimgestellt. Laßt uns das Gemetzel
gleichartig ansehen, und bedenken, daß
der Tod eines jeden Europäers das
Land von einem Tyrannen, und von einem
Räuber befreyet. Denn, was ist der
Anspruch bey der Nation anders, als
der Anspruch des Geyers auf das Hasgen, oder des Tygers auf das Reh?
Laßt sie also fortfahren, sich einander
ihre Ansprüche auf Länder streitig zu
machen, die sie nie bevölkern können;
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durch Gefahren und Blut die leere
Würde der Herrschaft über Gebirge zu
erkaufen, die sie nie ersteigen werden,
und über Ströme, über welche sie nie
gelangen sollen. Laßt uns mittlerweile
bestreben, ihre Kriegskunst zu lernen und ihre Waffen zu schmieden; und
wenn sie einander geschwächt haben, laßt
uns sie überfallen, ihre Uiberbleibsel
zwingen, auf ihre Schiffe zu fliehen,
und noch einmal in unserm Vaterlande
herrschen. „
Das Gespräch in drey Worten.
Ein französischer Officier, welcher seine Pension lange Zeit nicht erhalten
hatte, sprach den König von Frankreich,
Heinrich den 4ten, mit diesen Worten
an: Nur drey Worte, Sir! Geld,
oder Abschied! Der König antwortete:
Auch mit euch nur drey Worte: Keines von beyden!
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