Blättern:
< zum Text 10 –
zum Text 12>
XI.
(P81)
Beschluß des VI. Stücks.
Eben dieses galt auch von dem Vermiehten der Kirchengüter. Pabst
Paulus II. befahl, daß sie an Niemanden über drey Jahre durften vergeben werden, wobey er den Himmelsstrich
von Italien nohtwendig vor Augen gehabt hat. Denn es haben schon einige
Rechtsgelehrte, auch selbst unter den
Italiänern, angemerket, daß dieser päbstliche Befehl in Deutschland, und anders
wo, wo das Land erst ein Jahr ums andere Früchte trägt, nicht könne angewendet werden. Obgleich die Römer ihre
Ländereyen auf fünf Jahre gaben, so
ließen sie dieses doch so gelten, als wenn
der Inhaber den Pacht des Gutes alle
Jahre von neuem angenommen hätte.
Wollte jemand dieses in Deutschland
nachmachen, der würde in der That sehr
(P82)
übel dabey auskommen. Denn da ein
jeglicher Acker mehrentheils nur erst alle
zwey Jahre vollkommen genutzt werden
kann, so läßt es sich bey uns unmöglich
annehmen, als wenn der Pacht alle Jahre wäre verneuert worden. Man muß
dazu entweder zwey oder drey Jahre
brauchen, damit der Pächter auf seine
Unkosten kommen kann. Ein gleiches
wurde beobachtet, wenn bey unvermuhteten Unglücksfällen dem Pächter etwas
an dem eingegangenen Preise erlassen
wurde. In Italien durfte dieses, wie gewöhnlich, nur auf ein Jahr geschehen,
aus dasjenige nämlich, in welchem der
Schaden geschehen war. Aber in Deutschland muß man ihm wenigstens zwey
Jahre erlassen, weil er sich sonst einer
zufälligen Unfruchtbarkeit wegen in Schaden gesetzet sehen würde.
Wollte ich bey dieser Sache weitläuftiger seyn, so könnte ich noch einen
sehr merkwürdigen Umstand aus dem
Lehnrechte anführen. Es ist nämlich in
den langobardischen Gesetzen festgestellet worden, daß wenn der Vasall nach
dem ersten Märze stürbe, alle durch seinen
Fleiß zu hoffenden Früchte den Erben des
Verstorbenen anheim fallen sollten. Stürbe er aber nach dem ersten September, so
(P83)
würde das Recht auf die Früchte des
folgenden Jahres dem Herrn zufallen.
Es ist augenscheinlich, daß hierinnen auf
den Himmelsstrich in Italien gesehen
worden. Denn die Wärme dieses Landes macht, daß man daselbst zu Ende
des Heumonats mit derAerndte und dem
Einsammlen der Früchte völlig fertig
wird. Man weis auch daselbst von keinem Säen im Herbste, oder von einiger
Wintersaat. Hergegen in Deutschland,
wo das Land vor dem Winter zugesäet
ist, können die Erben des Vasallen sich
mit Rechte die Früchte anmassen, worauf ihr Erblasser annoch einigen Fleiß
verwandt hat. Und dieses haben auch
die Rechtsgelehrten gar wohl eingesehen,
und die Clima in diesem Falle zu unterscheiden gewußt.
Dieses wäre von dem Unterscheide
der römischen und des deutschen Rechtes
in Ansehung des Clima genug gesaget.
Ich habe darinn die Ordnung gehalten,
deren sich schon vor einigen Jahren der
grosse hallische Rechtsgelehrte, ich meyne der verstorbene
Böhmer zu eben diesem Ende bedienet hat. Und warum
hätte ich ihr nicht folgen sollen, da es
in der That etwas Rühmliches ist, meinen Satz mit dem Beyfalle eines so
(P84)
grossen Mannes erweisen zu können. Ich
würde ihn noch weit mehr bestätigen
können, wenn ich die übrigen Beyspiele,
die das Clima in den Gesetzen anderer
Länder merkwürdig gemacht hat, allhier
anführen wollte, auf welche uns der Präsident
Montesquieu so sorgfältig verwiesen hat.
Heurahtsgebräuche der Türken
zu
Aleppo.
Die Heurahten werden in Syrien gemeiniglich durch die Weiber gestiftet.
Die Mutter sucht unter ihren Bekannten eine Person, die sich für ihren Sohn
schicket; und wenn sie eine nach ihrem
Sinne gefunden hat, bringt sie die Sache bey der Familie an. Ist diese es zufrieden, so wird um die Jungfrau auf
gewöhnliche Art angehalten, das für sie
zu bezahlende Geld ausgemacht, und
eine Erlaubniß des
Kadi ausgewirket.
Auf beyden Seiten werden Bevollmächtigte ausgemacht, sich darüber nur dem
Maum oder Priester zu besprechen. Ist
(P85)
dieser durch tüchtige Zeugen versichert,
daß die Bevollmächtigten auf gehörige
Art erwählet worden sind, so fragt er
den einen, ob es sein Wille sey, die
Braut um diese oder jene Summe Geldes zu kaufen, und den andern, ob er
mit so viel Geld zufrieden sey? Wenn sie
beyde mit Ja geantwortet haben, so wird
das Geld bezahlt, und der Handel mit
einem Gebehte aus dem Koran beschlossen.
Der Bräutigam hat nunmehro die
Freyheit, seine Braut zu sich zu holen,
wenn er es für gut befindet. Nach festgesetztem Tage schickt er zu ihrer Familie, und laßt ihr diesen zu wissen thun.
Das von ihm bezahlte Geld wird zu
Hausraht für ein Zimmer, zu Kleidern,
zu Edelgesteinen und zum Schmucke für
die Braut angewendet. Ihr Vater
giebt, nach seinen Umständen, noch etwas
dazu. Alles dieses wird mit grossem
Gepränge, drey Tage vor der Hochzeit,
an den Ort, wo sie hinkommen soll, geschickt. Zur Hochzeit bittet er alle seine
Freunde, und seine Bekannten. Jeder
schickt ihm ein Geschenk, er mag kommen oder nicht. Das Haus wird etliche
Tage vor der Hochzeit offen gehalten.
(P86)
An dem bestimmten Tage gehen die
Weiber in das Haus dieser Braut, und
bringen sie nach dem Hause ihres Bräutigams. Die Mutter, und andere weibliche Freunde begleiten sie, und beyderley
Geschlecht macht sich, jedes in einem besondern Zimmer, bis zur Nacht lustig.
Alsdann ziehen die Männer den Bräutigam an, und geben davon den Weibern Nachricht. Hierauf wird er in den
Hof vor das Weiberzimmer geführt.
Daselbst empfangen ihn seine weiblichen
Anverwandten, und tanzen und singen
vor ihm her, bis an die Treppe des Zimmers, wo sich die Braut befindet. Diese kömmt auf den halben Weg herunter, ihn anzunehmen. Sie hat sich mit
ohtem dünnen Zeuge von Seide verhüllt, und ihre Stirn und Wangen mit
geschlagenem Golde, das in allerhand
Bilder ausgeschnitten ist, bedeckt. Als
dann führt er sie die Treppe hinan, und
sie werden allein gelassen.
Einem Türken ist nach dem Gesetze
erlaubet, vier Eheweiber zu haben, und
so viel Kebsweiber oder Sklavinnen, als
er ernähren kann. Doch muß er für
jede ein gewisses Geld erlegen. Seine
Frau kann er wieder fortschicken, ohne
eine Ursache anzugeben, es macht ihm
(P87)
aber nicht nur einige Kosten, sondern er
verlieret auch alles Geld, was er an sie
gewendet hat. Unfruchtbare Sklavinnen kann er nach seinem Belieben verkaufen.
Zu wissen, ob ein Hund, wann er jemand gebissen hat, wirklich toll gewesen.
Aus dem Gentlem. Magaz.
Herr
Petit, ein berühmter Wundarzt
in Frankreich, hat dieses Mittel entdecket. Er reibet nämlich, mit einem gekochten Stücke Fleisch, die Kähle, die
Zähne, und das Zahnfleisch des todten
Hundes, doch daß kein Blut dnran komme, und das Fleisch besudle. Darauf
giebt man dieses einem lebendigen Hunde; weigert er sich dessen, mit Schreyen,
und Heulen, so ist der todte Hund gewiß toll gewesen; nimmt er aber die
Speise an, und frißt davon, so hat man
nichts zu befürchten.
(P88)
Aufrichtige Nachricht, wie die Materie zur Vergoldung von Aerz und Silber verfertiget wird.
Aus dem Universalmagazine.
Nimm zwey Unzen Gummi Lacca, zwey
Unzen Karabe, Succinum, oder
gelben Amber, vierzig Gran Drachenblut in Trähnen, oder Klumpen, ein halbes Drachma Safran, und vierzig Unzen guten Weingeist. Nachdem alles
nach gewöhnlicher Art wohl aufgelöst,
und digerirt worden, seyhe es durch ein
Stück Leinwand. — Wann man diesen
Firniß gebrauchen will, muß das Stück
Silber, oder Aerz heiß gemacht werden,
ehe man ihn auflegt, welches dann eine
Goldfarbe annimmt, welche, wenn sie
schmutzig geworden, mit einem wenig
warmen Wasser gereiniget wird.
Blättern:
< zum Text 10 –
zum Text 12>