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X.

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Vierte Fortsetzung des VI. Stücks.

Ganz anders verhielt es sich bey den Deutschen. Es war bey ihnen gar nichts ungewöhnliches, daß alte Leute noch in ihrem achzigsten Jahre Kinder zeugeten. Sie erlaubten daher die Ehen den Betagten nicht wie die Römer, als einen Trost des Alters, sondern als ein Mittel dem gemeinen Wesen Bürger zu ziehen. Sie konnten dieses auch mit dem größten Rechte thun ; denn sie waren durchgängig munter und stark, keine zärtliche Speisen, keine warmen Getränke wurden angewandt, die Festigkeit des Körpers zu überwältigen. Man suchte durch keine Musse ohnkräftig und zu den Arbeiten ungeschickt zu werden. Ihre Kindheit, ihre Jugend, ihre männlichen Jahre, ihr Alter war eine beständige Reihe von Arbeiten und Uibungen.

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Dadurch wuchsen nun ihre Kräfte vielmehr, als daß sie abnehmen sollten. Dadurch war ihr Alter öftermals dasjenige, was bey andern die männlichen Jahre sind. Hiezu kam nun noch insbesondere das ihrer Beschaffenheit zuträgliche Clima. Noch zu itziger Zeit wird der Deutsche allemal härter und arbeitsamer seyn als der Italiäner. Dieser thut sich noch wohl heute etwas darauf zu gute, jenen, nach Art der alten Römer, einen Barbaren zu nennen, weil er ihm etwas rauher und nicht so weichlich, oder, verständlicher zu reden, so weibisch wie er, scheinet. Dieses alles zusammen genommen konnte leicht verursachen, daß sechszig Jahre die Einwohner Deutschlandes zum Zeugen noch nicht ungeschickt machte, und daß die Gesetze in dieser Absicht mit den römischen nicht übereinstimmen. Das Clima hat in Ansehung der Gesetze unter diesen beyden Völkern noch wichtigere Verschiedenheiten hervor gebracht. Die Römer nannten ein Frauenzimmer im zwölften, eine Mannsperson aber im vierzehnten Jahre mündig. Die Himmelsgegend erforderte es also, und da junge Leute in diesen Jahren, wie gedacht, bey ihnen heurahten konnten, so hatten sie auch das Gesetz

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gemacht, daß sie um eben diese Zeit aus der Vormundschaft größtentheils freygelassen wurden. In Deutschland konnte ein solches Gesetz gar nicht Statt finden Wer allda seinen Sachen selbst vorstehen, und die Herrschaft, über sich führen wollte, mußte wenigstens zwanzig Jahre haben In dieser Zeit wurden die Leute mannbar, und um diese Zeit hörte auch die Vormundschaft auf, unter der man stand. Einige Völker, wie die Sachsen in Deutschland, damit sie bey einer wichtigen Sache ja nichts versehen möchten, nahmen hiezu sogar das vollendete ein und zwanzigste Jahr an, weil der junge Mensch alsdenn außer allem Zweifel mündig seyn mußte. Wenn es nicht deutlich genug ist, daß die Weltgegend die Sitten, diese aber die Gesetze verschiedentlich einrichten, dem will ich noch einige Beyspiele von Gesetzen anführen, die nicht so wohl den Einftuß des Clima, als vielmehr das Clima selbst angehen. Man hatte in Italien Gesetze, worinn die Luft einer Gegend, das Anspülen des Meeres, und die Beschaffenheit des Bodens in Betrachtung kam. Dieses waren die Gefetze, die man wegen der Landgüter hat te, Varro sagt: ,, Wo man Stürme

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oder Orkane auf einem Landgute zu be fürchten hat, da sind weder die Früchte noch die Einwohner sicher. Der Ort muß gesund und wohl gelegen seyn, den man kaufen oder bewohnen will. „ Da nun die Himmelsgegend in Italien, theils der Wärme, theils der übrigen Ausdünstung wegen, viele Orte sehr ungesund machte, so hatten die Römer in ihren Gesetzen bestimmet, daß alle und jegliche Beschaffenheit der Luft und des Ortes, nebst den von seiner Lage herrührenden Unbeqwemlichkeiten bey dem Kauf oder Verkaufe mußten angezeiget werden. Der Rechtsgelehrte thut so gar einmal den Ausspruch, daß der ganze Kauf, durch Verschweigung eines Umstandes der die üble Luft betraf, sollte rückgängig seyn. Alles dieses fällt in Deutschland weg. Es ist an dem, die Beschaffenheit des Landes ist freylich anders als in Italien; allein die Luft ist hier gleichwohl so beschaffen, daß die Gesetze ihrentwegen nicht besondere Vorsichten haben in Acht nehmen dürfen. Hören sie was Leyser sagt-: „ Man hat in Deutschland bey dem Kaufe eines Landgutes nicht eben auf die Luft zu sehen, dieweil diese ganze Himmelsgegend fast eine beständige und

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nicht sehr von einander abweichende Witterung hat, so daß auch die Einwohner desselben einer dauerhaften Gesundheit genießen „ Ich will nicht hinzu setzen, daß das Land, nach dem Striche, worunter es liegt, verschiedene Früchte trage, und auf unterschiedene Weise muß gebauet werden. Diese Abweichungen der Landesgebräuche geben den Gesetzen einen neuen Stoff. Noch einen großem Einfluß des Clima in die römischen Gesetze hat dieses, daß bey ihnen die Landgüter fast beständig auf fünf Jahre verpachtet wurden. Man kann zwar nicht läugnen, daß ihnen die Zeit von fünf Jahren, wegen der Wünsche und Feste, die sie bey Endigung derselben hatten, in gewisser Absicht heilig war, und daß sie daher diesen Zeitraum in ihren Verträgen sehr oft gebrauchten. Allein wäre in Italien nicht ein mildes und fruchtbares Clima gewesen, so hätten sie diese Zeit von fünf Jahren, bey der Verpachtung der Landgüter gar nicht gebrauchen können. So aber giebet das Land daselbst jährlich seine Früchte alle mit einander so viel es ihrer hervor bringet. In Deutschland kann dieses hergegen nicht statt haben. Das Land ist gemeinhin so

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beschaffen, daß es alles Bearbeitens und Düngens ungeachtet, bisweilen ein oder mehr Jahre ruhen muß, bevor es wiederum tragbar wird. Viele müßen so gar ein Jahr um das andere stille liegen. Dieses giebt alsdenn die Regel, daß es sehr thöricht seyn würde, in Deutschland einen Acker auf fünf Jahre zu verpachten. Die Gesetze haben es daher auch anders eingerichtet, und hiezu eine Zeit von drey, sechs, neun, zwölf Jahren u.s.w. verordnet, weil die sämmtlichen Früchte desselben erst alle drey Jahre recht genossen werden. Wer also in Deutschland seine Ländereyen auf fünf Jahre verpachten wollte, der würde etwas wider das Clima vornehmen, und, seiner eigenen Vortheile zu geschweige, der Natur des Landes und den Gesetzen entgegen handeln. . .

(Der Beschluß folgt im nächsten Stücke.)

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Der Derwis im Pallaste.

Ein Derwis, oder muhamedanischer Mönch, welcher in der Tatarey reisete, gieng eines Tages in einen königlichen Pallast, in der Meynung, daß es ein Karavanserai (Gasthof) wäre. In einer Gallerie desselben breitete er seinen Teppich aus, und setzte sich darauf, um sein Mittagmahl einzunehmen. Uiber dieser Beschäftigung traf ihn die Wache an, und fragte ihn, was er hier machte? Seine Antwort war, er nähme hier seine Mahlzeit ein, und gedächte auch die Nacht hier zuzubringen. Die Wache gab ihm mit Ungestümme zur Antwort: daß dieses Haus keine Herberge, sondern ein Palast sey.- Von ungefähr fügte es sich, daß der Fürst selbst durch diese Gallerie gieng, und wie er sich die Ursache des Streits erzählen lassen, lächelte er über den Irrthum, und fragte den Derwis, wie es doch möglich wäre, daß er einen Palast für eine Herberge ansehen könne? — Herr, sagte derselbe, erlaube mir, daß ich einige Fragen an

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dich thun möge! — Wer hat zuerst in diesem Hause gewohnt, wie es erbauet worden? Der Fürst antwortete: einer meiner Vorfahren. Wer, fuhr der Derwis fort, hat zuletzt darinnen gewohnet? Mein Vater, sagte der Fürst. Und ihr? fragt der Derwis weiter. Ich, war die Antwort. Wer, war die vierte Frage, wird künftig darinnen wohnen? Das wird mein Sohn thun, hieß die Antwort.— Ach Herr, rief der Derwis aus: ein Haus, in welchem man nur eine Zeitlang wohnet, und das so oft neue Gäste hat, kann man das wohl für etwas anders, als für eine Herberge halten?

Der Orakelspruch.

Als Cicero das delphische Orakel fragte, was er für eine Lebensart erwählen sollte? antwortete ihm dasselbe: Die, dazu du am meisten aufgelegt bist!


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Topic revision: r7 - 15 May 2011, MarleneBurgstaller
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