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XV.
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Oekonomische Fleckenkuren.
Es ist zwar allerdings besser, wenn
wir es durch unsre Vorsicht dahin
bringen können, unsre Kleidungen,
Wäsche u. s. w. für unangenehmen Flecken zu bewahren. Weil aber die genaueste Vorsichtigkeit nicht allen Unannehmlichkeiten vorzubauen vermag, so
werden vielleicht manche unsrer Leser, und
Leserinnen nicht unzufrieden seyn, wenn
wir ihnen aus den
Jen. Briefen an das schöne Geschlecht, einige Vortheile bekannt machen, welche ihr Mißvergnügen
über unvermeidliche Flecken vermindern
können. Ein allgemeines Mittel wider
alle Arten von Flecken wird Niemand
von uns fordern, der nicht ein beklagenswürdiger Vertheidiger berufener Universalmittel ist.
Kann wohl ein Arzt einem Kranken
heilsame Genesmittel verordnen, dessen
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Krankheit und Zufälle vor ihm verborgen gehalten werden? Eben so wenig ist
ein Naturforscher im Stande, eine zuverläßige Fleckenkur vorzunehmen, wenn
er nicht wenigstens einigermassen von der
Beschaffenheit derselben unterrichtet ist.
Die meisten Flecken sind Uiberbleibsei von Speisen oder Getränken. Sie
rühren also entweder vom Fette her, oder
vom Weine; entweder vom Essig, oder
von einer künstlichen Vermischung, die
wir fremdem Witze zu danken haben.
I) Fettflecken würden sich insgesammt mit einer Saife leicht vertilgen
lassen, wann man allemal von der ächten
Farbe des Gewandes überzeugt seyn
könnte. Allein im entgegen gesetzten Falle verlöscht zwar der Fleck, aber mit ihm
zugleich die Farbe des beschmutzten Zeuges. Also muß man lieber die kleinen
Flecken behalten, als sie mit größern von
einer andern Art vertauschen? — Um
Vergebung! — Es ist noch ein dritter
Fall möglich. Man wählet einen Körper,
von dem man aus der Erfahrung weiß,
daß ihn das Fett eben so stark, als dem
Zeuge anhanget. Das Löschpapier, die
Kreide, urd der weiße Thon ist vorzüglicher, weil er sich nicht so fest, als die
Kreide an den Zeug anzusetzen pflegt.
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Wenn man also dergleichen trockenen
Thon auf den Fleck schabet, und das
Fett vermittelst einer glüenden Kohle in
einem Löffel, flüßig macht; so zieht sich
ein Theil des Fleckens in den Thon, und
der Fleck nimmt ab; verschwindet aber
gänzlich, sobald man dieses etlichemal
mit frisch aufgeschabtem Thone wiederholet hat.
Oft ist diese Weitläufigkeit nicht
einmal nöhtig. Man kann den Thon
mit Wasser zu einer Salbe verdünnen,
und sie auf den Fleck bringen. Ist alsdann der Thon trocken, und die Arbeit
etlichemal wiederholet worden, so erreicht man gemeiniglich seine Absicht mit
geringer Mühe.
2) Nicht selten trift uns der Verdruß, mit Wagenschmiere besudelt zu
werden. Nur wenigen ist die Art bekannt, wie man diese zähe Materie fortbringen könne. Es ist ganz leicht. Saife und alkalische oder Laugensalze trennen den vorigen Zusammenhang, und
machen, daß man das Wagenschmier abtreiben kann. Allein die Furcht für
dem Verschießen des Zeuges ist nicht
ganz ungegründet. Sicher ist es also,
auf den Fleck etwas vom Gelben eines
Eyes zu streichen, es beynahe trocken
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werden zu lassen, und es dann mit laulichtem Wasser abzureiben. Das Wagenschmier wird dadurch erweicht, locker,
und zum Abziehen geschickt gemacht. Einige wiederholte Versuche nehmen alles
Unreine hinweg.
Man kann auch den Fleck mit Baumöl bestreichen, und ihn mit weißem Flanelle, zwischen zween Fingren, drey bis
viermal abreiben. Dadurch wird aus
dem vorigen ein Fettfleck, der, nach der
vorigen Beschreibung mit Thon weg zu
bringen ist.
Einige Tropfen starker Weingeist, die
man einige Augenblicke auf den Fleck sitzen läßt, wenn man ihn dann zwischen
zween Fingern reibet, gehören, aus dem
vorher angezeigten Grunde, nicht minder
zu den guten Gegenmitteln. Auf eben
diese Art können sowohl diese als auch
Wachs und Staubflecken, sogar aus
seidenen Zeugen weggebracht werden,
wenn man nur hernach diese befleckt gewesene Stelle mit Brod völlig abreibet. (*)
(*) Wiederholte Erfahrungen haben mich belehret, daß Firniß, Oelfarben, und andere dergleichen kleberichte Materien mit nichts leichter aus seidenem Zeuge
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3.) Bey Flecken, die von Kirschen,
Maulbeeren, Weinesstg, Wein u. s. w.
entstehen, liegt offenbar eine Säure zum
Grunde. Hier kömmt es darauf an,
daß man den Zusammenhang der befleckenden Materie mit der Seide, dem
Tuche, der Leinwand u. s. w. zu vermindern suche. Man erhalt diese Absicht
entweder durch eine stärkere Säure, welche die schwächere überwindet, oder durch
Laugensalze. Nach der ersten Methode
hält man den Fleck über den Dampf eines
angezündeten Schwefelfadens, und wiederholet dieses etlichemal, bis der Fleck
verschwindet. Nichts ist aber besser, als
einige Tropfen von Salmiakgeist, der
ohne Feuer bereitet worden, und der in
allen Apotheken zu haben ist. Man
bringt ihn vermittelst eines darein getauchten hölzernen Stäbchens, auf den
Fleck, der aber, wenn die Farbe nicht
ächt
= Zeuge anzubringen sind,als wenn man die befleckte Stelle, vermittelst eines leinernen Tuches, etlichemal leicht mit Terpetinöl überstreichet. Der
Geruch ist unangenehm, er vergeht aber geschwind, und gänzlich wieder.
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ächt ist, gewiß einen andern an seiner
Stelle last. (**)
4.) Dintenflecke zwingt man durch
eine Säure, welche den Zusammenhang
der vorigen Theile ebenfalls vermindert.
Wie viel die Citronensäure hierzu beytrage, ist schon genugsam bekannt. Mit
noch geringeren Kosten vertilgt man der
gleichen Flecke durch aufgelöstes Sauerampfensalz, wenn man mit der wäßerigen Auflösung den Dintenfteck benetzet,
ihn alsdann über den Dampf eines siedenden Wassers hält, die Arbeit etlichemal wiederholet, und dann den Fleck so
geschwinde als möglich, im kalten Wasser abwäschet. Zwanzig Tropfen reinen Brunnenwassers mit zween bis drey Tropfen
(**) Wenn man Tischzeug oder andere Wäsche mit
rohtem Weine befleckt hat, so pflegt man die
Stellen gemeiniglich mit Salz oder Schnupftaback zu bestreichen, und mit gemeinem Wasser
abzuwaschen. Ich habe aber gefunden, daß die
besudelten Stellen doch immer kennbar blieben.
Besser ist es also, sich statt des Wassers, einer
lauen Milch zu bedienen so bald ein solcher
Fleck gemacht worden, und sowohl das Salz, als
den Schnupftaback weg zu lassen. Sogar an
seidenen Strümpfen hat man mit der lauen
Milch glückliche Versuche gemachet.
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Scheidewassers vermischet, und so mit
einem Hölzchen etlichemal auf den Fleck
aufgetragen , thun gleiche Wirkung;
nur muß der Fleck bald mit Wasser abgewaschen werden.
5.) Eben dieser Methode (Nro. 4.)
kann man sich auch bey den Eisenflecken
bedienen.
6.) Grüne Tücher und seidene Zeuge
werden oft von unterschiedenen Säften
blau.. Nicht selten hat man ihnen durch
folgendes Wasser die verlorne Farbe wieder ertheilet: „ Man löset in einem
Quart Brunnenwasser ein halb
Loht Potasche auf, und benetzet mit diesem durch
gesäuerten Wasser den Fleck. Wenn
die Auflösung trocken geworden, benetzt
man ihn nochmals, und wäscht dann alles mit Brunnenwasser aus.,, Wie leicht
ist es nicht in dergleichen Dingen Raht
zu finden, wenn man sich die Gesetze der
Natur einigermassen bekannt machet!
Es ist wahr, die Natur scheint zuweilen
etwas eigensinnig zu seyn: allein anhaltende Bemühungen machen sie gefälliger.
Wenn ihre Liebhaber nur Muht genug
besitzen, sich über einige Schwierigkeiten
hinaus zu setzen, die sie zu Prüfung ihres
Ernstes in den Weg zu legen pfleget.
Man könnte die Natur in diesem Falle,
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mit einer vernünftigen Spröden vergleichen, welche indem sie ihren Liebhabern
nur einem wohlüberlegten Kaltsinne begegnet, dieselben nur aufmerksamer zu
machen suchet. Wiederholte Anfälle
haben schon oft das sprödeste Herz bezwungen.
Letzte Worte eines grossen Mannes.
Anne von Montmorenci Connetable
von Frankreich ward in einem Treffen tödtlich verwundet, da man ihn ermahnte, als ein guter Christ zu sterben,
und bey seinem Tode eben den Muht zu
zeigen, welchen er in seinem Leben bewiesen hatte, gab er zur Antwort: Nach
dem ich achzig Jahre angewendet habe
recht zu leben, so wird es mir auch nicht
schwer fallen, eine Viertelstunde anzuwenden, um recht zu sterben.
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