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XIV.
(P105)
Beschluß des Beispieles strenger Gerechtigkeit.
Die unglückliche Wittwe erstaunte
über diesen grausamen Betrug,
und es verwandelten sich plötzlich
ihre Wehklagen und Trähnen in einen
stummen Jammer, weil ihr Leid zu groß
war, um beweinet zu werden. Das
Blut des unschuldigen Mannes schrie
nebst ihr, zu einer richtenden Vorsehung
um Rache, und sie eilte heimlich nach
Hofe.
Das Ansehen ihrer Person, und eine
gewisse Großmuht, die ihre Traurigkeit
ädel machte, eröfneten ihr bald den Zutritt zum Landesherrn, den sie unaufgehalten mit diesen Worten anredete:
Betrachte, o mächtiger Karl, eine Unglückselige, die eines Lebens müde ist,
das sie immer in Unschuld und Tugend
zugebracht hat. Es stehet nicht in
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Deiner Gewalt, das Unrecht, welches ich erlitten habe, zu ersetzen, aber nur Du bist
vermögend solches zu rächen! Ist die
Strafe der Beleidiger, ist der Schutz
der Unterdrückten das Werk eines Fürsten, so bringe ich leider! dem [[Karlder Kühne][Herzoge
von Burgund]] den würdigsten Vorwurf,
seinem grossen Namen Ruhm und Ehre
zu erwerben, und die äußerste Schmach
des meinigen zu tilgen ! —
Sie beschloß diese Anrede, indem sie
dem Herzoge eine Schrift überreichte,
in welcher das Verfahren seines Statthalters nach allen Umstanden vorgestellt
war. Er las solche mit den Regungen
der Gerechtigkeit und des Mitleides,
welche einem jeden Fürsten eigen sind,
der seine Pflichten kennt und beobachtet. -
Rynsault ward nach Hofe berufen,
und der Herzog stellte, in Gegenwart einiger Staatsbedienten, ihm die Klägerinn vor, und fragte ihn: ob ihm dieses Frauenzimmer bekannt sey? Der
bestürzte Statthalter hatte sich kaum
von der Verwirrung, welche ihm dieser
Anblick verursachte, zu erholen angefangen, als er sich erboht die Wittwe des
Danvelts zu ehligen, daferne der Herzog solches als eine Verbesserung seines
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Vergehens anzunehmen geruhete. Der
Herzog schien mit diesem Anerbieten zu
frieden zu seyn, und ließ sofort die
Trauung in seiner Gegenwart vollziehen. Er bedeutete hierauf dem Rynsault, daß er dasjenige, was itzt geschehen, nur aus Furcht und Zwang gethan habe, und um seinen Herrn ferner
zu vergnügen, die Saphira zur einzigen
Erbinn aller seiner Güter einsetzen müße.
Auch dieser Handlung wohnte der Herzog als Zeuge bey. Er wandte sich,
nach dem Beschlüsse derselben, zu der
Gemahlinn des Rynsaults, und meldete
ihr, daß ihm nichts zu thun übrig sey,
als sie in den ruhigen Besitz desjenigen
zu bringen, was ihr Gemahl ihr bestimmen wollen. Und sofort verurtheilte
Karl den Statthalter zum Tode.
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Vom Krokodile.
Dieser gefräßige Bewohner des Nilstroms ist ein vierfüßiges Thier,
welches in das Geschlecht der Eydexen
gehöret, und lebet beydes im Wasser
und auf dem Lande. Es ist mit einer
sehr harten, schuppigten, gelb und weissen Haut überzogen, welche dermassen
stark ist, daß sie auf dem Rücken nicht
kann verletzet werden. Sein Kopf ist
breit, und hat einen Rüßel wie ein
Schwein, den es bis an die Ohren auf
reißen kann, da es dann beyde Kiefer
zeiget, mit Hundeszähnen besetzt, welche
scharf und spitzig sind, wie eine eiserne
Säge. In dem untern Kinnbacken hat
es noch zween lange Zähne, und in dem
obern zwey Löcher, die den Zähnen zur
Scheide dienen, wenn es den Rachen zuthut. Es hat ein sehr scharfes Gesicht, und die Augen sind wie Schweinsaugen gestaltet. Was hinter ihm ist,
fällt ihm vermittelst eines Kanals in die
Augen, der mit dem Hintertheile des
Haupts eine Gemeinschaft hat. Seine
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Beine sind mit sehr spitzigen Klauen bewaffnet, und der Schwanz ist lang.
Seine größte Macht bestehet im Halse
und im Schwanze; mit diesem schlägt
er alles todt, und zerreißet es hernach.
Die Eyer dieses Thieres haben eine
Ähnlichkeit mit den Ganseeyern. Es leget deren bis 6o, und verscharret sie einen
Fuß tief in den Sand, damit der
Nilstrom bey seiner Überschwemmung
sie nicht erreichen kann. Für seine Jungen trägt er grosse Sorge, die, sobald
sie ausgebrütet worden, in das Wasser
laufen. Die Leute suchen diese Eyer auf,
und zerbrechen sie mit eisernen Spießen.
Wenn das Krokodil auf dem Lande
ist, so sieht man es allezeit sehr nahe
am Wasser, mit dem Kopfe gegen dasselbe stehen. Wird es gestört, so wandert es ganz langsam in dasselbe hinein,
und verlieret sich nach und nach.
Die Egypter bedienen sich einer Art,
sie zu fangen, welche mit der Beschreibung des Herodotus ziemlich übereinkömmt. Leute, die darauf ausgehen,
ahmen in der Ferne das Geschrey eines
Thieres nach. Auf dieses Geschrey
kommt das Krokodil herausgerennt, und
wird also mit einem Spieße, welcher
Widerhacken, wie die Harpunen, hat,
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in den Leib, wo die Haut weich ist, geschossen. Darüber rennet es zurück in das Wasser, und wird wieder herausgezogen, wenn zu vermuhten ist, daß
es alle Kräfte verlohren habe. Hier
auf schlagen sie ihm eine Stange in den
Rachen, alsdann springen die Jäger auf
den Rücken, und binden ihm die Kinnbacken zusammen, damit sie es überwältigen, und vollends tödten können.
Der lehrreiche Unterricht.
Ein geitziger Mann, der eine Ehre darinnen suchte, es zu seyn, vernahm,
daß der Arzt Dumoulin ihn in diesem
Stücke überträfe. Er gieng also an einem Winterabende zu ihm, und fand
ihn in einer durchgeräucherten Kammer,
bey dem schwachen Schimmer einer Lampe, lesend. Beym Eintritte sagte er:
Mein Herr, ich habe vernommen, daß
Sie der haushälterischte Mann von der Welt sind; ich bin es auch ein wenig,
ich wünschte aber, es noch mehr zu seyn;
und ich wollte Sie bitten, mit die
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Freundschaft zu erzeigen, und mir einige ökonomische Regeln zu geben! - Wollen Sie
sonst nichts, antwortete Dümoulin?
Nehmen Sie einen Stuhl, — und zu
gleicher Zeit löschte er die Lampe aus,
und sagte: Wir haben bey unserer Unterredung nicht nöhtig zu sehen, wir
werden um so weniger zerstreut seyn! —
Ach! mein Herr, rief der geizige Fremde, an dieser ökonomischen Regel habe
ich genug. Ich sehe wohl, daß ich gegen
Sie nur immer ein kleiner Schüler bleiben werde; ich versichere Sie aber, daß
ich mir diese zu Nutze machen will. —
Hiemit stund er auf, und gieng tappend
zum Hause hinaus.
Das unterbrochene Kompliment.
Heinrich der vierte, König in Frankreich, reiste durch eine kleine Stadt,
und ward gewöhnlichermassen am Thore
von den Deputirten empfangen, und bewillkommet. Als der Wortführer seine
Rede noch kaum angefangen hatte, erhub auch ein vorüber gehender Esel seine
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Stimme mit solcher Starke, daß er den
Redner weit überschriee, und ihn daher
nöhtigte, die seinige gleichfalls zu verdoppeln.— Der König, dem dieser Wettstreit lächerlich vorkam, sagte: Messieurs!
redet einer nach dem andern, sonst ist es
mir unmöglich, euch zu verstehen!
Die vergebliche Anklage.
Als
Karl der 5te, einmal durch eine gewisse Stadt reiste, sagte ihm ein
Höfling, daß ein Staatsverbrecher, der
aus dem Reiche verbannt war, sich noch
daselbst aufhalte. - Der Kaiser, der die
persönliche Feindschaft dieses Kavaliers
gegen den Verbannten kannte, antwortete : Ihr hättet besser gethan, ihn von
meiner Ankunft zu benachrichtigen, als
mir anzuzeigen, daß er sich noch hier
befindet.
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