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LII.
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Beschluß von dem Instinkt der Thiere.
Was ist daher sichrer zu glauben, als daß es die Thiere niemals sehr hoch bringen werden, wenn sie auch, in Ansehung gewisser Geschicklichkeiten, wirklich ziemlich weit gekommen waren? Die Baukunst der Biber könnte verschönert, die Gestalt der Schwalbennester verbessert, oder zierlicher geworn seyn, ohne daß wir es vermerkt hatten. Die Hindernisse aber, die sich dem Fortgange der thierischen Gattungen widersetzen, sind überhaupt sehr schwer zu überwinden. Uiberdeß pflegen auch einzelne Thiere nicht von der starke einer herrschenden Leidenschaft diejenige anhaltende Thätigkeit zu entlehnen, wodurch ein Mensch vermöge seines Genie, sich über andere seines gleichen erhebt. Gleichwohl haben die Thiere, sowohl
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natürliche, als auch solche Leidenschaften, die man angenommen nennen, und dem Nachdenken zuschreiben könnte. Zur ersten Art rechnen wir die Eindrücke des Hungers, die heftige Begierde zur Vermehrung des Geschlechts, die mütterliche Zärtlichkeit ; zur andern, die Furcht vor dem Mangel, den Geiz, und die Eifersucht, welche zur Rache deutet. Der Geitz ist eine Folge, des vorher empfundenen Hungers. Das Nachdenken über dieß Bedürfniß erregt in allen Thieren, welche öfters den Mangel ausgesetzt sind, eine gewisse Vorsorge. Die Fleischfressenden verbergen die Uiberbleibsel ihrer Beute, um sie im Falle der Noht wieder zu finden. Unter denen, die von Früchten leben, sammlen sich diejenigen, welche vermöge ihres dazu schicklichen Baues, ihre Nahrung forttragen können , einen Vorraht, den sie nur im Nohtfalle anrühren. Von der letztern Art sind die Feldratzen, die Hamster u. s. w. Indessen ist die Leidenschaft des Geizes bey ihnen eben nicht erfinderisch an Kunstgriffen. Ihre Ausübung er streckt sich bloß aufs Sammlen und Sparen.
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Die Eifersucht ist eine Tochter der Liebe. Unter denjenigen Gattungen, wo das Männchen, ohne Unterschied, sich mit allen Weibchen paaret, wird sie nur durch den Mangel an genügsamen Weibchen rege gemacht. Da alle Männchen zu gleicher Zeit das lebhafte Bedürfniß der Fortpflanzungsbegierde empfinden; so entstehet daraus notwendig eine wechselweise und allgemeine Nebenbuhlerschaft. Oft geschieht es, daß diejenigen Thiere, welche von dieser blinden Leidenschaft am stärksten hingerissen werden, ihre Absicht gänzlich verfehlen. Unterdessen, daß die alten Hirsche wütend miteinander kämpfen, nähert sich ein Spißhirsch schüchtern der Hindin, oder dem Rehe, befriediget geschwind seine Begierden, und macht sich eilig davon. Bey den Arten die paarweise leben, ist die Eifersucht inniger, und überlegter. Die Bewegungsgründe, worauf die wechselweise Wahl zweyer einzelner Thiere sich gründet, mögen seyn welche sie wollen; so ist doch soviel gewiß, daß die Wahl wirklich geschiehet, und der Begriff des wechselweisen Eigenthums sich versetzt. Von diesem Zeitpunkte an mischt sich das sittliche in den Affekt der Liebe. Die Weibchen selbst
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werden der Eifersucht fähig; diese Vereinigung, die dem Triebe ihren Anfang, und den Vergnügen ihre Fortdauer zu danken hat, wird durch die gemeinschaftlichen Sorgen, welche die Erziehung der Jungen erfordert, noch enger geknüpft; ist aber erst diese Absicht erfüllt, so hat die Vereinigung wieder ein Ende. Der Frühling, der diesen Thieren eine neue Brunst einstößt, verändert zu gleicher Zeit ihren Geschmack. Indessen getrauen wir uns nicht zu entscheiden, ob den Turteltauben ihr erworbener Ruhm der Beständigkeit mit Recht zukomme, oder nicht. Sollten sie auch in der That beständig seyn; so ist es doch gewiß, daß sie nicht eben so getreu sind. Man hat mehrere gesehen, die auf dem nämlichen Zweige, gleich nacheinander sich zweenen Taubern überlassen haben. Ist etwann ihre Beständigkeit nur in sofern sicher, als sie einander die Untreu erlauben?
Ohne hier etwas zu entscheiden, kann man überhaupt sagen: die Begierde zur Fortpflanzung sey bey den Thieren nur ein vorübergehendes Bedürfniß. Diese Leidenschaft, mit allen dazu gehörigen Kleinigkeiten, beschäftiget
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sie höchstens nur den vierten Theil des Jahrs; sie kann also die einzelnen Thiere nicht zu einen merklichen Fortgang erheben. Die Zeit der Gleichgiltigkeit muß alle die Begriffe wieder in Vergessenheit bringen, welche durch die Reizung der Begierden hervorgebracht wurden. Man beobachtet nur, daß die Mütter durch Erfahrungen, in denjenigen Dingen klüger gemacht werden, die zum Wohl ihres Geschlechts gehören. In einem höhern Alter ziehen sie Lehren für sich aus den Fehlern, und der Unerfahrenheit der Jungen. Ein Rebhuhn von drey oder vier Jahren sucht zu seinem Neste schon einen weit vorteilhaftem Platz aus, als ein junges. Es setzt sich an einem etwas höhern Orte mit seiner künftigen Brut vor Uiberschwemmunqen in Sicherheit, und suchet darauf, daß durch Dornen und Strauchwerk der Zugang zu ihrem Neste beschwerlich gemacht werde. Wenn das Rebhuhn um Futter zu suchen, das Nest verlassen muß, unterläßt es nicht, die Eyer zu verbergen, und mit Blättern zu bedecken.
Geschieht es zuweilen, daß die mütterliche Zärtlichkeit tiefe Eindrücke in
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dem Gedächtnisse gewisser Thiere zurückläßt; so kommt dieß daher, daß die Uibung derselben lange genug dauret. Die mütterliche Zärtlichkeit ist überdieß eine von den Leidenschaften, welche diese empfindlichen Geschöpfe in einm lebhaften Grade fühlen. Sie erregt in ihnen eine unruhige und anhaltende Geschäftigkeit, eine mühsame Geduld, und wenn die Jungen von einer Gefahr bedrohet werden, eine herzhafte Vertheidigung, die einer Aufopferung seiner selbst nicht unähnlich ist; denn gänzlich opfert man sich nicht leicht auf. Das Ich läßt sich in den äußersten Augenblicken nur allzudeutllch empfinden. Einen Beweis dieser Wahrheit findet man darum, daß bey den unterschiedenen Gattungen die anscheinende Verwägenheit der Mutter allemal mit den Mitteln in einem Verhältnisse steht, die sie in ihrer Gewalt hat, um der Gefahr, der sie Trotz zu dichten scheinet, zu entgehen. Die Wölfinn, und die wilde Sau werden fürchterlich, wenn sie ihre Jungen zu vertheidigen haben, selbst die Hindin (Hirschkuh) sucht die Gefahr auf; ihre Schwäche, aber wird bald an ihrem Muhte zu Verrähterinn. Sie wird ihrer zärtlichen Unruhe ohngeachtet,
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leicht zur Flucht genöhtiget. Das Rebhuhn, und die wilde Aente, die in der Geschwindigkeit ihrer Flügel ein sichres Rettungsmittel haben, scheinen sich, zur Vertheidigung ihrer Jungen, weit mehrere Gefahren bloß zustellen, als das Fasanhuhn. Der Schwerflug des letztern würde es zu einem sicheren Opfer einer zu muhtigen Liebe machen. Diese, dem Schein nach, so großmühtige Liebe erzeugt eine Eifersucht, die in den Gattungen, wo sie aufs höchste steigt, bis zur Grausamkeit gehet. Das Rebhuhn verfolget, und tödtet, ohne Mitleiden, alle Jungen seiner Art, die nicht zu seiner Familie gehören; das Fasanhuhn hingegen, das seine eignen Jungen leichter verläßt, besitzt eine allgemeine Zuneigung zu allen Jungen von seiner Art. Alle mutterlosen Fasanen, haben die Erlaubnis dieser gutwilligen Mutter zu folgen.
Noch einmal! Was ist also der Instinkt? Wir sehen, daß die Thiere empfinden, vergleichen, urtheilen, nachdenken, wählen, und daß sie in allem, was sie unternehmen, durch ein Gefühl von Selbstliebe geleitet werden, welches die Erfahrung mehr oder weniger aufkläret.
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Mit diesen Fähigkeiten dienen sie der Welt zur Zierde, uns aber zum Nutzen, und erfüllen sowohl die Absichten der Natur, als den uns unbekannten Willen, den der Schöpfer bey ihrer Hervorbringung gehabt hat.
E N D E.
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